„Ein Schaden von 5 Gold, abzüglich der 2 Gold, die der arakische Ductus bereits beglichen hat! Hinzu kommen noch ein Bett, eine Kommode und ein Sekretär aus 100 Jahre alter Trolleiche. Weiterhin etliche Kisten Alkoholika, die eigentlich für Kundengespräche gedacht waren!“
Die Zornesröte stand Adalbert Overstoltz in Gesicht geschrieben während er laut von dem Pergament in seinen Händen ablas.
Nachdem Alexandre aus dem arakischen Hospital entlassen und in Proudmoore eingetroffen war stand die Welt für ihn Kopf. Anstatt der wehenden Fahnen und Lobpreisungen, die er sich bei seiner Ankunft ausgemalt hatte, wurde er mit verächtlichen Blicken und Abweisung empfangen. Nun, keine 2 Stunden nach seiner Ankunft, stand er völlig verdattert vor dem Besitzer des Handelshauses persönlich und ließ sich die Schadensbilanz seines Aufenthalts in Arakur vortragen.
„Weiterhin haben zwei der Angestellten gekündigt. Einer hat dort eine Möbeltischlerei eröffnet. Der andere hat sich...!“ er stutzte kurz als müsse er es sich im Stillen noch ein zweites Mal durchlesen. „...hat sich zu den Gehörnten gemeldet um sich freiwillig an den Wall versetzten zu lassen!“ Er atmete tief durch um seine Fassung zu waren. „Ein weiterer, Jakob, ist in eine psychatrische Einrichtung eingewiesen worden und wird wohl erst in einigen Monaten wieder für das Handelshaus zur Verfügung stehen!“
Beim letzten Satz sah Overstotz nicht mehr auf das Blatt sondern zitierte es nur noch mit grollender Stimme während er Alexandre in die Augen sah.
Nach einige eisigen Augeblicken der Stille, in denen ihn der Blick seines Vorgesetzten ihn noch immer wie stählerne Lanzen durchbohrten, kam Alexandre der wenig einladende Gedanke sich zu den gerade verlesenen Fakten zu äußern.
Obwohl! Eigentlich waren diese „Fakten“ ja wohl mehr aus der Luft gegriffen und trafen den Kern der Wahrheit in keiner Weise. Allein schon die Einweisung Jakobs in eine Anstalt konnte ja nur absoluter Mumpitz sein. Als seine Angestellten Alexandre am Hafen verabschiedet hatten wirkte er noch absolut normal. Er war sogar in Tränen der Rührung ausgebrochen als Alexandre ihnen vom Schiff zugerufen hatte, sie so schnell wie möglich wieder zu besuchen. Viel eher war es wohl die Qual der Trennung die seiner Seele so zugesetzt haben mochte..!
Der gute Jakob! Alexandre unterrückte nur mit Mühen eine Träne der Rührung.
Ein ungeduldiges Räuspern riss den Bretonen aus seinen Gedanken und das Bild von Johann, der den schluchzenden Jakob zu stützen versuchte schwand vor seinem geistigen Auge.
Er würde dieses Missverständnis wohl aus der Welt schaffen müssen.
„Also ich denke diese Schäden stehen mit Sicherheit in keinem Verhältnis zu dem Schaden der von meiner Seite aus verhindert wurde!“
„Ach ja!“ entgegnete Overstoltz mit einem ironischen Unterton. „Bezieht sich das jetzt auf die von Euch geleerten Weinflaschen!?“ Verärgert fragte er sich ob es nicht billiger gewesen wäre wenn man den Bretonen während seines Aufenthaltes in Arakur komplett abgefüllt hätte. Doch noch während er die anfallenden Bewirtungskosten mit den entstandenen Schäden gegenkalkulieren konnte, setzte Alexandre seine Erklärung fort.
„Also da waren diese ganzen Verseuchten die mich,...öhm uns alle ebenfalls verseuchen wollten! Erst diese sprechende Katze, die ich eindeutig als das Wirtstier ausmachen konnte. Dann diese sabbernde Elfe, die ebenfalls verseucht war aber die mit einem überaus schlauen Trick meinerseits zum Verlassen des Kontors gebracht werden konnte! Wer konnte denn wissen, dass die Drogurim, die sie dann holte bereits auch schon alle verseucht waren!“
Das Gesicht des Geschäftsinhabers hellte sich von einem Moment zum anderen auf.
„Monsieur de Brac!" Seine Stimme klang auf einmal zucklersüß. „Verseuchte Katzenwesen, die halb Arakur in den Bann einer Infektion getrieben haben!“ Seine Stimme wurde, falls das überhaupt noch möglich war, einen weiteren ticken freundlicher und Alexandre fragte sich verwundert ob er gerade von irgendwo den Geruch einer Venuspflanze vernahm.
„Das erklärt natürlich alles! Warum habt das nicht direkt gesagt? Setzt Euch doch! Möchtet Ihr etwas trinken?“
Na wer sagts denn? Alexandre hatte ja von Anfang an gewusst, dass er dem guten Herrn Overstoltz die ganze Angelegenheit mit dem Geschick eines Fuchses und der Weisheit einer Eule erklären könne.
„Vielen Dank Monsieur!“ gurrte der Bretone während er sich gerade setzten wollte. „Ich nehme einen Por....!“
Die Faust von Adalbert Overstoltz fuhr uhrplötzlich mit einem lauten Knall auf die harte Eichtischplatte, sodaß Alexandre zusammen mit dem schweren, rabenköpfigen Briefbeschwerer vor ihm einen leichten Satz nach oben vollführte.
„Wollt Ihr mich für Dumm verkaufen!?“ Die donnernde Stimme des Handelshausbesitzers dröhnte durch die schweren Zimmertüre und den dahintergelegenen Flur, womit die dort anwesenden Schreiber noch emsigen ihr Tagewerk verrichteten.
„Ihr glaubt doch nicht etwa im Ernst, dass ich eine solch schwachsinnige Gesichte glaube!“
Wie ein wütender Stier schoss er aus seinem Stuhl, stütze sich mit beiden Fäusten auf die Tischplatte und beugte seinen Kopf so weit zu dem fast schon paralysierten Bretonen herunter, dass die beiden nur noch einen dünne Schicht Angstschweiß trennte.
„Ihr werdet diesen Schaden dem Handelshaus zurück erstatten Und zwar bis auf das letzte Kupfer!“ Seine Stimme verwandelte sich in eine wütendes Zischen. „Und ich weiß auch schon wie Ihr das machen werdet!“ Er deutete neben sich auf eine Kartenwand auf der eine Insel abgebildet war. „Ihr werdet auf das Eiland Mythodea fahren und dort in der Hauptstadt einen Verkaufsstand eröffnen!“
Alexandre glaubte sich verhört zu haben. Er war bereits vor einem Jahr dort gewesen. In der Tavernen hatte es sich ja noch leben lassen. Doch einen Verkaufsstand nüchtern in dieser Hitze zu eröffnen war die absolute Quälerei. Er sah sich bereits umlagert von Orks und Kendern den Stand mit seinem eigenen Sortiment verteidigen. Der Gedanke brachte ihn einer Ohnmacht nahe.
„Aber das könnt ihr mir nicht antun!“ brachte der Bretone mit einem Hauchen hervor, das dem Handelshausvorsteher ein gefährliches Lächeln auf die Lippen zauberte.
„Und ob ich das kann! Und die Angestellten für dieses Unterfangen werdet ihr Euch selber suchen und bezahlen! Bis Ihr Eure Aufgabe dort antretet, werdet Ihr Euren Dienst in unserem Kontor in Kephram antreten.
„Kephram!? Aber da soll es doch so gefährlich!“ Instinktiv griff Alexandre nach seinem Flachmann und führte diesen zitternd zum Mund.
Zufrieden mit dem furcheinflößendem Ergebnis seines Enrschlusses ließ sich Overstoltz wieder in den Stuhl zurück sinken. „Ach wirklich!? Na dann habe wir ja Glück, dass wir jemanden von Euren Qualitäten dort vertreten haben. Viel Glück Monsieur de Brac!“