Scherben...

  • inmitten der Nacht...


    Irgenwo ganz in der Nähe puliserte erneut die Luft, Nebelschwaden stiegen vom Boden auf und man hörte ein Geräusch, das an Wind erinnerte, der duch Herbstlaub fegte und Äste, die im Sturme knarrten.


    Die Luft glitzerte in einem silbrig weißen Staub, der von einer kleinen Stelle auf dem Erdboden ausging, auf dem Weg der vor dem Burgtor Gerund endete und schließlich zu einem kleinen Licht wurde, aus dem sich die Umrisse einer Frau schälten.



    Nur Sekundenspäter war der Spuck vorbei.


    Regungslos stand sie ein paar Minuten dort. Einen Arm um ihre Brust geschlungen, hielt die Hand den anderen Arm. Ihr Blick war zum Erdboden gerichetet. Sie trug weder Waffen, noch ihren Lederwams.


    Beide Dinge hatte sie in Talris Gemächern liegen lassen, um sich selbst zu finden, in den Wäldern, doch wie immer hatte das Schicksal andere Pläne gehabt. Sie fror, die Kälte in ihrem Innern war erbärmlich. Zitternd und erst Minuten später nachdem sie die Macht des Fatheroldtrees zurückgebracht hatte setzte sie einen Schritt vor den anderen.


    Automatische, müde Schritte... In sich geschlossen, als würde sie etwas versuchen zu halten, das sie bereits lange verloren hatte...

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  • Ein lang gezogener Schrei erfüllte die Nacht. Sie fiel, fiel weil sie den plötzlichen Schmerz nichts entgegensetzen konnte.
    Fast wie in Zeitlupe versagten ihre Beine den Dienst und sie spürte wie sie auf die kalte Walderde irgendwo...zwischen Zarorien und Montralur auf den Boden fiel.


    Automatisch glitten ihre Hände auf ihren Brustkorb als versuchte sie etwas festzuhalten, etwas zu bewahren.


    "...nein..."


    das war alles was ihren Lippen entglitt.


    Sie kannte den Schmerz, dieses Geräusch, das an einen Spiegel erinnerte, den man gerade zerschlagen hatte, er war wie ein sorgsam scharf geschleifter Dolch, der mit tödlicher Präzision traf...genau in ihr Herz, mitten durch ihre Seele hindurch...


    Sie rollte sich auf die Seite, zusammen wie ein Embryo als könnte sie so der Kälte und dem vor Traurigkeit schmerzenden Gefühl in ihrem Innern die Stirn bieten...


    Vergebens...


    "...Zwei Tage...
    ...zwei erbärmliche Tage..."


    sie schrie, schrie laut hinaus in die Nacht...


    "Hat es dir Spaß bereitet, dein Gewissen für jämmerliche zwei Tage zu stillen..."


    Stille antwortete ihr...Stille...


    Noch immer erklang in ihrem Innern das Geräusch von splitterndem Glas.
    Nichts außer dem Geräusch...


    Sie war erneut in die Windräder eines Schicksals gerissen wurden, das nicht ihr eigenes war, doch zu ihrem eigenen gemacht wurde, mit der Konsequenz größten Verlustes...


    Sie verkraftete viel, sie war stark, stärker als alle anderen, die sie abwertend und unwissend betrachteten. Sie hatte sich gegen Hass und Krieg gewehrt, gegen Lügen und Verleumdungen, ja selbst gegen den Tod hatte sie bestanden.


    Doch nun war ihr erneut etwas genommen wurden, das sie niemals hatte freiwillig hergeben wollen. Dieses eine Mal trug sie keine Schuld, nur die Konsequenz aus den Fehlungen anderer.



    Irgendwann war sie aufgestanden...hatte sich mit ihren Fingern an einer Rinde festgekrallt um den nötigen Halt zu bekommen...Innerlich fiel sie...sie fiel wie in einem bodenlosen dunklen eiskalten See...

  • Die Nacht war kalt für einen Sommer, regnerisch und kalt. Schon bald fielen ihr nasse Strähnen ins Gesicht. Sie machte sich nicht die Arbeit sie hinfortzukämmen.


    Einen Schritt setzte sie vor den anderen, unwissend, wo sie die Macht des alten Weltenbaumes abgesetzt hatte. War es Montralur, noch immer Zarorien, vielleicht ein Land am anderen Ende der Welt.


    Sie nutzte ihre Sinne nicht, um zu erkennen wo sie sich befand, hatte andere Sorgen...


    Stunde um Stunde in ein und die selbe Richtung. Wo auch immer das Ziel lag. Ihre Hand klammerte sich an Bäume um nicht zufallen. Manchmal stolperte sie, fiel jedoch nicht. Die jahrelange kriegerische Ausbildung machte sich bemerkbar. Tear`asel war das egal...


    Irgendwann erkannte sie etwas...


    Eine Wegkreuzung...sie war wieder in Montralur...aber spielte das eine Rolle? Spielte noch immer überhaupt etwas eine Rolle...


    In der Gewissheit wieder zu Hause zu sein, wollte sie nach Talris und Ancalima senden, aus einem Reflex heraus, wie das Atmen selbst...


    Der Schmerz zeriss sie fast. Ihre Hände auf ihre Schläfen gelegt, sank sie noch im Versuch es zu wagen auf die Knie...


    Tränen liefen ihre Wangen hinunter. Sie konnte keine Luft mehr holen. Etwas schnürte mit tödlicher Präzision ihre Kehle zu...


    ...Beruhige dich...nicht...


    Sie ließ sich erneut fallen diesmal nach hinten und wurde von dem Stamm eines Baumes gehalten. Das Atemholen ging besser als sie kühle Rinde im Nacken spürte...


    Ihre Kopf neigte sich zu Boden, was soll nun werden, was soll denn nun werden...


    Verrat, Lügen, Schmerzen, Trauer und der unwiderrufliche Verlust ihres eigenen selbst...Wenn nicht ihm zu trauen war, wem dann? Sie hatte sich zur Wahrheit verpflichtet, zum Sehen ohne die Augen...


    An seidenen Fäden hatte sie seit vielen vielen Jahren gehalten diese Seele, die von solch großer Macht gesegnet wurden war...


    was war von all dem übrig geblieben...


    SCHERBEN...


    Glitzernde SCHERBEN...

  • Man kann gegen Drachen kämpfen, gegen wahnsinnige Tortenbeschwörer, Dämonen, dunkle Hexerei. Man kann aufbegehren gegen finstere Taktik, gegen Lüge und Verrat.
    Man kann die Stirn bieten gegen die Schlangen und ihr Gift...


    Sie legte ihre Hände vor die Augen...hatte keine Tränen mehr...Der Wolf in ihr jaulte lautlos auf.
    Das hatte nichts mehr mit "dem Weg" zu tun. Nichts mehr mit dem Leben im "Jetzt". Sie wurde von dem Mann verraten, dem sie vertraut hatte, den sie mit ihrer Seele einte, weil das Schicksal es so gewollt hatte, das Schicksal, nicht sie.


    "Erkennen" es bedurfte so viel und dennoch so wenig, um es zu zerstören. Argwöhnisch, egoistisch, eigennützig, hatte er ihren kostbarsten Schatz an sich gerissen, gefoltert, zerstört...


    Angeprangert wurde sie, angeschrieen, mit wütenden Worten bedacht, mit unverstehenden Augen betrachtet...weil sie niemanden in Gefahr bringen wollte, um ihrer Gefährten wegen, um ihrer Freunde...weil sie sich nicht öffnen wollte, nicht erzählen wollte.


    Warum sie Dinge tat, ohne sich zu erklären. Wie viele gab es, die sie hassten, die sie beschimpften, Lügen über sie verbreiteten...


    Niemand von all denen hatte auch noch eine Vorstellung davon, was sie war...vor allem aber wie sie war. Sie folgten so unabbringbar ihren Idealen, ob nun falsch oder richtig, das sie keine Augen hatten für das wirklich Wichtige.


    Für die Essenz...
    Das leuchtende kleine Sandkorn...

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  • Sie hatte nie Dank gefordert, sie hatte nie für das was sie gab Bezahlung haben wollen. Sie hatte niemals geprahlt mit dem was sie getan hatte, mit dem wirklich wichtigen...


    Bedingungslos hat sie ihr Leben für jene gegeben, die sie liebte, selbst für jene die sie nicht liebte.


    Sie hatte Amonlonde beigestanden und dafür hatte der Ork ihr ins Gesicht gespuckt und auf jene getreten, die bereits Tod waren. Aber es war ihr egal gewesen, ihre Seele hatte darunter nicht gelitten.


    Sie hatte den Tod von Tausenden Kreaturen in sich gespürt als sie den Stein der Gaja berührt hatte, pervertiert vom Machthunger ein orkischen Kreatur.


    Sie hatte die Seele der toten Taleria, all ihr Unverständnis über ihren eigenen Tod, die Trauer, von all jenen fern zu sein, die sie liebte in ihr getragen.


    Die Angst als dem siebten der dunklen Krieger gegenübergestanden hatte um ihr Leben einem fremden Elfenreich zu opfern, dessen Namen sie nur wenige Stunden gekannt hatte.


    Sie hatte sich gegen ihren eigenen Gefährten in Lyros gewandt, ihn mit Absicht Schmerzen zugefügt, um all jene anderen zu retten, die ihr wenig bedeuteten, weniger als ihr eigener Gefährte.


    Als sie mit den letzten Kämpfern, den aussichtslosen Kampf kämpfte, das Elfenreich Winningens zur der Vernichtung zu retten und dann verletzt und dem Tode nahe scheiterte.


    Als sie sich in Albion gegen die dunkle Macht stellte und von ihr ausgelacht wurde.


    Sie hatte die Macht der eisernen Krone in Pahia gespürt und ihre Wünsche.


    Die Gefangennahme durch die Orks, die stundenlange Folterung, die ihr innerstes zerfetzt hatte.


    Das war nichts gewesen...nichts...sie hatte all das ohne Überlegen über das was aus ihr werden könnte getan...


    Nicht zum eigenen Nutzen, sie hatte aus all diesen Dingen keinen Preis errungen...keinen den sie haben wollte...


    Und ein anderer, einem den sie bedingungslos vertraute, die einzige Konstante in den Gezeiten, hatte ihr genommen, das sie sich dennoch durch all die erlebten Dinge erhalten hatte...


    Hinfortgerissen aus ihrem Innern, zerfetzt von Krallen so schwarz wie die Nacht, zerteilt von einem sengenden flammenden Schwert...


    Klirrende Scherben waren zu Boden gefallen...fielen immer noch...


    Das Chaos hatte wohl entgültig gewonnen, das nicht fassbare Schicksal hatte sie in einen Krieg geführt, den sie nicht gewinnen konnte...


    Der Jester hatte ihr für ein paar wenige Stunden, das zurückgegeben, das sie niemals verlieren wollte. Er hatte die Scherben Etraklins in Zarorien wieder zusammengeführt. Aus einem Gefühl der inneren Schuld. Sie hatte atmen können...


    Und dann hatte er sie wieder zerbrechen lassen...und mit ihr jede Hoffnung...


    warum also sollte sie jetzt nicht endlich aufgeben?

  • Sie ging dennoch weiter...unaufhaltsam wie immer, zu lange schon gelebt, um jetzt alles wegzuwerfen, zu lange gekämpft, viel zu intentiv geliebt...


    Irgendwann tauchten die Burgtore von Gerund auf...Sie riss sich zusammen.


    weiter in der blutigen Geschichte 9...

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