Die Küste von Renascân

  • Alanis hob eine Augenbraue. Sie lächelte wieder.


    "Warum schenkst Du einem seltsamen Elben ein mächtigeres Artefakt als Deiner Schwester?"


    Man merkte ihr an, dass sie die Frage nicht böse meinte.


    "Ich verstehe das mit den Artefakten wirklich nicht, Kassi. Warum ein astrales Leuchtfeuer bei einer Person, die man mag? Warum überhaupt erst darauf aufmerksam machen, dass die Person etwas Mächtiges bei sich trägt und riskieren, dass jemand nachschauen geht, bevor er dann feststellt, dass durch die Bindung das Ding für ihn oder sie ungeeignet ist?"

  • Kassandra seufzt.
    "In gewisser Weise hast du recht... Das sind alles Überlegungen, die man vorher anstellen muß..."
    Sie starrt angestrengt aufs Meer.
    "Warum ein mächtigeres Artefakt für Endu als für Liri? Liri ist Schankmaid. Der Schutz den sie braucht ist der vor einem Zufallstreffer. Der Pfeil in den Rücken beim Weglaufen... Und du hast recht, was nicht so mächtig ist zieht nicht solche Aufmerksamkeit auf sich. Außerdem hab ich damals erst angefangen. Liris Amulett war ein Versuch. Der ganz gut gelungen ist, finde ich."
    Sie lächelt.
    "Warum mehr Macht für Endu? Er ist Kämpfer. Er schlägt sich mit anderen Dingen rum als eine Schankmaid. Wenn er auf das Amulett zurückgreifen muß dann braucht er stärkeren Schutz." Sie seufzt, fährt sich über das Gesicht.
    "Und warum überhaupt sowas herstellen? Weil ich es kann!"
    Das klingt jetzt trotzig. Heftig.
    "Weil es die einzige Art ist, auf die ich für ihn dasein kann. Auf die ich ihn schützen kann. Ich bin nicht wie du oder... Ancalima. Ich kann mich in keine Schlacht stürzen und hoffen dabei irgendwem von Nutzen zu sein."
    Ihre Augen brennen und glänzen verdächtig, die Stimme wird wieder leiser, unsicher."
    "Ich verstehe ihn nicht... Ich kenne ihn nicht. Er ist mir völlig fremd. Sein Volk ist mir völlig fremd. Den Weg den er geht kann ich nicht begleiten. Ich kann ihn nicht mal gut heißen."
    Sie verstummt. Erst nach langer Pause redet sie weiter.
    "Trotzdem ist da irgendwas... Etwas, das mir vertraut war. Etwas, das mir ähnlich war..." Eine einzelne Träne rinnt ihre Wange herunter.
    "Von dem ich nicht wollte, daß es vergeht. Vielleicht war das Amulett also ein Abschiedsgeschenk..."
    Sie wischt sich über die Augen. Als sie weiterredet klingt sie zugleich bitter und resigniert.
    "Das ich gründlich versaut habe. Gründlicher geht's wohl nicht mehr..."

  • "Ach Kassi." Alanis legte einen Arm um die Schultern der Bardin, ganz vorsichtig, so als erwarte sie, jeden Moment zurückgestoßen zu werden. Ein mitfühlende Lächeln lag in ihrer Stimme und auch auf ihrem Gesicht. "Man kann zumindest nicht sagen, dass Du es vollkommen versaut hast. Bellaria und Dir geht es gut und nun ist vermutlich ein wenig Überzeugungsarbeit bei einigen Personen zu leisten, die unter der Tatsache gelitten haben, dass Du etwas Gutes wolltest." Ihr Blick glitt kurz über den Strand fort zu Ellemir, dann war sie wieder ganz bei Kassandra. "Aber als Allererstes: Dein Nutzen und Dein Wert auf dieser Welt ist unumstritten in meinen Augen und wird nicht davon bestimmt, wieviel Magie Du aus Dir herauspressen kannst, um Anderen zu helfen. Lass es sein, Dich zu vergleichen. Es wird Dich nicht weiter führen als bis zu der Annahme, dass Du ein Nichts bist im Gefüge der Mächte, die uns umgeben. Und glaube mir, jeder Mensch ist ein Nichts in diesem Gefüge. Aber das ist es nicht, was uns ausmacht und das weißt Du auch."

  • "Du weißt so gut wie ich daß 'gut gemeint' das Gegenteil von 'gut gemacht' ist", antwortet Kassandra. Ihre Schultern bleiben hart doch sie stößt Alanis nicht weg.
    "Ja, Bellaria und mir geht es ganz gut. So gut wie's einem eben nach so ner Geschichte geht." Sie schüttelt den Kopf.
    "Alanis, das war ein ziemlicher Kraftakt. Dural und Kallador haben die Aktion nur knapp überlebt. Möglicherweise ich auch. Es ist ein ziemlich beschissenes Gefühl Freunde um Hilfe bitten zu müssen wenn diese Hilfe sie fast das Leben kostet."
    Schon allein deswegen wird sie solche Dinge nie wieder tun. Willow wird sie wohl für den Rest ihres Lebens verabscheuen. Und wer könnte ihr das verdenken?
    "Und das nur um den Mist auszubügeln den ich angerichtet hab."

    Das Problem ist nicht der Druck! Das Problem sind die Apachen!!

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  • "Meiner?", fragt Kassandra nach. Und schüttelt dabei den Kopf. Eine wirkliche Antwort darauf hat sie nicht.
    "Vielleicht wollte ich zu viel. Mehr als ich leisten konnte. Bin zu arrogant und selbstsicher geworden im Umgang mit Kräften... mit denen eine Schankmaid zu wenig Erfahrung hat.
    Vielleicht war es auch nicht nur ein Fehler? Vielleicht war es eine ganze Kette, einer ergibt sich aus dem anderen? Wer weiß ob ich jetzt nicht wieder einen Fehler gemacht habe...Den Dural ausbaden muß... oder Kallador, oder Willow? Wer kann das schon absehen?"

  • Alanis winkte ab.


    "Nah, ich glaube nicht, dass Du nicht genug Erfahrung hast. Das kannst Du mir nicht erzählen. Ich glaube als Mutter zweier Kinder und Organisatorin eines großen Haushaltes kannst Du sehr gut beurteilen, was möglich ist und was nicht - auch auf magischem Gebiet."


    Sie lächelte Kassandra an.

  • "Meinst du?", fragt Kassandra.
    Sie schaut ebenfalls zum Anleger wo Ellemir grade nicht auszumachen ist. Doch sie ist sich sicher, daß die kleine Frau sie im Auge hat und zurückkommt, sobald sie es für richtig hält.
    "Dann sag mir wo der Fehler war."

  • "Der Fehler ist es, Entscheidungen als Fehler zu betrachten und die Schuld in sich selbst zu suchen, anstatt die Geschehnisse als Chance zu sehen, etwas zu ändern", gab die Priesterin zurück. "Ich weiß nicht, was der Fehler war. Ich bin keine Magierin, sondern nur eine Bettlerin vor den Elementen. Aber ich weß, dass Du mit Furcht und Wahnsinn nur Stillstand erreichst, wahrscheinlich sogar Rückschritt. Und das wird Deine Freunde in Zukunft nicht schützen."

  • Alanis Mundwinkel zucken kurz hoch.


    "Schonmal gut zu hören, dass Du bereit bist, die Chance sehen zu wollen und nicht einfach hinwerfen willst." Sie nahm ihren Arm wieder von Kassandras Schulter, lächelte die Bardin dennoch weiter warm an. "Was sagen denn die Magier und Barden in Deinem Umkreis, was der Fehler war?"

  • "Hm", Kassandra zuckt die Schultern.
    "Weißt du, ist nicht so, als ob ich da mit jedem drüber geredet hätte, dem ich in letzter Zeit begegnet bin. Und die mit denen ich geredet hab... Tja, Bellaria war so ratlos wie ich. Silia war der Meinung wir hätten irgendein Elementarwesen gestört. Das im Kreis saß. Was bedeuten würde meine Reinigung war nicht ausreichend..."
    Sie seufzt.
    "Ich bin keine Schwankmaidpriesterin. Vielleicht .... Ach, was weiß ich...."

  • "Ach, ich weiß nicht. Vielleicht ist die alte Hippe nicht so zuverlässig. Vielleicht hab ich's versaut... Vielleicht hat's ihr nicht gepaßt daß einer im Kreis war der sie nicht verehrt... Wär ich Priester würd ich mich mit so nem Schei* auskennen", brummt Kassandra.

  • Alanis nickte leicht.


    "Das kann gut sein, die Theorie ist gar nicht so schlecht. Ein Ungleichgewicht innerhalb des Kreises ist auf jeden Fall zu vermeiden - und das gilt für Magier ebenso wie für Priester. Ich kann ja wohl kaum zu den Elementen beten und dabei einen Fünfgöttergläubigen bei dem aktiven Gebet dabei haben. Das sind eben - Äpfel und Birnen." Sie zögerte kurz. "Manchmal. Nicht immer."

  • "Hm?" Fragend zog die Priesterin eine Augenbraue hoch und grub eine Hand in den warmen Sand, das Gefühl genießend, das das Riesel der winzigen Steine durch ihre Finger auslöste. "Was meinst Du? Religionsmischmasch generell oder hier in Renascân?"

  • Kassandra macht schon den Mund auf um zu antworten, daß sie eigentlich meinte, wie man mit so unzuverlässigen Partnern arbeiten kann, doch dann besinnt sie sich und schließt den Mund wieder.
    "Ach... schon gut", sagt sie.