Das Gebäude der Späher

  • "Da haste recht."


    Gerion blickte resigniert zu Boden. Er spielte schon lange mit dem Gedanken nach Magonien zurückzukhren. War das nun der endgültige Grund dafür ?


    "Naja jetzt is mir der Hunger vergangen. Ich denke ich werde einen Besuch im Tempel nun vornanstellen. Was hast du noch so vor ?"

  • Nachdem die Offiziers- und Unteroffiziersränge der Garde in Kenntnis gesetzt wurden, wurde im Gebäude folgender Aushang angeschlagen:


    Bekanntgabe der Präfektur:


    Zur Vertiefung unserer Beziehungen vielerlei Art und unserer Freundschaft mit dem Lande Amonlonde wird es in Zukunft eine engere Zusammenarbeit mit der amonlondischen Garde geben. Zum beiderseitigen Nutzen und Gedeihen ist ein Austausch von Gardisten geplant, die für eine gewisse Zeit im jeweils befreundeten Lande Dienst tun, um die Fähigkeiten zu erweitern und sich mit den Gepflogenheiten vertraut zu machen. Im ersten Abschnitt dieses Austauschs werden voraussichtlich im Spätherbst des Jahres die ersten magonische Gardisten nach Amonlonde verschifft, um dort gemeinsam mit ihren amonlondischen Kameraden ihren Dienst zu versehen.


    Das erste Kontingent wird eine Stärke von 30 Mann umfassen. Ein Anteil an Milizionären ist vorgesehen, dieser soll jedoch die Stärke von 10 Mann nicht überschreiten. Die Abordnung erfolgt auf Befehl, freiwillige Meldungen sind möglich und erwünscht.


    Der Ausgleich der nach Amonlonde abgeordneten Kräfte wird zeitnah zu deren Verschiffung durch Entsatz von der Heimatinsel sowie durch Neurekrutierungen erfolgen.


    Unterschrift (unleserlich, also soldatisch)

  • Isabell stand vor dem Gebäude, tief in ihren Umhang gewickelt. Es musste das Haus sein, das der Gardist ihr am Tor erklärt hatte.
    Noch zögerte sie hinein zu gehen. Würde sie hier den Mann finden, nach dem sie suchte? Oder würde die abermals enttäuscht werden?
    Ihre Hoffnung drohte abermals in Zweifel unterzugehen.


    Ein paar Minuten stand sie regungslos da. Mit der rechten Hand tastete sie nach ihrere selbstgemachten Kette um ihren Hals. Als sie die den Anhänger mit ihren Fingern umschloss hatte die das Gefühl, er würde ihr Mut gehen. Sie gab sich einen Ruck und ging auf den Eingang zu

  • Isabell betrat das Gebäude.
    Sie schlug die Kapuze ihres Umhangs zurück um sich besser umsehen zu können. Nach ein paar Augeblicken musste sie festellen, das der gesuchte Mann nicht hier war. Zumindest sah sie ihn nicht.
    Doch der aufgeflammte Mut brannte noch immer in ihrer Brust. Sie ging noch zwei Schritte weiter in den Raum und rief:


    "Seid gegrüßt. Ich in auf der Suche nach einem jungen Mann. Sein Name ist 'Gerion'. Ist er hier anzutreffen?"

  • Ein Vorhang wurde ruckartig beiseite geschlagen, und aus einem Raum nebenan trat ein eher finster dreinblickender Zeitgenosse mit langen dunklen Haaren. In der einen Hand hatte er ein Messer, dessen Spitze er auf der Zeigefingerkuppe seiner anderen Hand drehte.


    "Schau an, ein Gast. Hübsch. Keine gute Idee, einfach in ein fremdes Haus hereinzumarschieren, oder?"


    Hatte er beim Hereinkommen unentwegt auf das Messer geschaut, sah er nun Isabell direkt an: Grüne, recht kalte Augen.


    "Oder???" wiederholte er etwas lauter

  • Isabell erschrak merklich, als der Vorhang ruckartig zur Seite geschlagen wurde. Der Mann, der nun zum vorschein kam, wirkte sehr finster. Sie musste sich zwingen, nicht ein Schritt zurück zu weichen.
    Seine Augen - so grün und kalt - machten ihr weniger Sorgen, als die Tatsache, das er mit einem Messer vor ihr stand.
    Aber sie wollte sich nicht so schnell einschüchtern lassen. Nicht, wo sie jetzt so weit gekommen war. Und man sagte nicht umsonst: Hunde die bellen, beißen nicht.


    "Ich weiß das es nicht die höflichste Art ist, einfach in ein Haus zu laufen"


    Ihre Stimme wurde fester. Langsam erholte sie sich von dem ersten Schreck. Ihre braunen Augen blickten direkt in seine hinein.


    "Aber die Tür war nicht abgeschlossen. Im Gegenteil - sie war nur angelehnt"

  • "Richtig. Schlaues Kind. Aber selbst an angelehnte Türchen können hübsche Händchen anklopfen. Ich könnte euch ja für einen Einbrecher halten. Die sind in der Regel nicht sehr höflich. Und selbst einem Einbrecher mit hübschen kleinen Händchen wie ihr sie habt, wird ganz schnell mal das zarte Hälschen durchgeschnitten. So mancht man's zumindest da, wo ich herkomme. Und wie ist es so bei euch, wo ihr herkommt? Ich würde euch ja mit Namen ansprechen, aber den kenne ich ja auch noch nicht, also nenne ich euch einfach Frau mit den hübschen kleinen Händchen und dem zarten Hälschen."


    Er kam nicht näher, aber schaute ihr nach wie vor direkt in die Augen, das Messer nach wie vor in seinen Händen drehend

    Thankmar Rhytanian
    Botschafter Magoniens zu Montralur

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Magonier ()

  • "Wenn ich doch so hübsche und kleine Händchen habe, wie ihr sagt, dann hättet ihr sicherlich nicht gehört, wie ich an diese große schwere Tür geklopft hätte"


    Ihre Augen leuchteten auf. Sie wollte eigentlich keinen Streit anfangen - gerade wenn ihr Gegenüber so einen finsteren Eindruck machte. Ihr Blick huschte kurz auf das Messer, dann aber wieder dem Mann in die Augen.


    "Dort wo ich herkommt, begrüßt man eine Dame nicht mit einem Messer in der Hand. Ich weiß ja nicht, wo ihr herkommt. Aber das mit dem Namen können wir ja soweit mal klären: ich heiße Isabell. Und mit wem habe ich das vergnügen?"

  • "Aaaaaah, unterschätzt mal die Ohren anderer Leute nicht, Isabell mit den hübschen kleinen Händchen und dem zarten Hälschen. So viel kann ich euch versprechen, egal wen ihr von den Bewohnern dieses Hauses angetroffen hättet, alle hätten es ziemlich gut gehört, wenn ihr an das Türchen geklöpft hättet. Und nicht alle hätten euch mit einem Messer begrüßt, das ist wohl wahr. Man kann Einbrechern auch ohne ein Messer das zarte Hälschen einfach...umdrehen. Manche hier würden das bevorzugen. Ich bin da noch etwas unentschlossen."


    Er legte den Kopf schief, was ein ziemlich bizarres Bild ergab


    "Aber ich will ja nicht unhöflicher sein als nötig, Isabell mit den hübschen kleinen Händchen und dem zarten Hälschen. Mein Name ist Lamask und ich komme es dem schönen Scorien. Und jetzt wollen wir doch mal klären, wieviel Vergnügen wir dieser Begegnung noch so abgewinnen können. Das hängt ganz davon ab, was ihr mir jetzt erzählt. Ich höre, Isabell mit den hübschen kleinen Händchen und dem zarten Hälschen?"


    Seine Stimme klang leise. Und ruhig. Und genau das machte sie nicht gerade angenehm.

  • Seine Stimme lies ihr einen leichten Schauer über den Rücken laufen. Isabell wollte eigentlich noch etwas erwiedern, schluckte es aber hinunter. Sie wollte ja keinen Streit, sie wollte eine Antwort. Sie seufzte.


    "Ich bin auf der Suche nach einem Mann. Am Tor sagte man mir, das ich ihn hier finden könnte. Sagt Lamask, gibt es hier einen Mann mit dem Namen 'Gerion'?"


    Isabell blickte wieder auf das Messer. Es machte sie nervös, auch wenn sie nicht glaubte, das er ihr was tun würde. Aber sie wollte keine Angst zeigen. Deswegen schaute sie schnell wieder Lamask in die Augen.

  • "Soso, am Tor hat man das euch also erzählt. Jaja, die Torwachen. Ein fleißiges Völkchen. Da hat sich wohl jemand von hübschen kleinen Händchen und einem zarten Hälschen zur Geschwätzigkeit verführen lassen. Aber wieviel Wahrheit steckt denn in Geschwätzigkeit? Wie ist es bei euch zu Hause, Isabell mit den hübschen kleinen Händchen und dem zarten Hälschen, würdet ihr jemandem glauben, bei dem ihr Geschwätzigkeit vermutet? Na? Würdet ihr?"


    Er machte eine Pause und starrte Isabell an, nur wenige Augenblicke, die ihr wie eine halbe Ewigkeit vorkamen


    "Einen Gerion sucht ihr also, Isabell. Und gefunden habt ihr einen Lamask. Unschön, nicht wahr? Ich hoffe, ihr seid nicht allzu entäuscht. Und wenn es ihn hier gäbe, diesen Gerion, hätte er euch denn dann erwartet? Oder wäre eher das Gegenteil der Fall, so dass ihr ihn ohne zu klopfen hättet hier überraschen wollen? Sagt es mir, Isabell mit den hübschen kleinen Händchen und dem zarten Hälschen. Wenn es ihn denn hier gäbe, diesen Gerion, was wolltet ihr dann von ihm? Würde er sich freuen, euch zu sehen? Würdet ihr euch freuen, ihn zu sehen? Und seid ihr jetzt wenig erfreut, mich zu sehen? Erzählt es mir. Erzählt es mir, Isabell mit den hübschen kleinen Händchen und dem zarten Hälschen, und womöglich werde ich euch glauben. Womöglich...aber auch nicht."

  • Isabell konnte dem drang nicht wiederstehen und wich einen Schritt zurück. Lamask's Fragen trafen sie wie ein Pfeil in die Brust. Wie Gift tropfte der Zweifel in ihr Bewusstsein und ertränkte das kleine bisschen Hoffnung das sie bis soeben noch hatte. All diese Fragen stellte sie sich auch - immer wieder. Wie würde Gerion reagieren, wenn er sie sah? Würde er sich an sie erinnern? Würde er sie erkennen? Alles Fragen, auf die sie keine Antwort wusste. Deswegen war sie hier - um es heraus zu finden.
    Sie konnte seinem Blick nicht länger stand halten. Schnell schaute sie an die Wand zu ihrer linken Seite. Sie merkte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen. Sie holte tief Luft.


    "Gerion weiß nicht, das ich auf der Suche nach ihm bin"


    Isabell schluckte die Tränen hinunter und biss sich auf die Lippen. Weiterhin starrte sie auf die Wand.


    "Ich weiß nicht, ob er sich freuen wird mich zu sehen. Ich weiß auch nicht, wie er reagieren wird"


    Sie nahm ihren Mut zusammen und schaute Lamask wieder in die Augen. Ihre Hände zitterten leicht.


    "Und es geht euch nichts an, was ich von ihm will!"

  • Lamask zog beide Augenbrauen hoch und schaute Isabell lange an. Dann steckte er sein Messer in eine Lederscheide an seinem Gürtel, und seine Augen wirkten auf einmal deutlich lebendiger und...irgendwie normaler. Nur seine Stimme blieb nach wie vor etwas verstörend, wenn auch diese etwas an Farbe gewann


    "Ach, daher weht der Wind. Schau an. Jetzt wird's mir klar. Mehr muss ich gar nicht hören, auch wenn's mich angeblich nichts angeht."


    Er grinste schräg. Keine spontan sympathische, aber immerhin keine unheimliche Regung im Gesicht des Mannes


    "Nein, eine Einbrecherin seid ihr wahrlich nicht. Und wenn ihr's wärt, dann wärt ihre eine reichlich ungeschickte. Gut, ich will es kurz machen. Wenn ihr unseren Gerion sucht, dann seid ihr hier richtig und falsch. Denn Späher ist er. Und dass das hier das Gebäude der Späher ist, wird euch ja kaum entgangen sein. Also habe ich eine schlechte und eine gute Nachricht für euch, Isabell, obwohl ihr immer noch nicht verraten habt, woher ihr seid. Die schlechte: Gerion ist nicht hier. Die gute: Er hat meines Wissens keinen Dienst im Hinterland oder auswärts, er sollte also irgendwo in der Siedlung oder sich zumindest in der Nähe der Siedlung rumtreiben. Keine Ahnung wo, bin ja auch nicht sein Kindermädchen."


    Er zuckte mit den Schultern

  • Isabell merkte, das sie vielleicht etwas überreagiert hatte. Doch die Geschehnisse der letzten Monate nagten noch immer an ihr. Zu viel war passiert.
    Der Sturm der Gefühle der in ihr aufgezogen war, flautete langsam ab. Der Zweifel wich wieder der Hoffnung und zum ersten Mal nach langer Zeit, mischte sich ein neues Gefühl dazu: Zuversicht. Er war hier. Und es war nur noch eine Frage der Zeit, bis sie ihn fand. Sie wollte ihn einfach nur sehen und das los werden, was ihr so lange auf dem Herzen lag.


    Sie war Lamask dankbar, das er endlich sein Messer wegsteckte. Sie bezweifelte, das er sich denken konnte, was sie von Gerion wollte, aber das war ihr gleichgültig. Er hatte ihr eine Antwort gegeben, die mehr als zufriedenstellend war.


    "Habt dankt für diese Information, Lamask. Dann werde ich mich weiter auf die Suche nach ihm begeben"


    Sie legte eine kurze Pause ein. Jedes bisschen Angst, das sie vor Lamask hatte war mitterweile verflogen. Sie lächelte ihn an.


    "Wenn ihr Gerion sehr, könnt ihr ihm etwas ausrichten? Sagt ihm, Isabell aus dem Land der Drachenkrieger wäre auf der Suche nach ihm. Würdet ihr das für mich tun?"

  • Isabell funkelte Lamask böse an, als er das Wort 'Liebelei' aussprach. Sie hatte geahnt, das sich solche Gerüchte lostreten würden, aber nicht so schnell.
    Allerdings hatte er recht. Wo sollte Gerion sie finden, wenn sie doch selbst auf der Suche nach ihm war?


    "Ich werde mich für ein paar Tage in der Stadt einquartieren. Gibt es hier ein Gasthaus in der Nähe?"


    Isabell's Blick wurde wieder weicher. Sie überlegte laut


    "Dort könnte er mich antreffen ... ab Sonnenuntergang"

  • Wie aus dem Nichts zog er einen Apfel hervor und biss schmatzend hinein


    "Gasthaus?" Zaunkönig. Die Straße runter, am Präfekturgebäude links, dann über den Dorfplatz und von dort noch'n Stück geradeaus. Werd's ihm sagen."

  • Isabell schloss kurz die Augen und ging die Wegbeschreibung nochmal in Gedanken nach, begleitet vom Schmatzen ihres Gegenübers.


    "Habt dank. Ich werde mich auf den Weg machen"


    Sie zog wieder die Kapuze ihres Umhangs über und wendete sich zum gehen. Kurz vor der Tür hielt sie kurz inne.


    "Vielleicht begegnet man sich noch einmal - einen schönen Tag noch"


    Mit diesen Worten und einem Lächeln verließ sie das Gebäude.



    -----> Dorfplatz

  • Ein Aushang im Bereich "Dienstliche Mitteilungen"


    Das erste Kontingent für den Gardistenaustausch nach Amonlonde ist vollständig. Die Truppen werden am 15. Tag des 9. Mondes nach Amonlonde auslaufen. Das Kontingent besteht aus 30 Männern und Frauen, die Zusammensetzung ist wie folgt: 1 Sergeant, 2 Korporale, 2 Erste Gardisten (je Korporal einer), 18 Gardisten, 7 Milizionäre. Die Betreffenden haben ihren Marschbefehl bereits erhalten.


    Weiterhin hat der höchstehrenwerte Rat der Tempestarii angeordnet, eine bewaffnete Delegation in die amonlondische Kolonie Forlond im Lande Montralur zu entsenden. Die Delegation wird den den Status "Militärbeobachter" tragen. Diese soll die Vorgänge vor Ort in Augenschein nehmen, der Waffengebrauch zur Verteidigung (auch für präventive Verteidigungsmaßnahmen) wird der Delegation gestattet sein.


    Gez.
    E.d.L., Proc.
    Im 9. Mond, 410 n.Dj.