Zurück bei den Truppen...

  • Leutnant Kenza path set Takh war lange Zeit unterwegs mit den Verbliebenen Truppen des Expeditionskorps. Er war es müde über das Geschehene nachzudenken, er und seine Scharfschützen waren müde. Denn so manches Mal waren ihnen vereinzelte Patroullien über den Weg gelaufen.
    Ihnen ging der Mut aus, die Kraft und die Pfeile. Der neue Hauptmann, so ambitioniert er auch führte, schaffte es nicht in ihnen das Gefühl der Unbesiegbarkeit auszulösen, wie es Brak-Zuss so oft getan hatte.
    Er fühlte sich wie ein getriebenes Wild.
    Der Weg war nicht mehr weit, bald würden sie die Aufklärungslinien des Drakenwalds erreichen und somit den Schutz der eigenen Leute.
    Er sah sich um. Im leichten Nieselregen durchbrochen von hartnäckigen Sonnenstrahlen spürte er den Wert seines Lebens wieder steigen. Keine Opferrassen mehr.


    Der Geruch der Heimat schien in der Luft zu liegen. Oder war es; er wand sich um, ein vertrautes Gesicht sehend. Bedrückt, leer und bar jeden Ausdrucks.
    Er kannte diese Frau, sie war die Schwester des Hauptmanns gewesen und nun hatte sie zu ihm aufgeschlossen. Was war ihr Anliegen, weshalb sah sie ihn wortlos an?


    K´takh blieb stehen und musterte sie: "Shala Ankh-Zuss, nicht wahr? Was liegt auf eurem Herzen?"

  • Die letzten Tage schienen wie ein böser Traum, aus dem es ihr nicht gelang, aufzuwachen. Erst vor knapp einer Woche war sie zu den Truppen gestoßen, entschlossen, zu helfen, wenn sie das Rabuuntal einnähmen, aber auch um ihren Bruder nach langer Zeit wieder zu sehen. Wie kurz war die Zeit gewesen, die man ihnen gegönnt hatte...


    Und nun war sie mit den Truppen auf dem Weg, doch Meile um Meile zog an ihr vorbei, ohne dass sie den Blick auf die Umgebung gerichtet hatte. Verdogonas hatte sie verlassen, er hörte ihre Gebete nicht mehr, antwortete ihr nicht auf die ewige Frage, warum. Warum hatte er es zugelassen, dass die Opferrassen sie überraschten, bevor die Truppen das Lager verlassen hatten? Warum hatte er es zugelassen, dass dieser Mensch Brak-Zuss tötete? Immer wieder sah sie die Stelle vor sich, an der sie das Schwert und den Schild gefunden hatte. Nichts mehr war übrig gewesen ausser diesen. Der Schild geborsten und zu schwer für sie, hatte sie das Schwert an sich genommen und seit dem nicht mehr aus der Hand gelegt. Nicht, bevor es nicht das Blut der Rache geleckt hatte.


    Blanker Hass wallte auch nun wieder in ihr auf, als sich ihre Hand fest zur Faust schloss. Sie würde Brak-Zuss rächen, selbst wenn dies bedeutete, selbst zu sterben. Bevor sie mit der sowieso schon verlorenen Batallionsflagge geflohen war, hatte sie diejenigen sehen können, die auf ihren Bruder eingedrungen waren und ihre Gesichter hatten sich tief in ihr Gedächtnis eingebrannt. Sie würden sterben. Und sie hatte gelernt, was es heißen konnte, zu sterben. Sie war eine Nymbra. Und so würde sie auch Rache an denen nehmen, die sie niemals vergessen würde.


    Allerdings war sie sich bewusst, dass sie es mit mächtigen und gefährlichen Gegnern zu tun hatte. Sie war im Tempel des Verdogonas aufgewachsen und nicht so dumm zu glauben, dass sie als völlig unerfahren im Umgang mit Waffen eine Chance gegen die hatte, sie sie gedachte zu töten. Sie hatte viel beobachtet und nun war es an der Zeit zu handeln.


    Sie wartete und als sich der richtige Augenblick zu ergeben schien, suchte sie ihn. Lautlos trat sie aus dem Schatten hinter ihm, doch er hatte sie trotzdem bemerkt und drehte sich zu ihr um. Sie spührte den Regen, der auf die Kapuze ihrer Kutte rieselte, schon lange nicht mehr, ebenso wenig wie Kälte, die sie durchdrang. Alles was sie spührte war dieser Hass, der ihre Miene versteinern, doch ihre Augen schwarz werden ließ. Das Gewicht des Schwertes auf ihrem Rücken war ihr umso deutlicher bewusst, als sie nun leicht den Kopf senkte, ehe sie ihrem Gegenüber in die Augen sah. Eine Weile schwieg sie. Als sie sprach, war ihre Stimme leise und ausdruckslos.


    "Ihr seid ein großer Krieger, K´takh." Ihr Blick glitt an ihm vorbei, in die Leere, wo er einen Moment verharrte, ehe er in das Gesicht des Nymba zurückhuschte. "Und ihr habt überlebt..."

  • "Großer Krieger, eine interessante Bezeichnung für einen Mann der stets zwanzig Fuß zwischen sich und seinen Feinden hält," antwortete ihr der Nymbra, "Aber ja, ich habe die Schlacht überlebt."
    Etwas an dem Ausdruck im Gesicht der Jungen Frau gefiel ihm nicht.
    Dieses Mädchen schien noch so jung zu sein und doch war sie offenbar auf der Suche nach Ärger. Der Art Ärger, die einen das Leben kosten kann.
    "Was genau möchtest du von mir? Du hast dich sicher nicht ohne Grund so an mich herangeschlichen!?"

  • Ihre Augen funkelten kurz auf, als sie den skeptischen und leicht misstrauischen Ton in der Stimme des Leutnants vernahm, doch ihre Gestalt und das Gesicht blieben unbewegt. Sie war der Meinung, dass man nicht ohne Grund "befördert" wurde, sprach dies aber nicht aus.
    Nur das Anspannen ihrer Kiefermuskulatur war zu sehen, als sie fest die Zähne zusammenbiss, ehe sie antwortete.


    "Ich möchte dass Ihr es mir beibringt. Das Töten."

  • "Ich halte das nicht für eine gute Idee Shala," erwiderte er, "Du bist Priesterin, dein Dienst gehört Vergodonas deine Heilkunst deinen Kameraden. Dein Lebensweg ist bestimmt worden, du könntest die Gunst deines Gottes verlieren, wenn du ihn selbstständig wechselst."


    Der erfahrene Soldat strich ihre Kapuze nach hinten, und hob ihr Kinn an. Sie war so eine hübsche junge Priesterin, eine Augenweide. Sollte dieses gesegnete Kind tatsächlich eine Todesbotin werden?


    "Shala Ankh-Zuss ich verstehe deinen Schmerz, und ich dauere mit dir über den Tod deines Bruders. Er war ein guter Soldat, ein noch besserer Hauptmann und ein teurer Freund." Er sah ihr tief in die Augen, "Glaubst du, daß es sein Wille gewesen wäre, daß du dein Leben verlierst?"

  • Stumm lauschte sie, bis er geendet hatte. Der Regen traf nun ihr ungeschütztes Gesicht und benetzte ihre schwarze Haut, einzelne Tropfen bildeten Perlen in ihren Wimpern. Ihre Augen, eben noch so dunkelblau, dass sie Schwarz schienen, funkelten ihn nun mit eisiger Entschlossenheit an.


    "Die Gunst meines Gottes hat mich in dem Moment verlassen, als ich zu diesen Truppen stieß, Leutnant. Ich kann ihm nicht dienen, solange mein Herz voll ist von Hass. Es ist kein Platz dort für den Glauben."


    Sie schob seine Hand fort, ließ das Kinn aber herausforderng vorgereckt.


    "Brak-Zuss ist für Vergodonas gestorben. Und ich werde es für dessen Rache tun, wenn es sein muss. Ich habe keine Angst vor dem Tod oder dem Sterben."

  • Langsam schüttelte K´takh den Kopf. "Und wenn dein Gott persönlich zu dir spräche, ich glaube kaum daß du ihm zuhören würdest..."


    Er atmete tief durch und schüttelte erneut den Kopf. "Besitzt du einen Bogen? Ich werde dich nicht näher als vierzig Schritt an den Feind heranlassen, bis deine Ausbildung beendet ist!"

  • Sie schloss kurz die Augen, als K´takh nachzugeben schieb. Sie hatte sich auf einen härteren Kampf eingestellt und nun spührte sie Erleichterung. Sie brannte darauf, endlich ihrer Wut Platz zu schaffen und Geduld war noch nie ihre Stärke gewesen. Doch sie wusste, dass sie sich beherrschen musste und Zeit brauchte.
    Sie schüttelte leicht den Kopf.
    "Es wird keine Schwierigkeit sein, einen aufzutreiben."
    Ein Teil der Anspannung wich aus ihrem Blick und sie senkte diesen, während sie sich müde über die Stirn rieb.
    "Danke.", murmelte sie.

  • "Ich warne dich aber, lass dich nicht wie die Opferrassen zu Zorn hinreissen." ermahnte K´takh, "Zorn führt zu Unachtsamkeit, Unachtsamkeit zu Fehlern, Fehler zum Verlust der Initiative, Der Verlust der Initiative bedeutet die Niederlage!"
    Der Leutnant hatte nun alle seien Männer passieren lassen und keiner war zurück geblieben. Die letzte Patroullie der Opferrassen war beseitigt worden. Der Weg war frei.


    "Was auch immer, wir sollten uns beeilen. Es ist Zeit zu gehen. Bis wir das 1. erreicht haben, wirst du dich aus allen Kampfhandlungen heraushalten.... Das ist ein Befehl und du wirst ihn befolgen als wenn er von deinem Bruder käme!"

  • Ohne sich zu rühren ließ sie die Ermahnungen über sich ergehen. Es würde nicht leicht fallen, sich an diesen Befehlston zu gewöhnen, ihre Lehre hatte bisher anders ausgesehen und schon immer war es ihr nicht leicht gefallen, sich unter zu ordnen. Doch sie war bereit, alles das auf sich zu nehmen. Es musste sein.
    Ernst sah sie ihn an. Die Lethargie war von ihrem Gesicht gewichen und hatte einem Ausdruck der Entschlossenheit Platz gemacht.
    "Ich werde Euren Befehlen Folge leisten."

  • Ohne weiter darauf einzugehen setzte er sich an die Spitze seiner Männer, der Hauptmann hatte keine neuen Befehle ausgegeben, also beschloss er sich, sobald sie in der NÄhe ihrer Truppe waren, mit seinen Scharfschützen abzusetzen und einen Melder des Netzes aufzusuchen.
    Das Netz war sowieso jetzt die einzige Möglichkeit die drohende Niederlage abzuwenden und der Rat musste von den beispiellosen Verlusten erfahren.


    Zwei weitere Tage dauerte es, bis sie die Truppen erreichten. Herzlich war der Empfang, besorgt der Blick als man sah wie wenige zurückkehrte und Bestürzung überwältigte die Männer, als sie sahen daß Brak-Zuss nicht zurückgekehrt war.


    Der Melder war bald erreicht, und K´takh machte Meldung an die OKNA.
    Erst als dies vollbracht war, gönnte er sich einen Augenblick der Ruhe, er nahm seine Schülerin bei der Hand und ging mit ihr ins Badehaus, wo sie nacheinander und jeder für sich einen heißen Zuber betreten durften.
    Erst als beide wohl vom Schaum bedeckt waren, entfernten dei Bader den Paravan zwischen ihnen.


    "Genieße das Bad, es wird die Kälte aus deinem Körper treiben und vielleicht auch deine Miene wieder ein wenig aufhellen. Die Kräuter sind wohltuend. Ich tue das jedes Mal nach einem großen Kampf. Es erinnert mich daran, daß es mehr gibt als Tod und Verzweiflung..."

  • In den folgenden Tagen tat sie, was man ihr aufgetragen hatte, verhielt sich still und unauffällig. Zu still vielleicht, wenn man die Tatsache betrachtet, dass sie mit niemandem sprach und selbst nur K´takh von ihr ein Wort hörte, wenn er sie direkt ansprach oder etwas fragte.


    Allerdings war sie nicht gegen die Wohltat gefeit, die es bereitete, die feuchte und schlammige Kleidung abzulegen und in die Wärme des Wassers einzutauchen und für einen Moment lang war sie K´takh wirklich dankbar, dass er sie mitgenommen hatte. Leise seufzend schloss sie die Augen und atmete tief ein, als ihre Glieder sich nach und nach erwärmten. Nur ihr Herz erreichte diese Wärme nicht.


    Als sie die Augen wieder öffnete, blickte sie direkt ins Gesicht des Leutnants. Seinen Ausspruch übe den Tod und die Verzweiflung überging sie geflissentlich, statt dessen lehnte sie den Kopf an das Holz hinter sich. "Wie geht es jetzt weiter?"

  • Das Wasser begann kleine Blasen aufzuwerfen. Von Körperform geleitet perlten sie wohltuend den Rücken und die Beine hinauf, bis sie an der Oberfläche ihre zarte Haut sprengten und ihr Dasein endete. Nur die eine oder andere zögerte das Unvermeidliche heraus indem sie kitzelnd über die Haut fuhr und sich an einem der Härchen festhielt, die sich ob des Reitzes aufstellten.
    Wohlige Schauer durchliefen die Körper, als das Sprudelbad begann die Spannungen zu lösen und nach und nach kehrte Ruhe ein in die Muskeln jener Krieger, die sich dieses Bad zur Wohltat gönnten.


    K´takh genoß den Luxus seines Sprudelbades sichtlich und fast hätte er in seinem Entzücken Shala´s Frage überhört, doch sein Kopf war gerade eben noch klar. Ratlos atmete er einmal tief durch, dann ließ er die Frage ein wenig in seinem Geist rasten.
    Schließlich schmunzelte er ganz unvermittelt und fuhr sich mit den Händen durchs Haar, bevor er antwortete:
    "Jetzt lernst du erstmal wieder dich zu entspannen... wenn du das hast," erklärte er weiter, "Werde ich dich meinen Soldaten vorstellen. Du wirst in ihrer Unterkunft schlafen und dich mit ihnen bekannt machen. Danach werden wir deine persönliche Ausrüstung abstimmen und dir die passende Kleidung dazu suchen. Ein bis zwei Tage später werde ich dich auf den Schießplatz bringen, wo wir herausfinden werden, was für eine Art Schütze du bist." Der Leutnant nahm sich ein wenig Schaum und spielte damit ein bisschen, bevor er ihn sich durchs Gesicht rieb und fortfuhr "Wahrscheinlich werden wir bald wieder verlegt, auf dem Weg zu unserem neuen Einsatzort werde ich dir beibringen wie man Jagd und du wirst Kochen lernen. Keine Angst, ich werde dich nicht zur Kompanieköchin machen, aber manchmal müssen wir Scharfschützen lange Zeit von der Truppe abgesetzt operieren. Da kann es schon hilfreich sein... möchtest du noch mehr wissen?"
    Seine Frage klang geradezu herausfordernd und nach einem Augenblick des Schweigens fügte er an.
    "Der letzte Punkt wird dir nicht gefallen. Jeden Abend üben wir uns eine Stunde lang in der Meditation und beten zu Vergodonas. Das tun wir um unseren Geist zu schärfen. Dein Gram hat dort nichts zu suchen und du wirst aufrichtig beten oder uns verlassen müssen!"

  • Abwesend strich sie sich eine feuchte Strähne ihres Haares aus dem Gesicht, während sie ihn beobachtete und auf seine Antwort wartete. K´takh schien regelrecht in eine Art Trance versunken zu sein, zumindest schloss sie das seinem extatischen Gesichtsausdruck nach und unwillkürlich hob sie eine Augenbraue. Schweigend griff sie nach einem der Schwämme, benutzte ihn aber nicht sondern drehte ihn nur gedankenverloren zwischen den Händen.
    Als er sprach blieb ihr Blick auf den Gegenstand gerichtet, doch lauschte sie aufmerksam. Sie war das Leben im Tempel gewohnt und auch den gewissen Luxus, den dieses mit sich brachte. Ihr war bewusst gewesen, dass sie all das hinter sich lassen würde und bereit, Opfer zu bringen. Als er jedoch davon sprach, dass sie kochen lernen musste, huschte ihr blauer Blick entsetzt zu ihm hinüber. Kochen. Sie erinnerte sich kurz daran, wie sie mehr als einmal einen der alchemistischen Tränke, die im Tempel hergestellt wurden, versaut hatte und dass K´takh sicherlich keine Freude an ihren "Kochkünsten" finden würde.
    Sachte schüttelte sie den Kopf. "Keine Fragen mehr."
    Dann jedoch verfinsterte sich ihre Miene sichtlich. Oh ja, sie würde zu Vergodonas beten, wenn es sein musste. Doch niemand konnte ihr vorschreiben, wie diese Gebete ausfallen würden.
    "Ich verstehe." Mehr war es nicht, was sie mit tonloser Stimme antwortete, ihn noch einen Moment lang ausdruckslos ansah, die Luft anhielt und dann komplett untertauchte, um ihr Haar zu waschen.

  • Lange Zeit genoss er sein Bad und schwieg sie an. Das sie ihm nicht umfassend antwortete, konnte er verstehen. Schließlich ging es um ihren Bruder.
    Auch er hatte nicht verstehen können, wieso die Truppen so leicht über dessen Tod hinwegkamen. Besonders die Expeditionseinheiten...
    Es war spät als sie endlich ein Ende fanden und zeitgleich brach ein Bote in die Ruhe ein.


    "Leutnant Kenza path set Takh, ich habe hier Befehle vom Oberkommando!"
    Sprach jener und kam nahe. Ein Blick auf die im Schaum verhüllte Shala ankh Zuss dann fragte er, "Kann ich in ihrer Anwesenheit sprechen?"
    K´takh nickte, "Sie ist meine persönliche Schülerin... wir können sprechen."


    Der Bote händigte die Depesche aus, und der Leutnant trocknete seine Hände ab bevor er sie entgegennahm. Während er sie las, berichtete der Bote den Inhalt in Kurzform.


    "Das Oberkommando löst das 1. auf, die Truppenteile sollen in ihre Stammkasernen zurückkehren und auf weitere Befehle warten. Ratsherr Dar-Kaal möchte, das ihr euch unverzüglich meldet, sobald eure Truppen Sollstärke und Kampfbereitschaft hergestellt haben.!"


    K´takh nickte ihm zu, dann deutete er ihm zu gehen. Als der Soldat gegangen war, wandte er sich an Shala.
    "Es scheint schon bald wieder loszugehen, dein Gebet wurde erhöhrt!"

  • Sie war froh über das lange Schweigen und darüber, dass keine weiteren Fragen und Offenbarungen folgten. So blieb ihr ein wenig Zeit, über alles nach zu denken, was sie soeben erfahren hatte. Und über die letzten Worte ihres Bruders, die er an dem Abend an sie gerichtet hatte, nachdem es zum Streit mit Tuk-Krass gekommen war. "Meine Aufgaben hier sind erledigt. Es wird sich einiges verändern. Nichts wird mehr so sein, wie es war."
    Trotz des warmen Wassers überzog auch nun eine Gänsehaut ihrn Körper, als sie sich an den Blick Brak-Zuss erinnerte. Er hatte es geahnt. Er hatte gewusst, was kommen würde. Wie lange er wohl dieses dunkle Wissen mit sich herumgetragen hatte? Sie hatten keine Zeit gehabt... So wenig Zeit... Nicht einmal mit ihr, einer angehenden Priesterin, hatte er darüber gesprochen, bis zu diesem Abend. Und sie hatte ihm nicht helfen können. Ohnmächtige Wut stieg in ihr hoch. Natürlich. Er war ein Krieger gewesen und Krieger starben nun einmal auf dem Schlachtfeld. Es war eine Ehre und sie wusste, dass auch ihr Bruder keinen anderen Wunsch gehabt hatte. Aber nicht SO! Dahingeschlachtet von feigen Opferrassen, die nur durch ihre Überzahl eine Chance gehabt hatten! Vergessen von den eigenen Truppen, von der eigenen Gefährtin! Vergessen von dem Gott, für den er starb.
    Fest biss sie sich auf die Unterlippe. Wenigstens sie musste dafür sorgen, dass niemand seinen Namen vergass.


    Das Eintreffen des Boten ließ sie aus ihren finsteren Gedanken auftauchen und aufmerksam richtete sie sich in ihrem Zuber auf, jedem Wort lauschend. Das 1. wurde aufgelöst? Die Stirn leicht gerunzelt brauchte sie einen Moment, bis sie begriff, was der Bote damit meinte und ein dunkles Feuer flackerte in ihren Augen auf. Also hatte man es doch zur Kenntnis genommen. Niemand anderes würde Brak-Zuss Männer befehligen und das bereitete ihr eine winzige Genugtuung.


    Als der Bote verschwunden war, blickte sie K´takh abwartend an. Sie wusste zwar nicht genau, WAS bald wieder losgehen würde, aber ganz sicher war sie sich, dass dies nichts mit irgendwelchen Gebeten zu tun hatte, die sie nie gesprochen hatte.
    "Worauf warten wir dann.", sprachs und griff nach einem der Handtücher, dass neben dem Zuber gefaltet lag. In einer fließenden Bewegung aus Aufstehen und sich gleichzeitig das Tuch umwickeln stieg sie tropfend aus dem Wasser und verschwand hinter einem der Wandschirme, wo frische Kleidung auf sie wartete.


    Nur wenig später wartete sie draussen auf ihren Lehrer. Sie trug die übliche Kleidung der Priester, nur die Kutte hatte sie seit ihrem Aufbruch aus dem Rabuuntal nicht mehr getragen. Das feuchte Haar zu einem festen Zopf gebunden und Brak-Zuss Schwert auf dem Rücken lehnte sie an einem Pfeiler und beobachtete mit leerem Blick den Himmel.

  • Es war einige Wochen später, als sich ihr eröffnete, was bald los gegangen sein würde. Kenza path set Takhs Scharfschützen waren abbeordert worden, hatten sich neu gruppiert, die Verluste ausgeglichen und neue Rekruten angelernt.
    Nun befanden sie sich im Einsatz, im Fronteinsatz...
    Hatten auch die Opferrassen geglaubt die Nymbra mit der Vernichtung der größten Hauptleute tödlich getroffen zu haben, nun taten sie es ihnen gleich.
    Tag für Tag drangen kleine Trupps seiner Männer tief ins Feindesland vor und töteten feindliche Offiziere.
    Schon zweimal hatte er Shala Ankh mitgenommen und ihr gezeigt, wie man den Wind liest und den eigenen Aufenthaltsort durch das Schießen im hohen Bogen schwer ausfindig machte.
    Sie hatte bereits zwei Waibel und einen Leutnant erlegt.
    K´takh war stolz auf seine Schülerin, auch wenn ihn ihr Ehrgeiz verunsicherte.
    In der allabendlichen Meditation schien sie gänzlich andere Wünsche an Vergodonas zu richten als er selbst und er wähnte sie früher oder später in einem Ausbruch der Wut wiederzufinden.
    Sie schärfte nicht ihren Geist, sondern ihren Hass um daraus ein mächtiges Schwert gegen die Mörder ihres Bruders zu machen. Ein Schwert das ihr früher oder später den Tod bringen würde, das wusste er.


    Heute hatte er den Einsatz abbrechen müssen.
    Shala Ankh hatte ihren Beobachtungspunkt verraten, als sie einen einfachen Soldaten mit einem der Mörder ihres Bruders verwechselt und auf ihn geschossen hatte.
    Kein Offizier für diesen Tag.


    Zurück im Lager tadelte er sie für dieses Verhalten, und doch konnte er es ihr Nachfühlen.
    Am späten Abend trat er auf sie Zu:


    "Du hättest dich erst überzeugen müssen" begann er erneut, "es wird dir nicht möglich sein alle deine Ziele zu erlegen bis sein Tod gerächt ist, wenn du die Aufmerksamkeit deiner Gegner zu sehr erregst.
    Irgendwann wird es auffallen, wenn alle Menschen sterben, die diesem Mann ähnlich sehen und er wird sich besser hüten.
    Mehr Arbeit, mehr Gefahr, weniger Chancen erfolgreich zu sein. Auch ich verlange Rache für Brak-Zuss´ Tod, aber die werde ich nicht bekommen, wenn ich ständig auf diesen Anspruch aufmerksam mache. Gedulde Dich endlich! Zügle deine Wut, oder ich werde dich zügeln müssen!"