Das Haus der Merquatorez-Schwestern

  • Zwei groooooße Kuhaugen blickten ihn zutiefst erschüttert und todunglücklich an. Dabei hatte Felizitas gedacht, jetzt wäre ihr eeeeeeeendlich der Mann fürs Leben begegnet. Aber man kann ja niemanden zur Liebe zwingen... oder doch??? Es konnte doch keine Frau geben, die hübscher und intelligenter und erfolgreicher und attraktiver und wohlduftender war als sie und ihre Schwester! Welcher Mann hätte nicht gern gleich ZWEI solcher Rasseweiber!


    Neuen Mut fassend hakte sie sich bei Niro auf der einen Seite unter den Arm, der sich gerade wieder hochgerappelt hatte und fing wieder an, in ihrer höhen quiekenden Stimme zu flöten.



    Das ist aber seeeeeeeeeehr schaaaaaaaaaade. Wer ist denn die Glüüüüüüückliche? Keeeeeeennen wir sie vielleicht sogaaaaaaar? Vielleicht will so ein schnuuuuuuuuckeliger, guuuuuuuutaussehender, erfoooooooolgreicher Maaaaaaaaaan wie Ihr ja vielleicht eine Aaaaaaaaaanzeige schalten. Für die Liiiiiiiiiiiiebste! Wäre das nicht romaaaaaaaaaaaaantisch???? Denn uns gehört ja die Zeeeeeeeitung. Jaaaaaaahaaaaaaaaa! Der Laaaaaaaaaaandbooooooooote! Wir sind nämlich Scriptoooooooorinnen! Und auch seeeeeeeeeeeehr gebiiiiiiiiiiiildet und erfooooooooolgreich!!


    Und von Iiiiiiiiiiiiiiiiiiiirrtum kann hier wohl kaaaaaaaaaaaum die Reeeeeeeeede sein!!! Wir können Euch siiiiiiiiiiicher weiterhelfen. Nicht wahr, Ceciiiiiiiiiiiiiilie????



    Dieser Blick duldete keine Widerrede!
    Felizitas wusste zwar nicht, weshalb Niro überhaupt zu Besuch war, wenn er denn keine Frau fürs Leben suchte - aber das war egal. Ihnen würde sicherlich irgendetwas einfallen, um ihn bei sich zu behalten. Jedenfalls, so einen schnuuuuuuuuckeligen Mann im Haus zu haben, war fast genug Glück für einen Tag!

  • Wenn er liebte? Was sollte er jetzt sagen? Eine der Frauen, die er neulich kennengelernt hatte? Kurz stand das Bild Morgaines vor seinem inneren Auge, wie sie vor ihm gestürzt war und er direkt in ihren Ausschnitt blicken konnte.


    Oder sollte er seine Glasfeder, Tintenfaß und Pergamente nennen? DIE Geliebte kannten sie mit Sicherheit, wenn sie Scriptorinnen waren. Am besten sagte er gar nichts. Scriptorinnen!!! Und er dachte schon, Bellaria hätte ihn aus reiner Bosheit wegen seiner Nachbohrungen hierher geschickt. Warum musste alles so kompliziert sein! Hätten es nicht stille, weniger schrille, weniger duftende, weniger erdrückende Scriptorinnen sein können?


    Die Götter trieben momentan ein übles Spiel mit ihm. Eine Stelle als Scriptor wäre ein Traum für ihn, aber unter diesen Nebenbedingungen... fast untragbar. Ob die Götter ihm immer noch böse waren, wegen des Paladin-Anführers, dessen herumliegenden Schild und Helm Niro an einen Geist verschenkt hatte? Der Geist hatte sich dann dummerweise mitsamt den geheiligten Gegenständen aufgelöst. Der Paladin-Anführer wurde dafür in einem internen Tribunal degradiert zum Paladin-Anwärter und musste von da an weiß tragen, da er die geheiligten Gaben Gottes unbeaufsichtigt gelassen hatte, was einen schweren Verstoß gegen Ordensregeln darstellte...


    Besser er erwähnte gegenüber den Schwestern nicht noch einmal, dass er Schriftgelehrter war, sondern hob auf seine Heilerfähigkeiten ab und ließ noch einmal fallen, dass er schon vergeben war:


    "Ähem... nun... ich bin eigentlich hierher gekommen, um eine Teilzeitarbeit zu finden, aber ich sollte jetzt besser gehen und im Hospital nachfragen", sagt Niro und versucht sich von Felipfitaaaf frei zu machen. "Wissen Sie, es wird immer später und ich wollte noch eine Freundin besuchen und schauen, wie es ihr geht."

  • Aber dann seid Ihr hiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiier ja genaaaaaaaaaaaaaau riiiiiiiiiiiiichtig! Wir haben siiiiiiiiiiicherlich Aaaaaaaarbeit für jemanden mit Eeeeeeeeeeeuren Quaaaaaalitääääääten!! Nicht waaaaaaaaaaaaahr, Schweeeeeeeeeeesterheeeeeeeerz??? Wäre es nicht aaaaaaaaaaaaaaaaaaausgesprochen aaaaaaaaaaaangeneeeeeeeeeehm, einen soooooo schnuuuuuuuuuckeligen Maaaaaaaaaaaann täääääääääääglich um uns zu haaaaaben???
    Was meinst duuuuuuuuu???



    Ob sie mit den "Qualitäten" tatsächlich die eines Schriftgelehrten meinte? Fragwürdig...

  • Hätte sie nur nicht das Wort Quaaaaaalitääääääten so gedehnt. Sie würde doch nicht wirklich glauben, dass er... Da musste er für klare Verhältnisse sorgen und seine Profession in Erinnerung rufen.


    "So? Sie sind doch schon zwei Scriptorinnen. Wozu wollen sie denn noch eine dritte Stelle besetzen?", fragte er während er weiterhin versuchte, seinen Arm aus ihrer Umklammerung zu lösen. Er fühlte, wie Ihr Parfüm wieder begann, ihn zu langsam zu benebeln.

  • Hektisch riss Niro mit einer Hand seine fellbesetzte Tasche auf und tastete blind darin herum, während Felizitas ihn mit dem Arm untergehakt durch den Raum zerrte. Er wusste, dass ihm nur noch wenige Sekunden blieben, bevor er durch das Parfüm... nein, das Betäubungsgift ohnmächtig würde.


    Da ertastete er die Schnur...

  • "Haach, ja Fwesterfen! Du haft ja fooo Recht. Kihihihi..!"


    machte Cecilie mit ihrem gezierten Kichern. Dann griff sie hilfsbereit wie immer nach der Tasche, in der Miro Müfertiöf sich offenbar gerade verheddert hatte und zog daran herum um ihrer naffen Kapfe nach Kräften zu helfen aus dieser unbequemen Lage zu entkommen. Dabei wirbelten die schimmelfarbenen Rockschöße um sein Gesicht und nahmen ihm wohl einen Großteil der Sicht.


    "Lafft Euch doch helfen, Herr .. kihihihi.. Müfteriöööööf!"


    giggelte sie dabei und ließ aprupt die Tasche los um sich die Hand geziert vor den Mund zu halten.

  • Niro hatte gerade die Schnur gepackt, da riss Ceciiiilieee an seiner Tasche herum. Von Philiviehtapf nach links, von Ceciiiilieee nach rechts und durch den Gurt, der über seiner Schulter hing, mit dem Kopf nach unten gezerrt, strauchelte Niro. Ceciiiilieee schien ihn mit den betäubenden Düften des Rockes, der ihm dabei sehr nahe kam, kampfunfähig machen zu wollen. Niro hielt die Luft an. Der Rock hatte eine Farbkombination, die ihn an irgendetwas ekliges erinnerte und er musste würgen. Galle kam ihm hoch, und nur mit allergrößter Kraftanstrengung gelang es ihm mit aufgeblasenden Wangen sie wieder tapfer herunterzuschlucken. Sein Gesicht färbte sich grün.


    Trotzdem klammerte er sich heldenhaft mit letzter Kraft an seine letzte Hoffnung: Den Faden.


    Der Gurt schlüpfte über seinen Kopf und ein Teil des Inhaltes der Tasche verstreute sich durch den Ruck auf dem Boden. Dann ließ die blöde Kuh die Tasche plötzlich fallen, um ihren Kampfschrei - das fiese Gigglen auszustoßen.


    Nun leerte sich auch der Rest der Tasche - bis auf den Faden, dessen anderes Ende immer noch in der Tasche verschwand.


    Auf dem Boden lag

    • ein dicht gewickelter weißer Stoffstreifen, ca. 10cm breit und 2-3cm dick,
    • ein kleiner Leinenbeutel mit eingewickeltem Gegenstand. Niro war froh als er sah, dass sich darunter keine Pfütze ausbreitete,
    • ein dicker Lederbeutel, der beim Aufschlagen ein Geräusch gemacht hatte, welches nach zerbrochenem Glas klang. Der Beutel war prall gefüllt.
    • ein schmaler Streifen schwarzen Leders,
    • ein hellbraunes, schmales gepunztes Lederetui mit geschwungenen Verzierungen,
    • eine Hand voll Holzstäbchen, die auf zwei Finger breit an einem Ende mit einer beigen, festen Schicht überzogen waren.
    • ein aufgeschlagenes, schwarz-grünes Buch mit erhabenem Einband. Das Buch lag aufgeschlagen da und zeigte eine Seite mit der Skizze eines Pentagrammes. In die einzelnen Sektoren des Pentagramms waren kleine Gegenstände oder Bilder gemalt, von denen Pfeile ausgingen und zu Wörtern führten, die um das Pentagramm verteilt standen. Offenbar eine Legende. Dicht beschriebener Text füllte das Blatt ober- und unterhalb des Pentagrammes.
    • aus dem Buch war außerdem ein sehr altes, fleckiges Pergament herausgerutscht. Es zeigte einige verschlungene Linien, möglicherweise eine Landkarte.


    Verzweifelt schaute Niro auf seine verstreuten Schätze. Dann erinnerte er sich an die Schnur, die er immer noch fest umklammert hatte. Ein fieses Lächeln stahl sich in sein Gesicht, als er kurz an er Schnur zog. Sein Lächeln gefror und wich Entsetzen, als die Tasche nur ein Stück auf ihn zu hüpfte, anstatt den Gegenstand freizugeben, der am Ende er Schnur hing.

  • Die Merquatores Schwestern waren wie erstarrt. Philiviehtapf liess ihn wegen der Überraschung los. Die Schwestern betrachteten die verstreuten Gegenstände und versuchten wohl sich einen Reim darauf zu machen...


    Niro stutzte. Wenn er das tun würde, was er ursprünglich vorhatte, müsste er seine wertvollsten Schätze abschreiben - allem voran sein Buch!


    Diese Erkenntnis verlieh ihm die Kraft, sein Schicksal erneut herauszufordern. Todesmutig fiel er auf die Knie und begann hektisch seine Gegenstände auf einen kleinen Haufen zusammenzukratzen: Sein Buch, den dicken Lederbeutel, den Leinenbeutel und das Lederetui. Hoffentlich war die Glasfeder noch heile!


    Die Stoffbinden waren etwas abgerollt und lagen entfernt. Das Stück Leder für den "Magische Rüstung"-Zauber war ersetzbar. Um die Feueraugen war es schade, aber es war das Opfer wert. Blieb nur noch eines zu tun...


    Die Merquatores Schwestern hatte er bei seiner Einsammelaktion unglücklicherweise nicht im Auge behalten können. Es wunderte ihn, dass sie nicht schon von hinten auf ihn gestürzt waren...

  • Kichernd schubste Cecilie eines der Stücke mit ihren Käsquanten an, die ihn hellblauen, aufwendig mit Pailetten verzierten - aber dennoch sehr unschönen - Schlappen steckten. Niro konnte dabei gerade einen Blick auf ihre knallroten Kniestrümpfe erhaschen, da sie den schimmelfarbenen Rock ein wenig anhob.


    "Ja waf ift denn daf? Fo lafft Euch doch helfen, Herr.. kihi.. Müfteriöööf!"


    Dann krähte sie wieder nach der fiktiven Hausmagd


    "Irmgaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaard!!!!"


    .. und fügte eine weitere fiktive Hausmagd hinzu.


    "Aaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaadelheiiiiiid!!!! Alfo ich weif ja nicht wo die heute alle find."


    Noch einmal hob sie den Rock leicht an, diesmal aber um sich neben Niro auf den Boden zu hocken und ihm in den Haufen Habseligkeiten zu grabschen. Mit großen Augen zog sie ein Ding hervor und hielt es sich vor die Augen. Dann schob sie mit dem linken Zeigefinger das Brillengestell hoch. Geräuschvoll zog sie dabei die Rotze hoch. Eigentlich hätte ihr das das Hirn weg blasen müssen. Dabei rutschte das Ding aus ihren Fingern und hektisch versuchte sie es wieder aufzufangen, wobei es ein paar Mal von einer Hand in die andere plumpste.

  • Plötzlich schob sich wieder der eklige, schimmelfarbene Rock in Niros Blickfeld. Er versucht es ignorieren, aber als dann noch rote Kniestrümpfe sichtbar wurden, verlor er seine Fassung und kreischte panisch auf und zuckte vor dem Bein zurück. Ceciiilieee stieß wieder irgendwelche Kampfschreie aus:
    "Iiiiiiiiiaaaaaaaaaa" und "aaaaaaeeeiiiiii"


    Hastig stopfte Niro seine Schätze in seine Tasche. Da stieß Cecilies Hand in einer Übelkeit erregenden Wolke Parfüms herab und griff in den Leinenbeutel. Sie zog eine dickwandige, diamantförmige Phiole daraus hervor, die eine rot-orange Flüssigkeit enthielt. Die Phiole war mit einem Korken verschlossen.


    Niro raffte den Rest seiner Habseligkeiten zusammen und kroch rückwärts von Cecilie weg. Verbissen zog er endlich den runenverzierten Ball an der Schnur hervor und begann ihn langsam über seinem Kopf zu kreisen und sprach:


    "CREO AERA..."


    Das darauf folgende Geräusch von Cecilie war so ekelerregend, dass Niro das Ergebnis seines vorherigen Vergleichs mit dem Mythodea-Fleischgolem noch einmal revidierte. Die Schwestern waren gruseliger! Er zuckte so heftig zusammen und sah dann auch noch seine Phiole aus der Hand der Schwester gleiten und rief


    "Nein! Nicht!"


    Damit brach der Zauber und Niro verfluchte sich dafür. Die Phiole fiel auf den Teppich. Er sammelte seine Konzentration um den Zauber erneut zu versuchen. Dabei stand er langsam wieder auf.

  • Mit spitzen Fingern hob Cecilie die Phiole auf, die mucklig weich auf einen Teppich gefallen war. Kurz überlegte sie ihrem Forscherdrang nachzugeben, dann gab reichte sie ihm - überraschenderweise ohne ein Kichern - mit ebenso spitzen Fingern das kleine Fläschchen.
    Die andere Hand hielt sie dabei vor den Mund und drehte den Kopf leicht geziert weg während sie ihn mit ihren großen Kuhaugen anklimperte.

  • Niro war blaff. Die erste hilfreiche Aktion der Schwestern. Verblüfft griff er nach der Phiole, deren Inhalt er selbst nicht genau kannte, und stopfte sie in die Tasche.


    Dabei vergaß er ganz, was er eigentlich vorhatte und sagte


    "Danke!"


    Der runenverzierte Softball baumelte verloren an der Schnur, die er immer noch locker in einer Hand hielt.

  • "Kähähä.. if maf dann mal... Tee." meinte sie und lief aus unerfindlichem Grund ein wenig rot an. Dann schien ihr eine Idee zu kommen.


    "Oder Kaffee! Daf hatte die Tedenheim neulich. Eine grofartige Fache! Fehr bekömmlich, aber nift gut für den Maaaaa...."


    Während sie redete hatte sie versucht aufzustehen. Versucht. Mit dem Maaaaa verhedderte sie sich in ihren Rockschößen und stürzte wild mit den Armen rudernd vornüber. Die Brille schlidderte dabei einige Meter weit weg.

  • Fwefterlein! Fwefterlein!


    Diefer Fprachfehler war wohl anfteckend...


    Felizitas schwankte zwischen Sorge und Eifersucht, als sie sah, WIE nah ihre Schwester dem "animalischen Mann" kam. Wieso konnte ihr so etwas nicht passieren? Sie war doch ein ebensolches Prachtweib wie ihre Schwester! Das hatte schon ihr Vater gesagt.


    Felizitas entschied sich, ihrer Schwester zu helfen, stolperte dabei jedoch über den Gurt der Tasche, die dort immer noch auf dem Boden lag, und fiel - wie ein Tauross - in Zeitlupe auf den Boden.
    Ihr Wunsch wurde ihr erfüllt: Sie war Niro eben so nahe wie ihre Schwester!

  • Niro war hin- und hergerissen. Einerseits wollte er eben noch weglaufen, andererseits gebot der Anstand eines Gentlemans, der Dame aufzuhelfen.


    So trat er einen Schritt auf sie zu, überlegte es sich dann doch anders (erinnerte Ihn das nicht irgendwie an das Verhalten einer der Schwestern?) und hob stattdessen die Brille auf. Die dicken Gläser waren wie Lupen. Sie waren fettig, und Schweiß, Schuppen, Staub und ein Haar hing daran. Konnte man da überhaupt durchschauen? Er fasste sie mit spitzen Fingern an. Andererseits waren nicht alle Brillen so? Alle Leute, die er kannte und eine trugen, setzten sie ständig ab, um sie zu putzen.


    Dann schaute er Cecilie an. Ihr vorheriges, gruseliges Aussehen kam eigentlich nur davon, dass die Brille Ihre Augen so stark vergrößert hatte. Ohne die Brille wirkten Ihre Augen ganz normal...


    Reiß Dich zusammen, Niro, dachte Niro. Eben war sie noch das Ungeheuer in Person. Schau Dir doch nur diese Farbkombination der Kleidung an!


    Seit wann interessieren Männer sich für Farbkombinationen von Kleidungen?, fragte eine andere Stimme in Niro.


    Er trat zu Cecilie und half ihr auf. Irgendetwas schien etwas mit seinem Verstand nicht zu stimmen. Eben hatte er noch eine Heidenangst - und jetzt? Lag das an dem Parfüm? Welches Parfüm überhaupt? Hatte sich seine Nase daran gewöhnt oder war eine dem Baldrian ähnliche Wirkung darin, die ihn nur einlullte? Er kicherte nervös.

  • Niro mühte sich nach Kräften, Cecilie wieder auf die Beine zu bringen - sie hatte beide Arme um seinen Hals geschlungen, hing schwer wie ein Klotz an ihm, erwürgte ihn fast und ihr Kopf war seinem Gesicht sehr nahe. Da plumpste Felizitas neben ihm zu Boden.


    Er musste lächeln: Diese Tolpatschigkeit kam ihm irgendwoher bekannt vor. Es machte die Schwestern fast sympatisch. Cecilie hing so schwer an ihm, schien sich an seinem Hals hochziehen zu wollen - machte sie das mit Absicht? - dass er seitlich ausweichen musste, um sie besser zu stützen und selbst nicht umzufallen. Dabei übersah er die starke Welle im Teppich, die Felizitas Sturz hochgerissen hatte. Aber er war ja kein Topatsch und wich wieder seitswärts aus, um nicht zu stürzen. Das wäre auch fast gelungen, wäre er nicht am die Welle verursachenden Schuh Felizitas hängengeblieben. Zusammen mit der Hebelwirkung des Gewichtes von Cecilie, riss ihn das von den Füssen. Rückwärts fiel er auf Felizitas, und auf ihn fiel Cecilie.


    Niro verschwand zwischen den schimmelfarbenen und parfümierten Röcken der Schwestern - eingeklemmt zwischen ihnen.


    Ein Glück, dass es keine Zeugen gibt, dachte Niro.

  • Sie hatte von der Straße beobachtet, wie der junge Mann das Haus der Merquatores Schwestern betrat. Die Schwestern waren noch nicht verheiratet. Was suchte ein junger Mann dort? Cecilie hatte ihn gleich, wie selbstverständlich, ins Haus geführt.


    Schnell lief sie, ihren Korb mit frischer Wäsche am Arm - sicher abgedeckt durch ein Tuch - zum Haus der Schwestern. Vielleicht konnte sie ein paar Neuigkeiten aufschnappen, wenn sie sich geschickt anstellte.


    Die Fenster waren zu hoch, um hinein zu sehen. Aber sie hörte die Schwestern laut nach einer Bediensteten rufen. Die Schwestern hatten seit neustem Hauspersonal? Eine Neuigkeit hatte sie also schon erfahren! Schließlich fand sie einen Eimer in der Nähe, stellte ihn vor das Fenster und sich darauf. Es war etwas wackelig wegen ihrer Schuhe und dem Matsch, in dem der Eimer etwas schräg einsank.


    Leider war ein Vorhang hinter dem Fenster halb zugezogen, so dass sie nur einen kleinen Teil des Geschehens sehen konnte. Außerdem waren die Fenster so schmutzig! Diese Schwestern schienen nicht viel von Putzen zu halten - typisch hochnäsiges, gebildetes Pack! Was sie dann aber sah ließ ihr den Atem stocken: Der Mann sprang auf Cecilie zu! Und Cecilie auf ihn!


    Verdammt! Der Eimer wackelte, sie schaute nach unten und versuchte ihr Gleichgewicht zu halten. Als sie wieder durch das Fenster schauen konnte, war es noch spektakulärer! Der Mann schien mit Cecilie zu tanzen und dann warf er sich auf Felizitas und die drei kugelten eng umschlungen auf dem Boden herum! Ein SKANDAL!!!


    In diesem Moment kippte ihr Eimer weg. Sie versuchte sich noch an dem Fensterbrett festzuhalten, der Eimer sprang mit Getöse gegen die Hauswand, und sie fiel in den Schlamm. So ein Mist! Ihre Kleidung war von oben bis unten besudelt und die Wäsche war auch in den Dreck gekippt! Aber sie hatte genug gesehen. Nun schnell weiter und die Neuigkeit verbreiten...

  • Erschrocken wühlte sich Cecilie aus dem Knäuel.


    "Kihihihi... ups.. kähähä..." und rappelte sich auf. Wieder glücklich auf den Beinen stehend hielt sie sich vorerst an einem Stuhl fest, der schon bedenklich wackelte. Bevor sie jedoch erneut fiel, ließ sie das Möbelstück los und sammelte ihre Brille auf.


    Dann griff sie nach dem Becher und der Teekanne, goß ersteres voll, fragte etwas geistesabwesend "Zucker?" und hielt plötzlich wie erstarrt inne. In ihrem Kopf sah man es geradezu arbeiten. Verwirrt schaute sie auf den Becher in der Hand während ihre Lippen stumm Worte formten. Immer noch etwas wirr dreinblickend setzte sie sich die Brille auf die Nase. Und dann war der Gedanke auch weg.


    Plopp. Kuhaugen.


    Etwas verwirrt starrte sie in die plötzlich wieder scharfe Welt um sich herum. Aha, so sah das also aus.


    Strahlend hielt sie Niro den Becher entgegen.

  • Mit hochrotem Kopf löste sich Niro von Felizitas und half Ihr dann auf.


    "Ähem..."


    Er sammelte seine verbleibenden Gegenstände ein und verpackte sie wieder vorsichtig in der Tasche. Auch der runenverzierte Ball wanderte wieder hinein.


    "Äh, vielen Dank, zu freundlich. Nein kein Zucker, danke", sagte er zu Cecilie und nahm die Tasse entgegen, ehe ihm einfiel, dass ihn das nur noch länger in diesem Haus festhalten würde. Zu spät!


    "Sie betreiben hier eine Zeitung?", fragte er und nippte an dem Tee.

  • Begeistert erzählten die Schwestern Niro von ihrer "Mission" da Wissen und die neuesten Neuigkeiten unters Volk zu bringen und gleichzeitig auch von der Sorge, dass so viele der Leute nicht lesen konnten.
    Mit viel Geschwafel außen herum und vielen weiteren von Niros kostbaren Nerven, konnte man irgendwann eine mehr oder minder lockere Absprache treffen, dass Niro dann und wann spannende Artikel einreichen würde und dafür ein paar Kupfer bekommen würde.


    Streng bestanden die Schwestern darauf, dass er - nun als Angehöriger des Magonischen Landboten zu Renascan - sich so oft wie nur irgend möglich in diesem Haus einfinden müsse, damit sie sich davon überzeugen konnten, dass es ihm gut gehe. Man müsse sich ja um seine Mitarbeiter sorgen, erklärten sie ihm und warfen sich dabei vielsagende Blicke zu.


    Nach langen Stunden endlich entließ man ihn nach draußen, wo schon die Dämmerung eingesetzt hatte. Nun, zumindest regnete es nicht mehr, so dass Cecilie sich keine Sorgen um ihre "naffe Kapfe" machen musste. Hingebungsvoll seufzend standen die Schwestern noch lange im Türrahmen - eine auf jeder Seite - und schauten diesem Mann nach, wie er aus ihrem Sichtfeld verschwand.