Krämerei Tedenheim

  • <<< Von irgendwoher


    Lene betrat den Laden und schaute sich um. Sie war mißmutig gelaunt. Irgendwie gab schon seit einiger Zeit nichts interessantes oder skandalöses zu entdecken. Sie hatte sowohl die Spur von diesem Niro verloren, als auch von seinen Helfershelfern, dem Hexer, der Bordellbesitzerin und der Rotkappe.


    "Trostlose Zeiten...", seufzte sie.


    Ihr Rang bei den Tratschweibern begann schon wieder zu sinken, weil sie nichts Neues berichten hatte. Ihre ärgste Konkurrentin Aische hatte gerade neulich von einem skandalösen Techtelmechtel eines Bauernmädchens mit einem reichen Kaufmann berichtet. Die Blicke der anderen hatten förmlich an Aisches Mund geklebt und jedes Wort aufgesaugt. Ihr hingegen hatte es einen leichten Stich versetzt. Wieder seufzte sie. So klapperte sie nun einen Ort nach dem anderen ab, in der Hoffnung neue Gerüchte aufzuschnappen.


    "Guten Tag Frau Tedenheim!", grüßte sie. "Ihr habt da 'nen Schild draußen. Was steht d'n da drauf? Ist's was Interessantes?", fragte Lene mit einem leichten Hoffnungsschimmer in der Stimme.


    Lene konnte nicht lesen.

  • Kundschaft! Wie erfreulich! Guten Morgen! Ach, Ihr könnt nicht lesen. Macht aber gar nichts, mein Kind. Also, da steht, dass wir Donf im Angebot haben. Er ist frisch von der Heimatinsel zu uns gekommen. Schaut mal, hier hab ich sogar welchen in ein bisschen Erde gepflanzt. Kennt Ihr Donf? Man kann es für allerlei Dinge verwenden!


    Sie hatte eine sehr mütterliche Art und war anscheinend der größte Fan von Donf.

  • "Ach so...", sagte Lene und die Enttäuschung war Ihrer Stimme anzuhören.


    Kein Skandal...


    "Is für Fieber gut oder so - net wahr?", sagte sie. "Nee, nichts für mich. Aber ich bräuchte etwas Zirn. Eine Rolle grauen, schwarzen und blauen bitte."


    Sie seufzte.


    "Ist auch gar nichts Interessantes los, in den letzten Tagen... Oder habt Ihr vielleicht was gehört?", fragte Lene.

  • Die Krämerin tat, was ihr Beruf war: Sie kramte erstmal in ein paar Fächern, dann legte sie die gewünschten Rollen Zwirn auf den Tresen


    "Bitte sehr! Bester Zwirn, stabil und gut zu verarbeiten, schön glatt. Vielleicht nicht doch etwas Donf dazu? Sollte man immer im Haus haben, lässt sich auch gut über dem Feuer trocknen und dann aufheben."


    Sie nickte nachdrücklich


    "Etwas interessantes? Hmmmmm...wenig, ist ja noch nicht viel los, bei dieser Kälte. Aber die Delegation aus Amonlonde soll zurück gekommen sein. Ich habe gehört, ein Gardist ist dabei schwer verwundet worden. Näheres weiß ich leider auch nicht."

  • "So was! Na, wenn das keine Neuigkeit ist", lächelte Lene.


    "Der arme Gardist!", rief sie aus.


    Das Waschweib bezahlte und verließ den Laden. Lene war fast schon wieder in Hochstimmung.


    Ein Gardist wurde in Amonlonde schwer verwundet. Das bedeutet, dass es Kämpfe zwischen Magonien und Amonlonde gegeben hatte. Möglicherweise gab es Krieg!.


    Sie ging weiter, lieferte Wäsche aus und Ihr Weg führte sie nicht von ungefähr zum


    >>> Hospital

  • Schade!


    Die alte Tedenheim hätte sich über ein bisschen Plauderei gefreut. So schaute sie Lene lediglich hinterher, kümmerte sich dann wieder um ihre Donf-Pflanzen und brühte sich einen heißen Donf-Tee auf.

  • Die Tedenheim stand bewaffnet mit einer Wachstafel und einem Griffel in ihrem Lager. Zwischendrin wuselte ein kleines Mädchen herum. Mit gerunzelter Stirn und zwischen die Lippen geklemmter Zunge ritzte sie gerade eine Zahl in das Wachs. Dann hellte sich ihr Gesicht auf. Das Kind hing gerade an einem Fass und zerrte mit lautem Ächzen an dem Deckel herum.


    "Kind, wir werden reich. Irgendwann gehen wir auf die Insel zurück und sind gemachte Leute. Ich kann schon wieder neu ordern. Diese Horde von Matrosen vom Daik kaufen alles leer, wenn die anlegen. Man sagt, er habe 600 Mann auf seinem Kahn. Kein Wunder, dass die an Land kommen und erst mal nach Nüsschen lechzen."


    Sie klappte die Wachstafel zu und betrachtete versonnen ihre Tochter, die sich ans Gurkenfass klammerte.


    "Dann wirst du leben wie eine Gräfin, meine Kleine, und einen stattlichen Mann heiraten. Vielleicht sogar einen Adligen."


    Das pummlige Kind ließ von dem Fass ab und sah ihre Mutter mit großen Augen an. Die Pausbäckchen waren gerötet von der Anstrengung.


    "Ich krieg das Kackfass nicht auf, Mutter." sagte sie dann und stemmte die feisten Ärmchen in die Seite.

  • Mit verschlossenem Gesicht betrat Hadra die Krämerei der Frau Tedenheim.


    "Die Fünfe zum Gruße." sagte sie.


    Sie mochte es nicht hier zu sein. Vor allem nicht in dieser Sache. Sie nahm ihre Tasche von der Schulter und holte einen Stapel Stoff heraus. Es waren verschiedene Farben wie Beige, Weiß, Braun, verschiedene Rottöne und ein dunkles Blau, das Seide sein könnte. Es waren Beutelchen in verschiedenen Größen. Einige waren aufwendig bestickt, andere hingegen ganz schlicht.
    Sie legte sie auf den Thresen und schaute die Krämerin an.


    "Könnt Ihr das gebrauchen?"

  • "Bisher sind das alle, ja. Es dauert eine Weile sie zu machen. Je nach Bestickung."


    Hadra warf dem Kind einen Blick zu, der auf nichts schließen ließ und sah dann wieder die Krämerin an.


    Sie hoffte genug dafür zu bekommen, so dass sie ihre Barschaft wieder etwas aufbessern konnte. Ihr Lebensstil trug nicht gerade dazu bei, mehr in die Kasse zu spülen. Obwohl sie das Meiste ihrer Kleidung selbst machte, kostete doch das Material schon nicht wenig. Vor allem die roten Stoffe waren stets recht teurer.

  • Nun glomm Interesse in den Augen der Krämerin auf. Vielleicht könnte sie damit in der Heimat bei den Adelsfamilien Geld machen.
    Vorallem die roten und blauen Stoffe haben es ihr angetan und sie nimmt jeden Beutel in die Hand und betrachtet das Werk.
    Einige, vorallem weniger reich bestickte, legt sie dezent etwas weiter weg auf den Tresen zurück als andere.
    Hier und da untersucht sie die Verarbeitungsleistung und sucht nach eindeutigen Mängeln.


    "Habt Ihr die gemacht?"

  • Mindestens die aufwendigeren waren alle mit hellem, dünneren Stoff gefüttert. Die Verarbeitung war nicht das Werk eines ausgebildeten Schneiders, ließ sich aber doch sehen. Die Nähte waren sauber und fest und nur hier und da ließ sich ein kleiner Ausrutscher erkennen. Geschlossen wurden die Beutelchen mit Nestelschnüren, die durch einen Tunnel gezogen wurden und sich so zusammenziehen ließen.


    "Ja." sagte Hadra.


    Was glaubte sie denn? Dass sie unter die Händler gegangen sei? Sie hatte wenig Interesse daran, weitere Fragen zu beantworten. Doch gleichzeitig war ihr klar, dass sie ein Mindestmaß an Freundlichkeit an den Tag legen sollte, wenn sie die Stücke loswerden wollte.


    "Solltet Ihr mehr benötigen, könnte ich mehr machen."
    fuhr sie dann fort und zauberte ein Lächeln auf ihre Lippen.

  • Nach einigem Überlegen und Hadern entschließt sich die Krämerin den Versuch zu wagen.
    Sie sucht von jeder Farbe einen Beutel aus, dabei achtet sie darauf möglichst Beutel zu wählen welche, nach ihrer Ansicht, Geschmackvoll verziert und von guter Verarbeitung sind.
    Lediglich bei den blauen und roten Stoffen legt sie noch jeweils 2 Beutel extra auf einen kleinen Haufen.
    „In Ordnung, weil ich heute einen erfolgreichen Tag hatte, gebe ich Euch eine Gelegenheit.“
    sie zeigt auf den kleinen Haufen
    „Wenn der Preis stimmt, werde ich Euch diese abnehmen. Wenn die Beutel bei meinen Kunden Anklang finden, können wir über mehr verhandeln. Wie viel wollt Ihr also für diese?“


    Innerlich macht sich die Krämerin auf eine harte Verhandlung gefasst, die Stoffe scheinen zumindest von akzeptabler Qualität zu sein, daher waren sie bestimmt nicht billig.

  • "Für die blauen jeweils sechs Kupfer. Die sind aus Seide und ich sage es gleich dazu: Ich werde davon wohl keine mehr machen können, da der Stoff leer ist. Das sind die einzigen. Die roten sind aus Leinen, für die vier Kupfer pro Stück. Die unbestickten alle zusammen sechs Kupfer und die braunen mit der Stickerei jeweils zwei Kupfer."


    Bewusst hatte sie von den schmucklosen auch diejenigen eingeschlossen, die die Krämerin eigentlich beiseite gelegt hatte.


    "Demnächst könnte ich auch mit Holzperlen oder derartigem arbeiten."


    Die Seide war von dem Buch übrig geblieben und hatte sie ein kleines Vermögen gekostet. Sie hoffte so, dass ein wenig von dem Geld wieder reinkommen würde. Eigentlich schmerzte sie der Preis von sechs Kupfern, da sie zusätzlich zu dem recht teuren Material noch stundenlange Arbeit hinein gesteckt hatte, aber mehr würde sie wohl hier sowieso nicht bekommen.

  • Schnell überschlug die Krämerin in Kopf den Preis und kam auf vierzig Kupferstücke. Ein stattlicher Preis den sie eigentlich nicht bereit war zu zahlen. Voller Empörung, welche nur ein geübter Händler als gespielt erkennt, erwidert die Krämerin deshalb:
    „Das wären 40 Kupfer, wollt Ihr mich Ruinieren Kind? Habt ihr eine Ahnung wie viel Donf ich dafür verkaufen muss?“
    Trotzdem machte sie keine Anstalten die Waren weg zu schieben oder das Geschäft anderweitig zu beenden.

  • "Vermutlich eine Menge. Aber vierzig Kupfer ist das allemal wert. Es ist sogar ein sehr guter Preis. Allein das Material hat mich teilweise schon fast genauso viel gekostet."


    Hadra verabscheute es zu schachern. Auf der anderen Seite war sie aber auch nicht bereit, die Beutelchen für zu wenig zu verkaufen.


    "Und genau genommen sind es 38 Kupfer."


    Sie legte zwei der braunen noch dazu.


    "Jetzt sind es vierzig."

  • Die Krämerin ärgerte sich innerlich das sich verzählt hatte, sowas passierte ihr sonst nicht.
    Nach kurzem überlegen wählte sie 4 schlichte Beutel mittlerer Qualtität von dem Haufen welche sie nicht habe wollte und legte sie zu dem Haufen vor ihr. Die schlichten Beutel könnte sie vielleicht zusammen mit dem Donf verkaufen, so zu sagen als "Ration" für die Seefahrer.
    Mit Blick zu Hadra:
    "32 Kupfer für diesen Haufen." und zeigte auf den Haufen vor sich
    Ihr war durchaus bewusst das sie damit eindeutig zu wenig bot, aber irgendwo musste man anfangen, wenn man ein gutes Geschäft machen wollte.
    Vielleicht würde sie dann auch noch die anderen Beutel nehmen, die Idee mit den "Donf-Beuteln" gefiel ihr zunehmend. So konnte sie einheitliche Packete anbieten und wenn sie ein paar Kupfer auf den Preis aufschlug, konnte sie das mit den Beuteln begründen.

  • "Für 32 Kupfer würde ich Euch möglicherweise mit viel Gutwill das Material verkaufen. Wenn Ihr diese vier noch dazu haben möchtet, dann wären es 44 Kupfer. Um Euch entgegen zu kommen, bleibe ich aber bei den 40."


    Sie wiegte den Kopf hin und her.


    "Nehmt Ihr für die einfachen 2 Kupfer, so habt Ihr bereits mehr als das Doppelte an Gewinn gemacht. Die aufwendigeren sind dann nicht mal eingerechnet. Verkauft mich nicht für dumm, gute Frau. Ich weiß durchaus, was diese Arbeit wert ist."


    Freundlich lächelte sie die Krämerin an.


    "Seht, wenn es sich für mich nicht lohnt, diese Dinge anzufertigen, dann werde ich mich anderen, lukrativeren Erwerbsquellen zuwenden müssen. Es ist ja nicht so, dass ich das hier aus Langeweile tue. 38 Kupfer ist mein letztes Angebot."

  • Ein freundliches Lächeln legt sich auf das Gesicht von Frau Tedenheim. 38 Kupfer, immer noch viel aber so ziemlich der Preis auf den sie hinaus wollte.
    "Ihr dürft nicht vergessen, ich trage das Risiko das ich es nicht los werde. Trotzdem, 38 Kupfer sind mir das Risiko wert. Wir sind uns also einig."
    Mit diesen Worten langt die Krämerin an ihren Gürtel und zählt aus ihrer Geldkatze 2 Silber und 18 Kupferstücke.
    Sie legt sie neben den Beutel-Stapel und schiebt sie zu Hadra hinüber.
    "Versucht am Strand ein paar schöne Muscheln zu finden, die sind kostenfrei und sehen besser aus als Holzperlen."
    Mit diesen Worten langt die Krämerin unter den Tisch und holt eine schmucklose Truhe hervor um darin die bestickten Beutel zu verstauen.