Das Wachgebäude der Unterstadt

  • Als sich die Tür öffnete, drehte sich Ashaba um. Bellaria erkennend stand sie mit steifen Gliedern auf. Sie hatte lange bewegungslos gesessen.


    "Dich hatte ich zwar nicht erwartet, aber es ist schön dich zu sehen. Jetzt weiß ich die Sache zumindest in kundiger Hand."


    Ein dünnes, aber nichtsdestotrotz freundliches Lächeln lag auf ihren Lippen. Jedoch machte sie keine Anstalten die Freundin zur Begrüßung zu umarmen. Statt dessen wies sie mit der Hand auf Rannug.


    "Unser Gefangener."


    Dann wandte sie sich kurz an den Gardisten, der in der Ecke stand und sagte ihm, dass er Frederico holen solle. Als er weg war sah sie wieder Bellaria an.


    "Erkennst du ihn?"

  • Bellaria war die Farbe aus dem Gesicht gewichen, die Augen hatten sich geweitet. Ja, sie erkannte den Mann. Vor zwei oder drei Sommern waren sie sich zum ersten Mal begegnet an der Akademie Airikas Traum. Im Lande der Drachen hatten sie sich erst kürzlich gesehen. Sie hatte ihm Vertrauen geschenkt. Sie schluckte schwer und versuchte, ihren Blick von dem Mann zu lösen, der ihr plötzlich so fremd erschien. Sie schüttelte den Kopf, dann blickte sie Ashaba in die Augen.


    Rannug? Rannug hat die Präfektur angegriffen? Was ist vorgefallen?

  • Ashaba nickte kurz.


    "Wieso kann ich dir nicht sagen. Und wenn ich ehrlich bin war ich zwischendurch versucht ihm das Herz rauszureißen."


    Die Worte klangen nicht zornig, sondern vielmehr kalt und ehrlich. Viel zu ehrlich. Sie warf ihm dem Magier einen kurzen Blick zu und wandte sich dann wieder an Bellaria.


    "Wir werden zunächst alles aufnehmen, was er zu sagen hat. Dann sehen wir weiter. Kannst du ihm.. seine Kraft nehmen?"


    Ob sie bewusst offen ließ, ob sie meinte, dass man ihm die Kraft für den Moment nehmen sollte oder für immer, war schwer einzuschätzen.

  • Was hat er denn nun genau getan?


    Sie wollte schon wissen, weshalb sie hier war. Weshalb Rannug so zugerichtet war. Es wollte nicht in ihren Kopf rein, dass er jemandem Schaden zufügen wollte. Und wohl anscheinend auch hatte. Alanis erwähnte einen Gardisten mit Knochenbruch.



    Ich kann ihm seine Kraft nehmen. Sie wird sich jedoch nach ausreichend Schlaf von selbst regenerieren. Außerdem kann es sein, dass du ihn dann nicht mehr befragen kannst. Wenn ich keine Kraft mehr habe, werde ich bewusstlos. Ich weiß nicht, wie das bei ihm ist.

  • "Hier her kam die Meldung, dass es einen Angriff gäbe auf die Präfektur. Als ich dort ankam, sah ich, wie die Wachen die Armbrüste im Anschlag hatten. Er saß zu diesem Zeitpunkt am Boden. Ich hatte ihn da noch nicht erkannt. Als ich einem Bogenschützen anwies, ihm die Oberarme an den Körper zu nageln, prallten die Pfeile ab. Er hatte ein.. Energiefeld hochgezogen. Ich legte ihm nahe selbiges fallen zu lassen und sich zu ergeben. Das dauerte ein - zwei Sätze, am Ende tat er es und wir nahmen ihn gefangen."


    Sie verschränkte die Arme.


    "Ein Gardist ist derart verletzt worden, dass er im Hospital weiterer Versorgung bedurfte. Was vor meinem EIntreffen geschah, wird sich noch zeigen. Das weiß ich noch nicht."


    Nach einer kleinen Pause fuhr sie fort.


    "Was wäre dein Vorschlag? Er ist gefährlich und gewillt jemanden zu verletzen. Ich möchte kein Risiko eingehen. Den Knebel wird er erst los, wenn gewährleistet ist, dass er durch seine Stimme keine Gefahr ist."


    Rannugs Hände waren mit Verbänden zu Fäusten verschnürt, so dass er keinen Finger einzeln hätte bewegen können. Seine Arme waren hinter dem Rücken zusammen gebunden und seine Beine um die Knöchel. Zusammen mit dem Knebel sah das alles andere als komfortabel aus.

  • Die Bardin hörte aufmerksam zu, als Ashaba die Geschichte erzählte. Am Ende nickte sie.
    Ja, ich habe Alanis kurz getroffen. Sie hat den verletzten Gardisten erwähnt.


    Sie schüttelte den Kopf. Nachdenkend blickte sie auf Rannug, die Hände vorm Körper faltend. Sie konnte es einfach nicht glauben. Noch einmal schüttelte sie den Kopf, diesmal um sich von den Gedanken zu befreien und sich auf ihre Aufgabe zu konzentrieren.
    Durch die Veränderung Bellarias Stimme konnte man schließen, dass sie bei den nächsten Worten zu ignorieren versuchte, dass sie gerade über einen Bekannten... einen Freund... sprach. Ihre Stimme war monoton, sachlich und doch schwang eine Spur Traurigkeit mit.



    Für den Moment kann ich ihm seine Kraft nehmen. Es kann sein, dass er nicht auf Kraftlosigkeit reagiert wie ich, aber irgendwie wird er sicherlich reagieren und wenn es nur körperliche Erschöpfung oder Unkonzentriertheit ist. Ich könnte ihm ein wenig seiner Kraft lassen, sodass er gerade noch einen Feuer- oder Lichtzauber wirken könnte. Somit könnten wir für den Fall der Fälle die Bewusstlosigkeit vermeiden. Die Hände sollten weiterhin gefesselt sein, sodass es ihm unmöglich sein müsste, einen Zauber zu wirken. Ich nehme an, er braucht Komponenten, Worte und Gesten, um Magie zu wirken. Mit der Stimme allein sollte er keinen Schaden anrichten können - vor allem, wenn ihm die nötige Kraft fehlt.

  • "Einen Lichtzauber können wir vermutlich aushalten." meinte Ashaba trocken. "Wenn du diese Vorgehensweise für die richtige hältst, dann tun wir es so." nickte sie.


    In diesem Moment betrat Frederico das Zimmer, der sich mit einem Stapel Papier und Tintenfässchen sowie Feder bewaffnet hatte. Leise schlich er zum Tisch und nahm dort Platz während er sein Handwerkszeug vor sich aufbaute. Kurz trat Ashaba zu Rannug und kontrollierte abermals den richtigen Sitz der Fesseln, des Knebels sowie seinen Puls.

    Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.
    Homunkulus (~835 - 902)

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  • In Ordnung. Aber das wird dauern. Zuerst werde ich mir anschauen, womit genau wir es hier zu tun haben.


    Nach einem kurzen Warten und Sichergehen, dass Ashaba nichts mehr hinzuzufügen hatte, begann sie mit der Untersuchung. Sie lenkte ihren Blick und ihren Geist auf eine andere Ebene, die Ashaba und Frederico verschlossen blieb. Dort konnte sie die Magie erkennen. Nicht nur sehen, nein, auch hören. Magie war Musik.
    Die Bardin begutachtete zuerst die Stärke Rannugs. Je heller und intensiver er strahlte, desto mehr magisches Potential wohnte ihm inne. Der nächste Schritt bestand darin, magische Gegenstände und bestehende Zauber zu erkennen und zu identifizieren. Danach sah sie sich die Art der Magie an. Sollte Rannug durch die Elemente wirken, war es ihr ein Leichtes, Muster zu erkennen sowie die Ausprägung der einzelnen Elemente in ihm, auch möglicherweise korrumpierte Elemente. Andere Arten der Magie würde sie ebenso erkennen, aber vielleicht nicht ganz so gut analysieren können, je nachdem wie gut sie damit vertraut war. Auch achtete sie auf Unregelmäßigkeiten und alles, was es ihr erschweren würde, die Magie abfließen zu lassen.



    Die beiden Mitglieder der Garde hörten nur das stete Singen des gleichen Liedes. Dies dauerte einige Zeit.


    Schläft ein Lied in allen Dingen...

  • Währenddessen hielten sich draußen, im Korridor, mehrere Gardisten bereit, um notfalls eingreifen zu können. Man wusste ja nie, und so einen Fall hatte man ja auch noch nicht gehabt. Ob vielleicht doch die Krähe die Hände im Spiel hatte?

  • Rannug lag noch immer so da, wie er abgelegt wurde. Natürlich hatte der Körper sein Recht gefordert und der Schwerkraft genüge getan, aber der Geist befand sich immer noch in der Zuflucht, in die er sich zurückgezogen hatte.


    Als die Bardin begann in ihre Magie einzutauchen, wurde es ein kaum merkliches bisschen kälter in der Örtlichkeit und Bellarias Sinne wurden von einem starken kalten Licht in empfang genommen. Wie der kühle Nortwind unter dem arktischen Licht erstrahlte, was sie sehen wollte und wies ihr in die Tiefe , was sie suchte. Hell udn fast klar waren die kristallenen Strukturen udn geleiteten sie tiefer. bis sie die kleine dunkle färbung in der Alpenlandschaft ausmachen konnte. und da war noch etwas. Wie ein kleiner Tempel aus strahlendem kristall stand ein licht, das jeseitz des Körper thronte zugegen. all ihre fragen konnte sie dank ihrem manigfaltigen Wissen erschließen und Wächterin Antwort bringen, auch wenn es damit nur andere fragen geben würde. Die klare frische Luft der weißen Gipfel durchstömte das ied und gab ihm eine este kalte aber klare Tönung.

  • Bellaria war fasziniert und verwirrt zugleich. Sie würde auf jeden Fall mit Rannug reden müssen. Falls sie dazu noch Gelegenheit haben sollte.


    Der Gesang endete. Bellaria schwieg und blickte Rannug nachdenklich an, während sie die Gedanken hin und her wog.



    Gut. Kannst du seinen Puls weiterhin überprüfen und mir Bescheid sagen, sollte er langsamer werden? Ich werde die Magie abfließen lassen. Langsam, damit er nicht in einen Schockzustand gerät. Deswegen sollte man auch den Puls im Auge behalten. Hast du noch Fragen?


    Sie blickte Ashaba fragend an.

  • Es kann immer etwas passieren. Aber im Normalfall sollte nichts geschehen. Bereit?


    Bellaria machte den Eindruck, als brächte sie es gerne schnell hinter sich. Man könnte annehmen, dass es wegen des bekannten Gesichts dort vor ihr war.


    Als Ashaba ein Zeichen der Einverständnis gab, holte sie die Steine hervor, legte einen davon auf Rannugs Brust und legte ihre Hand darauf. Als alle Vorbereitungen getroffen waren, begann erneut mit dem Gesang. Diesmal rief sie Wasser an. Zuerst beschrieb sie das Wasser, seine Eigenschaften, ihren Bezug zu diesem. Die letzte Strophe, in der sie das Wasser bat, die Magie aus Rannugs Körper fließen zu lassen, wiederholte sie immerfort, während sie langsam eben jenes tat: Die Magie aus seinem Körper in den Stein singen. Dabei achtete sie vor allem auf die Magie des Wassers, sodass sie rechtzeitig aufhören würde, bevor zu wenig Kraft in seinem Körper war.

  • Ashaba trat an Rannug heran, zog einen der Handschuhe aus und legte die Fingerspitzen des Mittel- und Zeigefingers an Rannugs Hals um dort den Puls zu kontrollieren. Aufmerksam sah sie ihm dabei ins Gesicht um mögliche Regungen festzustellen.

  • Rannug lag da, zurückgezogen und in sich gekehrt. Von dem drum herum bekam er wenig mit. Er wollte es ja gar nicht, und selbst der Magae erster Ausflug schien ihn nicht zu berühren. Es schien eher so, als hätte der Gesang fast eine entspannende Wirkung auf den Körper.
    Doch dann änderte sich alles. Als man seinem Körper die Magie entzog, war es wie ein Schlag in seine Magengrube. Rannug japste und wusste gleichzeitig, das etwas ganz und gar nicht in Ordnung war. Was er jedoch machen konnte wusste er nicht. Hilflos stemmte sich sein Verstand gegen das, was geschah und hilflos sah er, wie die Schwärze auf ihn zu kam.
    Es war als erschlaffe der Körper, breche unter Überanstrengung zusammen. Alles was noch Geist und Wille war, versank und überließ den Körper und Geist einer allumfassenden Schwärze, gegen die er nichts ausrichten konnte.

  • Rannugs Bewegung blieb Bellaria sicherlich nicht verborgen. Kurz krümmte er sich zusammen, wie unter einem Schlag, blieb aber scheinbar ohne Bewusstsein.


    "Halt." sagte Ashaba nachdem sie einen kurzen, einen winzigen Augenblick mit dem Gedanken gespielt hatte, Bellaria einfach weiter machen zu lassen.


    Der Puls war scheinbar nach wie vor da, jedoch hatte der Körper, der vorher noch zu wach gewirkt hatte für eine tiefe Bewusstlosigkeit, jetzt alle Spannung verloren. Sie wusste nicht so recht, was sie damit anfangen sollte. Woher auch?


    "Was ist passiert?" fragte sie.

  • Eine geraume Zeit war nichts geschehen und Bellaria war schon beruhigt, dass der Plan aufgegangen war. Doch dann zuckte Rannug zusammen und Ashaba wies sie an, aufzuhören. Sie sang die Strophe zu Ende und beendete den Zauber. Danach sicherte sie noch eben die Magie in dem Stein. Ratlos und besorgt sah sie zu Ashaba und fragte in etwa gleichzeitig.


    Was ist passiert?