Der Dorfplatz von Renascân (2)

  • Margot kam mit ihrem Wäschekorb von der -----> Akademie.
    Schon von weitem rief sie den anderen Waschweibern am Brunnen zu:
    Skandal! Skandal!
    Als sie bei den anderen angekommen war und deren volle Aufmerksamkeit hatte meinte sie Pssst.
    Eben sind zwei neue Damen eingetroffen und haben sich nach diesem Priester erkundigt. Der Steckt doch mit dem Zuhälter unter einer Decke und das sind sicher welche, die für die anschaffen sollen.

    Sofort wurde wie wild getuschelt und Margot war im Mittelpunkt. Sie strahlte wie ein Honigkuchenpferd.

  • Lene war begeistert - endlich gab es wieder neue Meldungen. Diesmal würde es ihnen gelingen, das Bordell zu finden. Sie räusperte sich laut. Sofort hatte sie wieder die Aufmerksamkeit der übrigen Klatschweiber und alle wurden plötzlich still.


    "Mädchen, wir müssen das generalstabsmässig planen. Eine oder zwei von uns müssen die Frauen verfolgen. Möglicherweise führen sie uns zum Versteck der Zuhälter!"


    "Aber ist das nicht gefährlich? Die können doch Gedanken lesen!", fragte eine ängstlich.


    Sofort setzte ein wildes Schnattern ein. Kurz entgleisten Lenes Gesichtszüge, als sie sich mit Schrecken an den Redcap erinnerte. Dann hatte sie sich wieder im Griff. Mit lauter Stimme sagte sie (und es wurde wieder still):


    "Ja, ganz ungefährlich ist es nicht, aber die neuen Huren haben diese Fähigkeit sicherlich nicht. Aber keine Angst, ich werde selbst gehen und Du, Margot, bringst mich dorthin, wo Du die Frauen zuletzt gesehen hast!"


    Margot wurde bleich. Nickte dann aber.


    "Und, wer weiß... Vielleicht wurden sie unter einem Vorwand angeworben, und wissen noch gar nicht, was ihnen blüht. Dann können wir sie vielleicht warnen!", sagte Lene.

  • Margot überlegte: Wenn sie jetzt nicht stärke zeigte würden sie die anderen für einen Feigling halten, das war ihre Chance eine Heldin zu werden.

    Gesehen hab ich die beiden in der Akademie.
    Wenn wir uns beeilen sind sie vieleicht noch da.


    Sie drückte ihren Korb einer der anderen in die Hand und stapfte los. Ihre Beine zitterten und sie versuchte ihre Angst vor den anderen Waschwaibern so gut es ging zu verbergen.

  • Lene und Margot machten gerade ein paar Schritte Richtung Akademie, als Margot plötzlich wie angewurzelt stehenblieb.


    "D..Da sind sie, sagte sie und zeigte auf der Gasse die zur Akademie und zum Haus der Merquatorez Schwestern führte.


    Moreta und Alanis tauchten gerade aus dieser Gasse auf, überquerten den Dorfplatz und verschwanden im Zaunkönig. Wenn sie aufmerksam gewesen wären, wäre ihn eine große Gruppe Waschweiber am Brunnen aufgefallen, die ihnen mehr oder weniger unverhohlen hinterher schaute. Aber die beiden waren in ein Gespräch vertieft.


    Schon zerrissen sie die Waschweiber das Maul über die unzüchtige, viel zu bunte Kleidung, die die beiden trugen. Das konnte ja nur jene Sorte von Frauen sein...!


    "O-kay... Sie gehn in den Zaunkönig...", sagte Lene langsam. "Irgendwie scheint diese Taverne der Dreh- und Angelpunkt zu sein. Als ob sie das Bordell wäre! Ich brauche Dich jetzt nicht mehr Margot. Ich glaube, es ist besser, wenn ich das jetzt unauffällig alleine mache."


    Damit stapfte Lene entschlossen auf den Zaunkönig zu.


    >>> Die Taverne "Zum Zaunkönig" (5, p23)

  • Meanor kam grübelnd aus dem Präfekturgebäude und marschierte den Langen weg zu seinem -----> (Meanors) Haus


    Wie sollte er es am besten anstellen, die Tore zu segnen ohne zu viel Aufmerksamkeit auf sich zu lenken?
    Und vor allem ohne den Elementen den Respekt zu enthalten, der ihnen gebührt.


    Die Waschwaiber beachtete er gar nicht und so fiel es ihm auch nicht weiter auf, dass, im Schatten der Häuser versteckend, eine Gestalt ihn verfolgte. Auffälligstes Merkmal an der Gestalt war der Wäschekorb.

  • Jolante kam von der Anlegestelle und wirkte fast wie ein Kind, das mit großen Augen etwas Spannendes, Neues betrachtet. Man merkte ihr an, dass sie nicht aus Renascân kam. Sie war jedoch keinesweges verunsichert, sondern schaute sich lächelnd und neugierig um.


    Dann fand sie anscheinend das, was sie gesucht hatte. Jolantes Augen blitzten auf und sie ging fast hüpfend auf die Taverne zum Zaunkönig zu.

  • <<< Taverne "Zum Zaunkönig" (5,p24)


    Lene kam aus dem Zaunkönig gestürzt.


    "Der Zuhälter, er hat mich gesehen!", rief sie, als sie am Brunnen bei den anderen Waschweiber ankam.


    Erstrickte Ausrufe des Mitgefühls, oder eher der Sensationslust umfingen sie.
    Dann erzählte Lene kurz, was sie mit eigenen Augen gesehen und gehört hatte:


    Die neuen Mädchen hatten eine Art Vorstellungsgespräch beim Zuhälter hinter sich gebracht. Die eine sei etwas schüchtern gewesen - vermutlich war es ihr erstes Mal mutmaßte Lene. Lene beschrieb das eiskalte Lächeln des Zuhälters und dass er Morgaine mit den neuen zu Meanor geschickt hätte. Wenn es bisher nur ein Gerüch war, dass der blasphemische Priester, der nicht an die Götter glaubte, mit dem Zuhälter unter einer Decke steckte, so was es nun unzweifelhaft bestätigt!


    Ihre größte Sensation hob sie sich bis zum Schluß auf:


    "Der blasphemische Priester hat einen Kegel! Ein uneheliches Kind! Ist es nicht skandalööös!"


    Ein Aufschrei der Entrüstung ging durch die Menge der Waschweiber. Ein wildes Geplapper setzte unverzüglich ein. Lene stand mit Genugtuung wieder einmal im Mittelpunkt. Schließlich sagte sie:


    "Ich muss weiter zum Haus des Priesters. Vielleicht können wir dann herausfinden, wo die Freudenmädchen danach hingebracht werden."


    "Das macht Margot schon. Meanor kam vorbei und sie ist ihm gefolgt", sagte ein junges Waschweib.


    Margot... Schon wieder diese Margot... Erst Aische, jetzt Margot. Was bilden die sich eigentlich ein? Wollen die mir den Rang ablaufen?, dachte Lene verbittert.

  • Da kam Margot wieder zurück gerannt.


    "Ihr werdet es kaum glauben, es ist ein SKANDAL!", rief sie atemlos.
    "Ich hab' den Principal zu seinem Haus verfolgt. Kaum war ich da, kam auch Morgaine mit den neuen Mädchen vorbei. Würde mich nicht wundern, wenn die eine Orgie da drinnen gefeiert haben! Dieser scheinheilige Priester!"


    Lene stimmte in das darauf folgende, aufgeregte Schnattern ein. Aber insgeheim wurmte sie der Erfolg von Margot ein bißchen.


    "Ich hab' es Euch ja vorausgesagt", erinnerte sie etwas lahm an ihre Rolle in dieser Geschichte.


    "Zu schade, dass wir keine Spionin in Meanors Haus haben... Die könnte uns dann aus erster Hand von den Umtrieben berichten. Aber vielleicht... hm... zumindestens können wir es versuchen...", dachte sie laut nach.


    "Annabell", sie zeigte auf eine junge Waschfrau, die etwas schüchtern aussah. "Du sammelst doch immer die Wäsche von Meanors Haus ein. Dabei könntest Du Dich dort mal umsehen und..."


    "NEIN", kreischte Annabell auf. "Ich gehe NIE WIEDER in dieses Haus!"


    Damit hatte Lene gerechnet.


    "Dann tausche ich ab jetzt mit Dir!", bot sie großzügig und innerlich triumphierend an. "Morgen früh hole ich die Wäsche ab. Und wir werden sie nach Spuren einer Liebesnacht absuchen...!"


    Einen Moment lang war es mucksmäuschenstill. Dann dämmerte den Waschfrauen was dies für Konsequenzen hatte. Es erhob sich ein aufgeregtes, kaum zu bändigendes Geschnatter. Wie klug und mutig Lene doch war! Flecken in der Bettwäsche von adeligen, reichen und unverheirateten Männern zu suchen war eine geniale Idee! Das eröffnete völlig neue Perspektiven! Welche Skandale sich damit noch würden entdecken lassen!


    Sie waren so aufgeregt, dass sich darüber alles andere vergassen. Ihnen entgingen sämtliche anderen Vorgänge auf dem Dorfplatz und hätten noch nicht einmal gesehen, wenn der Zuhälter seinen Kopf aus dem Zaunkönig herausgesteckt hätte. So manches schmutzige Wäschestück wurde in der Euphorie und dem Trubel einfach wieder akkurat gefaltet und zusammengelegt - ohne durch das Wasser gezogen worden zu sein.


    Erst allmählich kamen die Waschfrauen wieder zur Ruhe und zerstreuten sich dann langsam für den Tag...


    >>> Meanors Haus (p. 27) am nächsten Tag

  • <<< Von der Taverne "Zum Zaunkönig" (5, p. 28))


    Niro tritt auf den Dorfplatz. Von den Waschweibern ist ausnahmsweise nichts zu sehen. Er will ein umherlaufendes Mädchen nach Meanors Haus fragen, aber es läuft vor ihm weg:


    "Iiiiiiih", ruft es.


    Niro wundert sich. Habe ich Aussatz? Das ist jetzt schon das zweite Mal, dass mir das passiert, denkt er sich.


    Schließlich fragt er einen Bauern, der ihm bereitswillig Auskunft gibt:


    "Des is inna Undastadt, hinda da wo die de Schiffe baue..."


    Niro grübelt eine kurze Weile darüber nach, was der Bauer ihm sagen wollte. Da ist dieser schon weitergelaufen.


    "Okay, Unterstadt... ich komme", sagt er dann zu sich selbst und läuft den Hügel hinab.


    >>> Die Anlegestelle von Renascân (2)

  • Einige Waschweiber waren wie immer um den Brunnen versammelt.


    Während sie die Wäsche ordentlich walkten klebten Sie an Margots Lippen.


    ...ja und dann kam es. Das Kalb von Bauer Hermann mit nur drei Beinen. Da war mit Sicherheit schwarze Magie im Spiel und ich hab ja schon immer gesagt dass diese alte ...


    Sie bemerkte wie Lene mit Siegessicherer Miene und völlig außer Atem den Weg aus der Unterstadt hochkam.


    Oh, hallo Lene, hast du schon gehört, der Bauer Hermann hat ein totes Kalb mit nur zwei Beinen bekommen.
    Riefen ihr die Frauen zu.

  • <<< Von Meanors Haus (2)


    Lene kam schnaufend auf dem Dorf Dorfplatz an...


    "Skandal... Mädels... dieser... steile Aufstieg... Moment... muss setzen..."


    Damit setzte sie sich auf den Brunnenrand. Einige jüngere Waschweiber kickerten und machten sich verhalten darüber lustig, dass Lene es scheinbar als Skandal bezeichnet hatte, das der Aufstieg so steil sei. Einige der älteren empfanden eher Mitgefühl für die arme Lene, obwohl das eher verborgene Sensationslust war, denn sie hofften, dass Lene ein paar Neuigkeiten für sie hatte.


    Lene bemerkte sehr wohl den verhaltenen Spott und kniff die Augen kurz böse zusammen in Richtung der Kichernden, denen sich auch Margot angeschlossen hatte...

  • Siegessicher stand Margot mit verschränkten Armen da. Ihre Kalb-mit-2-Beinen-Geschichte war nicht zu überbieten. Okay... sie hatte etwas übertrieben. Den anderen hat sie noch von einem lebenden Kalb mit 3 Beinen erzählt. Bei Lene musste sie natürlich noch einen draufsetzen. Das Kalb war plötzlich doch tot und hatte 2 Beine. Wer wusste das schon? Bei einer so schweren Beeinträchtigung konnte das Kalb schon längst tot sein.


    Sie hatte keine Sorge, dass die anderen sie vor Lene auf diese Unstimmigkeit hinweisen würden. So etwas gehörte zum guten Ton, immer ein bißchen zu dramatisieren.


    Eigentlich hatte Ihr die Bäuerin nur erzählt, dass das eine Bein des neuen Kalbs wohl etwas kürzer geraten sei und das Kalb deshalb humpele. Nun, sie hatte ja schließlich nicht gesagt, wie viel es kürzer war!
    Und außerdem hatte ein Kalb mit 3 Beinen, natürlich auch immer 2 Beine, mindestens sozusagen...


    Also hatte Margot sogar die Wahrheit erzählt. Sie lächelte.

  • Lene hatte sich schnell wieder im Griff. Ein totes Kalb mit 2 Beinen war ein Furz gegen ihre Geschichte! Schließlich hatte sie ihren Atem wieder unter Kontrolle und begann:


    "Mädels, ihr werdet es kaum glauben!!! Ich habe den Gehilfen des Zuhälter...", hier machte sie eine dramaturgische Pause, da die Hühner laut aufkeuchten.


    Währenddessen warf sie Margot einen gehässigen Blick zu und lächelte dann schadenfroh, da sie die Aufmerksamkeit aller wieder auf sich gezogen hatte.


    "...unter Einsatz meines eigenen Lebens..."


    Auch hier seufzten die anderen Waschweiber wieder auf, da sie von Lenes Heldenmut wieder einmal beeindruckt waren.


    "... ich habe Meanor, diesem blasphemischen Priester ein GESTÄNDNIS entlockt!"


    "NEIN!", schrien alle auf, bis auf Margot und Aische.


    "DOCH! Stellt Euch vor! Ich begab mich direkt in die Höhle des Löwen - Meanors Haus - und sah sieben, junge, hübsche Mädchen dort herumspringen. SIEBEN, die ich SAH!!!"


    Die Waschweiber quasselten alle durcheinander.
    "Ein Skandal! Der Lüstling!", riefen sie.


    "DER PRIESTER IST UNVERHEIRATET", erinnerte sie Lene nun schon schreiend, um über dem Geschnatter noch verstanden zu werden. "WISST WAS DAS BEDEUTET?"


    Plötzlich wurde es wieder ruhiger, denn einigen war das nicht so klar.


    "Und als ich dann geschickt fragte, was das denn bedeute, meinte er, dass er viele Gäste erwartet! Versteht ihr: Mädchen für die Gäste, um sie zu bespaßen! Er hat es selbst zugegeben. Ganz ungeniert. Vermutlich haben sie die Obrigkeit mit im Sack! Und als ob das nicht schon genug Beweise dafür sind, dass ich endlich das BORDELL gefunden habe... Es kam dann noch der Zuhälter höchstpersönlich vorbei, um sein Bordell zu besichtigen und die Mädchen zu testen!


    Es entstand ein Tumult unter der Waschweibern. Ein Gardist, wegen des Geschreis nach dem Rechten sehen wollte, kam zum Brunnen.


    "DAS BORDELL IST IN MEANORS HAUS!", schrie Lene da gerade triumphierend.


    Verduzt blieb der Gardist kurz stehen. Dann drehte er um und hatte es plötzlich sehr eilig.

  • Margot kochte vor Wut.
    Wie schaffte es Lene immer wieder ihr ein Schnäppchen zu schlagen?
    Immer dann wenn sie es gerade mal wieder geschafft hatte.
    So langsam wurde es ihr mit dieser Bordellgeschichte zu bunt.
    Das muss ein Ende haben dachte sie sich und ich hab ja auch meinen Teil zur Aufklärung beigetragen.
    Ha, nein Lene du bekommst die Lorbeeren nicht alleine.



    Mädels, wir müssen sofort an die Öffentlichkeit.
    An den Boten können wir uns nicht wenden, denn die Merquatorezschwestern sind mit in das Komplott der Unzucht verwickelt.

    Vereinzelte Buhh rufe waren zu hören Und auch der Obrigkeit kann man nicht trauen, denn nichts passiert in Renascân von dem Herr Emerald nichts weiß...


    Die Menge schien ihr an den Lippen zu hängen und nickte heftigst.


    Also was können wir tun, wenn wir uns nicht an die Präfektur richten können?

    Es bildeten sich einzelne tuschelnde Gruppen und es wurde Laut. Ja was können wir tun hörte man immer wieder Rufe.


    Wir wenden uns an die Sergantin. Sie als Frau wird uns sicher weiterhelfen können.
    Nieder mit der Unzucht, Für ein Renascân in dem unsere Kinder in Frieden leben können.

    Sie reckte die Faust in die Luft und bedauerte es auch schon im nächsten Moment.
    Was tat sie hier eigentlich, sie wollte doch nur ihre Wäsche waschen, etwas Anerkennung und in frieden den Abend mit ihrem Holger verbringen. Nun schien sie plötzlich an der Spitze eines Mobs der sich langsam und Parolen brüllend in Richtung Wachgebäude der Unterstadt aufmachte.
    Fast flehend blickte sie Lene an, die das ganze allerdings nicht als Hilferuf sondern als bösen Blick auffasste.

  • Lene schaute Margot giftig an. Sie verstießen gerade gegen eine goldene Regel:


    Überprüfe nie ein Gerücht!


    Das konnte nicht gut gehen. Aber vermutlich war es genau das, was Margot wollte - Ihr den Ruhm kaputt machen. Dabei war sie sich bei der Geschichte mit dem Zuhälter und dem blasphemischen Priester ziemlich sicher, aber möglicherweise stimmte ein Detail nicht und das würde dann alles zunichte machen.


    Sie überlegte fieberhaft, was sie dagegen tun konnte.


    "Habt Ihr denn alles vergessen?", schalt sie die Gruppe, die schon über den Dorfplatz Richtung Unterstadt unterwegs war. "Was kann schon herauskommen bei dieser Ashaba? Sie hatte doch neulich zusammen mit dem Zuhälter im Zaunkönig eine Unterredung."


    Ein paar vereinzelte Waschweiber verloren etwas an Fahrt. Aber natürlich hatten die meisten die Geschichte schon wieder vergessen... Lene hastete ihnen hinterher.


    Typisch für uns Waschweiber... wir verdrängen Dinge, die nicht ins Bild passen, dachte Lene verbittert in einem Moment geistiger Klarheit.


    "Was hast Du plötzlich, Lene?", fragte Aische hellhörig, die Lenes Angst bemerkte und damit ihre eigene Chance witterte. "Du hast uns doch diese ganze Geschichte um den Zuhälter erzählt. Willst Du nicht auch, das der Gangster mit Sack und Pack verhaftet wird?"


    Die übrigen Waschfrauen blieben stehen. Sie waren mitten auf dem steilen Weg zwischen Ober- und Unterstadt. Das klang interessant. Was wollte Aische, die Konkurrentin von Lene damit andeuten?


    "Wir haben Dir und Deinen Geschichten vertraut. Solltest Du uns am Ende angelogen haben?", fragte Aische mit einer gefährlichen Drohung in der Stimme.


    "Nein, natürlich nicht", sagte Lene mit aufkommender Panik in der Stimme. "Ich habe Euch immer die Wahrheit erzählt. Ihr habt doch selbst gesehen, wie der Zuhälter Ashaba aus dem Zaunkönig nachrannte. Und Margot hat doch auch gesehen..."


    Ja, was eigentlich? Sie hatte doch diesen Mob erst organisiert!


    "Ich sorge mich doch nur um uns. Was ist, wenn Ashaba wirklich mit denen unter einer Decke steckt? Im günstigsten Fall werden sie so tun, als ob alles ein großes Mißverständinis ist. Im schlechtesten Fall... Krch", sagte und Lene und fuhr sich mit dem Finger über ihre Kehle.

  • Aische hatte eine Idee.


    Wenn das so ist wie du sagst und du wirst ja wie immer Recht haben, die Ironie war kaum zu überhören, so sollte nur eine zu der Sergantin gehen und vorsichtig nachhören, ob sie wirklich zu dem Komplott gehört.
    Sie überlegte kurz ob sie es selber machen wolte entschied sich dann aber dafür, es sei zu gefährlich.


    Lassen wir doch Margot alleine gehen und uns berichten schluge sie vor.
    Die anderen Waschweiber stimmten zu und kurze Zeit später waren sie schon wieder am Brunnen mit schnattern und Wäschewaschen. Nur noch Margot und Lene blieben alleine zurück auf halben Weg zur Unterstadt.

  • "Da hast Du uns ja was Schönes eingebrockt", sagte Lene voller Bitterkeit. "Was machen wir jetzt? Wir sollen unsere Köpfe hier riskieren? Warum sag' ich überhaupt wir? Du gehst... und siehst selbst wie Du Klarheit bekommst oder auf nimmer wiedersehen verschwindest.


    Aber vielleicht fällt Dir ja auch eine Geschichte ein, mit der Du Deinen Hals gar nicht erst in die Schlinge stecken musst...", sagte Lene listig und andeutungsvoll.


    Damit drehte sie sich um und erschrak... Diese Hure aus dem Haus des falschen Priesters stand da und beobachtete sie.


    Bewußt langsam (um nicht aufzufallen - aber damit fiel sie noch viel mehr auf) drehte sie sich wieder zu Margot um.


    "Nicht hingucken", zischte sie zwischen zusammengebissenen Zähnen.


    Margot drehte sich abrupt und erblickte sie ebenfalls. Sie zuckte wieder zurück.


    "Verdammt! Ich sagte doch nicht gucken!", fluchte Lene. "Die hat uns bestimmt der Zuhälter auf den Hals geschickt. Was machen wir nur?", fragte sie ängstlich. "Sie steht genau zwischen uns und den anderen."


    Ihr kam gar nicht in den Sinn, dass sie ja zu zweit waren.


    "Ich will mit dieser Geschichte nichts mehr zu tun haben", sagte Lene mit erstickter Stimme und bis zum Hals klopfenden Herzen.


    Sie nahm die Beine in die Hand und lief den Pfad zur Unterstadt hinab. Passanten, die ihr in die Quere kamen versuchte sie auszuweichen oder aus dem Weg zu stoßen. Ein paar Mal drehte sie sich um, um Verfolger zu entdecken und zweimal stieß sie dabei heftig mit jemandem zusammen und stürzte. Das erste Mal schlug sie ihr Knie blutig, dass zweite Mal verlor sie alle Wäsche aus dem Wäschekorb. Sie machte sich nicht die Mühe, sie wieder einzusammeln, sondern hastete in blinder Panik weiter. Sie rannte durch die Gassen der Unterstadt, schlug Haken, um eingebildete Verfolger loszuwerden und erreichte schließlich ihre Kate. Voller Wuchte knallte sie die Tür wieder hinter sich zu und schob den Riegel vor. Mit klopfendem Herzen sank sie an der Innenseite der Tür nach unten auf den Boden.


    Nie wieder, nimmst Du das Wort Zuhälter in den Mund, schwor sie sich.