Das Hospital von Renascân

  • "Wenn Du den Weg zur Unterstadt hinunter gehst, landest Du ja auf der großen Kreuzung. Biege dort nach links in Richtung des Waldes ab und geh ein ganzes Stück, bis wieder links ein Stichweg abgeht. Das ist an sich nicht zu verfehlen, an der Ecke liegt ein großer Stein, auf dem die Kinder vom Waisenhaus neulich ein sehr treffendes Bild von Pater Luicatus gemalt haben, das man noch sehr schön sehen kann."


    Alanis grinste breit.

  • Alanis verabschiedete Bellaria ebenso herzlich, dann wandte sie sich wieder ihrer Arbeit zu. An diesem Tag kamen noch einige Bürger in das Hospital, um sich die typischen Verletzungen eines Frühlingstags versorgen zu lassen - verstauchte Knöchel und blaue Flecken bei Hausfrauen, die beim Frühjahrsputz vom Schemel gefallen waren und blutige Schrunden bei den Männern, die am Haus und Garten arbeiteten.


    Am späten Nachmittag endete Alanis Schicht dann und sie machte noch eine Runde über den Marktplatz, bevor sie nach Hause ging.

  • Indis schaut zu Dorian..seine Art zu sprechen und die Haltung vor ihrem Bett schnürten Ihr die Kehle zu...sie braucht ein Weilchen ehe sie Ihre Stimme wiederfindet " Steh locker...bitte..ein Krankenbett ist nichts wo man so steif davorstehen muss.....Danke..die Wunden heilen langsam..Delpior gibt sich grosse Mühe...er kümmert sich gut um mich..manchmal schaut er nochmal nach mir ehe er nach hause geht..."


    Indis schlingt ihren gesunden Arm um sich..Dorians Verhalten liess sie frieren...die Elfe schaut das Bettlaken an..." Und wie geht es Dir? Hast Du Dienstschluss oder musst Du gleich zur Wache? " die Elfe zittert und hilflos versucht sie die Decke etwas besser über sich zu ziehen..Ihr war kalt....

  • Dorian nimmt eine etwas bequemere Haltung an und tritt noch einen halben Schritt an das Krankenbett heran, genau so, dass etwas mehr als eine Armlänge zwischen der Elfe und ihm waren.


    Delpior ist ein fähiger Heiler, auch wenn man es ihm nicht immer auf den ersten Blick ansieht.
    Dorian macht eine kurze Pause in der er seinen Blick prüfend über die Verbände an Indis Körper schweifen lässt.
    Ist Dir kalt? Soll ich nach einer weiteren Decke für Dich suchen? fragt er, als er das frösteln bemerkt.

  • Indis schüttelt stumm den Kopf...Sie fror nicht wegen der Temperatur im Raum sondern Dorians Verhalten liess sie frieren..er bestrafte sie für Ihren Einsatz für Ihr Volk...schlimmer konnte es nicht mehr kommen..nach all den furchtbaren Geschehnissen musste sie nun ausgerechnet von Dorian noch so abgestraft werden..die junge Elfe verstand die Welt nicht mehr..da sass sie nun..in einem weit entfernten Land..ohne Freunde und Familie und Dorian behandelte sie wie eine Landesverräterin...


    Indis schaut kurz aus dem Fenster und dann wieder zu Dorian " Na..los..schrei mich an...dann ist es vorbei...Ich weiss das Du mein Verhalten nicht gutheisst und ich in deinen Augen nicht nur eine Versagerin sondern auch noch eine Verräterin bin...selbst wenn ich Dir jeden Tag versuchen würde es zu erklären würdest Du es trotzdem nicht begreifen wollen...Dein Standpunkt in allen Ehren..aber es gibt Länder wo es anders läuft als hier...Und wir Elfen haben andere Gesetze als Ihr..respektiere das bitte genauso wie ich Eure Gesetze...Obrigkeiten..ja..es gibt sie..sie werden mit grösstem Respekt und Würde behandelt die sie verdienen,aber ein Elf beugt sich niemals einem Menschen wenn es um sein Volk geht..und glaub mir..meine Meisterin ist in meinen Augen eine wunderbare Frau die mit unendlicher Liebe und Geduld uns die Kunst des Heilens lehrt..aber es tut mir leid..sie ist eine Zweitgeborene...und nochwas....Lady Felicitas hat uns von Anfang an gelehrt das die Erhaltung von Leben an erster Stelle steht..sie hat nicht gesagt das wir in aller Seelenruhe weiter Kräuter katalogisieren sollen wenn vor unserer Nase Leben zugrunde geht...zum anderen...Ich war die Verantwortliche meiner Gruppe und ich habe entschieden das wir ausrücken....und alle Heiler wissen das es uns wie Krieger gehen kann...wir können genauso sterben an einer Waffe..."


    Indis senkt den Kopf... " Warum bist Du so abweisend? Warum steht das nun wie eine Felswand zwischen uns? Warum lässt Du zu das Raziel es schafft uns zu entweien und kalte Ablehnung die Oberhand gewinnt? Ich habe mich jeden Tag an deinen Namen erinnert,mich mit Erinnerungen gestärkt und Du zerschlägst alles im Namen von Gehorsamkeit....warum lebe ich den noch? Ich lebe weil Du mir die Kraft gegeben hast..und jetzt liege ich hier und vor mir steht ein Eisklotz der noch nicht einmal ein Lächeln für mich mehr übrig hat..."


    Indis bedeckt ihre Augen...Dorian soll die Tränen nicht sehen...

  • Dorians Blick ist leer während Indis' Worten. Erst als sie endet und ihr Gesicht verbirgt kehrt das Leben in ihn zurück. Mit ruhiger Stimme und vollkommen beherrscht antwortet er:


    Es gibt für mich keinen Grund Dich anzuschreien. Ich weiß sehr wohl, dass es in unterschiedlichen Ländern und anderen Völkern andere Regeln und Gesetze, ja sogar andere Vorstellungen von Ehre und Pflicht gibt. Das ändert aber nichts daran, dass ich ein solches Verhalten aus tiefer Überzeugung ablehne.


    Der Gardist macht eine kurze Pause um seine Worte zu unterstreichen.
    Bevor Indis jedoch irgendetwas erwiedern kann fährt er fort.
    Und es geht nicht um Erfolg oder Versagen. Es geht darum seine Pflicht zu erfüllen, egal ob man die Entscheidungen gut findet oder sie aufs äußerste ablehnt. Ja, es geht um bedingungslosen Gehorsam, die wichtigste Tugend eines jeden Soldaten. Und Du sagst es richtig: Auch Heiler sind im Kriegsfall nichts anderes als Soldaten. Und gerade wenn Du verantwortlich für eine Gruppe warst, dann hättest Du umso mehr die Pflicht gehabt, deine Schutzbefohlenen nur auf ausdrücklichen Befehl Deiner Herren in Gefahr zu bringen und nicht auf eigene Faust.


    Seine Stimme fängt bei den letzten Worten leicht an zu zittern, so dass er einen Moment inne hält um sich zu beruhigen.


    Warum diese Mauer zwischen uns entstanden ist? Weil unsere Überzeugungen in dieser Sache nicht zusammen passen. Weil ich Dein Verhalten als falsch ansehe. Weil Du Dich von Deinem Land und Deinen Herren entfernt hast. Auch warum Du noch lebst kann ich Dir aber sagen: Dein Land und Dein Volk sind in Gefahr. Es ist Deine oberste Pflicht Dich zu erholen, um Vergebung bei Deiner Herrin zu ersuchen und Deine ganze Existenz wieder unter ihre Kontrolle zu geben. Alles andere, Dein Leben, Dein Glück, Deine Wünsche müssen dahinter zurückstehen.

  • Indis Hand rutscht langsam nach unten..jedes Wort das Dorian sprach hämmerte wie ein Echo in ihrem Kopf...sie gab es auf...es war so sinnlos Dorian zu erklären das sie keine Untergebene in dem Sinne wie er es verstand war..es machte keinen Sinn das sie genau gesehen ihre oberste Pflicht nämlich Leben zu erhalten getan hatte....die Elfe sackte in sich zusammen..das war zuviel für sie...sie erinnerte sich kurz an ihre Mutter die sie gewarnt hatte sich allzusehr auf Menschen einzulassen...und jetzt war es ausgerechnet Dorian der blind und befangen sie langsam aber sicher ins Jenseits beförderte...


    Langsam reifte in Indis ein grausamer Entschluss..zurück durfte sie nicht ehe sie ganz gesund war..hier war sie einfach nur ein merkwürdiges Wesen mit zu lang geratenen Ohren das zudem die Heimat im Stich gelassen hatte und obendrein noch die Herren verraten hatte...


    Sie schaut Dorian an " Ich habs verstanden,Dorian...tut mir wirklich aufrichtig leid,das hier unsere Gesetze,Erziehung und Gesinnung nicht passen...Und weisst Du....manchmal werden Dinge erst richtig sichtbar wenn es vorbei ist...Du hast mir meinen neuen Weg nun gezeigt...in dieser Welt bin ich zwar alleine...aber lieber alleine als von demjenigen der im Herzen wohnt verstossen zu werden...das kann ich nicht ertragen und ich will es auch nicht....Ich habe deinen Schutz und Geborgenheit gesucht doch statt dessen bist Du kalt und abweisend..." Die Elfe kaut auf ihrer Unterlippe herum..so lange bis sie bluteten... " Gehen werde ich...wie eine Blume die der Regen vergass " murmelte sie leise....das was Ihr nun bevor stand war grausamer als jegliche Folter....


    Indis legt sich zurück ins Kissen und atmet tief aus...dann schaut sie kurz zu Dorian " Leb wohl..Dorian..." dann schliesst die Elfe langsam ihre Augen und beginnt damit Körper und Geist zu trennen

  • Dorian atmet hörbar, als Indis ihre Worte spricht. Kaum dass sie geendet hat tritt er den letzten halben Schritt an ihr Bett und spricht mit mühsam beherrschter Stimme:
    Indis, hör mir zu, ich habe Dich nie verstoßen! Wäre ich sonst hier? Hätte ich Dich am Abend Deiner Ankunft in das Hospital gebracht? Hätte ich Dich gefragt, ob Du eine weitere Decke haben möchtest und ob Dir kalt ist? Ja ich bin wütend auf Dich. Ja, unsere Ansichten sind von Grund auf verschieden in dieser Sache, aber das bedeutet nicht, dass ich Dich ablehne. Es ist mir aber einfach nicht möglich Dir Wäme oder Geborgenheit zu geben. Manchmal hat man den Eindruck, Elfen könnten ihre Gefühle kontrollieren. Ich aber bin kein Elf. Ich kann es nicht. Ich bin froh, dass ich so beherrscht sein kann. Glaubst Du, ich habe mir keine Sorgen gemacht? Glaubst Du ich bin nicht erschrocken, als ich Dich nach Deiner Ankunft gesehen habe?


    Dorian nestelt an einer seiner Gürteltaschen herum und zieht einen seiner Verbände heraus. Vorsichtig tupft er die leicht blutende Lippe von Indis ab während er weiter spricht:
    Warum lässt Du mir nicht die Zeit die ich benötige?


    Die letzten Worte klingen weniger zornig als traurig. Schnell reißt sich Dorian jedoch wieder zusammen, legt der Elfe den Verband auf den Nachttisch und macht ein paar Schritte Richtung Fenster, so dass Indis sein Gesicht nicht mehr sehen kann.

  • Indis ist froh das Dorian sich wegdreht..." Ich habe Dich niemals zu irgentwas gedrängt....Dorian..bitte..Ich brauche Dich einfach jetzt...die Zeit wird kommen wo ich wieder nach Hause gehen werde...aber jetzt bin ich hier...ich fühle mich wie ein kleines Kind das auf einer Nusschale im Meer treibt...sovieles habe ich hinter mir gelassen..mein Bruder..ich habe keine Ahnung wo unsere Eltern sind und ob es Ihnen gutgeht....weisst Du wie es ist stundenlang herumzuirren um Verletzte zu suchen? Ihre Schreie und ihre Augen wenn sie sterben..."


    Die Elfe schweigt ershöpft..Ihr Inneres scheint zu glühen und ihr Herz scheint heftig zu pochen...


    " Nimm Dir alle Zeit...sei weiter wütend so lange Du meinst wütend sein zu müssen,ändern kann ich es nicht..es lag mir fern mit meiner Ankunft deine Laune zu ruinieren..Du warst einfach für mich die letzte Hoffnung mich von den Pforten der Halle des Wartens zu holen..."

  • Ohne sich umzudrehen, den Blick weiter stur aus dem Fenster gerichtet, antwortet Dorian:


    Ich weiß sehr wohl das der Krieg in Deiner Heimat schlimm ist und viele ins Unglück stürtzt. Und ich kenne auch die Angst um die eigene Familie und weiß, dass sie einen fast in den Wahnsinn treibt. Und es ist nicht so, dass ich wütend auf Dich sein will. Aber Dein Verhalten macht mich rasend. Und die Tatsache, dass Du Deine Fehler einfach nicht einsehen willst oder kannst, schürt den Zorn immer weiter.
    Dorian ballt die Fäuste während er spricht.


    Einen kurzen moment später scheint er sich wieder unter kontrolle zu haben und spricht mit deutlich ruhigerer Stimme weiter:
    Du weißt, dass Renascân immer ein sicherer Zufluchtsort für Dich sein wird. Gerade weil viele meiner Kameraden jeden Befehl treu befolgen. Ab wann ich dir eine wirkliche Hilfe sein kann weiß ich einfach noch nicht.

  • Indis seufzt leise...Ihre Augen sind bleischwer....." Ich respektiere das " Nichts deutet auf ihre Enttäuschung und Trauer hin...sie schaut zu Dorian und wischt sich die Tränen ab...warum war sie bloss nicht umgekommen? die Elfe verkriecht sich förmlich in dem Bett und krallt sich an die Decke...sie fühlt sich immer schlechter und ihr ganzes Inneres scheint zu brennen...

  • Dorian lässt einige Zeit verstreichen und starrt weiter aus dem Fenster.
    Gut. Die Zeit wird zeigen, wie es sich entwickelt.


    Plötzlich beginnt er in einer seiner Taschen zu kramen und zieht ein paar zerfledderte Blätter daraus hervor.


    Ich hab hier noch den Landboten. Vielleicht willst Du etwas lesen. Die Zeit kann lang werden, wenn man ans Bett gebunden ist.


    Er dreht sich langsam um und legt der Elfe die Zeitung auf den Nachttisch.


    Ich muss nun leider wieder gehen. Gibt es noch etwas, was Du brauchst?

  • Dorian schaut noch einen Moment mit leerem Blick auf die Elfe.
    Mögen die fünf Deiner Heilung gewogen sein.
    Dann wendet er sich ab und geht mit eiligen Schritten zur Tür.
    Dort angekommen erstarrt er kurz. Es wirkt, als ob er sich gleich umdrehen und etwas sagen will. Doch dann drückt er schnell die Klinke und verlässt den Raum.

  • Einige Tage später kommt Dorian wieder ins Hospital.


    Nach einem zögerlichen Klopfen öffnet er die Tür zu Indis Zimmer und betritt den Raum. Er ist dabei absichtlich so leise, dass ein normaler Mensch nicht geweckt werden würde.

  • Es war ein warmer Tag. Alanis stand vor der Tür des Hospitals und rauchte ein Rauchkraut. Im schmalen Schatten des Dachfirsts, an die Wand gelehnt, erholte sie sich vom Vormittag, an dem eine Menge zu tun gewesen war. Insektenstiche, Sonnenbrand, Hitzschlag. Alles dabei.

  • Von der Anlegestelle kommend:


    Nicht lange und drei Gestalten nähern sich, eine mit hochrotem Kopf, eine andere vor sich hin kichernd aber die wohl ungewöhnlichste Begleiterscheinung dieser Gruppe war eine Wildelbe mit langem schwarzem Haar und sommerlicher Wildlederkleidung, die genüßlich vor sich hin schmunzelt, eine Zuckerstange mit Mundwinkel hat und sich ihrer Sache recht sicher erscheint.

  • Alanis schaute verdutzt auf, als sie die Schritte bemerkte, die sich dem Hospital näherten. Mit Arbeit hatte sie ja gerechnet - aber nicht mit Tear'asel. Das Rauchkraut fiel zu Boden und wurde energisch mit der Schuhspitze gelöscht, dann trat Alanis aus dem Hausschatten heraus und auf die Neuankömmlinge zu.


    "Mae gowannen, Tear. Tag die Herren." Ihr Heilerblick erfasste den Humpelnden. "Was ist denn passiert?"


    "Werkzeugkiste auf den Fuß", nuschelte der Handwerker und warf Alanis einen entschuldigenden Blick zu, während er seinen Ellbogen in den Rippen seines noch immer kichernden Kumpans versenkte, der daraufhin nach Luft schnappte und sich ein wenig beruhigte.