Die Gemächer der Familie

  • Alanis hat der Hebamme berichtet, daß sie neben grundlegenden chirurgischen Fähigkeiten auch die Elemente nutzt, um zu heilen, wenn es notwendig sein sollte. Zwar hat sie keine praktische Erfahrung mit Geburten, dafür eine Menge angelesenes Wissen, das sie nun hofft in der Praxis wiederfinden zu können.


    Als die Hebamme geht, zieht sich Alanis einen Stuhl neben das Bett und erzählt Jala, um sie ein wenig abzulenken, von der ersten rumpeligen Begegnung mit ihrem Meister in den Nebel vor Dargaras, ihren Abenteuern auf verfluchten Burgen, mit Orks und Vampiren, Fahrenden und Räubern. Dabei spart sie keine Gelegenheit aus, vor allem die lustigen Momente hervorzuheben, um die Schwangere zu entspannen.


    Wenn Jala von einer Wehe überrollt wird, reicht Alanis ihr die Hand und bittet sie, gleichmäßig zu atmen.

  • Jala hört Alanis mit glänzenden Augen zu. Daß die Hebamme zwischenzeitlich zurückkommt um ihr Tee zu bringen, von dem sie sich erhofft, daß er die Wehen weiter anregt, nimmt sie fast eher als Störung wahr.
    Doch sie trinkt das Gebräu gehorsam, und sei es nur, damit Alanis mit ihren Geschichten fortfährt.
    Die Wehen kommen jetzt in kürzeren Abständen und es geht allmählich auf Mitternacht zu.

  • Alanis hält weiterhin Jalas schmale, Arbeit gewöhnte Hand in ihrer und erzählt weitere Geschichten, doch je rascher die Wehen kommen, desto ruhiger werden die Erzählungen, berichten von der Liebe, die es in der Welt gibt, die Schönheit des Lebens und die tagtäglichen Wunder, denen die Klerikerin begegnet ist.


    Aufmerksam betrachtet Alanis, was die Wehmutter tut, welche Kräuter sie verwendet und welche Handgriff sie nutzt, um die Lage des Kindes festzustellen. Sie hofft, daß sich das Kind gedreht hat und sich langsam und ohne Probleme auf seinen Weg in die Außenwelt machen wird.

  • Groa bemerkt Alanis' Interesse und erklärt ihr und Jala -die sie nicht ausschließen will- was für Kräuter sie der jungen Frau gegeben hat und wozu sie gut sind.
    Mit Jalas Einverständnis zeigt sie ihr ebenfalls, wie sie ertasten kann, wie das Kind liegt und wie weit die Geburt bereits vorangeschritten ist.
    Je stärker die Wehen jetzt werden und je kürzer die Abstände zwischen ihnen, desto weniger kann Jala sich auf die Erklärungen der Hebamme konzentrieren. Sie klammert sich an Alanis' Hand und beißt auf die Lippe um nicht zu schreien.

  • "Jala, schrei ruhig, wenn es weh tut" , rät Alanis beruhigend und starrt hinunter auf Jalas Hand, deren Fingerknöchel weiß hervortreten, verkrampft in der Anspannung der Schmerzen. Mitgefühl liegt auf ihrem Gesicht. In Gedanken bittet sie den Elemente, der jungen Frau beizustehen und ihr Leben mit einem gesunden Kind zu bereichern. "Es wird Dir helfen. Mach Dir keine Gedanken."

  • Alanis lächelt Jala beruhigend an.


    "Siehst Du, alles geht seinen Gang. So wie es sein sollte."


    Sie blickt die Hebamme fragend an, weiß sie doch, daß Farbe und Konsistenz von Fruchtwasser etwas über die Gesundheit des Kindes aussagen können.

  • Die Hebamme nickt. "Gut. Darauf habe ich gewartet." Ihre Stimme ist ebenfalls ruhig.
    Jala schließt müde die Augen nachdem die Wehe nachgelassen hat. "Das heißt es ist jetzt bald vorbei?", fragt sie hoffnungsvoll.
    "Du wirst dein Kind bald im Arm halten", antwortet die Hebamme, die Jala diesen Hoffnungsschimmer nicht nehmen will. Sie untersucht das, was an Fruchtwasser abgegangen ist und scheint zufrieden.

  • Alanis, die sich auf mehrere Stunden Wartezeit eingerichtet hat, erhebt sich kurz, um sich zu strecken, lässt ihre kaputten Gelenke knacken und schüttelt dann das schweißfeuchte Kissen unter Jalas Kopf neu auf, bevor sie es sanft wieder unter Jalas Nacken schiebt. Dann reicht sie Jala erneut eine Tasse mit heißem, wehentreibendem Tee und setzt sich kurzerhand auf die Matratze neben das junge Mädchen, um ihr helfen zu können, falls es nötig ist. Für einen Moment wirkt sie abwesend, starrt zum Fenster hinaus, in die Dunkelheit davor, dann wendet sie sich wieder lächelnd an die werdende Mutter.


    "Was wohl Baul gerade macht?", fragt sie Jala in neckendem Tonfall. "Mein Vater hat sich bei meiner Geburt derart betrunken, daß er sich für einen Vogel hielt und sie ihn aus einem Kirschbaum holen mussten, als ich dann endlich da war."

  • Jala muß bei Alanis Geschichte lachen.
    "Baul trinkt nicht", sagt sie dann. "Also glaube ich nicht, daß ihr ihn aus irgendeinem Baum holen müßt weil er sich für einen Vogel hält." Sie trinkt von dem Tee, reicht Alanis dann die Tasse zurück und lehnt sich wieder in die Kissen.
    "Ich wünschte er wäre hier..", flüstert sie und holt Atem als sie die nächste Wehe spürt.
    "Mannsvolk ist bei einer Geburt herzlich unnütz", sagt die Hebamme trocken. "Sie regen sich nur auf und rennen einem zwischen den Füßen herum..."
    Sie tastet noch einmal nach Jalas Bauch. "Noch nicht pressen, Kind", sagt sie dann. "Damit machst du es dir nur schwerer. Versuch ruhig zu bleiben laß deinen Körper seine Arbeit tun..."
    Jala versucht das zu befolgen und windet sich ächzend auf dem Bett.

  • Alanis leidet im Stillen ein wenig mit, auch wenn nichts ihrem Moment ihrer eigenen Lebensrealität ferner steht als Familie und Kinder. Sie nimmt wieder Jalas Hand fest in die ihre.


    "Wenn es weh tut, drück ruhig meine Hand, Jala, aber nur meine Hand." Sie lächelt und wischt mit einem Tuch die Schweißperlen von Jalas Stirn. Dann singt sie ein leises Lied, das sie seit ihrer Kindheit nicht mehr gesungen hat und das sie an ihre Mutter erinnert.

  • Alanis Handknochen knacken ein wenig, als Jalas an schwere Arbeit gewöhnte Hand kräftig zupackt, doch es macht ihr nichts aus. Auch sie hat bemerkt, daß Jala leichte Probleme beim Atmen hat.


    "Soll ich noch ein Kissen holen, um ihren Rücken zu stützen?" , fragt sie die Hebamme besorgt.

  • Alanis geht gemessenen Schritts aus dem Raum, will auf gar keinen Fall Hektik verbreiten, weder in dem Schlafzimmer noch davor, denn wie durch Zufall haben sich einige der Hausangestellen in dem Gang vor dem Raum versammelt und versuchen, mit Putzen von dem wahren Grund ihrer Anwesenheit abzulenken. Alanis bittet eine der Mägde, ihr noch zwei große Kissen zu bringen und wartet dann geduldig, bis die Frau ihrer Bitte nachkommt. Sie sieht in die neugierigen Gesichter, antwortet lediglich mit einem Lächeln und kehrt dann in das Schlafzimmer zurück.


    "So, da bin ich wieder" , sagte sie fröhlich. Rasch hat sie Jala geholfen, sich aufzurichten und drückt die Kissen zwischen Bettgestell und Rücken, damit Jala ein wenig aufrechter sitzen kann. "Ich hoffe, so geht es ein bisschen besser. Du sagst uns doch, wenn Du etwas brauchst, oder?"

  • Jala nickt müde.
    "Ein kaltes Bad", sagt sie schief lächelnd. "Es ist so warm hier..." Und ihren Gefährten -aber die Hebamme hatte gesagt Männer hätten bei Geburten nichts verloren, also sagt sie nichts.
    Groa wäscht ihr das Gesicht mit einem kalten Tuch. "Das wird dir fürs erste genügen müssen, das Bad kommt nicht von selbst hierhergelaufen...", sagt sie sanft.
    Sie geht zum Fenster und öffnet es einen Spalt breit. "Aber nur kurz", sagt sie. "Die Nacht ist eiskalt."

  • "Bald hast Du es geschafft und dann kannst Du wieder in Eurem unglaublichen riesigen Badezimmer herumpaddeln" , sagt Alanis grinsend. "Wenn ich das nächste Mal wieder bis zu den Knien im Schlamm über irgendein Schlachtfeld wate, werde ich daran denken und mir warme Gedanken machen können."

  • Jala lächelt wieder.
    "Dann komm danach einfach her und wasch den Schlamm hier ab", sagt sie.
    Sie scheint, jetzt da sie aufrechter im Bett ruht, wirklich leichter zu atmen.
    Die nächste Wehe kommt und ihr Gesicht verzerrt sich.
    "Weiteratmen", mahnt die Hebamme. "Halt die Luft nicht an."
    "Das tut so weh", ächzt Jala zwischen gequälten Atemzügen.
    "Ja, ich weiß. Aber da müssen wir alle durch..."
    "Elben bestimmt nicht", widerspricht Jala trotzig. Schreit dann auf und wirft den Kopf herum.
    "Elben auch", sagt Groa. "Die kriegen nur nicht so oft Kinder..." Sie faßt nach der anderen Hand des Mädchens und hält sie fest.

  • Der Abstand zwischen den Wehen scheint sich zu verkürzen - zumindest schien es Alanis so. Mitgefühl zeigte sich auf ihrem Gesicht, als sie Jala eine kühle Hand auf die Stirn legt, um das Mädchen zu beruhigen.


    "Tja, die Elben wissen wohl, warum" , sagt sie leichthin und schmunzelt. "Oder sie haben einfach viel weniger Spaß an der Liebe als unsereins. Ich weiß nicht, ob ich sie beneiden oder beglückwünschten soll. - Man sagt übrigens, dass Zwergenkinder schon mit einem Helm auf dem Kopf geboren werden. Stell Dir das mal vor."


    Sie setzt sich wieder neben Jala auf die Matratze und stützt das Mädchen seitlich mit ihrem eigenen Körper.

  • "Zwerge legen doch Eier", krächzt Jala rauh.
    "Die brauchen... die Helme... um durch die Schale... zu kommen."
    Sie schaut Alanis an und ihre Augen sind glasig vor Schmerz.
    "Es wird übrigens durch schreien überhaupt nicht besser", informiert sie sie. Und schreit dann doch wieder.