Die Anlegestelle von Renascân (2)

  • Bei Alanis Worten schaut sich die junge Frau leicht panisch um, wirkt dann aber wieder entspannter, als sie sieht, dass keiner der Männer nah genug war um das Gespräch hören zu können. Als sie ihr Gesicht wieder Alanis zuwendet blitzen ihre Augen herausfordernd.


    "Was wollt Ihr damit sagen? Ich weiß nix von einer Krankheit! Ich bin kerngesund, dass könnt Ihr mir glauben!"


    Die Frau legte ihr übergeschlagenes Bein neben das andere und ordnete ihren Rock neu.

  • Alanis mußte sich ein Lächeln verkneifen, als sie den Blick der Frau bemerkte. Ihre Stimme wurde leiser, erklang aber nicht minder fest.


    "Habe ich keinen Zweifel dran", sagte sie trocken und hinterfragte das nicht weiter. Sie sah der Frau direkt in die Augen. "Ich habe auch nicht vor, jeden Rock und jede Hose hier in Renascân zu lüften. Aber ich denke, daß Ihr Euch das Geschäft nicht von jemandem kaputtmachen lassen würdet, der Krankheiten verteilt - ob Frau oder Mann."

  • "Wie meint Ihr das, dass mir jemand das Geschäft versaut?"


    Erneut schaut sich die jaunge Frau um und hüpft dann von dem Fass.


    "Verteilt denn eine von uns diese Krankheiten?", fragt sie Alanis leise.

  • "Könnte genausogut ein Mann sein", gab Alanis zurück und für einen Moment huschte ein Ausdruck von Abscheu über ihr Gesicht, als sie sich an Daynon erinnerte. In einer Gänsehaut stellten sich die feinen Härchen auf ihren Armen und im Nacken auf. Sie atmete durch. Nur ruhig bleiben. Und sachlich. "Es gibt Anzeichen, ja. Keinen Beweis. Aber ich bin lieber vorsichtig und spreche einmal zuviel über die Sache als einmal zu wenig. - Würdet Ihr die Augen und Ohren für mich aufhalten?"

  • Die Frau nickt und klettert zurück auf ihr Fass. Man sieht wie es in ihrem Kopf arbeitet. Kurz darauf beugt sie sich nochmal näher zu Alanis.


    "Also wenn Ihr mich fragt, ich würde mal in der Flunder nachfragen. Wenn hier jemand Krankheiten verteilt dann sind das sicher die beiden.", sie nickt wissend.


    Sie richtet sich wieder auf und macht sich wieder daran ihren Rock neu zu ordnen und fügt hinzu:


    "Seid die da sind, läuft mein Geschäft eh schlechter. Ja, denen würde ich das zutrauen. Blöde ..."


    Was hinter dem "Blöde" kam murmelte die Frau so leise, dass Alanis nicht verstehen konnte, was sie sagte.

  • Alanis entnahm ihrer Börse eine Münze und reichte sie der Frau. Eifersüchteleien unter Hübschlerinnen und der Versuch, sich gegenseitig auszubooten, waren für sie nichts Neues. Sie hatte in ihrer Jugend einige Zeit in entsprechenden Kreisen verbracht.


    "Abseits von - Standortproblemen, informiert mich bitte, falls Ihr auch aus anderer Richtung etwas hört. Badehaus, zum Beispiel. Ich bin meist im Hospital zu finden. Falls ich einmal nicht da sein sollte, sagt einfach einem meiner Kollegen Bescheid. - Verratet Ihr mir noch Euren Namen?"

  • Dankend nahm sie die Münze entgegen.


    "Ja, wenn ich was höre komm ich vorbei. Und mein Name ist Annegret."


    Damit war für sie die Sache erledigt und sie wendete ihren Blick wieder den arbeitenden Männern zu.

  • Alanis nickte der Frau zu und wandte sich dann ab. Die 'Flennende Flunder' - sie mußte ehrlich zugeben, dass sie nicht die geringste Ahnung hatte, wo die Kneipe lag.


    Es brauchte tatsächlich eine halbe Stunde, bis sie fand, was sie gesucht hatte.

  • "Land in Sicht!!!" ertönte es laut aus dem Krähennest. Dieser Ruf wurde mit Jubel von der Mannschaft beantwortet.


    Seit unzähligen Wochen nun waren sie fern von der Heimat gewesen und jetzt endlich hielt die Friede von Agash-Kor auf den lang ersehnten, heimatlichen Hafen zu. Ein nur mit kurzen Hosen bekleideter braun gebrannter Junge kletterte flink wie ein Wiesel in die Takelage und schien keinerlei Angst vor dem Schwanken des Schiffes zu kennen.


    Zwei Möwen saßen auf der Reling und beäugten die Seefahrer und ihre wenigen Passagiere neugierig. Zwei der rauhen Männer hopsten wie die kleinen Kinder über das Deck und grölten dabei ein Lied. Mit einem Ruf des Kapitäns hörten jedoch alle Kaspereien aprupt auf und die Seeleute hingen sich wieder in die Seile.


    Mit knatternden Segeln legte sich das Schiff in die Kurve um sicher die vorgelagerten Inseln zu umfahren. Eine Welle schwappte über die niedrige Bordwand, die nur wenige Meter über dem Wasser war und durchnässte einige der Seemänner, die dort standen.


    "Das schmeckt nach Heimat." gröhlte einer fröhlich und spuckte Meerwasser aus. Dabei schüttelte er das Haar aus, dass die Wassertropfen flogen


    Nach einer weiteren viel zu langen Stunde und einigen Maneuvern, die Leuten, die nicht ihr ganzes Leben auf dem Meer verbrachten die Haare zu Berge stehen lassen mochten, legte die Kogge an. Am Hafen wurden sie bereits erwartet.


    "Willkommen daheim, Friede!!" rief man herüber und vertäute das hinüber geworfene Tau an der Kaimauer.


    Dann wurde eine Planke ans Ufer gelegt und die Passagiere verließen das Schiff. Ein kleiner dicklicher Mann schwankte recht grün im Gesicht über die Planke. Als er einem Wunder gleich am Ufer angekommen war, beugte er sich vornüber und zollte dem Meer noch einmal Respekt. Ins Hafenbecken.

    Thankmar Rhytanian
    Botschafter Magoniens zu Montralur

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  • Froh wieder festen Boden unter den Füßen zu haben, die Schifffahrt war absolut nicht das seine, wankelte Kilian die Planke zum Steg hinunter.
    Noch war er sich unsicher wohin seine Reise gehen wird, nachdem die letzten Wochen sein Leben so veränderten.
    Er begutachtete voller Gedanken die vor Ihm gehende Leyla und hätte beinahe seine Phiolen im Meer versenkt, die er neben allerhand von Schriftrollen und Krimskrams in seinen Armen hielt und seine kleine Statur fast gänzlich verdeckten.

  • Nachdenklich schritt Leyla vor Kilian die Planke zum Hafen hinunter.


    "Das wird also meine neue Heimat sein"
    Dachte Leyla


    Angeekelt warf sie einen kurzen Blick zu dem kleinen dicklichen Mann
    hinüber der sich ins Hafenbecken übergab.
    Dann wanderte ihr Blick wieder zu dem geschäftigen Treiben im Hafen.
    Sie ignorierte erstaunte Blicke und das tuscheln einiger Leute die sie offensichtlich anstarrten.

  • Einer der Seemänner, der eine große Kiste trug, wich erst im letzten Augenblick den beiden aus.

    "Nich' stehen bleiben."
    schimpfte er und setzte die Kiste einige Meter weiter ab.


    Plötzlich piekte etwas Leyla in die Seite. Ein kleiner dunkelhaariger Junge mit schmutzigem Gesicht hatte mit spitzem Zeigefinger die Echtheit der Person vor ihm geprüft. Dass sie Widerstand bot, reichte ihm wohl noch nicht ganz aus. Mit großen, dunklen Augen schaute er kritisch zu der Elfe hoch und legte den vorher anderweitig genutzten Zeigefinger nachdenklich an die Lippen.

  • Aus dem Augenwinkel schaute Leyla hinab als sie etwas in die Seite pikste. Sie sah einen kleinen Junge mit ganz schmutzigem Gesicht und fragte sich ob wohl viele Menschen so schmutzig rumlaufen würden.


    Zunächst barsch, herrschte sie ihn an. "was denn?"


    Als der Junge erschrocken zurückwich merkte sie, dass sie wohl etwas zu grob war und setzte mit freudlicherer Stimme erneut an.


    "was ist los kleiner?"

  • Für einen kurzen Moment starrte der Junge weiter, dann füllten sich seine Augen mit Tränen und aufschluchzend nahm er Reißaus um sein Gesicht in den nicht minder schmutzigen Röcken einer Frau zu vergraben. Anklagend deutete er auf die Neuankömmlinge.


    Die Frau legte beruhigend eine Hand auf den Kopf des Jungen und schaute deutlich mißbilligend in die Richtung, in die der schmutzige Finger zeigte. Sie musterte beide von Kopf bis Fuß und verzog den Mund. Mit einem freundlichen Lächeln beugte sie sich zu dem Kleinen herunter und sagte ihm etwas. Der wischte sich darauf die Nase ab und verschwand rennend hinter einer Häuserecke. Die Frau warf dem Paar noch einen Blick zu, der wenig Gutes ahnen ließ und wandte sich dann auch um.


    "Willkommen zuhause." sagte der Kapitän trocken hinter den Beiden.


    "Magiekundiger und Spitzohr. Die Leute hier sind recht abergläubisch. Gewöhnt euch dran."


    Schon auf dem Schiff war den beiden eine gehörige Portion Misstrauen entgegen gebracht worden, gerade ihr. Einige waren grundsätzlich dagegen, Weiber an Bord zu haben. Man sagte, das bringe Unglück. Anderen war sie aufgrund ihrer Rasse nicht geheuer. Wieder andere hatten sie mit hungrigen Blicken verfolgt und zotige Scherze gemacht. Alles in allem gute Gründe die meiste Zeit unter Deck zu bleiben und nur des Nachts an Deck zu gehen, wenn Akestera die Sterne enthüllte.


    "Aber sie haben ein gutes Herz, arbeiten viel und sind mehr gewohnt, als so mancher Hinterwäldler auf der Insel. Meistens haben sie nur Angst. Wenn sie merken, dass sie nichts zu befürchten haben, wirds besser."


    Der Kapitän grinste freundlich und zwinkerte ihnen aufmunternd zu. Im Gegensatz zum Großteil seiner Mannschaft schien er offener und wissensdurstiger. Das liege wohl daran, dass er Hrayländer sei und die seien von Natur aus neugierig, hatte er mal erzählt.

  • Ein etwas untersetzter Mann mit Halbglatze, jedoch mit sehr frisch wirkendem Gesicht, trat freundlich lächelnd heran und begrüßte den Kapitän mit einem Handschlag


    "Käptn Hamasteek, willkommen zurück! Gute Fahrt gehabt?"


    "Oswald, alter Gauner. Wie immer, kaum hab' ich auch nur einen Fuß an Land gesetzt, schon zur Stelle. Glaubst wohl, ich will was an deiner Hafenmeisterei vorbeischmuggeln?" raunte der Kapitän, während er den Handschlag erwiderte


    "Aber niemals! Da müsst' auch so manch einer früher aufstehen. Weißt' ja Bescheid, die Schreiber werden sich gleich um die Ladung kümmern.". Er zeigte zu zwei Männern, die offenbar Bedienstete der Hafenmeisterei waren. Sie saßen an einem kleinen Tisch und erledigten irgendwelchen Schreibkram.
    Der Mann, den der Kapitän als Oswald angesprochen hatte, sah zu Kilian und Leyla


    "Die Fünfe zum Gruße! Willkommen in Renascân. Ihr seid nicht Teil der Crew, oder? Oder Händler mit zu verzollenden Waren?"


    Er musterte die beiden, schaute kurz zum Kapitän, der dies mit einem Kopfschütteln quittierte, und widmete sich dann wieder den Ankömmlingen


    "Ja, dann. Dann seid ihr wohl kein Fall für die Hafenmeisterei. Wartet bitte hier, bis jemand von der Garde die Einreiseformalitäten erledigt hat. Eigentlich müsste gleich jemand...wo sind sie denn? Eben waren sie doch noch..."


    Er sah sich suchend um.

  • Es war schon Abend, als Alanis vom Hospital kam und sich im Hafenviertel auf die Suche nach einer Hure namens Moira machte. Die Beschreibung war von Hennes und Dorn war nicht schlecht gewesen und mit einem Namen konnte man schon etwas anfangen. Also begann sie, herumzufragen und sich von der nahenden Dunkelheit und der seltsamen Atmosphäre im Hafenviertel nicht anstecken zu lassen.

  • Die gesuchte Person stand in einiger Entfernung an eine Wand gelehnt und spielte mit ihren Fingern an einem ihrer klimpernden Ohrringe, während sie zu einem Mann rüberblickte der unanständig grinsend auf sie zu kam. Sie setzte ein verführerisches Lächeln auf und sprach einige Worte mit dem Mann, die Alanis aber nicht verstehen konnte.

  • Alanis näherte sich und wartete, aber der Blick, der klar und intensiv auf Moira gerichtet war, sagte eindeutig aus, dass die Hübschlerin ihr Ziel war, von dem sie sich mit abbringen lassen würde. Mit der Hand tastete sie unauffällig nach dem schmalen Dolch, der in einer Lederschiene an ihrem Handgelenk verborgen war. Seit den Ereignissen in Daynon trug sie ihn immer bei sich.

  • Moira sah Alanis nicht. SIe hatte ihre Augen feste auf das Gesicht des Mannes gerichtet. Alanis konnte sehen, wie Moira dem Mann mit ihrer Hand über das Gesicht strich. Der Mann schien leise etwas zu ihr zu sagen, denn als nächstes konnte Alanis Moira lachen hören und sehen wie sie sich näher an den Mann stellte, der darafhin den Arm um Moira legte. Dann setzten sich die beiden in Bewegung und liefen los, weg von Alanis.

  • Alanis seufzte und setzte sich den beiden auf die Fersen. Als sie nahe genug war, räusperte sie sich vernehmlich.


    "Moira, ich muss Euch sprechen. Jetzt."


    Ihr Tonfall wies die Nuancen auf, die sie normalerweise auf dem Schlachtfeld anwandte.