Der singende Wald 2

  • An der Nordstraße, ein paar Minuten Fußmarsch hinter den Toren der Stadt Amonlonde, steht ein Wald.
    Auf den ersten Blick ein Wald wie jeder andere, doch auf den zweiten Blick... Kein Baum wirkt alt, auch wenn sie hoch und stark sind. Es gibt keine abgebrochenen Äste, kein Totholz auf dem Boden, das herabgefallene Laub stammt nur aus dem letzten Winter.
    Wer den verschlungenen Pfaden in sein Inneres folgt, dorthin, wo bei den rußgeschwärzten Trümmern der steinernen Grundmauern ein kleiner Teich entstanden ist, und wer dafür empfänglich ist und bereit hinzuhören, der wird im Rauschen des Blattwerks über ihm, in der Bewegung der Äste und Blätter, im Murmeln des Wassers, im Flüstern des Windes mehr hören als nur die Geräusche der Natur.
    "Hörst du...", singen die Bäume -mal deutlicher, mal schläfrig.
    "Hörst du das Rauschen, das Singen der Blätter?
    Silbriges Flüstern der Wipfeln und Höh'n?
    Ahnungsvoll murmelnde, uralte Bäume
    Singende Seele des Waldes der Träume
    Kannst du sie hören, sag, kannst du sie seh'n?"



    ...



    Die Bäume sind, nachdem der Frühling auch Amonlonde erreicht hat, innerhalb von Tagen grün geworden. Mit dem erscheinen der Blätter ist auch wieder das Lied in den Wipfeln zu hören.

    Das Problem ist nicht der Druck! Das Problem sind die Apachen!!

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  • In der Zwischenzeit haben sich einige Gestalten in grauer, beziehungsweise grau-grüner Gewandung eingefunden. Drei davon sitzen seit einigen Tagen - oder waren es schon Wochen? - scheinbar gedankenverloren und regungslos um jenen Baum an dem See, an dem das Werk der Former bereits früher begonnen worden war. Die anderen beiden befinden sich auf verborgenem Posten und behalten argwöhnisch die Umgebung im Blick.

  • Verschiedene Tiere haben begonnen, den Wald zu bevölkern. Vögel erfüllen ihn mit ihrem Gesang, der sich erstaunlicherweise irgendwie in die Melodie, die die Blätter im Wind singen, einpaßt. In der Dämmerung lassen sich am Teich im Zentrum immer wieder Rehe blicken und ein Schwanenpaar gleitet gemächlich über das ruhige Wasser.
    Seltener läßt sich eine flüchtige, helle Gestalt sehen, vielleicht ein Rehkitz, dessen heller Umriß immer nur halb verdeckt hinter Büschen oder zwischen den Felsen auszumachen ist.

  • Blattspiel manifestierte sich erst, als der Weg zum singenden Wald weit hinter ihr lag. Sie besuchte die Baumformer und überprüfte gewohnt spielerisch ihr Wirken, begrüßte Eichelhär und inspizierte den Dachshügel. Einige Zeit lies sie sich von den Erzählungen eines Wanderwaschbärs berieseln, der auf der Durchreise nach Westen einige Zeit am Teich verbrachte


    Als ihr Rundgang beendet war, sie mal hier, mal dort hin geschwirrt oder gegangen war, kletterte sie auf das einladende Wurzelwerk einer knurrigen schlecht gelaunten Eiche und lies ihre Beine in der Sonne baumeln. Ihre Efeuranken wanden sich um einen tieferhängenden Ast, die knorrigen Zehen und Finger, mit denen sie das Gleichgewicht hielt, wurden fast augenblicklich eins mit der Rinde.


    Der Waldelementar schloß die Augen, seufzte wohlig und begann zu warten...

    Pink fluffy unicorns dancing on the rainbow..dummidudidummm

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  • Kassandra findet den Weg in den Wald und zu dem kleinen Teich im Zentrum. Im Tuch trägt sie ihre kleinen Tochter, die buntkarierte Gugel ist ein Zugeständnis an die mittlerweile doch recht frischen Temperaturen. Das Kind döst vor sich hin während Kassandra langsam den Pfad entlaggeht, den Blick auf das bunter werdende Laub gerichtet.

  • Unweit des Pfades auf dem Kassandra und ihr Neugeborenes wandern scheint alsbald hier und dort ein Knarzen und Knacken hörbar zu sein. Ab und an hat man vielleicht sogar das Gefühl, dass jemand, der sich perfekt im Herbstlaub zu tarnen scheint mit mal schnellen, mal langsameren Schritten Kassandras eigene durch den singenden Wald verfolgt.

  • Woanders wäre jemand, der sie so hartnäckig verfolgt ihr wohl mehr als nur unheimlich gewesen. Doch hier, in diesen Wald, unter diesen Bäumen, schafft Kassandra es nicht sich vor irgendwas zu fürchten.
    "Komm doch her, wenn du was von mir möchtest", sagt sie schließlich freundlich, als sie, am Teich angekommen, sich auf einen der geborstenen Steine setzt.

  • "Bin doch schon da!"


    Eine zugleich glockenklare aber auch tiefe knarrige Stimme, ähnlich wie knorrige Äste, die sich im Wind wiegen antwortet ihr. Die Stimme strahlt Wärme und Leichtigkeit aus, sanfte Fröhlichkeit und Neugierde und scheint weder von hinten noch von vorne zu kommen, eher über Kassandra.

  • Kassandra blickt auf und versucht den Sprecher im Laub über ihr auszumachen. Eine Ahnung, wer das sein könnte hat sie, und die bestätigt sich als sie des Gesicht des Waldelementars über sich ausmacht.
    "Ach, du bist das." Das letzte Mal hat sie es in Lupien gesehen, aber wenn es zu Tear'asel gehört dann ist es wohl nicht verwunderlich, daß das Geschöpf den Weg in den singenden Wald gefunden hat.
    "Hallo", sagt sie also. "Wie geht es dir?"

  • Der Waldelementar sitzt auf einem etwas erhöhten Ast und lässt ihre an bewegliche Äste erinnerenden Beine ein wenig baumeln.


    "Wunderbar," es lacht leise und lässt sich zurückfallen, ganz so als würde es sich an dem Stamm anlehnen, doch im nächsten Moment ist es verschwunden.


    Nur wenige Augenblicke später blickt ein "rindiges" Gesicht mit großen braunen Knopfaugen und Efeuranken, Zweigen und Wurzeln, die wohl als Haarschopf zu bezeichnen sind, direkt in Erdbodennähe aus der Rinde des Stammes, dann schält sich der komplette Körper hervor.


    Der kindliche Blick legt sich sofort auf den Säugling.


    "Oh wie aufregend...ein...Setzling!"

  • Kassandra muß lachen.
    "Eher ein Tragling", sagt sie. "Wir sagen Baby dazu."
    Sie zieht das Tragetuch ein wenig auseinander, so daß das Gesicht des Säuglings zu sehen ist. Sehr konzentriert versucht ihre Tochter sich die gesamte Faust in ihren Mund zu stecken.
    "Kannst du durch den Baum laufen?", fragt die Schankmaid dann neugierig.

  • Der Waldelementar nickt nur und dann sieht man eines der Blätter aus seinem Kopfgeflecht, dass einen zarten Goldton angenommen hat, zu Boden fallen.


    "Essen Menschenkinder immer ihre Fäuste?"


    Nur einen Moment später ist der Waldgeist ebenso bemüht seine knorrige kleine Faust in der Öffnung, die einem Mund ähnlich ist, verschwinden zu lassen, die braunen Knopfaugen immer noch auf das Kind gerichtet.

  • Als Kassandra ihr fast nebensächlich erzählt, wie sinnlos der Versuch ist ihre Faust zu schlucken, lässt sie ihr Tun mit einem kurzen trotzigem Gesichtsausdruck. Auf die Aussage mit dem Herbst hin, schaut sie zu ihrem Kopfgeflecht hinauf und pustet ein Blatt zur Seite, dass ihr frech in die Stirn hängt.


    "Man wird immer ganz kahl, Frühling steht mir besser."


    Dann grinst sie und sackt im Schneidersitz zu Boden, direkt neben Kassandra und ihrem Kind, nur um mit engelsgleicher Miene zu beiden hinauf zusehen. Dann schnattert sie los.


    "Die Alten sagen, du bist Kassandra, deine Stimme weckt sie und lässt sie schlafen. Die jungen Setzlinge halten das natürlich für ein Gerücht aber du belehrst sie auch dieses Lauf eines Besseres nicht wahr?"

  • "Sagen sie das?", fragt Kassandra, nachdem sie die Ausdrucksweise des Elementars für sich übersetzt hat.
    "Ich hatte gehofft sie würden dieses Jahr von alleine in den Winterschlaf finden." Sie klingt ein wenig unglücklich. "Immerhin lassen sie diesmal zu, daß ihre Blätter gelb werden..."
    Sie schaut auf den kleinen Waldgeist hinunter und muß jetzt wieder lächeln. Wie ein Kind...
    "Im Frühling bist du sicher besonders hübsch..."

  • "Ich will ja nicht übertreiben aber die Ebereschen schlage ich baumhoch!", gibt sie mit einem Zwinkern zu verstehen und trapiert sich dabei einige noch grüne Blätter in ihrem Haargeflecht. Ihr Ton lässt vermuten, dass sie das ganze nur insofern ernst nimmt, als das ihr Blick zu einigen Vogelbeerbäumen unweit ihrer Sitzgelegenheit schweift und dabei kurz triumphal wirkt.


    "Was die Knarreichen und die Krummbuchen angeht, nein, die werden sich nicht freiwillig schlafen legen, die halten Frühling, Sommer und Herbst zu kurz und beraten über eine Verlängerung der Jahreszeiten."


    Mit diesen nur gewöhnungsbedürftig logischen Worten lässt sich das Elementar zurück fallen und landet mit dem Rücken im Gras, die rindigen Hände hinter dem Kopf verschränkend.


    "Wirst du also wieder singen?", fragt sie mit neugierig wirkendem Gesichtsausdruck in Kassandras Richtung.

  • Nach dem was der Waldgeist sagt wird sie das wohl müssen... Na, erst mal sehen, wie weit die Bäume ohne ihre Hilfe kommen.
    "Möchtest du, daß ich singe?" Sie lächelt.
    Das Baby im Tragetuch nimmt die Faust aus dem Mund. "Hai hai!"

  • Der Waldelementar neigt seinen Kopf zur Seite und sieht Kassandra einige Augenblicke stumm aus ihren tiefbraunen Augen an.


    "Wäre es denn wirklich deine Aufgabe?"


    Ihre Stimme scheint für einen Moment alle kindliche Unschuld verloren zu haben und wirkt seltsam erwachsen und ernst.

  • Kassandra erwiedert den Blick des Elementars.
    "Wenn du so fragst; ja, natürlich ist singen meine Aufgabe. Ich bin Bardin... Und solange sie mich brauchen, bin ich für sie da."
    Sie zuckt die Schultern und schaut hoch in die Wipfel.
    "Natürlich werde ich das nicht für immer tun können."

    Das Problem ist nicht der Druck! Das Problem sind die Apachen!!

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  • Der Waldelementar folgt dem Blick der Bardin in die Baumkronen. Kurz fängt sich Sonnenlicht, strahlend und hell in seinen Augen.


    "Es ist nicht deine Aufgabe, dich um den Schlaf des singenden Waldes zu kümmern."


    Dann seufzt es leise und murmelt vor sich hin.


    "Ich hab Mutter gesagt, dass das Geschenk zu leichtfertig vergeben ist aber sie lässt in solchen Sachen nicht mit sich reden, stur wie ein Mammutbaum!"