Das Meer - Zwischen Magonien und anderswo...

  • Die Expedition versuchte so schnell wie möglich das alte verfallene Gehöft hinter sich zu lassen und damit auch die Erinnerungen, welche sie damit verbanden. Jedoch verfolgte die Meisten das Erlebte noch viele Tage, denn manche Bilder saßen einfach zu tief und erschienen sogar bei Nacht in den Träumen. Teldrons Zorn auf Alanis verflog, sehr zur Erleichterung der Elementarklerikerin, die ihre Verunsicherung über die Begegnung mit den magonischen Göttern vor niemandem, der sie gut kannte, vollends verbergen konnte.


    Die Reise führte die Gruppe, die vor einigen Tagen aus Renascân aufgebrochen und nun in einem völlig anderen Landstrich erschienen war, nach Osten in die Ebenen Tempturiens und dort trennte sich die Wege der unfreiwillig Zeitreisenden. Der große Teil der Gruppe wollte schnellstmöglich das Land verlassen und zog weiter nach Norden nach Maranaka, um von dort zum Festland über zusetzen.


    Alanis und Damorg hingegen zog es Richtung Süden nach Lorenien. Die Tage waren unbeschwert, im Vergleich zu dem was sie die letzten Wochen erlebt hatten. Die Reise führte sie durch viele kleine Dörfer entlang der Ebene, hin und wieder waren alte verlassene, abgebrannte Höfe und Ruinen zusehen, welche an den vergangene Krieg mahnten und damit auch an das Erlebte. Doch vielerorts spürte man die Zuversicht und Hoffnung der Menschen in eine bessere Zukunft. Hin und wieder wurde Damorg gebeten, einen Gottesdienst zu halten und diesen Ersuchen kam er gerne nach. Alanis nutzte hingegen die Gelegenheit, nach und nach die Schreine der verschiedenen Götter zu besuchen, die auf dem Weg lagen - hatte sie doch versprochen, jenes Geld, das Rumpumpel dem magonischen Soldaten in der Vergangenheit aus der Tasche genommen hat, der Kirche zu spenden. Auch um die Nachsorge der Verletzungen, die Damorg und sie in den zahlreichen Kämpfen erlitten hatten, kümmerte sich Alanis persönlich. Die große Brandwunde am Hals, die von ihrer ganz persönlichen Begegnung mit dem Pantheon der Magonier berichtete, heilte zu ihrer Freunde recht gut ab. Wenn ihr die Tatsache, dass sie einige Finger der linken Hand nicht mehr richtig bewegen konnte, Kummer bereitete, so zeigte sie es nicht. Damorg konnte seine Hand zwar nach einigen Wochen wieder bewegen, doch das Gefühl und die Schmerzempfindlichkeit kehrten nicht zurück.


    Der Herbst zeigte sich von seiner schönen Seite, es gab viele sonnige und auch warme Tage die nur selten von etwas Regen oder Gewittern abgelöst wurden. Doch die Nächte wurden kalt, und so waren die beiden doch sehr unterschiedlichen Priester froh, als sie zur großen Handelsstraße kamen, die am verbotenen Wald entlang in Richtung Rokono führte. Dort gab es viele Gasthäuser, in die man einkehren konnte, so dass sie nicht mehr die Nächte in Scheunen oder gar unter freiem Himmel verbringen musste. Während all der Zeit entwickelte sich zwischen den beiden, wie zwischen allen Menschen, die ihre Tage miteinander verbringen, eine tiefe Verbundenheit, in die sich jedoch gleichzeitig vorsichtige, abwägende Distanz mischte, die sich aus vielerlei Gründen nicht überwinden ließ. So waren dann auch in dieser Hinsicht jene Gasthäuser mit ihren getrennten Zimmern mehr als willkommen.


    Nach einigen Woche auf Reise erhob sich am Horizont in der Abenddämmerung Rokono und bot einen atemberaubenden Anblick. Es waren viele kleine Türmchen und große Gebäude zu erkennen, welche sich gegen die Sonne abzeichneten. Dahinter erstreckte sich in den letzten Strahlen der Sonne funkelnd das Meer. Damorg und Alanis verbrachten einige Tage in der Stadt, schließlich gab es hier viel zu erleben, nicht umsonst war sie in ganz Magonien bekannt für die prächtigen Feiern, die hier stattfinden. Alanis nutzte die Zeit, um einkaufen zu gehen und sich um die Vorbereitung der anstehenden Abreise zu kümmern, vor allem aber genoss sie es, die Annehmlichkeiten einer größeren Stadt genießen zu können. Auch die Oper, ein altes und prunkvolles Gebäude besuchten Alanis und Damorg, so wie er es ihr – wenn auch ein wenig widerstrebend - versprochen hatte. Die Magierflöte war ein klassisches Stück mit großem Bühnenbild und einer großartigen Leistung der Sänger und Schauspieler. Am darauf folgenden Tag schickte Damorg einen Boten in Richtung Nord-Osten in das Gebirge Kapals Tränen. Bei dem Brief, den er ihm mitgab, handelte es sich um einen Ersuch bezüglich der Gründung eines Kapal-Tempels in Renascân.


    Bald darauf verließen die beiden Kleriker schließlich die Insel, um nach Renascân zurückzukehren. Ihr Schiff legte in der Felswerft von Rokono ab, einem Hafen an einer Steilwand. Die Kontors und Lagerhäuser waren in und an die Steilwand gebaut und erinnerten damit mehr an Schwalbennester denn an richtige Häuser. Die verschiedenen Ebenen waren mir Treppen, Leitern und Fahrstühlen verbunden. Der Geruch des Meers lag in der Luft und die Möwen kreisten über ihren Köpfen. Ein Anblick der wohl einmalig war.

    Ich hab keine Neurose, es ist nur.. TRITT NICHT AUF DIE FUGE!!!!

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  • Alanis, die auf Seereisen eh die meiste Zeit an Deck verbringt, steht auf dem Achterdeck des kleinen Handelsseglers, auf auf die Reling gestützt, das Kinn in den Händen, und hofft, den magonischen Seeleuten, die bei der Ausfahrt aus dem Hafen immer mehr Tuch setzen, nicht allzu sehr im Weg zu stehen. Das Gepäck hat sie in das Zwischendeck mit den Mannschaftsquartieren gebracht, in dem für die wenigen Reisenden an Bord, die für die Überfahrt mit klingender Münze zahlen, mit großen Tüchern kleine Alkoven abgespannt sind, in denen jeweils eine Hängematte angebracht ist. An einem Balken hat sie gemäß der Anleitung des Maats ihren Rückenkorb gut vertäut und seefester gemacht, als sie selbst es jemals sein wird.



    Alanis Blick schweift über die langsam in der Ferne verschwindende Silhouette des Hafens und nimmt jedes Detail auf. Es ist ein schöner Tag, der Wind weht stetig von Land und das Schiff gewinnt schnell an Fahrt. Sonnenschein und leichte Gischt treffen auf ihre Haut und prickeln auf den frischen Narben auf ihren Armen und am Hals. Ein nachdenkliches Lächeln liegt auf ihrem Gesicht.

  • Damorg kommt aus der Kajüte des Kapitäns und geht langsamen Schrittes zu Alanis an die Reling. Er stellt sich neben sie und lässt ebenfalls seinen Blick über das Meer schweifen. Er lässt einige Augenblicke vergehen. Man konnt anhand des Blickes und des Gesichtsausdruckes erkennen, das es ihn schmerzte seine Heimat so schnell wieder verlassen zu müssen. Doch in Renascan wartete man auf seinen Bericht und in seinem Gepäck befanden sich immer noch einige Gegenstände aus dem Haus des Nekromanten, die er loswerden wollte.



    "Der Kapitän sagt wir brauchen etwa 25 Tage, wenn uns Akestera wohl gesonnen ist."


    sagte er kurz, wohl nicht sonderlich begeistert von dieser Gegebenheit.

  • Alanis wendet erst den Kopf, als Damorg sie anspricht und mustert ihn kurz. Auf das Näherkommen seines inzwischen sehr vertrauten Schrittes hin hat sie sich noch nicht einmal mehr umgewendet, so gewöhnt ist sie inzwischen daran, ihn um sich zu haben. Auch das gemeinsame Schweigen fällt ihr inzwischen deutlich leichter.


    "25 Tage. Ohjeh." Sie verzieht das Gesicht und schüttelt resigniert den Kopf. "Wenn Du mich bisher noch nicht von meinen schlechtesten Seiten gesehen zu haben glaubst- dann wirst Du das sicherlich bald tun."


    Sie seufzt leise und heftet den Blick wieder auf das verschwindende magonische Festland.


    "Hast Du auch das Gefühl, daß trotz all der kleinen Erfolge, die wir in der Vergangenheit errungen haben, etwas Grundsätzliches furchtbar schief gegangen ist?"

  • Damorg musste grinsen als sie von ihrer schlechtesten Seite sprach.


    "Ich glaube die Götter hatten uns nicht ohne Grund in diese Zeit an diesen Ort gebracht. Wir hätten das Böse an seiner Wurzel packen können um es so zu vernichten, oder es stark zu schädigen. Ich glaube nicht das wir das geschafft haben. Aber wie du gesagt hast wir haben auch ein paar kleine Erfolge errungen, die Frage ist nur um welchen Preis."


    Sein Blick wanderte vom Meer zur Bordwand unter ihm. Sie erinnerte ihn an einen Abgrund der sich vor ihm auftat.

  • Alanis wischt sich energisch ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht, die der Wind hineingeweht hat und weicht ein wenig in Damorgs Nähe aus, als ein Matrose neben ihr ein Seil über eine Rolle zieht und es an der Reling verknotet. Ihre Stimme bei der Antwort ist leise genug, dass die Matrosen ihre Antwort nicht hören können.


    "Nur wo war der Punkt, an dem wir hätten zugreifen sollen? Ich habe ihn nicht gesehen."


    Unzufriedenheit spiegelt sich auf ihrem Gesicht.


    "Dieser Herr der Zeit - was für eine Rolle hat er gespielt? Die Zeit ist doch Deinen Göttern untertan, oder nicht? Warum hat er uns nicht mehr Zeit gelassen, wenn es doch der Wille Deiner Götter war, daß wir handeln - und Erfolg haben?"

  • "Wir haben etwas übersehen, die Frage ist nur was. Vielleicht lässt sich aus den Tagebucheinträgen noch etwas herausfinden, außerdem fehlen einige Seiten die im Haus nicht auffindbar waren. Aber ich bin genauso ratlos wie du."


    Damorg wischte sich einmal mit der Hand von oben nach unten über das Gesicht und verweilte dabei kurz über seinen Augen.


    "Vielleicht war es auch nicht der Wille der Götter das wir dort waren, sondern nur eine Falle von Egidius, der wir mit Mühe und Not entkommen sind. Ich weiß es nicht."


    Er schüttelte den Kopf etwas verloren.

  • "Ich lasse ungerne Orte zurück, an denen solche Dinge nicht geklärt sind. Diesen Fehler habe ich schon einmal an einem anderen Ort gemacht und wiederholen werde ich ihn nicht. Versprich mir bitte, mir eine Nachricht zukommen zu lassen, falls sich wieder etwas tun sollte, ja?" Sie blickt ihn durchdringend an. Große Ernsthaftigkeit liegt in ihrem Blick und auch Sorge flackert dort.

  • "Wir werden erst einmal warten müssen wie es zur Zeit in Renascan ausschaut. Bis wir dort ankommen, sind mehr als zwei Moante vergangen. Aber ich werde dir sicherlich eine Nachricht zukommen lassen, falls sich etwas in diesem Bezug ereignen sollte."


    Er erwidert ihren Blick und dieser ließ keinen Zweifel daran aufkommen, das er die Warheit sprach.

  • "Und tu mir bitte den Gefallen und denk nochmal über Dein persönliches Verhältnis zu magischen Heilungen nach" , setzt sie hinzu und ein Lächeln blitzt in ihrem Gesicht auf. "Das würde in manchen Situationen meinen Pulsschlag ungemein beruhigen." Als sie die Worte ausspricht, ist ihr anzumerken, dass sie versucht, das Anliegen humorvoll zu formulieren, aber dennoch noch etwas Anderes, Unausgesprochenes hinter ihren Worten liegt.

  • "Ich möchte das nicht, jede Wunde die mir geschlagen wird habe ich selbst zu verschulden also trage ich die Folgen. Außerdem glaube ich nicht das Kapal es zulassen würde. Nur wenn die Götter selbst mir ihre Gunst erweißen und mich von dem Schmerz befreien wollen, kann ich diesem Schicksal entgehen."


    Es ist deutlich zu spüren das die Worte ernst gemeint sind und Damorg in diesem Fall keinen Humor versteht.

  • Alanis öffnet den Mund, um dagegen zu argumentieren, doch sie besinnt sich anders. In der vergangenen Zeit haben sich die Unterschiede in ihrer beider Glaubensrichtungen und ihren Wesensarten sehr deutlich gezeigt und sie weiß, an welchen Punkten sie bei Damorg mit Argumenten nicht weiterkommen würde. Als nickt sie schließlich knapp, wenn auch sichtlich widerstrebend.


    "Tja" , sagt sie dennoch leise und es klingt traurig, wenngleich sie ihre Gesichtszüge gut unter Kontrolle hat, als sie wieder auf's Meer hinaus blickt. "Das ist wohl der größte Unterschied zwischen Dir und mir. Du glaubst daran, dass Schmerz und Strafe sein müssen - und ich glaube an Linderung und Vergebung."

  • Auch Damorgs Blick wanderte wieder auf das Meer, doch es war mehr ein Starren, als ein Beobachten. Er musste schlucken. Die Worte traffen ihn, sie hatte in wenigen Augenblicken das formuliert, was ihn seit Wochen aufgefallen war und belastete. Er atmete tief durch bevor er wieder anfing zu sprechen.


    "Du selbst zahlst mit Blut und Schmerz für deine Taten, die Narben an deinem Körper sind die Zeugen. Aber anderen möchtest du es ersparen. Ein Widerspruch, aber vielleicht ist es genau das was dich so besonders macht."

  • "Ich liebe die Menschen" , gibt Alanis nach einem kleinen Moment des Schweigens zurück. Sie verschränkt die Arme auf der Reling und ihre Finger schließen sich um das salzgetränke Holz. "Und ich glaube, daß jeder die Möglichkeit verdient, ohne Schmerz und mit sich selbst im Reinen leben zu können. Denn Leben ist nun einmal der Mittelpunkt meines Glaubens. Und selbst der, der Böses will, verdient die Möglichkeit, sich zu ändern." Traurig schlägt sie die Augen nieder. "Der Soldat im Wald, der uns mit seinen Leuten in den Rücken gefallen ist - ja, er wollte uns schaden. Aber er wußte es nicht besser. Ich habe ihm angeboten, ihn zu heilen und er wollte mich erstechen. Nenn mich naiv, aber ich habe ihn dennoch so liegen lassen, dass er seine Verletzung und seine Ohnmacht überleben konnte." Sie schluckt trocken. "Vielleicht mache ich das auch alles auch nur, weil mir bereits so viele Fehler vergeben worden sind." Nachdenklich tastet sie nach der Brandnarbe an ihrem Hals.

  • "Ich sage nicht das wir den Soldat im Wald hätten verbluten lassen sollen. Doch hätten wir ihn mit der Hilfe der Götter oder der Elemente geheilt, dann würde er beim nächsten mal das gleiche tuen. So wird er sich das nächste mal überlegen, ob er einen Konflikt aus dem Weg geht, wenn ihm sich die Möglichkeit dazu bietet. Weil er weiß, wie er enden kann. Und ich glaube was deine Fehler betrifft hast du genauso dafür bezahlt wie ich für meine."


    Seine Worte klingen hart und zornig, als er über den Soldaten redet. Damorg wirft einen letzten Blick zu den Möwen am Himmel, welche immer weniger werden, da sie dem offenen Meer immer näher kommen.


    "Entschuldige bitte."


    Er wollte seinen Arm um ihre Schulter legen, doch wie bereits so häufige male zog er seinen Arm mitten in der Bewegung zurück.

  • Inzwischen an die vielen kleinen Gesten zwischen ihnen gewöhnt, die eine Hilflosigkeit ausdrücken, die sie wohl beide auf die gleiche Art empfinden mochten, seufzt Alanis leise und beschließt, über ihren Schatten zu springen.


    "Nicht" , sagt sie leise und recht eindringlich, den Kopf zu Damorg geneigt. Demonstrativ blickt sie dann in der Hoffnung, dass Damorg ihren Wink versteht, zu den Angehörigen der Freiwache, die auf dem Deck herumlungern, Karten spielen und angeln. Ein paar der Männer und Frauen interessieren sich durchaus für die Anwesenheit eines Kapal-Priesters auf dem Schiff und werfen hin und wieder einen Blick zu ihnen hinüber. "Das wird Dir nur schaden."

  • Damorg fühlte sich ertappt und legte in einer recht zügigen Bewegung beide Hände auf die Reling.


    "Das Leben eines Priesters."


    sagte er leise


    "Immer ruhen die Blicke andere auf einen.


    Sein Augen hatte er auf seine Hände gerichtet, die sich mittlerweile mit viel Kraft um das Holz schlossen. Seine Wangenknochen traten hervor.