Der Tempel Kapals

  • "Von was für einem Schlag, denkt Ihr, sind wir denn?" Das klang ein wenig keck und Lira erkannte es in dem Moment, in dem es ausgesprochen war. Sie senkte ein wenig den Kopf, musterte Damorg dennoch fragend. Die Eröffnung mit dem anderen Novizen gab ihr zu denken und vor allem Grund zur Freude. Sie mochte es, sich mit anderen Novizen zu messen - und jedliches Maß, das angelegt wurde, zu übersteigen.

  • "Jenen die Kapals Weg folgen, egal wohin er uns führt. Für uns ist der Preis den wir dafür zahlen und die Mittel die wir dafür wählen zweitrangig. Zumindest schätze ich dich so ein. Pius beruft sich mehr auf die schaffende Kraft des Feuers."


    Damorgs Worte waren ernst und er lies keinen Zweifel daran, das er jenen Prinzipien selbst Folge leistete.

  • Die Novizin zögerte sichtlich einen Moment, dann nickte sie, den Blick wieder hebend.


    "Da habt Ihr Recht. Das ist der Weg, den ich ich meinem Kloster als den für mich Richtigen erkannt habe."


    Die von Waffenübungen rauen Hände und die schlanke, sehnige Gestalt der jungen Novizin, die zweckmäßige Kleidung und ihre manchmal schroffe Art sprachen ihre eigene Sprache.


    "Auch Gorwin glaubt an die schaffende Kraft des Herrn Kapal, aber ich denke, er kann auch unseren Weg gut verstehen, weil er ihn schon lange Jahre gegangen ist", setzte sie dann, ein wenig nachdenklich, hinzu.

  • "Ja das denke ich auch. Er ist ein guter Mann und ich bin den Fünf dankbar, dass er hier ist. Seine Erfahrung ist nicht aufzuwiegen."


    Damorg überlegte kurz und sprach dann etwas bedächtiger weiter.


    "Das soll übrigens nicht heißen, dass ich nicht auch die schöpfende Kraft des Feuers rehre. Alle Aspekte Kapals sind mir heilig. Nur haben mich auf meinem Weg meist die anderen begleitet."

  • Damorg nickte leicht resigniert und murmelte die nächsten Worte mehr für sich selbst, als für Lira, aber wahrscheinlich konnte sie, sie dennoch verstehen.


    "Ja mein Tempel -."


    Sein Blick der kurz leicht abwesend war, erwachte plötzlich aufs Neue.


    "Und sag Du zu mir, bitte."

  • "Wenn du diese Zeit brauchst. Ich fühle mich sonst so alt."


    Der Priester zuckte mit den Schultern.


    "Und Respekt wird durch andere Dinge deutlich, als Anreden und Titel."

  • Die Novizin schaute ein wenig verdattert, als er das Wort 'alt' aussprach. Für einen Moment ruhte dann ihr Blick auf der Narbe, die seine Wange verunstaltete. Sofort korrigierte sie sich in ihren Gedanken und ersetzte das Wort 'verunstaltete' durch 'zierte'. Dann nickte sie wieder.


    "In meinem Kloster wurde darauf sehr viel Wert gelegt", erklärte sie dann. "Respekt liegt in Wort und Tat, hat der Kestor immer gesagt - aber ich muss zugeben dass mir das Tun immer leichter fiel als das sprechen." Ein entschuldigendes Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, so als wäre es schon oft passiert, dass sie dieses Manko zugeben mußte.

  • "So ist es, wie du sagst, in Wort und Tat. Aber nicht in Name und Titel. Auch wenn man diesen vielen Leten besser nicht verwehren sollt."


    Er zuckte mit seinen Schultern.


    "Wichtig ist nur, dass man dies nie vergisst. Auch wenn das Feuer Kapals noch so heiß in einem brennt und der Zorn sich seinen Weg bahnt. Sonst kann die Strafe auf dem Fuß folgen."


    Der Priester fuhr sich mit der linken Hand über das Kinn und die linke Wange. Als er die Narbe spürte zog er die hand wieder zurück.

  • Durchdringende, blaue Augen verfolgten die Geste. Ob es einen Zusammenhang gab zwischen der Bewegung und dem, was er sagte? Dann senkte sie den Blick von seinem Gesicht und bemühte sich, woanders hinzusehen.


    "Was ist das denn für ein anderer Novize?", fragte sie schließlich, um auf einigermaßes sicheres Terrain zurückzukommen. Ihre Schultern versteiften sich für einen Moment in der Erinnerung an die Rivalitäten in ihrem Heimatkloster.

  • "Er kommt nicht aus Magonien. Er hat seinen Weg zu den Fünf erst später gefunden und ist Kapal sehr verbunden. Aalok ist sein Name."


    Er grübelte kurz, was er Lira noch über den Mann erzählen konnte.


    "Seit dem er hier angekommen ist, leistet er seinen Dienst in der Garde, dort hat er schon einige Erfahrungen sammeln können, auch auf Reisen in fremden Ländern. Und er ist eigentlich nen ganz Netter Kerl, auch wenn ihn viele für einen Ar.... halten."


    Ein Schmunzeln spielte um seinen Mund, bei seinen letzten Worten.

  • "Da bin ich mir sicher. Etwas Konkurenz wird ihm sicherlich nicht schaden. Aber verschrecke ihn bitte nicht."


    Zwar hatte die meiste Zeit ein Lächeln oder ein Schmunzeln auf Damorgs Lippen gelgen, doch nun musste er zum ersten mal lachen, seitdem er mit Lira sprach.


    "Ich bin sehr gespannt darauf wie du dich machen wirst. Wie steht es im Kampf mit einer Waffe bei dir?"

  • "Versprochen. Ich werde nett sein."


    Lira musste grinsen und entspannt sich etwas. Es fiel ihr zugegebenermaßen schwer, in jemandem, der ihr nur so wenige Jahre voraus hatte, dieselbe Autorität zu sehen wie in dem Kestor, dem sie vor 7 Jahren von ihrer Familie übergeben worden war. Bei der Frage nach den Waffen hellt sich ihre Miene, die sich kurzzeitig nach einmal verdüstert hatte, auf.


    "Ich bin am Schwert und Streithammer ausgebildet", erklärte sie und schien ein kleines Stückchen zu wachsen. "Und ganz schön aus der Übung."

  • "Auf dem Schiff gab es wohl nicht die Möglichkeiten."


    Damorg warf einen Blick durch eines der schmalen Küchenfenster um die Uhrzeit abschätzen zu können.


    "Und hier warten zunächst viele andere Aufgaben. Mach den Abwasch fertig und dann komm vor an das Portal."


    Der Priester drehte sich bereits wieder in die Richtung der Tür, hielt aber noch einmal inne.


    "Streithammer? Oder Streitkolben? Du meinst doch sicherlich keinen der zweihändig geführt werden musss?"


    Etwas Unglauben shwang in den letzten Worten mit.

  • "Nein, natürlich nicht", gab sie auf seine letzte Frage verdutzt zurück. "Ich habe einen für eine Hand- für einen Großen habe ich noch nicht genug Kraft."


    Lira sagte das so, als wäre es eine Selbstverständlichkeit, dass Frauen schwere und lange Waffen genauso gut führen konnten wie ein Mann und dass die Tatsache, dass sie es nicht konnte, fast einem persönlichen Versagen gleichkam. Sie nahm einen Topf von der Anrichte, in dem sich der schwarz verkohlte Rest des Versuchs befand, ein Essen zuzubereiten.


    "Ich bin gleich fertig mit dem Spülen und komme dann", versprach sie.

  • Damorg ging durch die große Halle an der Feuerschale vorbei und verlies den Tempel durch das Portal. Growin verabschiedete er freundlich, nachdem er einen flüchtigen Blick auf seine Arbeit geworfen hatte.


    Mit etwas Abstand wartete der Priester auf der Straße vor dem Tempel.

  • Nach einer Schrubborgie mit Sand, einem Lappen und einem arg gebeutelten Topf war dieser endlich soweit, dass in ihm wieder gekocht werden konnte. Wohl dann aber von einer begabteren Person als ihr. Lira räumte ihn weg, wusch sich die Hände und verließ dann die Küche. Mit den für sie typisch schnellen Schritten, die so aussahen, als würde sie jeden Moment anfangen zu rennen, durchmaß sie den Tempel und stand wenig im Portal des Tempels, das noch immer geöffnet war, weil Gorwin noch immer an den Scharnieren arbeitete.


    Lira sah sich um, entdeckte Damorg und stutzt kurz. Dann trat sie aus dem Tempel und kam auf ihm zu.

  • "Alles fertig? Dann können wir ja los."


    Der Priester nickte mit seinen Kopf in die Richtung der Unterstadt.


    "Nutzen wir noch das letzte Licht des Tages."


    Seine Füße setzten sich bereits in bewegung.