Das Präfekturgebäude (4)

  • "Nicht tragbar. Im Grunde gäben wir der daynitischen Armee - nicht nur Thalion sondern jedem Offizier des Heeres - die Mittel in die Hand, unsere Leute zu sanktionieren, ohne dass wir etwas dagegen tun könnten. Treten sie dieser Armee bei, sind uns in jeder Hinsicht die Hände gebunden. Wir könnten noch nicht einmal Rechenschaft fordern, sollten sie auf eine Weise sanktioniert werden, die nicht magonische Zustimmung hat. Es wäre eine Möglichkeit die Weisung zu umgehen, dass wir nicht in externe Kriege einzugreifen haben. Es wären nicht "wir", die dort kämpfen, sondern Angehörige einer anderen Armee, deren Herkunft zufällig magonisch ist."


    Wenn es nach ihr ginge, würde kein einziger der Gardisten sich dieser Forderung beugen. Leute aus der eigenen Armee heraus ziehen um sie einem Unbekannten für eine Mission zu unterstellen, die ähnlich vage war? Vor dem Gedanken, möglicherweise tatenlos zusehen zu müssen, wie jemand mit unsinnigen Aktionen ihre Leute verbrannte, grauste ihr. Sie wusste nicht, ob sie sich in einer solchen Situation diesem Befehlshaber beugen würde. Dieser Thalion war ihr freundlich erschienen. Gutmeinend. Viel zu gutmeinend. Sollte es daran gehen, dass man Leute opfern musste für diese Sache, dann würde er davor zurückschrecken. Dessen war sie sich sicher. 'Würdest du doch auch.' flüsterte es leise in ihrem Inneren. Energisch schob sie diese Stimme zur Seite.

  • Ashaba wiegte nachdenklich den Kopf hin und her.


    "Schwer zu sagen. Die meisten mindestens mit Stirnrunzeln. Sie müssten in fremden Farben unter fremder Flagge kämpfen für eine Sache, die nicht die ihre ist. Das würde die Moral untergraben. Zumal dann ein Korporal oder Sergeant von hier ihnen in diesem Heer wieder gleich gestellt wäre. Theoretisch. Praktisch würde das keiner der Gardisten..."


    sie machte eine kurze Pause.


    "... ausnutzen. Sie sind loyal diesem Land gegenüber, ihrer Truppe und ihren Vorgesetzten. Bei einer solchen Mission würde man ihnen zumindest symbolisch alles drei nehmen.
    Söldner für diese Mission wären eine Lösung. Es wäre nach wie vor ein Hilfsdienst im Namen Magoniens, so wir diese Söldner anwerben und entsenden. Der Vorteil: Söldner sind politisch neutral. Ob sie das noch immer sind, wenn es magonischer Sold ist, den sie beziehen, ist die Frage. Das erforderliche zeitweilige Eintreten in das daynitische Heer würde der Präfektur aber zumindest einige Münzen zusätzlich kosten."

  • Der Procurator nickte


    "Gut. Das reicht mir als Einschätzung. Ich habe bereits Rücksprache mit dem edlen Herrn Veit sowie den beiden anderen Exzellenzen gehalten. Noch ist diese Angelegenheit geheim, aber in Anbetracht unserer Handelsbeziehungen ist es nur eine Frage der Zeit, bis die ersten Gerüchte auftauchen werden.


    Eines steht fest. Wenn wir die Garde entsenden, dann wird man wieder den bewährten Status 'Militärbeobachter' tragen. Die Bewaffnung dient...selbstverständlich...nur dem eigenen Schutz. Ich denke, wir verstehen uns. Eine Unterstellung unter daynitischen Befehl kommt nicht in Frage, gleichwohl würden wir der Expeditionsführung natürlich eine konstruktive und freundschaftliche Zusammenarbeit zusichern, falls eine Gefahrenlage es erfordert, dass wir militärisch aktiv werden. Solange die Führung umsichtig agiert, und davon will ich doch ausgehen, ziehen wir natürlich mit. Es muss aber klar sein, dass dies aus freien Stücken geschieht, nicht aus formeller Unterordnung.


    Was den Eintritt in die daynitische Armee angeht, das ist völlig undenkbar. Weder mittelfristig, noch übergangsweise, noch einen einzigen Tag werde ich dulden, dass renascâner Gardisten in eine andere Armee eintreten, auch wenn es sich dabei um eine befreundete handelt, die für eine gute Sache streitet. Solch eine Einschreibung ist ausgeschlossen. Dies werde ich Thalion auch so mitteilen müssen. Ich hoffe doch sehr, dass man sich angesichts der Umstände besinnt, denn bleibt es bei solchen Vorgaben, dann ist eine Teilnahme der Garde schlicht nicht machbar. Dann kommen womöglich Söldner ins Spiel, aber noch sind wir nicht so weit.


    Um ehrlich zu sein bin ich sehr verwundert, dass ein derartiger Plan auf dem Convent nicht zu heftigen Irritationen geführt hat. Es wäre keine Hilfe mehr auf Augenhöhe. Aber gut, andere Länder, andere Vorstellungen von Diplomatie. Sicher, vielleicht hätte es die ein oder andere positive Auswirkung auf die Moral vor Ort, aber die dadurch beeinträchtigte Moral unserer Leute wäre ein ungleich höherer Preis. Bei anderen Truppen dürfte das nicht viel anders sein. Nein, das kommt nicht in Frage."


    Er macht eine ablehnende Handbewegung


    "Wie auch immer, wenn also derartige Gerüchte auftauchen sollten, dann erwarte ich von euch, dass ihr diese im Keim erstickt. Entschieden und rasch."

  • Ruhig hörte Ashaba zu, nickte an einigen Stellen zustimmend.


    "Sehr wohl, Exzellenz."


    bestätigte sie dann. Kurze Zeit später verließ sie das Präfekturgebäude. Auf dem Weg in die Unterstadt sah man sie öfter mal ungläubig den Kopf schütteln.

  • Tage später


    Ein Bote betrat die Schreibstube des Procurators und übergab eine Depesche, der sich Emerald, sobald er alleine war, sofort widmete


    "Thalion..." murmelte er "...Daynon also..."


    Er vertiefte sich in das Schreiben und sein Gesichtsausdruck verfinsterte sich. Er sah eine Zeit lang aus dem Fenster, las noch einmal nach, dann warf er das Schreiben ärgerlich auf seinen Tisch


    "Der Kronrat...wenn Stolz zur Vermessenheit wird! Ein Tauross würde klügere Diplomatie betreiben." schnaubte er. "So viel gilt also mein Wort? Warum nicht noch gleich ein Brandzeichen für alle Teilnehmer? Das ist ein Affront. Erneut. Sie haben nichts, aber auch nichts verstanden."


    Eine Zeit lang saß er da und blickte finster drein. Schließlich rief er einen Bediensteten


    "Schickt nach seinen Exzellenzen, dem Präfekten und der Procuratorin. Und auch nach dem edlen Herrn von Saarweiler. Jetzt." befahl er ihm in einem für ihn ungewöhnlich schroffen Tonfall.

  • Viele Wochen später...



    Aegon betritt den Vorraum. Nach wenigen Nachfragen, hat er das Präfekturgebäude gefunden. Er stellt sein Gepäck in eine Ecke, in der es nicht stören würde und sprach die nächste Wache an. Er grüßte höflich und fragte:


    "Den Fünfen zum Gruße. Ich bin Aegon vom Orden de la Tour de Roses und ich müsste mit Procuratorin Chiara Marie Maillard de la Tour des Roses sprechen. Ich habe eine Nachricht für sie zu überbringen.


    Seine Stimme ist ruhig, höflich und lässt erkennen, dass er ein geschulter Soldat ist. Unter seinem Mantel schimmert ein schlichter Wappenrock durch, an dessen Herzseite das Wappen des Ordens zu sehen ist.

  • Die Wache zeigte auf eine Tür. Aegon klopfte an, wartete auf das "Herein." und öffnete die Türe. Er sprach ungefähr 15 Augenblicke mit der Procuratorin und ging.


    Er sammelte seine Sachen ein und ging in Richtung Wachgebäude der Unterstadt um sich zum Dienst zu melden.

  • Am Tor gab er sein Messer ab und erkundigt sich nach der Verwaltung, dann betrat er das Gebäude und folgte dem geschilderten Weg. Die mitgeführten Schriftstücke waren zahlreich, aber fachmännisch verstaut und ließen seine Gestalt überschaubar wirken. Nach einem knappen Klopfen betrat er die Räumlichkeiten.


    "Den Fünfen zum Gruß." wandt er sich an den Schreiber. "Ich bin gekommen um mich anzumelden."

  • Hinter einem Schreibtisch mit einem Stapel Papieren sitzt ein untersetzter Mann und kaut an einer Schreibfeder herum, während er auf ein Formular starrt. Ärgerlich brummt er und schüttelt dann den Kopf.


    "Alles Stümper", knurrt er leise.


    Dann legt er das Formular auf einen Stapel und schaut Ghend an.


    "Die Fünfe zum Gruße. Was kann ich für euch tun?"

  • Ghend betrachtet den Schreiberling und setzte ein freundliches Lächeln auf und legte sich seine Worte bedacht zurecht.


    Ich habe vor ein paar Tagen von Hrayland übergesetzt und möchte mich dieser Orts niederlassen.


    Mit diesen Worten begann er einige alte und mitgenommen wirkende Papiere aus einer seiner Taschen zu holen, ohne dabei den Blick vom Schreiber zu heben. Er war vorbereitet.

  • Seine Stirn legt sich kurz in Falten und die Freundlichkeit weicht für einen Moment gänzlichem Unverständnis. Er legt die Arme vorm Körper ineinander und behält die Unterlagen zunächst in der Hand.


    Ghend Lorsen. Hrayland, Exu-Rei, südwestlich gelegene Siedlung. Diese und genauere Informationen können sie denen von mir mitgeführten Unterlagen entnehmen.


    Er winkt kurz mit den Blättern in seiner Hand.


    Die Durchsicht und eine Bestätigigung der Vorlage meiner Dokumente hätte ich gerne auf einem separaten Formular nachgewiesen. Ich habe eins vorbereitet und es gilt es lediglich abzuzeichnen. Abschriftet sind von meiner Seite genehmigt.

  • Der Mann beginnt Ghends Antworten mit suberer Schrift in das Formular einzutragen.


    Mit hochgezogenen Augenbrauen meint er dann: "Na dann gebt mir die Unterlagen halt."


    Während er die Blätter durchschaute, konnte man ein leises Gemurmel hören, was vielleicht "So eine Sauklaue" bedeuten konnte und dann die Frage: "Wo werdet Ihr wohnen? Ich muss hier vermerken, wo Ihr erreichbar seid."

  • Kaum gab er die Papiere aus der Hand fand sich auf seinem Gesicht ein Lächeln, ob nun höflich oder selbstzufrieden ließ sich nur bedingt bestimmen.


    Er konnte das gemurmel kaum wahrnehmen, dennoch gab es wohl Vermutungen über das gesagte. Seine rechtes Auge zuckte ... einmal nur ... und sehr sachte.


    Ich habe derzeitig ein Zimmer in der Herberge. Das hatte er nicht, würde bei einer Adresse aber wohl benötigen, weswegen dies sein nächster Schritt wäre. Im folgenden Gedenke ich jedoch meinen neuen Grund und Boden schnell in Beschlag zu nehmen.


    Sein Kopf leicht nach rechts neigend wirkte er einen kurzen Moment in Gedanke versunken.


    Welche derzeitig offenen Flächen bieten sich für einen Brunnenbau an?

  • Der Schreiber sortiert die Papiere, schaut welche er benötigt und legt die anderen zur Seite. Er vervollständigte das Formular.


    "Im Zaunkönig?" fragte er dann.


    Kurz darauf schienen Ghends Worte in seinem Kopf anzukommen und er schaute ruckartig von den Papieren auf.


    "Neuer Grund und Boden? Habt Ihr schon einen? Oder wollt Ihr damit andeuten, dass Ihr den gerne beantragen wollt?"

  • Ich möchte den Boden beantragen, der Antrag ist das vorletzte Blatt, es sollte nicht so aufdringlich wirken. Er lächelte spitzbübisch.


    Am Geisenstieg ... kramte er aus seiner Erinnerung ... dort bin ich ab heute.

  • Der Schreiber zog die Augenbraun hoch, schaute Ghend vorwurfsvoll an und griff dann kopfschüttelnt nach einem weiteren Formular. Er schnappte sich das letzte Blatt und füllte das neue Formular sauber aus.


    Dann griff er hinter sich und schnappte sich eine Liste und eine Karte.


    "Brunnen also. Diese beiden Gebiete kämen dafür zum Beispiel in Frage und wären auch noch frei.", er zeigte Ghend die Gebiet auf der Karte.


    "Ihr wisst, wie das Prozedere ist? Ihr müsst auf das Grundstück ein Haus bauen, das von Euch bewohnt wird. Es darf frühstens 5 Jahre nach Bezug verkauft werden. Wenn Ihr hier eure Baupläne vorlegt, bekommt Ihr auch die Genehmigung zum Holz- und Steinabbau.", er betet das ganze herunter, sodass man genau merkte, wie oft er es schon erzählt hat.

  • Ghend betrachtete die Karte eingehend und schien einige Punkte abzuwägen. Das Verhalten des Schreibers vermochte ihn nicht offensichtlich zu stören oder er bemerkte es nicht. Dann deutet er auf einen Punkt. Dieser schien recht abgelegen und etwas höher gelegen, was den Brunnenbau fraglicher machte, obwohl es auch dort mit einiger Arbeit zu bewerkstelligen sei, immerhin lag er innerhalb der zwei Gebiete.


    Dort wäre mir sehr gelegen. Mit Wasser werde ich wohl auf 15 bis 20 Fuss tiefe rechnen können, oder? Dieser Punkt scheint ihm wichtig, weshalb er halb fragend, halb verunsichert drein schaut.


    Das Prozedere ist mir bekannt. Er beäugte erneut die Karte. Wo ist das? Sieht südöstlich vom Waisenhaus gelegen aus.