Ashabas Hütte am Oberen Stichweg

  • Damorg schloss die Augen und atmente zwei mal tief ein und wieder aus. Ein fester Griff legte sich um sein Herz, seinen Serganten einmal so zu sehen, hatte der Priester nie erwartet. Zugleich stieg Zorn in ihm auf, weil Ashaba nicht mit der Sprache herausrückte.


    "Dann bestreite diesen Weg wie es einem Serganten würdig ist."


    Die Hände hatte er hinter seinem Rücken verschränkt, um nicht erneut in die Versuchung zukommen, nach ihr zu greifen.


    "Ich verfluche Weltenwacht für das was es mit dir getan hat und diese letzte Nacht."

  • Nach einigen langen Minuten liefen die Tränen nur noch lautlos. Müde wischte sie mit dem Ärmel ihrer Tunika über ihre Augen.


    "Du solltest mich so nicht sehen." sagte sie heiser und konnte ihm jetzt erst recht nicht mehr in die Augen sehen.


    "Wie kannst du mir jemals noch einmal in die Schlacht folgen?"

  • "Zu spät."


    Gibt er trocken zurück.


    "Für mich macht es keinen Unterschied. Für mich zeigt das nur das der Weg sehr steinig sein muss, der vor dir liegt, wenn selbst du ihn gebeugt gehen musst."


    Nun legte er doch wieder beide Hände auf ihre Schultern und fasste sie diesmal mit etwas Druck, damit sie diesmal nicht so leicht weichen konnte.


    "Doch die anderen Gardisten sehen es bestimmt nicht so. Und für sie macht es keinen Unterschied ob du vor ihren Augen weinst oder trinkst."

  • "Dieser Weg besteht aus massivem Granit. Und mein Werkzeug ist ein Kiesel."


    sagte sie leise und niedergeschlagen.


    "Ich muss ihn gehen und werde mich auf der Strecke zurück lassen."


    Auf einmal klang sie nüchtern. Die Hände auf ihren Schultern akzeptierte sie jetzt scheinbar. Noch immer rannen salzige Tränen ihre Wangen hinab.

  • "Was auch immer dir die Kaiserin, oder die Stimme der Zeit abverlangen, bist du dir sicher das es das wert ist?"


    Er nahm die Hände von ihren Schultern, als er den Eindruck hatte das sie sich etwas beruhigt hatte. Dann setzte er sich neben sie, jedoch auf den Boden und nicht auf den Stumpf.


    "Ich bin mir sicher das nicht nur ich die "alte" Ashaba vermissen werde."

  • "Diesen Weg kann ich gehen oder mich ihm verweigern."


    sagte sie. Für einen kurzen Moment schien es, als wolle sie wieder zu der Flasche greifen, die zu ihren Füßen lag und schauen, ob vielleicht ein Rest darin verblieben war. Sie ließ es aber doch.


    "Das wird nichts am Ergebnis ändern."


    Langsam und kraftlos hob sie den Blick und sah Damorg in die Augen. Ihre Augen glänzten von den eben vergossenen Tränen. Aller Elan, alle Kraft war gewichen. Tief holte sie Luft.


    "Es wird nichts ändern." Sie machte eine kurze Pause.


    "Würde es die Aufgabe sein, die so schwer ist: Glaubst du, es könnte das hier aus mir machen? Wie gut kennst du mich, Damorg?"


    Schon fast angewidert deutete sie auf sich selbst, auf die Flaschen.

  • Damorg nahm die Flasche in seine Hand und warf sie weit hinter sich in die Richtung der Bäume. Dabei verliesen einige letzte Tropfen den Hals und landeten auf seiner Kleidung. Der Priester brummelte.


    "Also ist es nicht die Aufgabe, sondern die Lösungen die dir zur Wahl stehen? Und sie gefallen dir alle nicht."


    Er räsuperte sich.


    "Und eigentlich dachte ich dich ganz gut zu kennen."

  • "Mir steht es frei mich zu verweigern. Mir steht es frei mich anzuschließen und diese Aufgabe anzupacken. Doch beide Wege..."


    Sie schluckte schwer.


    "Beide Wege lassen nichts von dem übrig, was ich bin. Wofür ich glaubte zu stehen. Wenn es nur eine schwere Wahl wäre...."


    Sie schloß kurz die Augen und richtete dann ihren Blick auf den Horizont, der diffus verschwamm.


    "Was würde ich darum geben, wenn es nur eine unendlich schwere Wahl wäre."


    Sie machte eine kurze Pause.


    "Diesen Weg könnte ich gehen. Möglicherweise würde ich dabei untergehen, aber ich wüsste, dass es gut ist, was ich tue oder zumindest nötig. Ich bin nicht unentschieden. Ich weiß, dass beide Wege schlecht sind."

    Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.
    Homunkulus (~835 - 902)

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Ashaba ()

  • Damorg nickte bedächtig.


    "Ich glaube ich verstehe. Das heißt du trauerst weil du weißt das du......"sterben" musst, dich aufgeben."


    Er lies seinen Blick in die Ferne schweifen, in der die letzten Sonnenstrahlen verschwanden. Ein Windzug lies ihn frösteln.

  • "So ist es."


    sagte sie mit einem bitteren Unterton.


    "Ich denke ich weiß welchen der Wege ich gehen werde. Für mich macht es keinen Unterschied mehr. Jedoch möglicherweise für andere."


    Sie senkte ihren Blick.


    "Wie soll ich mit diesem Wissen leben? Wie soll ich einfach weiter machen wie bisher?"

  • Damorg schluckte und musste kurz die Augen schliesen.


    "Ich glaube auf diese Frage gibt es keine Antwort, noch nicht, die kannst du dir wohl erst selbst geben wenn alles vorbei ist."


    Er blähte die Backen.


    "Ich fühle mich hilflos."

  • "Du kannst nichts tun."


    Der Horizont hatte die letzte orangene Färbung verloren und am Firmament begannen bereits die hellsten Sterne zu leuchten. Es würde sternklar werden und kalt. Da der Wind günstig dafür stand, hörte man die Wellen leise anbranden.


    "Ich weiß nicht.... ob ich damit leben kann." sagte sie leise.

  • Damorg drehte langsam seinen Kopf zu ihr und musterte sie etwas ungläubig, als hätte er ihre Worte eben nicht richtig verstanden.


    "Du weißt ......das ich das nicht zulassen kann?"


    Seine Stimme hatte ihre Kraft verloren und er musste kurz stocken.

  • Sie schloß die Augen und schüttelte langsam den Kopf. Eine einzelne Träne quoll unter den Wimpern hervor. Ihre Stimme war rauh, als sie antwortete.


    "Natürlich. Und nur deswegen erzähle ich es dir. Damit du es nicht zulässt."


    bat sie ihn ohne ihn anzusehen.

  • "Dann ist das ein Versprechen das ich dir gebe. Wenn ich dir sonst nicht helfen kann."


    Er presste die Zähne zusammen.


    "Aber bitte vernachlässige deine Pflichten nicht, bis es soweit ist, wann auch immer das sein wird."

  • "Ich weiß. Ich habe Pflichten."


    Sie lachte rauh und ohne jede Freude.


    "Die werde ich erfüllen. Wer wäre ich, wenn ich es nicht täte?"


    SIe hatte den Kopf gedreht und sah ihn an. Um ihre Mundwinkel war ein bitterer Zug. Eine Spiegelung des eisernen Ringes, der sich immer mehr um ihr Herz zusammen zog und ihr die Luft zum Atmen zu nehmen drohte. Dann ballte sie ihre Hände zu Fäusten und richtete ihr Gesicht gen Firmament, an dem immer mehr Sterne zu sehen waren.


    "Gib mir die Kraft das zu tun." flüsterte sie. Und diemal meinte sie nicht Damorg.

  • Damorg lief ein Schauer über den Rücken, obwohl er zugleich etwas Erleichterung verspürte. In seinen Gedanken schickte er ein kurzes Stoßgebet für Ashaba zu den Fünfen.


    "Möge Kapals Flamme dir die nötige Kraft geben. Wenn du möchtest stehe ich dir jeder Zeit für ein gemeinsames Gebet zur verfügung."

  • Sie nickte schweigend auf seine Worte. Dann ließ sie sich seitlich von dem Baumstumpf rutschen, so dass er ihrem Rücken als Lehne dienen konnte. Den Kopf legte sie auf den Baumstumpf und schaute in den Himmel.


    Sie seufzte.


    "Ich habe Moclin getreten. Seitdem habe ich ihn nicht mehr gesehen."

  • Damorg unterdrückte ein schwaches Lachen, als er sich den Köter vorstellte, wie er beleidigt abzog.


    "Ich bin mir sicher der kommt wieder. Aber vielleicht solltest du dir überlegen deine Wut in Zukunft an anderen auszulassen. Er hat es nicht verdient."

  • "Im Grunde hatte keiner verdient, wie ich ihn die letzten Wochen behandelt habe." schnaubte sie.


    "Ich weiß nicht was ich tue. Und das sollte nicht sein. Mein Leben ist mir aus der Hand genommen worden. Alles entgleitet meiner Kontrolle. "


    Resignierend zuckte sie mit den Achseln.


    "Und ich kann es nicht mehr greifen. Ich kenne mich selbst nicht mehr."