Ashabas Hütte am Oberen Stichweg

  • Im Südosten der Unterstadt führt, schon etwas oberhalb in den Hügeln, der Obere Stichweg südostwärts in den Wald. Eine ruhige Gegend.


    Hier fand sich einstmals ein abgestecktes Grundstück: An der dem Weg (eigentlich ein besserer Trampelpfad) zugewandten Seite befindet sich Wiese, ein paar Schritt weiter Unterholz, um dann schließlich in Wald überzugehen.


    Mittlerweile ist hier eine von einem kleinen Garten umgebene Hütte entstanden. Kein Meisterwerk der Handwerkskunst, aber mit Hingabe gebaut und (hoffentlich) solide.


    Gesamter Stadtplan von Renascân

  • Als sie den Stichweg entlang geht, sieht sie sofort das abgesteckte Grundstück. Etwas verwundert registriert sie, dass es wesentlich größer ist, als von ihr geplant. Dann sieht sie das zweite, kleinere Grundstück direkt daneben. Ihre Freude bekommt zunächst einen ordentlichen Dämpfer. So viel zum Thema Ruhe. Bei ihrem Glück baute sich da eine Großfamilie mit 15 Kindern und 13 redseligen Großeltern ihr Feriendomizil.


    Mit nach wie vor gerunzelter Stirn betritt sie das Gelände, das für sie abgesteckt ist. Moclin, der sie begleitet hat, hopst begeistert durch das hohe Gras und verschwindet hinter zwei Büschen. Als es kurz darauf leidend aufjault, horcht sie zunächst auf. Moclin kommt zu ihr zurück und durch das hohe Gras verschwindet eine kleine Kugel. Vermutlich hat der Hund einen Igel gefunden und festgestellt, dass Igel wirklich stachelig sind.


    Mit einem Seufzen lässt sie sich auf einem Baumstumpf nieder und lässt die Szenerie auf sich wirken. 'Sieht man mal von dem Baugrund nebenan ab, ist das ein sehr schöner Ort.' dachte sie und reckte das Gesicht in die Sonne. Es würde viel zu tun werden. Zunächst mussten die Büsche weg. Na zumindest ein Großteil. Dann würden die drei Bäume dort auch dran glauben müssen. Und dann, ja dann konnte sie daran denken das eigentliche Häuschen anzufangen. Aber nun gut, sie hatte Jahre Zeit.

  • Gedankenverloren ließ sie ihren Blick über das Meer streifen, das sie von ihrem Sitzplatz aus wunderbar überblicken konnte. Am Horizont waren die Segel eines Schiffes zu sehen. Noch war nicht zu erkennen, ob es auf Renascân zuhielt oder daran vorbei fuhr. Eine Brise frischen Seewindes ließ ihr Haar flattern und sie sog tief den salzigen Geruch des Meeres ein.


    Hier sollte eine Bank stehen, beschloß sie. Dahinter das Haus mit einer Veranda. Sollte sie vielleicht sogar den Baumstumpf als Stütze für die Bank nehmen?


    Moclin hatte sich inzwischen hechelnd neben ihr niedergelassen. Eingehend beschnüffelte er die Erde zwischen seinen Vorderpfoten, ehe er den Kopf nieder legte.

  • Nach einigen Tagen kam Ashaba wieder zu dem Grundstück. In ihrer Hand hielt sie eine Rolle Wachspapier, einen Griffel und einen Graffitstift. Die Arme mit dem Material hinter dem Rücken verschränkt, schaute sie sich sinnend das Grundstück an. Nach einigen Minuten legte rollte sie das Papier auf dem Baumstumpf aus, der eine halbwegs gerade Fläche bildete. Die Kanten des Papiers fixierte sie mit einigen kleinen Steinen.


    Wieder schaute sie sinnend auf das Grundstück und versuchte dann den Umriss des Geländes auf dem Papier festzuhalten. Mit dem Griffel drückte sie den Umriss ins Material und malte ihn dann mit dem Graffitstift nach. Dann ging sie die Umrisse noch einmal ab und schrieb dann einige Zahlen auf das Papier, die wohl die Anzahl ihrer Schritte waren. Konzentriert starrte sie auf ihr Werk und klemmte sich dabei den Graffitstift zwischen die Lippen. Was sie dabei nicht bemerkte, waren die dunklen Flecken, die der Staub auf ihrem Gesicht hinterließ.

  • Nach der Reise in die Drachenlande war ein wenig Zeit vergangen. Sie waren in der Ersten Drachenwelt gewesen und hatten dort Dinge in Gang gesetzt und erlebt, die sie so nie hätte erahnen können.


    Das Grundstück war nach wie vor unverändert. Noch kein Strauch oder Baum hatte weichen müssen und von Begradigung des Geländes war auch noch nichts zu sehen. Ashaba saß in der Abenddämmerung auf dem Baumstumpf. Vor ihren Füßen lagen zwei Flaschen, eine davon offensichtlich leer, die andere noch verkorkt. Eine dritte hielt sie in ihrer Hand. Mit versteinertem Gesicht starrte sie auf das Meer. Mühsam versuchte sie die Gedanken, die sie mitgebracht hatte zu betäuben. Abwesend drehte sie die Flasche in der Hand und nahm dann einen Schluck daraus. Herber Wein rann ihre Kehle hinunter. Seit einer Woche nun ein allabendliches Ritual. Meistens konnte sie dann nach der dritten Flasche irgendwie schlafen.


    Mit einer trotzigen Bewegung wischte sie den Mund am Ärmel ihrer Tunika ab. Kurze Zeit später war der Inhalt der Flasche dahin. Wütend starrte sie das Behältnis an und schleuderte es dann in Richtung der Büsche, nur um dann direkt nach der nächsten zu greifen.

    Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.
    Homunkulus (~835 - 902)

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  • In den Tagen nach der Ankunft gab es für Damorg viel zu erledigen. Es war Einiges liegengeblieben in der Zeit seine Abwesenheit und die Ausrüstung, welche einiges erdulten musste auf der Reise musste wieder hergerichtet werden.


    So war er froh das er in den letzten Strahlen der untergehenden Sonne einen Spaziergang durch die Siedlung machen konnte. Als er den Bauplatz pasierte, verlangsamte er seine Schritte ein wenig als er eine Gestalt auf dem Baumstumpf bemerkte.

  • Ohne ihn wirklich zu sehen, starrte Ashaba auf einen Käfer, der sich nicht weit von ihren Füßen neben der Flasche an einem Grashalm entlang hangelte. Sie zweifelte inzwischen daran, ob es richtig gewesen war, dass sie dieses Grundstück beantragt hatte. Warum? Das wusste sie nicht so genau. Genau genommen zweifelte sie grade an allem. Und nicht zuletzt an ihrem Verstand.


    Die Gestalt auf dem Weg bemerkte sie nicht. Mit einem tiefen Seufzen legte sie die Stirn auf den Flaschenhals. Die Ellenbogen waren auf die Oberschenkel gestützt, die Schultern gesenkt. Die Haare fielen offen herab. In dieser Haltung verharrend schloß sie die Augen und presste die Lippen zusammen. Ihre Gedanken waren bereits langsamer, träger geworden und versprachen baldige Linderung. Doch noch immer lag dieser eiserne Ring um ihr Herz, der es zu erdrücken schien.


    Seit sie an jenem Abend ins Lager zurück gekehrt war, war ihr nicht mehr als ein unverbindliches Lächeln zu entlocken gewesen, das nicht mal ihre Augen erreicht hatte. Sie war schweigsam, hielt sich abseits und schien oft abwesend. Das sonst recht laute und präsente Wesen der Frau, war wie weg geblasen. Wer es wagte, sie zu lange mit großen Reden zu belästigen, musste damit rechnen angeblafft zu werden. Manchmal zu Recht, meistens zu Unrecht.

  • Nachdem der Priester noch ein paar Schritten näher an die Gestalt heran getreten war und sie nun erkennen konnte erhob er leise, aber fest seine Stimme.


    "Ich hatte gehofft, dein Problem würde sich in der Heimat von alleine beheben, nun muss ich vermuten das du sich in den Tod saufen willst."


    Mit zwei weiteren Schritten war er fast bei ihr angekommen. Sein Barett das seinen Kopf vor den letzten Sonnenstrahlen schütze nahm er in die rechte Hand und steckte es sich zwischen Gürtel und Bauch.

  • Dass jemand heran gekommen war, hatte sie nicht gehört. Ihre Sinne waren dafür schon zu benebelt. Sie hob den Kopf, sah Damorg aber nicht an. Mit einer fahrigen Geste wischte sie die Haare halbherzig aus dem Gesicht und versuchte den Horizont zu fixieren, der sich aber standhaft weigerte still zu halten. Sie zuckte mit den Schultern und setzte die Flasche wieder an.

  • Ein tiefer Seufzer entwand sich seiner Kehle und er stellte sich vor sie mit nur einem halben Schritt Abstand, dann lies er sich auf ihre Höhe hinab, indem er die Knie beugte.


    "Ich habe mit euch gesprochen Sergant."


    Er verscuhte ihre Augen mit seinem Blickzu fixieren.

  • Ohne getrunken zu haben senkte sie die Flasche wieder und als sie ihm in die Augen sah, klärte sich für einen kurzen Augenblick ihr Blick. Der verging aber schnell und sie senkte ihren Blick.


    "Sind wir jetzt wieder beim förmlichen Ihr angelangt, ja?"


    murmelte sie mit schwerer Zunge und über seine Schulter hinweg sehend setzte sie die Flasche wieder an. Ihre Stimme klang heiser.

  • Damorg fühlte sich ertappt. Eigentlich wollte er an ihr Pflichtbewusstsein appelieren, indem er sie mit ihrem Rang ansprach. Scheinbar ohne Erfolg. Er verzog den Mund kurz.


    "Scheinbar muss dich jemand an deine Verpflichtungen erinnern, sowie du es darmals bei mir getan hast. Während du dir hier die Birne zuschüttest, bin ich mir sicher gehen unter den Gardisten bereits die wildesten Gerüchte um sich."

  • Langsam drehte sie die Flasche in ihrer Hand und beobachtete scheinbar interessiert, wie das Ettikett dabei auf der Rückseite verschwand und wieder zum Vorschein kam.


    "Verpflichtungen." schnaubte sie.


    "Da gibt es viele. Welche soll es denn als erste sein, hm?"


    Sie lachte kurz und freudlos auf. "Hast du vielleicht etwas, was du auf meinen Schultern abladen willst?"


    Angriffslustig starrte sie ihm in die Augen, senkte dann aber recht rasch wieder den Blick und krallte die Hände in die Haare. Die Flasche hatte sie fallen gelassen. Ihr Inhalt sickerte wohl gerade in die Erde.


    "Ich tue dir Unrecht." murmelte sie leise und seufzte. Ihre Hände ballten sich zu Fäusten.

    Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.
    Homunkulus (~835 - 902)

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  • Er blickte sie weiter an, auch wenn sie versuchte ihm auszuweichen.


    "Es geht hier nicht um mich. Es geht um die Verpflichtung den anderen Gardisten gegenüber. Du bist der Sergant, ein Vorbild, die Person auf die sie zählen. Und was tust du? Du trinkst dich um den Verstand. Meinst du das bleibt unbemerkt?"


    Seine Stimme war ruhig, aber bestimmt. In seine nächsten Worte versuchte er etwas Mitgefühl zu legen, jedoch gelang es nicht, ein unterschwelliger Zorn der sich in ihm aufballte verhinderte es.


    "Wenn du ein Problem hast, lass es an jenen aus die schuld sind, oder an mir, aber nicht an all jenen."


    Er zeigte mit der linken Hand auf die Richtung der Stadt.

  • Ihr Kopf sackte noch ein wenig tiefer.


    "Ich weiß nicht einmal, wer Schuld hat." sagte sie leise und formulierte die Worte ein wenig mühsam. "Ich weiß nicht, wen ich bestrafen sollte. Ob es am Ende nicht sogar ich bin, die bestraft gehört."


    Ihre Schultern verkrampften sich sichtlich. Rasselnd atmete sie tief ein.

  • "Immerhin können wir jetzt normal reden."


    Das Wort norml betonte er etwas seltsam, weil er selbst nicht genau wusste was er damit meinte.


    "Ich gehe davon aus das du mir immer nooh nicht erzählen möchtest, was dein Problem ist. Aber das ist mir egal. Wenn ich dir helfen kann sag es einfach, ich stehe hinter dir was es auch sein mag. Aber dafür musst du mir versprechen deine Pflichten nicht zu vergessen."


    Er legte seine Hand auf ihre Schulter.

    Ich hab keine Neurose, es ist nur.. TRITT NICHT AUF DIE FUGE!!!!

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  • "Du würdest mich verachten, wüsstest du es."


    murmelte sie hinter einem Vorhang aus Haaren. Als Damorg seine Hand auf ihre Schulter legte, zuckte sie zusammen, als habe sie Angst vor der Berührung und schien unmerklich zurückzuweichen.


    "Ich werde alles verraten, was ich bin. Alles, was ich zu sein glaubte. Hier wird das Leben weitergehen. Doch egal was ich tue, ich werde mich verraten."


    Die Augen hatte sie wieder geöffnet. Doch starrte sie unverwandt auf den Boden zwischen ihren Füßen. Heiße Tränen sammelten sich in ihren Augen und tropften in das Gras um ungesehen im Erdreich zu versickern. In ihrem Kopf war diese Leere, kein Gedanke war zu fassen. Sie hatte angenommen, was geschehen würde. Sie hatte angenommen, was es mit ihr machen würde. Ob sie damit leben können würde, wusste sie nicht.

  • Als er merkte das seine Berührung ihr Unbehagen bereitete, enfernte er seine Hand wieder. Allerdings blieb er weiter in der Hocke vor ihr. Eine Augenbraue zuckte nach oben.


    "Es ist deine Entscheidung, wenn du den Weg alleine gehen willst. Doch ich erinnere dich erneut daran das du deine Pflichten nicht vergessen darfst, sonst werden dir nicht einmal die Fünfe beistehen."

  • "Diesen Weg muss ich alleine gehen." begehrte sie heftig auf.


    In einer Geste tiefster Verzweiflung schlug sie die Hände vor das Gesicht in einem sinnlosen Versuch ihre Tränen zu verbergen. In diesem Moment war es das einzige, was von dem Sergeanten geblieben war, der noch vor wenigen Tagen selbstbewusst und mit lauter Stimme Schildwälle dirigiert und Flanken kontrolliert hatte. In diesem Moment war nichts übrig vom Stolz und der Unbeugsamkeit, die sie sonst zur Schau trug.
    Wie ein Kind, das sich verlassen glaubt von allen und das alles schwinden sieht, was es liebte und woran es glaubte. Mit den Weinkrämpfen hoben und senkten sich ihre Schultern. Sie hatte keine Kraft mehr sich dem zu entziehen. Der Alkohol machte es ihr noch leichter.


    Ihre Haltung sagte "Ich bin verloren.".