Ashabas Hütte am Oberen Stichweg

  • Und doch hatte sie das soeben ziemlich perfekt getan. Thraxas erkannte, wie recht Ashaba hatte und sagte ihr das auch. "Du hast in vielen recht und Deinen "vagen" Eindruck ganz hervorragend zusammen gefaßt."
    Dann blickte er wieder in seinen Weinbecher und fuhr fort: "Ich habe kein eigenes Zuhause mehr. Ich habe einen Ort, an den ich zurückkehren kann, an dem ich Aufnahme und Geborgenheit finde, aber das, von dem ich glaubte - hoffte - es könne mein Zuhause werden und bleiben, ist nichts mehr übrig als verkohlte Ruinen. Sowohl in der Welt, wie auch in mir." Er wußte nicht, warum er als dies jetzt plötzlich Ashaba erzählte, aber er dachte auch nicht weiter darüber nach, sondern sprach einfach weiter. "In meinem Leben fehlt so einiges, weil immer wieder Dinge von mir fort-, aus mir herausgerissen wurden und wahrscheinlich versuche ich diese Lücken zu füllen, mit Aufgaben. Und ich betrachte Alanis nicht als meinen Besitz, aber sie ist meine Aufgabe und sie braucht Hilfe und Halt."

  • Sie nagte an der Unterlippe während sie zuhörte. Was sollte man dazu schon sagen? Sie hatte hier ihren Anker gefunden und hatte dadurch viel hinter sich lassen können. Aber was für sie funktionierte, musste nicht für jemand anderen funktionieren. Sie war sich sogar ziemlich sicher, dass es für Thraxas nicht funktionierte. Nicht auf diese Weise.


    Ashaba erhob sich und legte einen Scheit Holz nach. Dann lehnte sie sich gegen die Wand, verschränkte die Arme vor der Brust.


    "Was willst du also hören, Thraxas?" fragte sie leise "Tröstende Worte?" Sie legte den Kopf ein wenig schief und schaute ihn fragend an. "Keines würde dem gerecht werden und wäre auch nur ein wenig hilfreich. Also spare ich mir das. Ich wünsche dir, dass du irgendwann Ruhe findest und vieles hinter dir lassen kannst. Aufgaben enden irgendwann."


    Alanis war immer in Schwierigkeiten, so viel war klar. Nur schien auch klar, dass auch für Thraxas viel an Alanis hing. Ob das gut war? Sie wusste es nicht.

  • Thraxas lachte trocken. "Wenn ich tröstende Worte hören wollte, dann käme ich nicht zu Dir, sondern würde eine Schankmaid oder eine Sternenguckerin bezahlen, die mir nicht nur tröstende Worte zukommen läßt."
    Er lächelte Ashaba an. "Du hast genau das getan, was ich mir erhofft hatte. Du hast einfach gesagt, was Du denkst, ohne es in hübsches Papier zu verpacken.
    Und Du hast wieder recht, jede Aufgabe endet irgendwann, aber danach kommen immer wieder neue. Und erst, wenn das Rad des eigenen Lebens endgültig bricht, ist man davon frei."


    Er trank noch einen Schluck Wein. "Mir ist noch etwas aufgefallen." begann er. "Als ich diese Hadra erwähnte schien es mir als würdest Du sie kennen. Ist dem so? Was hälst Du von ihr?" fragte er dann, ließ sie aber nicht antworten, sondern fügte hinzu. "Ach, und bevor ich es vergesse, hast Du schon gegessen? Ich habe drüben Eintopf gemacht und wenn Du Hunger hättest und uns beim Abendessen gesellschaft leisten würdest, dann wäre ich nicht mit den beiden komischen Frauen allein." Das "komische Frauen" sagte er mit einem Augenzwinkern.

  • Ja. Eine Aufgabe löste die andere ab. Sie nickte langsam. Einige brachten mehr Ruhe mit sich als andere. Sie seufzte und setzte sich wieder an den Tisch. Eine Augenbraue zuckte nach oben, als er nach Hadra fragte.


    "Ja. Schwierige Sache. Angehörige der Garde." brummte sie. Offenbar war das Thema dazu angetan, ihre Laune ins Wanken zu bringen.


    "Deine komischen Frauen hast du dir selbst eingebrockt. Rechts neben der Tür.." sie deutete mit dem Kinn in die Richtung. "... blüht ein Löwenzahn. Bring das deinen komischen Frauen mit. Wenn Gras über die Sache gewachsen ist, können wir uns über Eintopf unterhalten."


    Dort blühte wirklich ein Löwenzahn. Klein und gedrungen, weil der Wind immer wieder vom Meer her pfiff. Aber er blühte sonnig gelb und trotzte tapfer der Jahreszeit. Sie hoffte nur, dass Moclin ihn nicht gefressen hatte. Weil das Blümchen so appetitlich sonnig gelb geblüht hatte.

  • Thraxas schaute Ashaba verständnislos an. Hatte sie gerade wirklich gesagt Hadra sei Mitglied der Garde?
    Wohl hatte er gemerkt, daß ihre Laune bei diesem Namen nicht gerade besser wurde, aber trotzdem mußte er ihn nochmal erwähnen. "Eine Hadra ist Mitglied der Garde?" fragte er und stellte dann fest: "Dann können wir eher nicht die selbe Person meinen. Die Frau, die ich meine paßt nicht in eine Garde. Sie paßt überhaupt..." nur schwer in die Gesellschaft braver Leute. hatte er sagen wollen, verkniff sich das dann aber und vervollständigte den Satz mit: "nicht in eine Garde."


    Es schien, als hätte er den Rest, den sie gesagt hatte vergessen, aber als er einmal heftig den KOpf geschüttelt hatte sagte er: "Und ich werde den beiden sicher keine Blume mitbringen und einen Löwenzahn werden sie wahrscheinlich sogar als Beleidigung auffassen - bei meinem Glück."


    Er zuckte die Achseln. "Komm essen, wenn Du kommen willst oder laß es bleiben. Deine Entscheidung. Mehr als einladen kann ich Dich nicht." seine Worte klagen nicht unfreundlich.


    Schließlich beugte er sich zu Moclin herunter und hielt ihm noch etwas Wurst hin. "Komm her, mein Junge!"[/i]

  • "Ich denke schon, dass wir die selbe meinen. Kampfmagierin. In der Garde. Und die Pest. Hat sie sich daneben benommen? Nein, moment, warte, wem gegenüber hat sie sich daneben benommen?"


    seufzte sie ergeben und lehnte sich nach hinten gegen die Wand. Den Blumenvorschlag ließ sie auf sich beruhen. Wer nicht wollte... sie konnte sich nicht vorstellen, dass die Art der Blume wirklich einen Unterschied machte. Aber dafür war sie wahrlich kein Experte.


    Moclin indes schreckte hoch und stieß sich seinen Kopf beeindruckend geräuschvoll an einem Tischbein. "Wurst" schien so etwas wie sein Rufname zu sein.

  • Thraxas kraulte den Hund hinter dem Ohr. "Armer Junge! Du mußt vorsichtiger sein!" sagte er lächelnd. Hunde konnte so etwas Wundervolles sein, treu, loyal, nicht hinterhältig und einfach zu verstehen. Wieder einmal fragte er sich, warum er sich noch nicht zusammen mit einem Hund von der Welt zurückgezogen hatte.


    Dann kam sein Kopf wieder unter dem Tisch hervor und er schaute Ashaba skeptisch an. "Naja, wahrscheinlich reden wir dann doch über die selbe Frau." gab er zu.
    "Mir gegenüber hat sie sich daneben benommen, aber im Laufe der Tage, die wir zusammen im Runland verbrachten wurde es etwas besser. Am Anfang hat sie behauptet, sie wolle mich zum Feind. Am Ende sagte sie, es sei nur ein kleines Spiel, eine Herausforderung gewesen." knurrte der Landsknecht. "Hauptsächlich hat sie sich benommen, wie ein verzogenes Mädchen."

  • Ashaba nickte "Kann hinkommen." sagte sie dann. "Der Umgang mit ihr ist zuweilen etwas ...schwierig."


    Sie begann weiter an dem Schinken herumzuschneiden.


    "Aber du wirst verstehen, dass ich mich nicht in aller Breite über meine Untergebenen auslassen kann. Sagen wir es so: Auch wenn ich sie manchmal würgen mag, sogar recht oft, hat sie Fähigkeiten, die sie nützlich machen. Das weiß sie leider und sie weiß, dass ich es weiß."


    Ashaba hob die Schultern. Genau genommen hatte die Magierin ihr nie einen konkreten Grund gegeben, sie rauszuwerfen. Es war immer eine Gratwanderung, so, dass es gerade so noch funktionierte.

  • Der Landsknecht lächelte in gespielter Überraschung. "Warum kannst Du Dich nicht über Deine Untergebenen auslassen? Hast Du die Befürchtung, ich würde es weitererzählen?" sagte er und lachte. "Du bist ziemlich sicher davon, daß ich Dich in die Pfanne haue, denn täte ich das, wären Du und Alanis mir gleichzeitig sehr böse und welcher Mann erträgt schon den Zorn zweier Frauen?"
    Ernster fügte er hinzu: "Ja, es ist ein Kreuz mit den Leuten, die wissen, was sie können und die man nicht so leicht ersetzen kann. Das schwere Los aller militärischen Führer, aber diese Hadra ist da nochmal eine besondere Strafe." Es klang nicht so hart, wie die Worte hätten vermuten lassen.

  • Dann erhob er sich, ohne eine Antwort abzuwarten. "Ich danke Dir für Deine Zeit, Ashaba. Möge Phex mit Dir sein und Dir somit das Glück bescheren, das wir alle hin und wieder benötigen!
    Ich werde Renascan, für eine ganze Weile, wenn ich richtig vermute, verlassen. Hoffe aber, daß wir uns wiedersehen und unsere Gespräche fortsetzen können." sagte er freundlich und verbindlich, dann wandte er sich zur Tür. Dort angekommen drehte er sich nochmal um. "Ich weiß, daß ich Dir das nicht sagen muß, aber ich muß es für mich sagen." sagte er lächelnd. "Achte auf Alanis, aber auch auch auf Dich selbst!" Mit diesen Worten öffnete er die Tür und trat hinaus.

  • Ashaba nickte und lächelte.


    "Natürlich. Wie immer." entgegnete sie und erinnerte sich daran, dass das ihre Worte gewesen waren bei der letzten Verabschiedung. Für einen kurzen Moment sah sie ihm nachdenklich hinterher, wie er in der Dunkelheit verschwand. Dann schloss sie die Tür.

  • Schritte kamen um das Haus herum. Die leicht gerunzelte Stirn ließ ihre Überraschung sichtbar werden. Sie trug ein Körbchen, in dem auf einem Bett von Grünzeug ein paar Hand voll Himbeeren lagen.


    "Oh schau an." sagte sie. "Dich hätte ich nun wirklich nicht erwartet." Ein nicht unfreundliches, wenn auch zurückhaltendes Lächeln lag auf ihren Lippen.

  • Der Landsknecht schaute etwas verwirrt auf das Bild, welches sich ihm bot. Ashaba bei der Himbeerenernte hatte er sich vorher nicht vorstellen können. Aber er lächelte freundlich und offen.
    "Ich bin gekommen, um Dir bei der Ernte zu helfen, damit Du die Menge an Beeren auch schleppen kannst!" log er so offensichtlich, dass es keine Lüge mehr war und lachte.


    "Verzeih, kann ich Dir dabei wirklich helfen oder hast Du kurz Zeit mit mir zu sprechen?" fragte er dann gerade heraus.

  • "Keine Ernte. Nur ein paar für zwischendurch." stellte sie fest und schob sich direkt ein paar Himbeeren in den Mund. Dann ging sie zu den Baumstümpfen, die vor ihrem Haus um die Feuerstelle standen.


    "Setz dich. Ich denke, ich ahne in etwa, was du willst."


    Sie hielt ihm das Körbchen hin, dass er sich auch bedienen konnte.

  • Ashaba warf einen Blick zum Nebengrundstück, zumindest dessen Garten schon bessere Tage gesehen hatte.


    "Ja, ist sie." Dann folgte eine kleine Pause. "Sie hat dir nicht gesagt, wohin sie gegangen ist." Irgendwas zwischen Feststellung und Frage.

  • Thraxas folgte kurz Ashabas Blick. Es war alles so offensichtlich. Zumindest für jemanden, der Alanis gut kannte und das tat er eigentlich nicht. Oh, er wußte einiges von ihr, was nur sehr wenige oder niemand anderer wußte, aber in machen Dinge, wußte er wieder so viel weniger als andere. Sie hatten viel zusammen erlebt, viel durch gemacht, aber sich in den vergangenen beiden Jahren auch immer wieder lange Zeit nicht gesehen. Konnte man in so kurzer Zeit einen Menschen überhaupt richtig kennen lernen?


    Der Landsknecht sah der Frau vor ihm direkt in die Augen. "Nein, hat sie nicht!" antwortete er gerade heraus. "Und ich weiß nicht mal, ob sie es nicht wollte oder nicht konnte, weil es sich nicht ergeben hat." fügte er wahrheitsgemäß an. Natürlich konnte ihn das die Information kosten, weil Ashaba ihm nicht würde sagen wollen, wo Alanis war, wenn auch nur die Möglichkeit bestand, daß Alanis nicht wollte, daß er wußte wo sie war, aber das war ihm keine Lüge wert. Ashaba würde ihm helfen oder eben nicht, die Götter würden es fügen und die Götter würden fügen, ob er Alanis nochmal treffen würde oder nicht.


    "Ich habe sie längere Zeit nicht gesehen. Wir waren noch zusammen in Pirmasens am Anfang des Götterlaufs, aber ich habe sie seitdem nicht mehr gesehen," sagte er ruhig, "weil ich auch das Fest der Drachen nicht aufgesucht habe." Das klang nicht mehr so ruhig wie vorher, irgendetwas daran beschäftigte ihn wohl.
    "Und da ich glaube, daß die Entscheidung irgendwann nach Pirmasens gefallen ist, konnte sie es mir nicht mehr sagen." stellte er eine Tatsache fest.

  • "Hmm..." brummte sie, stand dann auf um Teewasser aufzusetzen. Sie hatte bereits begonnen die Pfefferminzblätter zu knabbern. Etwas davon sollte doch im heißen Wasser landen. Nach kurzer Zeit kehrte sie zurück.


    "Offenbar ging sie nicht davon aus, dass du hier her zurückkehren und nach ihr fragen würdest. Es wäre naheliegend gewesen mir dann eine Nachricht für dich zu hinterlassen. Das hat sie nicht getan."


    Aufmerksam erwiderte sie seinen Blick und versuchte in seinen Augen zu lesen. War das... Müdigkeit? Sie fragte sich, ob er wirklich nicht wusste, was er getan hatte. Einerseits ging sie nicht davon aus, dass er log. Dafür waren seine Ideale zu hehr. Andererseits musste er sehr fest die Augen verschließen, um es nicht zu erkennen. Es hätte genug Möglichkeiten gegeben Thraxas zu kontaktieren. Alanis hatte keine davon genutzt und sicherlich nicht, weil sie es vergessen hatte.


    "Du musst mir schon gute Gründe liefern. 'Es hat sich nicht ergeben.' ist sicherlich keiner. Ich nehme an, dass sie dich nicht sehen will."


    Ashaba streckte die Beine aus und faltete die Hände auf dem Bauch.


    "Du bist unstet und zuweilen angriffslustig. Du bist... das Gegenteil von ruhig. Sicherlich, du bist zuweilen angenehme Gesellschaft." Sie machte eine bedeutungsvolle Pause, ihre Augenbrauen zuckten ein winziges Stückchen nach oben und fuhr dann fort "Aber dazwischen kein Ruhepol."


    Der Hund begann die Herde zu umkreisen. Nein, das tat er schon seit sie Thraxas das erste Mal gesehen hatte.


    "Du trägst Scheuklappen und hast es doch geschafft, so lange als Söldling - du bist doch einer? - zu überleben. Das ist beeindruckend. Aber das wird nicht ewig so weiter gehen."


    Ashaba schüttelte langsam den Kopf. Sie glaubte nicht, dass er die Scheuklappen irgendwann ablegen würde. Dafür hätte er seine Prinzipien beugen müssen.


    "Aber du bist sicherlich nicht hier, um dir das von mir anzuhören. Deshalb sage ich: Du hattest deine Chance. Und es ist nicht an mir, dir eine zweite zu verschaffen."


    Alanis war weder Welpe noch Schaf. Das musste sie sich immer wieder in Erinnerung rufen und ihre Instinkte unter Kontrolle bringen. Eigentlich ging sie davon aus, dass er nach diesen Worten erbost
    aufspringen und ihr auf irgendeine Weise klarzumachen versuchen würde, dass alles ganz anders sei. Ehre.. und so weiter... Gnade... Licht.. . Oder er würde aufstehen und mit einigen markigen, letzten Worten aus Renascân und ihrem Leben verschwinden.

  • Und es ist nicht an mir, dir eine zweite zu verschaffen. Thraxas schloß bei diesem Satz kurz die Augen. Als er sie wieder öffnete und Ashaba ansah, war da wirklich Müdigkeit in seinen Augen, aber auch ein unbeugsamer Funke.
    "Du hast wohl recht!" sagte er und fügte zögernd an: "Vielleicht sogar mit allem. Aber das diskutieren wir nicht heute, denn ich will Deine Zeit nicht stehlen."
    Er stand auf. "Aber ich möchte noch Dinge klarstellen. Ein Söldling war ich den kürzesten Teil meines Lebens und bin es schon lange nicht mehr. Selbst in den Jahren als Söldner war nie das Gold der Antrieb einen Auftrag anzunehmen oder abzulehnen. Und natürlich wird mein Leben nicht ewig sein. Vielleicht endet es sogar schneller als das, welches ich als Söldner hätte haben können, aber das ist egal."
    Er seufzte: "Außerdem will ich keine zweite Chance, in dem Sinne, daß ich mit Alanis weitere Zeit verbringen will. Ich will sie aufsuchen, um sie um Verzeihung zu bitten und mir eine Buße auferlegen zu lassen, so daß ich ihr danach vielleicht wieder in die Augen schauen kann."


    Er nahm seinen Rucksack auf und schnallte ihn auf den Rücken. "Ich wünsche Dir alle Zeit sichere Wege Sergeant und die Gnade des Lichts auf Dir!"


    Er straffte sich. Er würde Alanis finden, mit oder ohne Ashabas Hilfe. Er würde sie finden.