Das Haus von Alanis am Oberen Stichweg

  • Im Südosten der Unterstadt führt, schon etwas oberhalb in den Hügeln, der Obere Stichweg südostwärts in den Wald. Eine ruhige Gegend. Hier fand sich einstmals ein abgestecktes Grundstück: An der dem Weg (eigentlich ein besserer Trampelpfad) zugewandten Seite befindet sich Wiese, ein paar Schritt weiter Unterholz, um dann schließlich in Wald überzugehen.


    Nunmehr steht hier ein kleines, aber feines feines Häuschen.


    Gesamter Stadtplan von Renascân

  • Innerhalb der letzten Wochen ist auf dem mit Pflöcken und Seilen abgetrennten Grundstück einiges passiert. Unter der Aufsicht des Baumeisters haben sich Arbeiter daran gemacht, den Wald zu roden und die großen Wurzelstöcken aus dem weichen Erdboden zu brechen. Danach wurde der Boden eingeebnet und mit dem Ausschachten einer Grube begonnen. Hier wird der Gewölbekeller des kleinen Fachwerkhauses entstehen, ein dunkler Ort, der für die Lagerung von Lebensmitteln und anderen Dingen, die Dunkelheit benötigen, gedacht ist.


    Nach dem Ausschachten ist das Legen des Fundaments auf dem Boden der Grube erfolgt, ebenso wie das Abböschen an den Rändern der Grube, damit die Männer, die auf der Baustelle arbeiten, sich um die Steinwände des Kellerbodens kümmern können, ohne dass der Hangdruck zu groß sein wird.


    Nun liegen die ersten Holzbohlen auf einem großen Stapel auf dem Grundstück - bald schon wird mit dem Fachwerk begonnen werden. Auch eine Pumpe ist schon gesetzt, die bald in dem Bereich, der einmal ein kleiner Garten werden soll, für Wasserversorgung für das Haus und die Pflanzen dienen soll.

  • Am frühen Morgen, kurz nach Sonnenaufgang, wandert Alanis den Stichweg hinauf, von der Herberge kommend, die zur Zeit noch ihre Bleibe ist. Morgennebelfeuchtes Gras streicht unter den Röcken um ihre Beine, als sie über die Wiese zu dem hinüber geht, das einmal ihr Haus werden soll.


    Mit aufmerksamem Blick geht sie um das Holzkonstrukt herum, das Erdgeschoss und ersten Stock halten soll und fest verankert in der Erde steht. Ein Teil des Bodens im Erdgeschoss liegt bereits, so dass die Arbeiter gefahrlos über dem kleinen Gewölbekeller laufen können. Es riecht nach Sägespänen, feuchter Erde und gemähtem Gras, die sich im Licht der Sonne langsam erwärmen. Sommergeruch.


    Schließlich setzt sich die Priesterin auf den Stamm eines der Bäume, der auf ihrem Grundstück dem Bau weichen musste und noch nicht abtransportiert wurde. Sie vermutet, dass dieses Holz eingelagert und an anderer Stelle wieder zum Bauen verwendet werden wird. Lange blickt sie das werdende Haus an, murmelt leise einige Dinge vor sich hin, die sich nach einem Zwiegespräch anhören, das für niemandes Ohren bestimmt ist.


    Als einige Arbeiter auf das Grundstück kommen, erntet sie mißtrauische Blicke, bis sie den Männern erklärt hat, dass sie durchaus ein Recht hat, auf dem Grundstück zu sein. Dann jedoch verabschiedet sie sich wieder, nicht ohne noch einen Blick auf das Nachbargrundstück geworfen zu haben, auf dem offenkundig noch nicht viel passiert ist.


    Da sieht sie etwas Glänzendes durch die Luft fliegen und klirrend an einem Baum zerschellen, etwas, das offenkundig vom Nachbargrundstück kam. Verdutzt runzelt die Priesterin die Stirn und geht nachsehen.

  • Der Sommer in Renascân schreitet fort und ebenso die Arbeiten an dem kleinen Haus.


    Die Holzarbeiten sind beendet, das Fachwerk als Basis für weitere Arbeiten errichtet. Die Fußböden im Erdgeschoss und dem ersten Obergeschoss sind angelegt und die Treppe in den ersten Stock ebenfalls gebaut. Vom Erdgeschoss bis über's Dach zieht sich der gemauerte Kamin hin. In der Küche ist an der Wand, über der der Abzug des Kamins schwebt, eine große Metallplatte eingelassen worden, ebensolche Platten zeigen sich im anderen Raum im Erdgeschoss, der einmal das Schlafzimmer werden soll, und der genau auf der anderen Seite des Kamins liegt - so soll die Wärme aus dem Kamin länger in den Wohnräumen vorgehalten werden.


    Während ein Teil der Arbeiter damit beschäftigt ist, das Dach mit Tondachziegeln auf einer Unterlage aus Latten und Stroh zu decken, kümmern sich andere Arbeiter um den Ausbau der einzelnen Gefache. Dafür wird eine zähe Mischung aus Lehm, Stroh und Kuhurin angerührt und in die Gefache eingebracht, wo bereits ein Gewebe aus Birkenzweigen eingepasst wurde. Dieses Gitter wird den Lehm halten und ihm Stabilität geben, wenn er durchtrocknet.


    Dank des heißen Wetters gehen alle Arbeiten gut voran.

  • Eines Abend biegen Alanis und Damorg in den Stichweg ein, der zu dem Grundstück führt. Die Sonne scheint, aber die ersten kühlen Schatten fallen von den Bäumen herab auf den breiten, ausgetretenen Weg. Außerhalb der Reichweite neugieriger Augen, nimmt Alanis wieder Damorgs Hand.

  • Damorg muss schmunzeln, hat er doch selbst darauf geachtet, ob sie in Sichtweite von anderen Siedlern waren.


    "Eine schöne Gegend. Man kann dir Ruhe förmlich greifen. Hoffen wir, dass es noch viel Jahre so bleiben wird."

  • "Ich bin sicher der Sergeant mit ihrer gewohnt herzlichen Art wird dafür sorgen, dass es eine ruhige Gegend bleibt", gibt Alanis trocken zurück, doch das leichte Vibrieren von Lachen in ihrer Stimme beweist, dass sie die Worte nicht ernst meint - nicht vollends, zumindest. Sie deutet mit der freien Hand in Richtung der Unterstadt, wo man über den Baumspitzen die See erblicken kann. Der Boden zu ihrer beider Füßen ist von den Fuhrwerken, die das Material gebracht haben, und dem wechselhaften Wetter des Spätsommers uneben geworden. "Und ja, es ist schön hier. Eine gute Wahl." Sie klingt äußerst zufrieden und streichelt mit dem Daumen über Damorgs Handrücken.

  • "Ich glaube ihr beide gebt vorzügliche Nachbarn ab. Wenn ihr euch überhaupt einmal seht, wenn die beiden Häuder fertig sind. Ihr seit beide soviel unterwegs."


    Er schüttelte leicht spielerisch den Kopf.


    "Das ganze Grün ist einfach beruhigend. Manchmal kann ich Gerion verstehen, warum er so gerne im Wlad unterwegs ist. Du darfst hier nur keine Angst haben, dass dir mal ein Waschbär in die Küche einbricht."


    Scherzte der Priester und schubst Alanis von der Seite.

  • Sie streckt ihm zu Zunge raus und wirkt wie ein übermütiges Mädchen und nicht wie die Priesterin, die sie sein will - sein sollte?


    "Ieh, lebendige Dinge in einem lebendigen Wald. Damit hätte ich ja nun überhaupt nicht gerechnet, Damorg."


    Sie gehen um die Biegung und einige Dutzend Schritt entfernt taucht das Grundstück vor ihnen auf.

  • Damorg seufzte.


    "Wie ich kleine Kinder doch mag. Oder Frauen, die sich wie solche benehmen."


    Er warf ihr einen gespielt abwertenden Blick zu, nur um ihr kurz drauf einen Kuss auf die Lippen zu drücken. Als er wieder nach vorne zu dem Grundstück blicke, atmete er einmal tief die bereits kühle Waldluft ein.

  • "Ich bin sicher, Deine weitreichenden Erfahrungen mit beiden Arten spricht aus Dir", gibt sie zurück, doch der Kuss bewirkt, dass sich ihre Mundwinkel nachhaltig oben halten. Sie biegen auf das Grundstück ab. Das Fachwerk im Erdgeschoss ist bereits komplett mit Lehm ausgekleidet und jemand hat sich die Mühe gemacht, kleine Muster in den Lehm zu drücken, so dass das trocknende, rotbraune Baumaterial gleich ein wenig einladender aussieht. Der Dachstuhl ist komplett mit Latten bedeckt, aber bislang nur zu Hälfte mit Schindeln bedeckt. Während in einer Ecke des Gartens noch heilloses Chaos herrscht, ist am anderen Ende die Erde umgegraben und eingeebnet worden. Alanis bleibt stehen, um den Anblick auf sich wirken zu lassen. "Tja, das ist es - bisher."

  • Eine Lächeln schleicht sich langsam auf sein Gesicht, als er meint einen gewissen Stolz bei Alanis erkennen zu können. Mit einer lässigen Bewegung lässt er die Hand der Priesterin los um sich dann hinter sie zu stellen. Seine Arme schliesen sich von hinten um ihren Bauch. Sein Kinn betete er sanft auf ihre gesunde Schulter.


    "Ein sehr schöner Ort."

  • Alanis legt ihre Hände in einer selbstverständlich wirkenden Geste auf seine Hände, die auf ihrem Bauch liegen.


    "Schön, dass es Dir gefällt, denn ich gehe davon aus, dass Du die ein oder andere Stunde hier verbringen wirst."


    Sie lehnt den Kopf gegen den seinen.


    "Ganz schön verrückt. Ich kann mich immer noch nicht vollends an den Gedanken gewöhnen, dass ich so viel besitze."


    Ein leicht belegter Klang in ihrer Stimme lässt vermuten, dass sie nicht nur das Haus und das Grundstück meint.

  • Der Priester atmet tief durch und lässt die Gerüche des Waldes und der Priesterin auf sich wirken.


    "Atme einmal tief durch. Am besten durch die Nase. Ist dir schon einmal aufgefallen, dass man sich bei einem Traum nie an die Gerüche erinnern kann? All das gehört dir und du hast es dir verdient."


    Er schließt die Augen und ein Bild des Hauses kommt ihm in den Sinn, von dem Tag an dem es fertig ist.

  • "Hm, da ist doch irgendwo ein Philosoph an Dir verloren gegangen, scheint mir." Alanis atmet tatsächlich einmal tief durch. "Stimmt, das hier ist kein Traum. Aber es erschreckt mich doch ein wenig."


    Sie bleibt eine Weile unbewegt stehen, dann löst sie sich von Damorg und macht einen Schritt nach vorne, ihn über die Schulter ansehend.


    "Komm, ich zeig Dir, wie es drinnen aussieht."

  • Als sich die Priesterin bewegt öffnet er die Augen wieder. In einem leisen Brummen bringt er seinen Unmut darüber zum Ausdruck.


    "Ich bin so einiges aber kein Philosoph."


    Schnell schließt er wieder zu ihr auf und die beiden betreten über die Schwelle das Haus.


    "Ich bin sehr gespannt."

  • Sie betreten das, was einmal die Küche werden wird. Der Raum ist bereits fertig, bis auf die Fenster, deren Rahmen zwar eingesetzt sind, bei denen aber noch die Scheiben fehlen. Auch die Haustür und die schmale rückwärtige Tür, die zu Garten und Brunnen hinausführen wird, sind noch nicht eingepasst, ebenso wenig wie die Pforte, die in den zweiten Raum führt.


    An der linken Wand ist ein Kamin gemauert, dessen Abzug sich zur Decke hin leicht verjüngt. Eine große Metallplatte an der Wand hinter dem Herd ist dazu gedacht, die Wärme im Haus zu halten und die Wand vor der Hitze zu schützen. Auch der Bodenbereich um den Kamin ist gemauert, damit die Glut beim Holzboden keinen Schaden anrichten kann. Rechter Hand führt eine Treppe hinauf in den ersten Stock.


    "Küche. Und gute Stube." Sie wirft Damorg ein Lächeln zu. "Die besten Gespräche führt man in Küchen, finde ich. Hier kommt ein großer Tisch hin, da hinten an die Wand ein Schrank mit dem Geschirr und all dem Zeug, das man braucht. Und neben den Eingang noch ein Tisch zu arbeiten. Die Köchin in mir frohlockt."
    Sie grinst.

  • Damorg muss schmunzeln.


    "Ja in der Küche kann man viel erleben."


    In seinen Gedanken schweift er zu der Küche im Tempel der Fünf.
    "Gute Gespräche führen und manchmal mehr über einen Menschen erfahren, als man glaubt."


    Seinen Blick richtet er auf ihre Augen und ein zufriedenes Lächeln breitet sich in seinem Gesicht aus, es wirkt fast etwas verträumt. Die Erinnerung an die erste Berührung die er mit ihr Teilte, als er bereits mehr als nur Freundschaft für sie fühlte, war sofort wieder da.

  • "Hm, stimmt. Und dann geschehen vollkommen unvorhergesehene Dinge." Sie tritt vor ihn, legte eine Hand auf seine narbige Wange und gibt ihm einen Kuss. "Womit wir übrigens beim nächsten Raum wären - Schlafzimmer." Sie entzieht sich ihm wieder mit einem Schritt und geht hinüber in den kleineren Raum, der sich an die Küche anschließt. Auch in diesem riecht es noch nach Staub und Lehm und auch hier gibt es die in die Wand eingelassenen Metallplatten, die die Hitze des Feuers im Raum halten sollten. "Du hast mir die Frage, ob Du es dargaresisch oder bodenständig magst, immer noch nicht beantwortet." Ein Funke glimmt in ihren Augen auf.

  • Das Lächeln aus seinem Gesicht war immer noch nicht gewichen.


    "Das ist nicht meine Entscheidung. Und auch wenn ich das Bodenständige bevorzugen würde, so ist dagaresisch sicherlich auch angebracht, da Dargaras deine andere Heimat ist."