Kassandras Besuch

  • "Ich wünschte du könntest... aber ich wüßte nicht wie. Vielleicht ist dem nicht zu helfen...nicht weil es grundsätzlich aussichtslos ist, sondern weil ich es aus mir alleine lösen muss. Endúneath kann nicht begreifen, dass Leben so enden und er denkt, dass man mir keine Prüfung stellen wird, die aussichtslos zu bestehen ist... aber das Gesetz des Stärkeren ist nun einmal unausweichbar. Wir werden mit dem Alter und den Erfahrungen mächtiger. Magie, Kraft... Seele... wir nähern uns den Fähigkeiten der Uralten... aber das ist kein Geschenk, diese Macht muss mit Weisheit einhergehen, mit dem tiefen Verständnis für die eigene Seele und für alle Seelen, die einen umgeben. Das ist ein wichtiges Wunder, dieser Grundsatz hat unendliche Bedeutung."


    Wieder schweigt sie kurz.


    "Einst war das in meinem Volk anders... jeder wurde groß...doch die Unsterblichkeit hatte seinen Preis. Ohne die Prüfungen gab es Fehler, die unsereins in dunkle Abgründe stießen. Und deshalb vertreten wir diese Gesetzmäßigkeit. Nur wer Wahrhaftigkeit erlangt...darf sie auch in sich hüten."


    Plötzlich ändert sich ihre Stimmung. Sie lehnt sich zurück und stützt sich auf die Unterarme, den türkisfarbenen Blick mit jenem seltsamen Leuchten, das einen Bruchteil dieser unendlichen Macht in ihr wiederspiegelt, die im Begriff ist zu erwachen und ebenso auch vernichten kann... in die Sterne gerichtet.


    "Es ist Frühling Kassandra... ich spüre es in jeder Faser meines Körpers. Es ist lange her, dass ich so tief einatmen konnte... die Zeit, die noch verbleibt, gilt es mit aller Kraft auszukosten...der Wolf lebt im Jetzt...ich will noch ein wenig fühlen, wer ich war...ehe ich diesen einen letzten entscheidenden Kampf, um mich selbst führe...und vielleicht für immer gehen werde."

  • "Ja, es ist Frühling." Kassandra lächelt. Ihr Blick wird zu der Ranke an ihrem Handgelenk gezogen. Die winzigen Blüten daran sind abgefallen, die Blätter größer und dunkler geworden.
    "Dann solltest du die Dinge tun, die man im Frühling so tut", grinst sie, die Augen glitzern schelmisch.

  • Derweil sitzt einige Quartiere weiter ein einzelner Hên Meneldû vor einem leeren Blatt, eine Schreibfeder in der Hand und mit nachdenklicher Miene.
    Letzlich ist er doch in dieser Situation mitnichten so alleine, wie er manchmal fühlt. Sicherlich, da ist Ivoreth...
    Er lächelt. In gewisser Hinsicht folgt er mit dem nun folgenden Geschriebenen dem Rat der Hauslosen.


    "Liebste Cousine,


    viel zu lange habe ich darüber nachgedacht, ob und wie ich mich mit Zeilen wie diesen an Dich wenden soll," beginnt er den Brief.


    Den Zeichen folgen noch einige mehr, seine Miene scheint sich immer mehr zu entspannen, je länger er schreibt.


    Irgendwann setzt er die Feder ab und lässt noch einmal seinen Blick darüber schweifen, während er das Trocknen der Tinte erwartet. Schließlich faltet er das Papier zusammen, versiegelt es und schreibt in besonders filigranen Symbolen den Empfänger der Botschaft darauf.


    "Sera Conatha Tíriêl Tel'Alan"

  • Sie sieht zu ihr auf, bleibt jedoch in ihrer zurückgelehnten Position.


    "Es gibt Dinge, über die ich nachdenke, schon seit einem Sternenlauf. Jede Entscheidung, hebt und senkt Waagschalen, gleicht aus oder bringt Ungleichgewicht," sie hebt leicht ihre Schultern. "Es gibt Dinge, über die ich schon länger als einen Sternenlauf, Gedanken wälze und alles greift dennoch in einander zusammen."

  • Tear'asel beisst sich kurz auf die Lippe und gibt ein leichtes Knurren von sich, dass aber keine Wut vermittelt sondern leichte Unsicherheit.


    "Ich bekomme einen gewissen Mondelben nicht aus meinem Kopf und manchmal tut er auch genügend dafür, dass es nicht passiert. Die meiste Zeit aber schaut er wie ein Lemur, dem man versucht zu erklären, was wirklich wichtig ist im Leben. Nur wenn er es doch irgendwann versteht, bin ich vielleicht nicht mehr da."


    Dann wiegt sie ihren Kopf hin und her.


    "Und dann gibt es das Gefühl, dass ich micht irgendwo zwischen all dem hier," sie deutet nach unten in die Siedlung, "vergesse. Und das möchte ich nicht. Mein wildlelbisches Erbe erscheint so vernachlässigt, dass ich mir wie abgestorben vorkomme. Die kulturellen Unterschiede, die es zu überwinden gilt, tun ihren Teil dazu. Dabei muss ich nicht zivilisiert sein, nicht wie sie. Wenn ich Tear'asel bleibe...habe ich am ehesten die Chance zu überleben, bei dem was kommen wird."

  • Kassandra fährt sich mit der Hand übers Gesicht.
    "Tear'asel, verbieg dich nicht so für 'nen Mann. Das lohnt nicht, du bleibst dabei auf der Strecke", seufzt sie. "Entweder nimmt er dich so wie du bist oder er soll bleiben wo der Pfeffer wächst..."

  • So menschlich und so niedlich. Tear'asel schenkt Kassandra ein wölfisches Grinsen und wirkt dabei deutlich jünger als sie ist.


    "Ich verbiege mich nicht. Glaubst du allen Ernstes nach all den Jahren unserer gemeinsamen Freundschaft, würde ich mir noch eine Persönlichkeit aneignen, nur damit Endúneath merkt, wo der Mond auf- und untergeht?" Sie schüttelt schmunzelnd ihren Kopf "Nein alte Freundin, mit Sicherheit wird er lange darauf warten, aus mir eine Hên Meneldûzu machen, die ihm gefälliger ist. Ich bin Khel'Anhor, wer kann schon behaupten, je eine seinen Schatz genannt zu haben, der dafür nichts getan hat."


    Einen Moment überlegt sie ob sie Kassandra, von ihren Plänen erzählen sollte, die sie letztlich aus Amonlonde von fort von allem hier führen würden, vermutlich ohne eine Rückkehr, dann verneint sie das. Sie würde es ihr versuchen auszureden und das einzige was dann gegen ihre emotionalen und gewiss zu großen Teilen richtige Argumentation helfen würde, wäre der Seelenmantel. Also schweigt sie dazu und behält das Lächeln ihrer eben gesagte Worte noch ein wenig aufrecht.

    Pink fluffy unicorns dancing on the rainbow..dummidudidummm

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  • Einige Zeit verbringt die Khel'Anhor damit in den Himmel zu blicken, ehe sie aus ihren Augenwinkeln wieder zu Kassandra schielt.


    "Jetzt informierter über meine Traurigkeit?"

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  • "Undankbare und nie zufriedene Sterbliche," murmelt sie gespielt mißbilligend aber grinst dann entschuldigend, falls Kassandra, ihre Worte doch falsch auffasst.


    "Sterne...elenath zwischen tinnu, dem Zwielicht der Sterne," ihrem Blick zurück in den Himmel folgend. "Man sagt, dass wenn ein Uralter aus meinem Volk dahinscheidet, vergießt die Erdgöttin Tamsia eine Träne und jene wandert hinauf ins Zwielicht und wird zu einem Stern. So nennt man die ersten unseres Volkes auch... Seldarine."


    Sie hebt eine Hand und deutet in einen Sternhaufen, an dem ein Stern besonders hell am dunklen Himmelszelt scheint.


    "Feyialia Sternenhaar, die Gefährtin des Adan Tasilis, dem sie ihre Unsterblichkeit schenkte... aus Liebe. Als er starb, ging auch sie und folgte seiner Seele, um auch nach dem Tod immer bei ihm zu sein."


    Andere Fingerzeige folgen...


    "Una'rhet, ihr Burder...Schutzherr der Wildnis, Erylidian der Herr des Kampfes, seine Liebe Meridia Friedenslied strahlt hell neben ihm. Sie ist die Seele des Friedens."

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  • Kassandra hört interessiert zu und lächelt als Tear endet.
    "Bei uns sind sie auch die Seelen der Ahnen."
    Daß man echt froh sein konnte, daß die Ahnen so weit weg und einem nicht hier auf der Erde den ganzen Tag die Ohren vollquasselten verschweigt sie lieber - das paßte grade eher nicht so gut zu Tear'asels Stimmung.

  • Sie nickt und schweigt eine Zeitlang, in der sie weiterhin auf dem Moos zwischen den Findlingen an Kassandras Seite auf dem Hügel verharrt. Irgendwann richtet sie ihre Stimme wieder an die Schankmaid.


    "Was ist eigentlich genau los zwischen dir und Endúneath, abgesehen von den Dingen über die wir gesprochen hatten und die dich in gewissem Maße Abstand von ihm genommen haben lassen."


    Das die Frage eher rethorischer Natur war, erwähnt Tear nicht. Aber vielleicht hatte Kassandra einfach Lust sich die Dinge von der Seele zu reden, bei jemandem anderen als ihrem "Schüler" oder ihrer "Lehrerin".

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  • Kassandra zuckt die Schultern und läßt sich an dem Stein herunterrutschen bis sie auf dem Boden sitzt, den Rücken an den Stein gelehnt.
    "Ich weiß es nicht, Liebes", gibt sie zu. "Wenn ich's rausgefunde habe lasse ich's dich wissen..." Sie klingt nachdenklich, vielleicht ein bißchen traurig.
    "Ich hab mal geglaubt ich verstehe ihn... aber das werde ich wahrscheinlich nie."

  • Kurz schleicht sich Mitgefühl ein. Wenn sie Endúneath nur ein wenig weniger gut kennen würde, wäre es vermutlich nicht aufgetreten aber auf seine Art war er genauso kompliziert und stur wie sie selbst, nur eben mit weniger Gefühlen.


    "Er tut sich unglaublich schwer... mit so vielem... er erlebt das Wunder des anders sein, eine Brücke zu sein zwischen zwei verschiedenen Welten, die beide fremd sind und uns dennoch allen zu eigen. Wärme und Kälte, Poesie und absoluter Rationalismus, Taktik und Instinkt... Liebe und die Abwesenheit von eben jener. Er kämpft...um beides... um seiner Vergangenheit gerecht zu werden und um mehr als das, weil zu fühlen seiner Seele mehr entspricht, als es nicht zu tun. Tja und bei diesen Kämpfen kann man nur alles falsch machen, bis es irgendwann richtig ist."


    Dann wird ihre Stimme merklich leise, ihr Blick verharrt auf einem Zelt irgendwo in der Ferne der Mondelbensiedlung.


    "Endúneath wird etwas verändern, früher oder später, wenn er aufhört vor der Wahrheit Angst zu haben, weil sie sich nicht nur in seinem Volk finden lässt, die Antworten nicht immer in der Sprache der Hên Meneldû gesprochen werden, wird er etwas Neues, eine Brücke sein... das wird mit vielen Schwierigkeiten behaftet, darauf möchte ich wetten und nicht immer wird man seine Entscheidungen gutheissen aber er wird auch irgendann lernen, dass er es nicht immer recht zu machen hat. Er ist kein Kind mehr, sondern eine Ausnahmeerscheinung in ihrem Volk und sie sollten das als Schatz anerkennen."


    Wieder sieht sie zu Kassandra.

  • "Du meinst weil er so unglaublich schwer von Begriff ist manchmal, was diese sogenannten Gefühlsdinge anbelangt?"


    Das meint sie nicht ohne ein kurzes belustigendes Blitzen in ihren Augen.


    Sie mochte das Schulterzucken nicht, diese menschliche Bewegungsabfolge, drückte etwas aus, das keinen Wert besaß und hier war es sogar eine Lüge, weil es Kassandra im Grunde alles andere als egal war. Dennoch unterdrückt Tear'asel den plötzlich aufkeimenden Wunsch an Kassandras Schultern zu rütteln.