Die Bibliothek 2

  • Alanis schüttelte den Kopf.

    "Nein, lass mal. Ich bin in letzter Zeit nicht sehr hungrig Abends - die Sache schlägt mir schon auf den Magen, bevor sie anfängt."


    Sie grinste schief und erhob sich, mit den Blättern winkend.


    "Die sehe ich mir noch an, dann ist Schluß für heute."

  • Kassandra hat die Leseecke der Bibliothek zu ihrem persönlichen Büro umfunktioniert und wünscht sich nicht zum ersten Mal einen persönlichen Schreiber. Wer hätte gedacht, daß dieser Richterposten mit so verflucht viel Papierkram verbunden ist?
    Durch die halb geöffnete Tür hört sie die Kinder in der Küche spielen; Ruth, Kaspar und Julius verbauen lautstark jeden einzelnen Bauklotz den sie besitzen zu einer gewaltigen Burg. Freya ist nicht zu hören, aber die Tatsache, daß die anderen drei ihren Namen immer wieder in die Anweisungen einbauen zeigt an, daß ihre große Tochter auch am Spiel beteiligt ist. Thyras Stimme ist ab und zu in besänftigendem Ton zu hören; sie beaufsichtigt die Kleinen während Ancale und die Zwillinge sich in ihre Zimmer zurückgezogen haben.
    Nächster Fall. Ein kurzes Überfliegen der Schrift läßt sie die Augen verdrehen. Fredgar Josson. Schon wieder. Was hat er diesmal angestellt? Und warum zum Geier ist der Mann nicht in der Lage sich in die Gemeinschaft des Dorfes einzufügen? War doch schließlich seine Idee aus Outilistan auszuwandern, oder? Bereits das dritte Mal in ihrer kurzen Amtszeit hat sie die Knalltüte jetzt auf dem Tisch und wer weiß wie oft Cordo sich vorher mit dem Kerl beschäftigen mußte. Immer nur Kleinigkeiten; hier ein Brot geklaut (wer zur Schneiderin klaut in Amonlonde Brot??) da den Wagen des Nachbarn ungefragt benutzt... Es scheint fast als ob er seine Grenzen testet. Immer wieder.
    "Was mach ich jetzt mit dem?"
    "10 Wochen Kerker!!", kommt Ruths laute Stimme aus der Küche, und Kassandra ist fast geneigt ihrer Tochter zuzustimmen.
    Vielleicht sollte sie Baul fragen ob er Verwendung für einen notorischen Tunichtgut hat...

    Das Problem ist nicht der Druck! Das Problem sind die Apachen!!

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  • Während der Regen gegen die Fensterscheiben geweht wird arbeitet Kassandra in der nächsten Stunde den Stapel Akten vor sich durch. Grundstückstreitigkeiten, Steuerfragen, wer wem welche Kuh von der Weide getrieben hat und wer für den Schaden an Zäunen aufkommen muß, den vielleicht Wild, vielleicht aber auch die Herde Schweine des Dorfobersten eingerissen hat. Für alles findet sie eine Lösung, nur für Fredgar nicht. Die Gesetzessammlung gibt wenig Anhalt und läßt viel Spielraum zu Eigeninitiative - eigentlich eine gute Sache; und Cordo würde ihr sicher auch erklären können warum das eine gute Sache ist.
    Seufzend lehnt sie sich zurück während ihre jüngste Tochter immer noch für irgendeinen erfundenen Bösewicht 10 Wochen Kerker fordert.
    Mal eine Pause machen.
    Sie schließt die Augen und läßt ihre Gedanken wandern. Unweigerlich finden die das Band zum singenden Wald und sie läßt zu, daß die reale Welt in den Hintergrund tritt und der Wald in den Fokus ihrer Aufmerksamkeit rückt.
    Die Wälle sind noch intakt, das ist das erste was sie spürt. Wie eine Zahnlücke, nach der man immerzu tasten muß, wie eine taube Stelle auf der Haut, über die man immer wieder streicht um zu spüren ob sie immer noch taub ist.
    Diese silbrige Undurchdringlichkeit um den Baum im Zentrum des Waldes stört sie, auch wenn sie selber sie errichtet hat und das jeden Abend aufs neue tut. Jemand anderem würde sie das wohl nicht erlauben.
    Sie weiß daß der Baum da ist, spürt ihn durch das Wurzelwerk und im Lied des singenden Waldes, jetzt, wo sie sich darauf konzentriert. Doch der direkte Bick ist versperrt, im fedrigen, schläfrigen Grün der Gedanken ist dieser massive Block, den auch die eingewebten Firlefanzzauber nicht viel freundlicher gestalten.
    Sie seufzt wieder. Gewöhn dich dran.

    Das Problem ist nicht der Druck! Das Problem sind die Apachen!!

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