Die Taverne "Zum Zaunkönig" ( 8 )

  • Liam erhob sich ebenfall und warf dann einen fragenden Blick auf ihre Hand, während es seine schon hob, um die ihre zu ergreifen.


    "Ist es erlaubt?", fragte er leise und für einen Moment war jegliche Humor aus seinem Gesicht vorschwunden.

  • Für einen Augenblick war sie geneigt, einen Schritt zurückzugehen. Jeglichen physischen Kontakt hatte sie sich angewöhnt zu vermeiden. Dann erinnerte sie sich aber daran, dass sie Handschuhe trug und unterdrückte den Impuls.


    "Aber natürlich."


    und ließ ihn gewähren.

  • Liam ergriff ihre Hand und beugte sich vollkommen korrekt darüber. Er hielt ihre Finger vielleicht einen kleinen Moment zu lang, aber wer hätte das schon beurteilen können?


    "Dann bedanke ich mich für die charmante Begleitung. Auf bald."

  • Eine kleine Gesellschaft, bestehend aus Niro und drei Frauen, betrat den 'Zaunkönig'.


    Da Niro und die andere Frau - wie hieß sie noch einmal? Alanis hatte es schon wieder vergessen - Isabell hereinbrachten, kümmerte sich die Priesterin darum, ein Zimmer zu besorgen und die Gruppe dann dorthin zu lotsen.


    "Habt Ihr die Beschwerden öfters?", erkundigte sich Alanis bei Isabell.

  • Isabell hatte irgendwann auf dem Weg ihre Augen geschlossen und sich einfach führen lassen. Dadurch wurden die Kopfschmerzen zumindest etwas erträglicher. Erst als Alanis sie ansprach, bemerkt sie das sie schon im Zaunkönig war.


    "Nein, ich kenne das gar nicht. Weder diese stechenden Kopfschmerzen, noch dieser unangenehme Druck, noch...:"


    Weiter kam sie nicht, denn plötzlich war alles schwarz


    "....Bäume huschten vorbei....... eine Kerze......der Sichemond..."


    Kaum ein Augenblick später sah sie wieder das Gesicht von Alanis vor sich. Verwirrt blickte sie sich um. Sie stand noch auf den Beinen, aber sie zitterte leicht.

  • Alanis betrachtete, wie Isabell kurz geistig wegsackte und das Ganze mit der klinischen Neugierde eines Arztes. Inzwischen waren sie in einem der kleinen Zimmer angekommen und man bugsierte Isabell auf die Bettkante.


    "Wo wart Ihr gerade?", fragte Alanis freundlich. "Habt Ihr wieder Dinge gesehen?"

  • Isabell spürte das Bett unter sich. Gedankenverlohren und erschöpft starrte sie vor sich auf den Boden. Alanis' Fragen hatte sie zwar gehört, aber es dauerte einen Augenblick bis sie diese auch verstand. Sie wollte antworten, wusste aber nicht wie sie es beschreiben sollte.


    "Es...... es sind einzelne Bilder.... wie aus einem Traum...... Sie tauchen auf, verschwimmen ineinander und lösen sich schließlich auf......."

  • Niro machte ein besorgtes Gesicht.


    "Also habe ich mir doch nichts eingebildet. Was für Bilder siehst Du? Kannst Du Dich an Einzelheiten erinnern? Oder ist alles verschwommen? Handelt es sich vielleicht um irgendeine Erinnerung aus der Vergangenheit - der Kindheit? Hast Du ein gutes oder ein schlechtes Gefühl dabei? Angst oder Geborgenheit? Irgendetwas?", fragte er.

  • Isabell fiel es immer schwerer zu Reden. Der Druck in ihrer Brust wurde stärker, so dass sie sich mit einem Arm auf dem Bett abstützte. Weiterhin versuchte sie sich das ganze zu erklären - erfolglos


    "Es war, als würde ich an vielen Bäumen vorbei laufen, durch einen Wald. Es ist Nacht, der Mond steht am Himmel und da ist noch eine Kerze."


    Sie schloss die Augen um sich besser erinnern zu können


    "Ich kann nicht sagen ob es eine Erinnerung aus der Vergangenheit ist. Auch was ich fühle kann ich nicht beschreiben...... es ist alles so verwirrt."


    Während sie sprach wurde ihre Stimme immer leiser und kaum hatte sie ihren letzten Satz beendet gab ihr Arm nach und sie sackte auf das Bett. Der Druck war nun entgültig zu groß geworden und hatte sie in die Tiefe gezogen.

  • "Also sind es zumindest scheinbar reale Bilder... Mond, Bäume, Wald, Ker...", begann Niro.


    Da sackte Isabell weg und Niro griff schnell zu und ließ Isabells Kopf langsam auf die Bettdecke gleiten.


    "Oh je... Was machen wir nun?", fragte er Alanis. "Für mich hört sich das stark nach einer Vision oder einer Erinnerung aus der Vergangenheit an, die sie verdrängt oder vergessen hat. Die Kerze... sie führt sie durch die Dunkelheit. Sie ist der Konzentrationspunkt, der sie hält. Der Mond... Auch ein starkes Symbol... Wenn sie Vollmond gesagt hätte, hätte ich mir vielleicht Sorgen gemacht. Aber so steht der Mond u.a. auch für gute, meist weibliche Göttinnen. Ja...", bekräftigte er nach kurzem Nachtdenken.


    "Der Mond steht für das spirituelle in ihrer Vision. Die Göttin, die religiöse Kraft. Obwohl es natürlich auch genau das Gegenteil sein kann: Der verhangene Mond oder der Vollmond für einen Zeitpunkt wo dunkle Mächte besonders stark sind. Es hängt vermutlich davon ab, wie sie selbst den Mond in ihrer Vision empfindet. Als Bedrohung oder als Licht und sanfte, stärkende Kraft?", sagte Niro nachdenklich.


    Nach eine Pause fügte er etwas zögernd hinzu:


    "Du weißt es noch nicht, Alanis. Deswegen muss ich es Dir erzählen. Ich habe Isabell auf einer Reise von der Schwelle des Todes zurückgeholt. Orks wollten sie in einem Blutritual opfern um ihre eigene Macht zu stärken. Es ist schon sehr viel Blut geflossen. Ihr Herz war gerade durchbohrt, als ich meine Hände auflegen konnte. Daher könnte es natürlich auch sein, dass diese Visionen... nun ja, quasi eine - euphemistisch ausgedrückt - Nachwirkung dieses Rituals ist. Im schlimmsten Fall sozusagen ein Einfordern, eine Erinnerung an das versprochene Opfer, um deren Tod bzw. Seele es betrogen wurde... Ein Fluch, der im Hintergrund droht. Natürlich fand das Ereignis damals im Wald statt, nahe der Heimstatt der Orks. Es ist wahrscheinlich, dass Isabell zuvor vor den Orks durch den Wald geflohen ist. Der Mond... nun, vielleicht ist das der Mond zu der Zeit, zu der es passierte. Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, welche Mondphase wir damals hatten. Kann es aber bestimmt nachschauen...


    Das Licht... nun, das könnte - was hoffentlich nicht anmaßend klingt - ich gewesen sein. Ihre Verbindung von der Schwelle des Todes ins Leben zurück..."


    "Was meinst Du, Alanis? Kannst Du so etwas erkennen? Lastet vielleicht ein Fluch auf Ihr? Oder doch eine gute göttliche Kraft, die sie zum Dienst ruft, weil Isabell es ihr schuldet. Was hätte schon der magischen Heilung Kraft bewirkt, wenn die Schwelle zum Tode bei ihr damals schon überschritten wurde? Ich wäre machtlos gewesen. Nur die Götter selbst hätten sie dann zurückbringen können..."

  • Den Seesack und den Mantel über die Schulter, mit zwei weiteren Taschen behangen und den Gurt mit dem Säbel umgelegt tritt Askir, nach seinem langen Weg aus der Unterstadt hinauf, in den Schankraum. Mit einem Schwung seiner Hand nimmt er beim Durschreiten der Tür seinen Hut vom Kopf und blickt sich im Raum kurz um. Dann durchschreitet er mit ausholenden Schritten den Raum und nimmt an einem Tisch Platz. Sein Sitzplatz ist so gewählt, dass er mit dem Rücken zu einer Wand sitzt und sowohl die Theke als auch den Eingang im Blick hat.

  • Die Taverne ist einigermaßen besucht. Ein paar Bauern, zwei Männer in blau-schwarzen Wappenröcken, ein paar weiter Burschen (Händler vielleicht). Es dauert nicht lange, dann eilt ein Schankbursche zu Askirs Tisch


    "Willkommen im Zaunkönig, der Herr. Was darf es sein? Ein kühler Trunk? Eine warme Suppe? Oder was deftige gegen den großen Hunger?"

  • Askir, der seinen Mantel achtlos über eine Stuhllehne geworfen hatte und dessen Hut auf dem Tisch liegt, blickt den Schankburschen an, als dieser an seinen Tisch tritt.


    "Ein Krug Wasser, denn der Weg von der Unterstadt hinauf zu Euch zieht sich. Vor allem bei dem Wetter. Und ein vernünftiges Mahl hatte ich heute auch noch nicht."


    Er denkt an die Zwiebackrationen zurück, die es in den letzten Tagen auf dem Tisch gegeben hatte. Da die Fahrt länger gedauert hatte, als vorgesehen, waren die Vorräte zur Neige gegangen. An sich ist ja nichts gegen Zwieback zu sagen, aber alleine macht das Zeug auch nicht glücklich.


    "Etwas Handfestes, etwas mit Fleisch wäre hervorragend. Was habt Ihr zu bieten?"

  • "Sehr gerne, ein Krug Wasser, frisch, kühl und durstlöschend. Dazu handfest und fleischig...aaaaaaaalso, das Gulasch braucht noch etwas, das ist leider erst für die Abendstunden vorgesehen. Aber kalten Braten kann ich euch anbieten, dazu eine reichhaltige Wurst- und Käsebeilage. Freilich mit knusprigem Brot, dazu Griebenschmalz und Kräuterquark. Wird gerne genommen, wenn der Sinn gerade nicht nach leichter Kost steht."

  • "Hervorragend", sagt Askir, zufrieden nickend. "Dann möchte ich einen kalten Braten mit knusprigem Brot. Und den Griebenschmalz."

  • "Wird gemacht, kommt sofort, der Herr!"


    Der Schankbursche hatte nicht zu viel versprochen, es dauert nicht lange, da stand das von Askir gewünschte vor ihm. Eine ordentliche Portion.


    "Wenn ihr noch etwas benötigt, nicht zögern. Ich heiße Patuljak."

  • "Danke", ist das Einzige, was Askir erwidert. Beim Anblick des Essens läuft ihm direkt das Wasser im Mund zusammen. Nach einem Schluck Wasser macht er sich direkt über den kalten Braten, das Brot und den Griebenschmalz her.


    Nachdem er gut die Hälfte der Portion verzehrt hat, winkt er abermals dem Schankburschen. "Patuljak!?"

  • Der Schankbursche war im Begriff, zwei Humpen Bier zu den Männern in Wappenröcken zu bringen. Danach steuert er sofort den Tisch von Askir an


    "Der Herr? Ist's denn recht?"

  • "Aye", erwidert Askir, indessen wieder sichtlich besser gelaunt. "Da ich wohl etwas länger bleibe stellt sich die Frage, ob Ihr noch ein Zimmer frei habt."