Der Dorfplatz von Renascân (3)

  • "So und nun? Erst etwas essen, oder doch lieber erst deine Sachen holen?"


    Nachdem sein Magen erneut knurrt, wirft er der Priesterin einen Blick zu, der wohl Mitleid erwecken soll.


    "Also Essen wäre mir wohl lieber, oder zumindest meinem Magen."

  • Alanis verbirgt ein Lächeln, indem sie scheinbar interessiert die Häuserfassaden betrachtet. In der für sie typischen Spazierhaltung - die Arme mal vor der Brust verschränkt, mal hinter dem Rücken - geht sie neben Damorg her. Die Spitzen ihrer robusten Reisestiefel lugen hin und wieder beim Gehen unter ihrem Rocksaum hervor.


    "Da es am Hafen nur Fisch gibt und wir den in den nächsten Tagen zu Genüge essen werden, ist es wohl besser, wir essen hier oben. Außerdem kann ich Dich einfach nicht hungern sehen."


    Sie wirft ihm einen schnellen Seitenblick zu und grinst.


    "Geh doch mit Deinen Sachen zur Dorflinde und warte da. Ich suche uns was aus und komme zu Dir."


    Spricht es, wartet noch nicht einmal auf Widerspruch und biegt dann in Richtung der Marktstände ab.

  • Da dem Priester keine Wahl gelassen wird, macht er sich auf den Weg zur Linde. Dort angekommen setzt er nach und nach seine Ausrüstung ab, dabei ist er sehr bedacht, dass alles an Ort un Stelle bleibt, innerhalb seiner gewollten Ordnung. Nachdem alles seinen Platz gefunden hat, setzt auch er sich hin.

  • Einige Zeit später hat Alanis gefunden, was sie sucht, ein wenig mit dem Verkäufer herumgefeilscht und transportiert, in ein Tuch eingeschlagen, einige Pflaumen, zwei große Rindfleischpasteten und einen Kanten Gewürzbrot in Richtung der Dorflinde. Den Einkauf legt sie zwischen sich und Damorg, als sie sich ebenfalls auf den Bank setzt, die den Baum einmal umläuft. Sie blickt nach oben zu den ersten braunen Blättern, die sich in der Krone der Linde gebildet haben.


    "So, bitte", sagt sie geistesabwesend, und dann: "Wer kommt eigentlich von der Garde mit?"

  • "Danke."


    Er macht sich bereits daran den Einkauf auszupacken um sich einen Überblick zu verschaffen.


    "Wie du bereits weißt Ashaba, dazu kommen noch Aalok und Dorian. Das wars dann auch schon soweit ich weiß. Wir sollen ja nur beobachten."


    Er räusperte sich um seinen Unglauben über diesen Befehl zum Ausdruck zu bringen.

  • Alanis beteiligt sich erst einmal nicht am Essen, sondern lehnt sich gegen den Baumstamm in ihrem Rücken und schlägt ein Bein über das Andere. Sie atmet tief durch und schließt kurz die Augen. Das Rascheln des Windes in den Blättern über ihr wirkt beruhigend und sie entspannt sich ein wenig, zum ersten Mal seit Tagen. Dinge warfen ihre Schatten voraus, die nicht mehr auszuhalten waren. Aber es gab da noch etwas, das geklärt werden mußte.


    "Wenn Du das nächste Mal meinst, mich verleugnen zu müssen, dann achte bitte wenigstens darauf, dass das niemand mitbekommt, der Dir das Gegenteil beweisen könnte. Das bekommt weder Deinem noch meinem Ruf sonderlich gut."


    Mit einer fast lässigen Geste pflückt sie ein braunes Lindenblatt aus der Luft, das sich taumelnd von seinem Ast gelöst hat.

  • "Ich kann dir nur nochmal sagen, dass ich im diesem Moment nicht an die Tragweite und Bedeutung meiner Worte gedacht habe."


    Die Pflaume die er eben in seinen Mund stecken wollte, lässt er wieder sinken.Er zuckte mit den Schultern und schürzte die Lippen.


    "Ich weiß nicht was ich mehr machen soll, als mich zu entschuldigen."

  • Alanis seufzt leise. Ihre Lippen formen ein 'Männer!', dann beugt sie sich hinüber, um ihm die Pflaume zu klauen. Das ist das Mindestmaß an Rachsucht, die sie sich erlauben kann.


    "Die Entschuldigung nehme ich an", sagt sie resigniert. "Aber kannst Du Dir vorstellen, daß mich vielleicht ein solches Detail wie die Tatsache, daß Du es nicht nur dem grünen Etwas gesagt hast, sondern vor aller Augen ausbreiten mußtest, interessieren könnte?" Wieder ein Seufzen. "Wenn das nächste Mal so etwas geschieht, dann lass mich bitte nicht einen ganzen Nachmittag am ausgestreckten Arm verhungern und rück bitte direkt mit allem heraus, anstatt mir anzubieten, ich könnte mich für tiefere Details bei Dir erkundigen."

  • Damorg nickte ihr zu und verzog kurz den Mund.


    "Ich werde mich bemühen. Meine Gedanken sind nunmal nicht die schnellsten, wenn es um solche Dinge geht."


    Nun nahm er sich erneut eine der Pflaumen.

  • Alanis rechter Mundwinkel zuckt hoch, wenn auch ein wenig widerwillig. Ihre Stimme klingt seidenweich.


    "Dann ein kleiner Hinweis unter Freunden: Frauen mögen es unheimlich gerne, wenn Männer an dieser Stelle des Gesprächs so etwas wie "Das wird nicht wieder vorkommen" sagen."

  • Damorg zieht eine Augenbraue nach oben und schaut Alanis etwas verwundert an. Nachdem dann der Rest der Pflaume in seinem Mund verschwunden ist und der Kern neben dem Priester auf den Boden gefallen ist, wirft er ihr nun einen ernsten Blick zu.


    "Es wird nicht wieder vorkommen."

  • "Schön." Alanis muss leise lachen und bricht sich ein Stück von dem Früchtebrot ab, das sie sich in den Mund steckt, um genüsslich zu kauen. Ihre grünen Augen leuchten auf - vielleicht ein wenig spöttisch, aber vor allen Dingen milde und gar nicht mehr wütend -, als sie nach dem Schlucken hinzusetzt. "Ich wollte das geklärt wissen, bevor wir wieder auf einem Schiff sind - Du weißt ja, was Schiffe mit unserer Stimmung machen."


    Sie nimmt sich ihre Pastete und beißt hinein. In einer Geschwindigkeit, die auszeigt, dass auch sie großen Hunger hat, verschwindet das herzhafte Gebäck in ihrem Mund.

  • Auch Damorg macht sich über die Pastete und noch eine Pflaume her.


    "Nunja, irgendwie freue ich mich auf das Schiff. Immerhin etwas Ruhe. Und die kann ich mehr als gut gebrauchen. Auf der anderen Seite bin ich mir sehr sich, dass ich das nach drei Tagen bereits wieder anderes sehe."


    Er muss schmunzeln.

  • Alanis seufzt und blickt nach der Sonne.


    "Wir müssen los", sagt sie dann, ohne die Sache mit den Schiffen weiter zu verfolgen. "Ich möchte nicht über die Planke hetzen, wenn sie schon eingezogen wird."


    Sie beißt in eine weitere Pflaume und steckt sich die übrigen in die Tasche ihres Rocks.

  • Damorg nickte der Priesterin zu. Es dauerte ein paar Augenblicke bis Damorg, nach ihrem kurzen Mahl, wieder all sein Gepäck auf dem Rücken hatte und die beiden losgehen konnten.


    Zuerst führte sie ihr Weg an der Herberge vorbei. Dort holte Alanis geschwind ihre Sachen aus dem Zimmer und schien damit nicht minder schwer bepackt, als Damorg.


    Von dort leiteten ihre Schritte sie in die Richtung der Unterstadt. Die Zeit war eng bemessen, so sputeten sich die beiden um ihr Schiff nicht doch noch zu verpassen. So sollte die Reise nach Amonlande beginnen, die nicht nur viel Ungewisses bringen sollte, sondern auch jetzt schon ihre dunklen Schatten auf die Gemüter der kleinen Gruppe warf.

  • Ein Bediensteter der Präfektur ging, ausgestattet mit einer Glocke, durch die Straßen. Von Zeit zu Zeit blieb er stehen, schellte mit seiner Glocke und rief aus


    "Höret, höret!!! Bürger und Bürgerinnen von Renascân!!! Findet euch in 60 Augenblicken vor dem Präfekturgebäude ein!!! Es gibt wichtige Neuigkeiten!!! Höret, höret..."

  • Vom Osttor kommend erreichten Gerda und Narvi bald den Dorfplatz. Vorbei an den kleinen und größeren Häusern im Ortskern gestikulierte Narvi in einige Richtungen und gab viel zu viele Informationen Preis zu verschiedenen Läden und Hausbewohnern. THEORETISCH wusste Gerda jetzt wo sie sich mit Lebensmitteln, Stoffen, Delikatessen und natürlich Wein vom Weinkontor Bramante eindecken konnte. Narv vergaß jedoch nicht zu erwähnen, dass Wein die Sinne benebelt und sie ihn daher kaum genießt. Die Überflutung an Informationen musste Gerda schon ziemlich zusetzen. Allerdings war es alles gut gemeint.


    Als Narvi eine Pause einlegte und tief durchatmete, konnte man seine Aufmerksamkeit erst auf die ruhige, beschauliche Ortsmitte lenken. Die Linde wiegte die Zweige im Wind, die Sonne beschien die neben ihr stehende Holzbank und von weiter her wehte sogar eine Brise vom Kristallmeer herüber.


    Narvi blickte zu Gerda.


    Ups...jetzt hab ich dich gar nciht auf meine Frage antworten lassen. Tschuldige, ich wollte, dass dir nichts entgeht von Renascan und hab dich zugeredet. ..Na wo kommst du denn her?

  • Zumindest im Norden des Dorfplatzes schien Ruhe und Beschaulichkeit gerade nicht hoch im Kurs zu stehen: Eine ansehliche Menschenmenge hatte sich vor dem Präfekturgebäude versammelt, das Murmeln drang bis zu Narvi und Gerda herüber. Irgendwas musste dort vor sich gehen...