Wolfspfade

  • Nach Osten, weiter und weiter nach Osten führt die beiden Wandler ihr Weg, tiefer in die Berge. Höher, immer höher. Sie meiden Straßen und ausgetretene Pfade, suchen sich eigene Wege, fort von der Heimat, die Nebelfang als einzige kennt. Sie laufen bei Nacht und am Tage, zwei Wolfsmenschen, auf deren Schultern schwere Lasten ruhen. Sie sprechen wenig bei diesem Anstieg, nur selten rasten sie, schlafen wenig. Die Zeit drängt. Nebelfang weiß es. Der Winter kommt. Der Winter mit seinem tödlichen Weiß, mit seinen eisigen Winden und verhungernder Beute. Noch ist er fern, zwei Mondläufe oder drei. Der Weg, der noch vor ihnen liegt, verkürzt diese Zeit zu einem Fingerschnippen.
    Und jeder Schritt, jeder Atemzug trägt sie weiter fort von ihrem Heim in den Wäldern..

  • Es wird Abend, als sie ein kleines Hochplateau erreichen. Es hat fast den ganzen Nachmittag gebraucht, das steile Geröllfeld zu erklimmen, und nun ist eine Rast pure Notwendigkeit. Nebelfang führt ihren Gefährten noch ein kleines Stück unter einen Felsüberhang.


    Kraft sammeln. Ich suche Feuerholz, knurrt sie und setzt schnaubend das schwere Bündel ab.

  • Mit einem zustimmenden Knurren setzt er die schwere Last ab. Während Nebelfang sich auf die Suche nach Feuerholz macht bereitet er mit ein paar Steinen eine kleine Feuerstelle vor. Als die Arbeit erledigt ist richtet er ein wenig Essen zur Stärkung.

  • Einige Zeit später taucht die Wandlerin wieder auf, die muskulösen Arme bis unter das bärtige Kinn mit Ästen und Zweigen beladen. Mit einem weiteren Schnauben lässt sie das Holz neben der vorbereiteten Feuerstelle zu Boden krachen und geht dann zu ihrem Gepäckhaufen. Leises Reißen begleitet die Verwandlung in ihre menschliche Form und sie macht sich, in der dünnen Bergluft zitternd, daran, aus ihrem Bündel Kleidung und eine Decke herauszusuchen. Schnell sind die Sachen übergestreift, dann setzt sie sich zu Brin an die Feuerstelle.
    "Ich hoffe, wir müssen nicht mehr weit gehen, um die Nebel zu finden. Weißt du, wie wir nach Daynon kommen? Erinnerst du dich daran?"

  • Während Nebelfang sich die Kleidung überstreift entzündet er mit dem gesmmelten Holz ein kleines feuer in der vorbereiteten Feuerstelle.
    Als das kleine Feuer brennt und langsam größer wird setzt er sich davor und nimmt das kleine Proviantbündel an sich. Nachdem Nebelfang sich neben ihn gesetzt hat reicht er ihr die kleine Mahlzeit.


    "Es ist lange her, dass ich dort war...aber ich erinnere mich noch gut daran."


    Die letzten Worte sind mit ein wenig Missmut in der Stimme gesprochen, ehe er sich einen kleinen Fetzen Dörrfleisch in den Mund schiebt und darauf rumkaut.

  • Auch Nebelfang nimmt sich von dem Fleisch und den getrockneten Beeren. Doch bevor sie einen ersten Happen nimmt, sieht sie Brin stirnrunzelnd an. "Was war dort?", fragt sie und schmiegt sich zärtlich an ihn.

  • Er rückt ein wenig näher an sie heran, als sie sich anschmiegt und legt seinen Kopf leicht gegen ihren.


    "Es ist weniger was, als vielmehr wer dort war."


    Er nimmt sich noch ein Stück Fleisch.


    "Schlechte Erinnerungen an Orks und...Katzen..."


    Gerade das letzte Wort ist mit deutlicher Verachtung gesprochen.


    "Wie lange wollen wir rasten?"

  • "Ja Katzen..."


    Er seufzt leise.


    "Ich hatte dir doch in den Drachenlanden schon von der Wandlerin erzählt. In Daynon war eine unserer letzten Begegnungen. Wenn es dich interessiert erzähle ich dir irgendwann gerne mehr. Zu einem anderen zeitpunkt, an einem anderen Ort."


    Der Blick schweift kurz über die Umgebung, ehe er sich wieder auf Nebelfang richtet.


    "Und die bist mir noch eine Antwort schuldig. wie lange wollen wir rasten?"

  • "Ach, die..", Nebelfang klingt plötzlich sehr uninteressiert.
    "Bis morgen. Ich will, dass wir noch einmal richtig ausruhen, bevor wir durch die Nebel gehen. In der Zeit will ich nicht Halt machen.. nicht in den Nebeln."
    Sie rollt sich in eine Decke und klein vor dem Feuer zusammen, einen Moment später kommt ein bestiefelter Fuß aus dem Haufen und streckt sich genüßlich zum Feuer hin.

  • Fast schon erleichtert atmet er auf als Nebelfangihr offensichtliches Desinteresse verkündet.


    Nachdem die Wandlerin sich vor dem Feuer zusammen gerollt hat legt er noch ein wenig Holz nach und nimmt sich dann ebenfalls eine Decke, um sich neben ihr zusammen zu rollen.


    Schon bald darauf ist nur noch ein ruhiges, gleichmäßges Atmen zu hören, bis die ersten Sonnenstrahlen beginnen die Dunkelheit der Nacht langsam zu vertreiben.

  • Nebelfang hat die Nacht eng an Brin geschmiegt verbracht, bis sie in der frühen Dämmerung zitternd erwacht, feucht von Tau. Das Feuer ist längst verloschen, als sie sich aufsetzt und streckt. Ihr Blick wandert zum Horizont, um auszumachen, wann die Sonne aufgeht. Doch alles, was sie sieht, ist ein graues Nichts. Hektisch sieht sie sich um, doch alles, was jenseits ihrer unmittelbaren Lagerstatt liegt, ist von der feuchten Brühe verschluckt worden. Eine Hand fällt auf Brins Schulter und schüttelt ihn. "Wach auf! Brin, wach auf!", flüstert sie leise, ihn weiter schüttelnd, bis er signalisiert, dass er wach ist, dann springt sie auf und schält sich zitternd aus ihrer Kleidung, packt ihr Bündel und verlässt ihre menschliche Gestalt.