Der Tempel der fünf Gottheiten (3)

  • Ein einfaches, etwas größeres, zweistöckiges Holzgebäude am südwestlichen Ende der Oberstadt.


    Jede der 5 Gottheiten besitzt einen abgegrenzten Bereich im inneren des Hauses, zudem gibt es eine Anzahl von weiteren, kleinen Räumlichkeiten, die für die Priester vorgesehen sind.


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  • Es ist Abend, als sich die Tempeltür öffnet und Johanna eintritt. Den weißen Mantel mit dem Pelzbesatz eng um sich geschlungen, fröstelt sie, als sie die Tür hinter sich schließt. Für einen Moment verharrt sie im Eingangsbereich und lässt den Blick schweifen. Das Gefühl, zuhause zu sein, durchflutet sie mit einer Macht, die mehr Wärme verbreiten kann als das Feuer, das in der großen Schale in der Nische brennt, die Kapal gewidmet ist.


    Sie streift den Mantel ab und legt ihn auf der hintersten Bank ab, die in der Laya-Nische steht. Mit sachten Schritten tritt sie an den Altar und kniet sich davor ab, den Kopf senkend und ihre Wintermütze von ihren schwarzen Haaren ziehend. Eine Weile bleibt sie im stillen Gebet, dann erhebt sie sich anmutig. Aus der Umhängetasche, die sie bei sich trägt und die mit dem Symbol der Bärentatze bestickt ist, nimmt sie zwei kleine Figuren, die die Kinder in den letzten Tagen gebastelt haben. Das eine ist eine Marionette aus Holz, Draht und Schnüren, die einen Zwergen darstellen soll. Sogar ein dunkler Rauschebart aus bemalten Sägespänen und eine Axt sind dabei. Liebevoll haben die Kinder mit Farben die Rüstung und den grimmigen Gesichtsausdruck aufgemalt. Die andere Figur, aus Stoff genäht und mit eingesticktem Gesicht, ist eine hochgewachsene Frauengestalt mit geflochtenen Zöpfen aus gelber Wolle. Diese Figur trägt allerdings kein Kleid, sondern einen Wappenrock aus Stoffresten, ein Schwert und einen kleinen Helm aus einer halben Walnussschale.


    Johanna schmunzelt, als sie die Geschenke der Kinder auf dem Altar ablegt und streicht mit den Fingern das Altartuch mit dem Blütenmuster glatt. Eine weitere Verneigung, dann zieht sie sich vom Laya-Schrein zurück.


    Ihre Schritte tragen sie zu den anderen Schreinen, wo sie jeweils ein kurzes Gebet an die Götter richtet. Als Letztes kniet sie sich beim Kapal-Schrein nieder. Mit einem leichten Lächeln betrachtet sie den Laya-Rosenkranz, die sie vor einigen Wochen neben der Schale als Geschenk niedergelegt hat und den niemand weggeräumt hat - fast hätte sie es der neuen Kapal-Novizin zugetraut, die immer alles dafür zu geben schien, dass alles seine Ordnung hatte.


    Schließlich nach einem weiteren stummen Gebet, erhebt sie sich und streift etwas Asche von ihrem leuchtendgelben Rock.

  • In einer Ecke kruschtelt es leise. Halb hinter dem Altar der Laya verborgen hockt das Haustier von Miriel. Mit großen Knopfaugen und zuckenden Ohren betrachtet es Johanna. In den kleinen Pfoten hält es etwas, was verdächtig nach einem Keks aussieht. Auf halbem Wege zu dem Vorhang, der die Räumlichkeiten der Priester von dem eigentlichen Tempel abtrennt, liegt ein weiteres Stück der Köstlichkeit.


    Ohne Johanna aus den Augen zu lassen, kaut Bartholomäus an seiner Beute herum.

  • Die Tür des Tempels öffnet sich langsam, und herein schiebt sich ein Mann, dessen Alter man schwerlich einschätzen konnte. Er war sehr blass, sein Gesicht eingefallen, so dass sich seine Wangenknochen hart hervorhoben, seine Lippen wirkten fast blutleer. Sein blau-schwarzer Wappenrock hing schlaff herunter, dies konnte man sehen, obwohl sich der Mann in einen Umhang gehüllt hatte. Ein Gardist offenbar.


    Auf ein paar Krücken gestützt humpelt er in den Tempel in Richtung des Akestera-Schreins. Würde man ihm einen Blick zuwenden, so würde er diesen mit einem schweigenden Kopfnicken und einem befremdlich wirkenden Lächeln, verursacht durch sein abgemagertes Gesicht, erwidern. Ein elender Anblick.

  • Johanna blickte von dem Waschbären, der ein Lächeln auf ihr Gesicht gebracht hatte, auf, als sich die Tür öffnete. Sie musterte den Mann, der eintrat, mit einem langen Blick und wünschte ihm einen guten Abend.

  • Der man flüsterte ein ehrfurchtsvoll-gedämpftes "Guten Abend", dann humpelte er weiter in Richtung Akestera-Schrein. Man sah deutlich, dass ihm jeder Schritt Mühe bereitete. Vor dem Schrein angekommen legte er eine Krücke beiseite und zog sich recht unbeholfen einen Hocker heran, auf dem er sich sich niederließ. Als er seine zweite Krücke ebenfalls niedergelegt hatte, begann er in seiner Tasche nach etwas zu suchen. Zum Vorschein kam ein Beutelchen, dessen Schnürung er mit abgemagerten, knochigen Fingern zu öffnen versuchte - scheinbar ein guter Knoten.

  • Schließlich hatte er es geschafft. Aus dem Beutel nestelte er zwei winzige Stoff-Säckchen hervor, die er - mühsam schnaufend und sich erhebend - auf den Altar legte. Dann ließ er sich wieder auf dem Hocker nieder und begann offenbar zu beten. Die Augen geschlossen bewegten sich seine Lippen nur ganz leicht, aber hören konnte man nichts.

  • Der Gardist verbrachte vor dem Schrein der Akestera eine lange Zeit. Schließlich war sein Gebt beendet, er erhob sich ächzend und griff einer seiner beiden Krücken. Als er einen einigermaßen stabilen Stand gefunden hatte, nahm er sich den Hocker und humpelte langsam zum nächsten Schrein, dem Kapals. Auch hier ließ er sich nieder. Es folgte ein ähnliches Vorgehen, er nahm zwei Stoffsäckchen und legte sie auf den Altar. Dann versank er im Gebet.

    Thankmar Rhytanian
    Botschafter Magoniens zu Montralur

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  • Als er hier geendet hatte, folgte ein gleiches Vorgehen am Schrein der Ellyris, dann an jenem Layas, und schließlich am Schrein von Teldron. Hier jedoch kam etwas neues hinzu. Als der Gardist sein Gebet beendet hatte, nahm er einen der beiden Stoffbeutel wieder an sich und ersetzte ihn durch einen etwas größeren Lederbeutel, den er allerdings auf den Opferstock legte. Dies vollzog er nun in umgekehrter Reihenfolge: An jedem Schrein machte er nochmals Halt, senkte seinen Kopf, nahm eines der beiden Stoffbeutelchen und platzierte einen Lederbeutel auf dem Opferstock. Wieder am Altar der Akestera angelagt versank er nochmals in ein längeres Gebet. Schließlich griff er sich seine zweite Krücke und humpelte zum Ausgang des Tempels. Dort angekommen drehte er sich nochmals um und neigte seinen Kopf. Dann verließ er den Tempel.

  • Johanna beobachtete den Mann eine Weile und überlegte hin und her, ob sie ihn ansprechen sollte. Aber es schien so in seinem Tun gefangen, dass sie sich dagegen entschied. Dennoch schickte ihr sein Anblick einen Schauer über den Rücken und als er gegangen war, bat sie die Herrin Laya, ihm in seinem Leben ein wenig Freude zu schenken. Sie nahm sich vor, einen der Priester, die schon länger in Renascân waren, nach dem Mann zu fragen und entschied sich, am nächsten Tag einmal bei Damorg nachzufragen. Seit der Priester seinen großen Tempel hatte und Johanna die meiste Zeit im Waisenhaus verbrachte, hatten sie sich nicht mehr gesehen.


    Sie warf noch einen prüfenden Blick auf ihren Schrein und verließ dann den Tempel.

  • Einige Tage später kam Johanna in den Tempel, sichtlich bedrückt und nachdenklich. Sie ging zum Altar hinüber und kniete sich dort nieder. Ihre Zwiesprache mit der bärentatzigen Göttin dauerte lang an diesem Tag, weil sie Verzeihung dafür erbat, dass sie sich in das, was zwischen dem Gläubigen und Göttern geschah, einzumischen gedachte. Natürlich war das auch Johannas Berufung, doch es gab Dinge, die sie sich bislang einfach nicht getraut hatte zu tun.


    Aber sei es darum, es ging darum, einen Menschen zu retten - oder zumindest seinen Verbleib zu klären. Johanna schluckte das bittere Gefühl der Versäumnis herunter, dann erhob sie sich wieder und suchte auf dem Altar nach dem Beutelchen, das der Gardist Konrad dort hinterlassen hatte.

  • Das Beutelchen lag noch immer dort, wo der verkrüppelte Gardist es abgelegt hatte. Auch die Beutelchen, die er an den Schreinen der anderen Göttinnen und Götter hinterlassen hatte, lagen noch an ihrem Ort.


    Es war nicht verknotet, sondern nur durch eine Kordel zugezogen. Im inneren befand sich eine hölzerne Bärentatze: Nicht perfekt gearbeitet, aber dennoch schien der Schnitzer sehr bemüht gewesen zu sein. Um die Tatze war eine kleine Schriftrolle gelegt, auf der folgende Zeilen in feiner, etwas wackeliger Schrift, standen:


    "Hienieden ist mein Werk vollbracht,
    in eure Hände begeb' ich mich,
    ihr Götter, zwei Dinge ich erfleh'
    schenket mir Gnade,
    und schützet die meinen."

  • Johanna verharrte eine ganze Weile ruhig vor dem Schrein und blickte auf die beiden Dinge hinunter, die in ihren Händen lagen. Schließlich legte sie beides wieder in den Beutel, sehr vorsichtig und legte ihn wieder auf dem Altar ab. Sie verneigte sich leicht und verließ dann in sehr niedergedrückter Stimmung den Tempel, um wieder zum Wachhaus zu gehen.

  • Ein paar Tage nach dem Fest im Zaunkönig betrat Jolante den Tempel. Wie es der Brauch war, schritt sie alle Schreine der fünf Götter ab und sprach ein kurzes Gebet. Am Schrein der Laya schien sie etwas länger zu verharren. Danach schaute sie sich neugierig um, ob jemand da war, der ihr weiterhelfen konnte.

  • Mit zwei der Kinder aus dem Waisenhaus im Schlepptau betrat Johanna den Tempel und begrüßte die wohltuende Kühle darin mit einem zufriedenen Seufzen. Die beiden kleinen Mädchen blickten sie fragend an, denn jedes hatte einen Korb dabei, der mit allerlei bunten Frühlingsblumen gefüllt war. Auf Johannas aufmunterndes Nicken hin liefen die Kinder kichernd zum Altar und begannen, ihn zu schmücken. Johanna begrüßte die blonde Frau, die in der Nische verharrte, mit einem freundlichen Lächeln.

  • Jolantes Aussehen war das einer Frau, ihr Gebahren eher das eines Mädchens. Johannas Lächeln wurde ebenso herzlich erwidert. Ihr fiel das Muttermal auf, das im Dekollete des Gegenübers zu sehen war: es hatte die Form einer Bärentatze.


    Hallo! Ich bin Jolante. Ich arbeite im Zaunkönig. Der Herr Priester Damorg war vor ein paar Tagen da und da hat er zu mir gesagt, ich soll hier hin kommen und Neela suchen. Aber ich weiß doch gar nicht, wer das ist. Und eigentlich weiß ich auch gar nicht, wieso ich sie suchen soll. Kennt Ihr eine Neela?

  • "Hallo Jolante. Ich bin Johanna. Und ja, ich kenne eine Nela", gab Johanna zurück und musterte Jolante für einen Moment durchdringend. "Sie kommt aus dem selben Kloster wie ich und ist mit mir zusammen hergekommen. Wenn Ihr ein wenig Zeit habt, dann könnt Ihr gleich mit uns zum Waisenhaus zurückgehen, Nela lebt dort ebenfalls."

  • Hallo Johanna. Kloster? Seid Ihr Priesterin? Und Neela auch?
    Ehfürchtig betrachtete Jolante die Frau aufs Neue. Dann lächelte sie wieder mild.
    Ich komme gerne mit, Danke. Arbeiten muss ich erst heute Abend wieder und der Herr Priester Damorg hat ja gesagt, dass ich Neela suchen soll und das ist bestimmt wichtig, sonst hätte er das ja nicht zu mit gesagt.

  • "Wenn Damorg das sagt, dann muss es stimmen", gab Johanna zurück und musste schmunzeln. "Und es stimmt auch, dass ich Priesterin bin. Die Herrin Laya hat mich damit gesegnet, für sie sprechen zu dürfen. Nela spricht auch für sie - nur eben nicht als Priesterin."


    Vor dem Altar schwatzten derweil die Mädchen leise miteinander und pieksten sich hin und wieder mit dem Finger in die Seite.