Im Hafen von Rendor

  • Marie war erstaunt, welche Wendung ihr Gespräch gerade nahm. Aber sie hattes sowas befürchtet - wollte sie ihrem Vater aber nicht ihre Gefühle offenbaren:


    "Ja, äußerst nett, höflich, charmant und wohlerzogen. Ein Ritter von Tugend. Er war mir gegenüber immer zuvorkommend."


    Ihr kamen seine Rosen wieder in den Sinn, die er ihr geschenkt hatte.
    Sie wollte diesen Umstand aber nicht vor ihrem Vater erwähnen.


    "Und?" wurde Marie nervös, wollte sie doch eigentlich eine Antwort auf ihre Fragen haben und nicht über den kaozischen Ritter sprechen, weil ilhr das unangenehm war.


    "Wirst Du mir erlauben, Prya zu mir zu nehmen und Fanny in den Ruhestand zu schicken?"

  • Michael betrachtete seine Tochter.


    Er bemerkte, dass ihr der Gesprächsstoff unangenehm war, sowohl bezüglich Prya und Fanny, aber auch des Herrn Bedevere.


    "Nun ja. Deine Ausführungen sind schlüssig zutreffend. Und ich denke auch, dass es Zeit ist, Fanny in den Ruhestand zu schicken. Aber was Prya betrifft... hmmm... und Fanny ist wirklich einverstanden, sich Pryas anzunehmen? Ich habe die Verantwortung für sie..."


    Marie nickte heftig.


    "Nun denn. Wir werden ja wieder viel auf Reisen sein - selbst Clarisse wird mitkommen. Wer sollte dann hier ein Auge auf sie haben. Sie soll zu Dir in den Haushalt überwechseln. Und Fanny wird eine angemessene Rente erhalten."

  • Marie freute sich, ging um den Schreibtisch herum und umarmte ihren Vater:


    "Danke, Vater. Du bist der Beste!"


    Ich werde es beiden gleich sagen. Und bevor Michael de Moriba noch etwas sagen konnte, war sie auch schon aus seinem Arbeitszimmer gegangen.


    Er schaute ihr nachdenklich und auch schmunzelnd hinterher... und dachte: Kommt Zeit... kommt Rat. Dann machte er sich an seine Papiere vor ihm.


    Marie war hingegen in die Küche gegangen und berichtete Fanny und Prya von dem eben Erfahrenem. Die anderen Bediensteten umkreisten beide und freute sich mit ihnen.


    Marie ging so dann wieder in den Salon und setzte sich an den Tisch. Zufrieden nippte sie an ihrer Tasse Tee und lächelte Clarisse an.

  • Diese erwidert Maries Lächeln mit einem kleinen Augenzwinkern, verkneift es sich allerdings neugierige Fragen zu stellen, auch wenn sie ihr noch so unter den Nägeln brennen. Statt dessen bemerkt sie in möglichst neutralem Ton, "Ein imposanter Herr, der Herr Ritter... ob alle kaozischen Ritter so stattlich sind? Und er scheint recht nett zu sein, findet Ihr nicht auch, Madame?" Bewußt bezieht sie die Frau ihres Onkels in das Gespräch mit ein, ist ihr doch aufgefallen, dass diese über das Verschwinden ihres Gatten mit seiner Tochter nicht besonders erfreut war.

  • Isabell de Moriba hatte keine Lust, sich mit den beiden zu unterhalten und stand ohne ein Wort zu sagen auf und ging.


    Marie sah ihr erstaunt hinterher.


    "Ist irgendetwas passiert?" fragte sie erstaunt zu Clarisse.


    Doch irgendwie musste Marie innerlich lächeln, denn sie konnte sich sehr gut vorstellen, was mit ihrer Stiefmutter war, und so fragte sie wiederum Clarisse:


    "Dir hat also Herr Bedevere gefallen? Er ist nett, oder? Auch wenn ich zugeben muss, dass er heute sehr knapp angebunden war. Ich freue mich, mit ihm zu reisen. Er hat immer interessante Geschichte zu erzählen und ich erfahre gleich viel mehr aus erster Hand über meine neue Heimat."


    Dann würde die Fahrt nach Kaotien nicht langweilig werden. So oft, wenn sie mit Flora reiste, war diese eher mit anderen Dingen bzw. Menschen beschäftigt, als mit ihr. Sie war halt nicht so kontaktfreudig wie sie. Sie wünschte, sie hätte mehr von Flora.

  • Auch Clarisse ist über die Reaktion der Dame des Hauses etwas überrascht, lässt sich von Maries Fragen jedoch rasch ablenken und gibt mit einem kleinen Lächeln zu, "Ja, er scheint ganz nett zu sein, wenn auch ein wenig reserviert, wie mir scheint. Was aber daran gelegen haben mag, dass wir ja alle für ihn fremd waren." Sie zwinkert Marie zu und bemerkt dann spontan, "Ach Marie, ich freue mich ja so für dich! Wenn der Herr Noyau de Guet-Clermont in Kaotien an deiner Seite ist, wird tatsächlich alles gut werden!"

  • Marie hob überrascht eine Augenbraue über Clarisse's letzten Satz. Wie meint sie denn das schon wieder?


    "Ähm... ja, ich denke er wird mir sehr behilflich sein können, sofern es seine Zeit es denn erlaubt. Clarisse, ich muss mich nun aber auch erheben und was tun. Es ist noch einiges zu packen, d.h. ich muss nochmal in mein Haus. Außerdem möchte ich Flora noch kurz benachrichtigen."


    Sie wollte gerade fragen, ob sie mitkommen wollte, doch dann fiel ihr ein, dass sie ohne sie noch ins Waisenheim könnte...


    "Ähm... Du hast sicherlich auch noch einiges für Eure Reise zu packen oder zu erledigen. Wir sehen uns dann heute Abend? Du möchtest doch noch, dass ich die letzte Nacht bei Dir verbringe?"

  • "Ähm..." eigentlich hatte Clarisse Marie ihre Hilfe anbieten wollen, doch scheinbar wollte diese lieber alleine sein, also nickt sie nur zustimmend, "Ja, gerne! Wenn es dir nichts ausmacht, natürlich!"

  • "Schön! Ich bin in einigen Stunden wieder zurück."


    Schnell nahm sie den letzten Schluck aus ihrer Teetasse, stand auf und ging hinaus. Sie sagte kurz Fanny Bescheid, die schnell nach oben ging, um ihre Sachen zu holen. Prya war noch immer ganz aufgeregt und strahlte über das ganze Gesicht, als sie mit Fanny die Treppe herunterkam, gepackt mit ihren Sachen.


    "Du willst also auch gleich mit?" fragte sie Prya, die ganz freudig nickte. Sie konnte die Kleine ja verstehen. Sie würde auch an ihrer Stelle so schnell wie möglich aus diesem Haushalt weg.


    Marie blickte unbewusst nach oben und dachte an ihre Stiefmutter. Was für eine böse Frau ihr Vater da geheiratet hatte. Immerhin hatte sie zwei Menschen, die sie liebte, davor bewahrt, sie aus ihren Fittichen zu bekommen.


    Alle drei gingen zu ihrem neuen Heim. Prya und Fanny bezogen ihre Kammer, während Marie in ihrem Zimmer die Truhen befüllte. Es war mittlerweile schon Nachmittag geworden und das Tageslicht wurde dunkler. Also entzündete sie Kerzen. Der Effekt an den Wänden war bezaubernd. Die funkelten in allen Farben und glitzerten so schön von den Edelstein-Effekten... sie war so fasziniert, dass sie sich aufs Bett legte und einen Augenblick lang den Anblick genoss. Ihr wurde wehmutig.


    Nein, sie durfte nicht länger verweilen und musste sich spurten. Morgen Nachmittag wollte sie abreisen und sie wollte ganz sicherlich nicht, dass Herr Bedevere warten musste.


    Fanny und Prya traten ein. Marie bat Fanny, weiterzupacken, denn sie wollte nochmal ins Waisenhaus. Sie nahm Prya mit. Es wäre eine gute Idee, wenn die Kleine ab und zu nach den Waisen schauen könnte. Es würde ihr sicherlich gefallen. Und so weihte Marie Prya in ihr Geheimnis ein.


    Sie gingen gerade über den Marktplatz in Richtung Waisenheim... ein Signalhorn ertönte vom Hafen, so dass Marie in Richtung Hafenstraße herunterblickte...