Die Bank vor dem Haus 2

  • "Ich habe schon ein oder zwei Ideen. Ich würde das allerdings gerne mit Silia und dir morgen durchsprechen."

    Leb wohl - alter Mann. Wir hatten es nicht immer einfach, aber ich vermisse dich furchtbar.

  • In der schon merklich wärmenden Frühlingssonne sitzt Kassandra auf der Bank vor dem Haus und schaut Caspar und Ruth beim Sandbuddeln zu.
    Die Großen sind losgezogen Amonlonde Stadt unsicher zu machen und haben strikte Anweisungen, vor Sonnenuntergang zurück zu sein. Wirklich glücklich ist Kassandra nicht über den Freiheitsdrang der vier und bis jetzt hat sie es geschafft zu verhindern, daß ihr Sohn, ihr Neffe und ihre beiden Nichten mit Ais beiden Wandlern auf Erkundungstour in die Wälder verschwinden. Doch sie weiß, daß sie die Kinder nicht auf Dauer einsperren kann, sie selber spürt die Wanderlust, die der Frühling in jedem auslöst, der nur ein bißchen vom Blut der Fahrenden in sich trägt, zu deutlich. So gibt sie sich damit zufrieden den Abenteuerdrang der Großen so gut wie möglich in handhabbare Bahnen zu lenken.


    Der Winter hat ihr Gesicht blaß werden lassen und das ihrer Tochter noch mehr. Beide haben sich in den letzten Wochen einen Husten zugelegt, der sich hartnäckig weigert zu weichen.

  • Um die Straßenecke kommt in eiligen, aber holprigen Schrittchen Maren Halgerd getappst, dicht gefolgt von ihrer Mutter, die in leicht gebückter Haltung hinter ihr herläuft - immer bereit die Kleine zu greifen, falls sie vor einen nahenden Karren springen will.
    Als Maren Kassandra erblickt, hebt sie den Arm und lässt ein begeistertes "Da!" hören.
    Ihre Schrittchen beschleunigen sich so, dass sie stolpert und sich erst im letzten Augenblick an Kassandras Rock halten kann.

  • Kassandra streckt die Hand aus um das Kind aufzufangen.
    "Hallo ihr Lieben", sagt sie lächelnd und macht Platz für Sylwen auf ihrer Bank.
    "Maren!", ruft Ruth schon von weitem und kommt von ihrem Buddelplatz am Sandhügel herübergewetzt. Caspar, so alleine gelassen, schließt sich ihr notgedrungen an.

  • "Hallo Kassandra" und Ruth und Caspar zugewandt "Hallo ihr Süßen". Mit einem Seufzen setzt sich Sylwen neben Kassandra, schließt die Augen und hebt den Kopf, um einen Moment die Sonne auf Ihrem Gesicht zu genießen. Sylwens sieht unendlich müde aus.
    "Kassandra, kann ich Maren ein-zwei Stunden bei dir lassen? Hella, unsere Kinderfrau, ist krank und ich habe eine Berg Bestelllisten und Kalkulationen da liegen, die dringend bearbeitet werden müssen....ohne Gregor bleibt halt alles an mir hängen."

  • "Ja, sicher", sagt Kassandra und mustert Sylwen von der Seite.
    Sie runzelt die Stirn.
    "Wieso mußt du das alles alleine machen? Was ist denn mit Celeb...?" Nein, der hat mit seinem Amt als Katschmarek reichlich zu tun, fällt ihr dann ein. Und Malglin, der dritte im Bund war nicht weniger beschäftigt mit der Politik der wachsenden Republik.
    "Oh", macht sie, als ihr auffällt, daß die Arbeit tatsächlich an Sylwen allein hängenbleibt.
    Caspar und Ruth haben mittlerweile je eine Hand von Maren ergriffen und ziehen die Kleine zu ihrem Sandhaufen, der deutliche Spuren von baulicher Bearbeitung trägt.

    Das Problem ist nicht der Druck! Das Problem sind die Apachen!!

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  • "Celeb würde mir in der Not sicher unter die Arme greifen, aber im Grunde bearbeiten wir getrennte Zweige des Handelshauses. Er müsste sich in unsere Geschäftsunterlagen erstmal einarbeiten und sich den notwendigen Überblick verschaffen. Unsere Angestellten arbeiten ja auch fleißig, aber viele wichtige Entscheidungen sind nunmal Chefsache und dafür muss ich selbst auf dem Laufenden bleiben." Sylwen antwortet sachlich, doch in ihrer Stimme liegt eine Traurigkeit, die nichts mit der wachsenden Arbeit zu tun hat.

  • Kassandra legt einen Arm um die schmalen Schultern der Händlerin und drückt sie kurz.
    "Ich kenn mich damit auch zu wenig aus als daß ich dir helfen könnte", stellt sie mit Bedauern fest und übergeht dabei völlig, daß sie selber reichlich Arbeit hat. Zu viel um sich auch noch in die Belange des Handelshauses einzuarbeiten. An Golo hat sie bereits geschrieben und wartet auf Antwort.


    Am Sandhaufen sind alle drei Kinder jetzt damit beschäftigt sich gründlich und ausführlich die Klamotten einzusauen.

  • Sylwen nimmt den Versuch ihrer Freundin sie zu trösten gerne an. "Du meintest vor ein paar Tagen, dass du auch an Golodion schreiben willst. Bist du dazu gekommen?" Sylwen schüttelt über sich selbst den Kopf. "Ich habe bestimmt schon ein Dutzend Briefe geschrieben, aber noch bei keinem habe ich es auch geschafft ihn wegzuschicken. Entweder ist mir meine Formulierung zu drohend - oder zu flehend - oder nicht energisch genug...sie sind alle zu kleinen Fetzen geworden....wahrscheinlich habe ich einfach nur Angst vor der Antwort....oder vor keiner Antwort...." Mit Tränen in den Augen sieht sie zu Kassandra auf.

    Sylwen, Händlerin des "Handelshaus Rothfeder",
    Gemahlin von Gregor Sohn des Grog

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  • Kassandra drückt sie noch einmal.
    "Ich habe ihm geschrieben. Aber es wird wohl dauern bis eine Antwort hier ist. Sylwen, ich kann mir nicht vorstellen, daß er damit etwas zu tun hat. Er mag verärgert gewesen sein, und ich könnte mir vorstellen, daß er Spaß daran hätte euch deswegen Schwierigkeiten zu machen, aber er wird es nicht auf einen offenen Krieg mit mir ankommen lassen. Dafür waren und sind wir uns zu nah..."

  • Sylwen nickt zögernd. Diese Diskussion hatten Sie und Kassandra schon so oft geführt in den letzten Wochen. Sylwen würde ihr gerne von Herzen recht geben, aber Angst ist eine starke Grundlage für Misstrauen. "Du, ich muss" Sylwen erhebt sich widerstrebend von der Bank. "In zwei Stunden hole ich Maren ab. Danke dir!"

  • Es ist warm geworden in Amonlonde. Die Bäume kleiden sich in helles Grün und das Gras hat schon beachtliche Höhen erreicht.
    Kassandras Kinder, Neffe und Nichten toben durch den feuchten Garten und bemühen sich redlich, ihre Kleidung in Farbe und Konsistenz so weit wie möglich dem Erdboden anzunähern.
    "Maikäfer, flieg!", tönt es laut und nicht immer in der selben Tonart.