Somnio aeterna_03

  • Sie beobachtet ihn und mit welcher sanften und zurückhaltenden Hingabe er die Frau behandelt und für wenige Augenblicke steigt in ihr ein wohlbekannter Ekel auf. Eine Stimme schleicht sich ein...und mit ihr der Wunsch...


    Kahri legt ihre Hand auf den Tisch, bevor sie in die Bedrängnis gerät ihren Dolch zu ergreifen.


    "Wenn die Sonne aufgegangen ist, breche ich auf und werde euch Kleidung besorgen, die eure Hautfarbe verhüllt und Schminke, die euch blasser werden lässt. Bei Einbruch der kommenden Nacht werden wir zu den Häusern gehen und uns umsehen. Ihr werdet euch als einen südländischen Händler ausgeben, dem der Winter in Kephram über den Kopf gewachsen ist und euch somit an einer zeitnahen Heimreise in wärmere Gefilde hindert. Ein Bad aber keine Hure werden genau das Richtige sein. Natürlich werdet ihr diese informationen zurückhaltend verwenden... wenn man etwas in Kephram nicht mag, dann ist es das Gebrabbel eines einsamen Mannes."


    Anfänglich klingt ihre Stimme, als müsste sie sich zu etwas überwinden, dann wirkt sie wieder vollkommen ruhig und konzentriert.


    "Macht euch um mich keinerlei Gedanken, ich werde in eurer Nähe sein, auch wenn ihr mich nicht immer sehen könnt. So bringen Sie uns nicht in Verbindung und werden nur auf euch achten, ich jedoch achte auf sie alle."

  • "Dann soll es so sein", bestätigt Koussis-Bas und neigt leicht den Kopf. Er erhebt sich wieder, das Zimmer mit seiner schieren Größe, die man erst erahnen kann, wenn er sich aufrichtet, ausfüllend. "Wenn es meiner Herrin morgen im Lauf des Tages besser geht, werde ich sie nach Hause bringen. Morgen Abend stehe ich Euch dann an einem beliebigen Treffpunkt zur Verfügung."

  • "Hier?" Kahri lässt ihren Blick durch das Zimmer kreisen, wohl wissentlich, dass dies eine überflüssige Geste war. "Nein... dieses Zimmer ist nur ein Zimmer... Wie gut sind eure Wachen?"

  • Koussis-Bas Mundwinkel zucken.


    "Ehemalige Soldaten mit Kriegsverletzungen, hauptsächlich. Einige junge Männer aus gutem, aber armem Haus. Eher daran gewöhnt, vor einem Tor zu stehen und gut auszusehen. Die kommen höchstens zum Huren und Trinken hierher, wenn überhaupt."

  • Sie sieht ihn etwas irritiert an... "Hier kommt niemand zum Huren und Trinken her," korrigiert sie ihn mit ruhiger Stimme, geht dann aber nahtlos über... "Eurer Schilderung nach wird es keinen großen Unterschied machen, ob sie zu Hause ist oder hier. Lasst sie hier, sie ist geschwächt genug. Auf offener Straße seit ihr beide schnelle Beute für die Ratten."

  • "Nach Kephram? Ich glaube doch. Hierher natürlich nicht. Es scheint ja ein ehrenwertes Haus zu sein", entgegnet er lächelnd, so als wäre es nicht erst kurze Zeit her, dass er die übel zugerichtete Leiche eines Mannes in einem stockdunklen Kellerraum zurückgelassen hatte. Er zaudert dann einen kurzen Moment. "Gut, ich werde sie hierlassen. Wenn sie zustimmt."

  • Wieder ein Nicken ihrerseits. "Ihr habt die Zeit, die ihr braucht." Mit diesen Worten erhebt sie sich. "Ich kann euch leider kein seperates Zimmer zum Ausruhen geben, da die Räumlichkeiten hier sehr begrenzt sind aber ihr werdet vermutlich ohnehin nicht von der Seite eurer Herrin weichen." Ihr Blick gleitet zum Fenster, wo sich die Dunkelheit noch fast nicht spürbar aber unaufhaltsam verliert, um dem Tag Platz zu machen.


    "Ich hingegen werde mich nun aufmachen. Wenn ihr etwas benötigt oder mich sprechen wollt, fragt unten nach. Alle anderen Räumlichkeiten hier oben sind jedoch für euch tabú. Das ist alles was ich für meine Gastfreundschaft verlangen werde."


    Sie sieht wieder zu ihm.

  • Koussis-Bas schenkt Kahri einen langen Blick, so als versuche er zu ergründen, was sie bewegt, ihm und seiner Herrin zu helfen, doch dann verneigt er sich.


    "Es sei so - nach allen Geboten des Gastrechts."


    Er lächelt wieder leicht und dieses Mal erkennt man die Müdigkeit in den feinen Falten, die das Leben und seine Sorge in sein Gesicht gegraben haben.

  • Die schwarzhaarige Frau gibt ihm keine Antwort darauf, erhebt sich nur, nickt zum Abschied und verlässt dann das Zimmer.


    Zurück bleibt die baldig weichende Dunkelheit und eine gewisse Stille, die nur vom Knarren und Knacken des Gebälks unterbrochen wird.


    ...
    ...
    ...


    Kahri selbst nimmt den Weg entlang der wenigen Zimmer bis sie schließlich an der letzten Türe des kleinen Flurs in der ersten Etage stehenbleibt, aufschließt und in das absolute Dunkle dahinter eintritt. Der Schlüssel dreht sich zweimal im Schloss und irgendwo in einer Ecke blitzen kurz zwei rotglänzende Augen auf.


    Sie findet ihren Weg durch die spärlichen Möbelstücke und Felle auf dem Boden blind und scheint mit jedem Schritt, den sie durch die fast greifbare Finsternis tut Erleichterung zu finden. Ihr Atem wird ruhiger, ihre Bewegungen verlieren die Müdigkeit, die sie eben noch auf dem Weg in ihr Zimmer gespürt hatte.


    ES IST NICHT GUT FÜR DAS VERSTECK, WENN DIE HERRIN SICH IN DIE ANGELEGENHEITEN VON FLEISCH EINMISCHT.


    Ko'rils Stimme krakälte mit tiefen grunzartigen Tönen durch die Dunkelheit. Anklage aber auch Sorge finden sich darin. Das er sich bewegt, erkennt man nur an den beiden Augen, die sich aus einer Ecke des Zimmers in Kahris Rücken bewegen. Nach wenigen Momenten spürt sie die langen unförmigen Krallen des dunklen Wesens auf ihren Schultern.


    "Mein Haus ist nicht zufällig gewählt worden und ich werde es nicht zulassen, dass diese Zuflucht und der Weg dahin umsonst gewesen sind. Abgesehen davon brauchen sie meine Hilfe und sollte es gelingen, ständen beide in meiner Schuld und in Kephram ist dies besser als jedes Stück Gold."


    Ihre grünen Augen suchen das Profil des Schattens an ihrer Schulter - vergeblich.


    DU LÄSST DIE TÜCKE BEREITS IN DEIN HAUS HERRIN


    "Dann ist es ja ein bisschen wie in Rivin. Also begeben wir uns nicht in unbekannte Gewässer."

  • Koussis-Bas setzt sich wieder an das Bett seiner Herrin, die Knie auf den Oberschenkeln aufgestützt, und betrachtet sie stumm. Hin und wieder befeuchtet er einen Lappen, um ihre Stirn zu kühlen. Das Fieber, heftige Reaktion ihres Körpers auf den Schock, den er erlitten hat, bleibt, doch die Blässe ihrer Wangen geht zurück.


    Der große Mann ist ein geduldiger und sanfter Pfleger. Er nimmt sich keine Zeit für seine eigenen Bedürfnisse, das Essen lässt er unangetastet - oder vermutet er Gift? Das wird wohl nicht zu erkennen sein.


    So vergeht die Nacht und irgendwann taucht die aufgehende Sonne die Gassen in ockerfarbene Schatten.

  • Mit zunnehmendem wenn auch noch frühem Tag hört man von unten die rege Betriebsamkeit einer baldig geöffneten Taverne. Das Geklapper von Geschirr, fließendes Wasser, lachende Mädchen.


    Es war gut vorstellbar, dass wenn der Hühne das Zimmer wieder verließ und nach unten ging, nichts mehr an die dramatischen Vorkommnisse des gestrigen Abend erinnern würden.


    Ein Geräusch gänzlich anderer Natur, verfängt sich den lebendigen Lärm unten im Schankraum, scheint aber aus einer anderen Richtung zu kommen.


    Leise hallen Harfentöne durch den Flur und werden durch die Holzverkleidungen angenehm gedämpft. Es hört sich nach Traurigkeit und einer nicht vorzustellenden Ferne reisender Gedanken an... die sich sie suchend und nicht findend, verlierend und doch nicht aufgebend, in eine Melodie binden...

  • Koussis-Bas ist irgendwann eingenickt, neben dem Bett sitzend, die massige Gestalt zusammengesunken und das Kinn auf die Brust gesunken. Er erwacht, als sie Musik durch die Luft perlt und begegnet dann dem fragenden Blick seiner Herrin, in deren schönen, dunklen Augen nur Verwirrung steht.


    "Wo sind wir?"


    "Über der Teestube", gibt er sachte zurück. "Benötigt Ihr etwas?"


    Sie schüttelt den Kopf, benommen von der Erkenntnis, die er auf ihrem Gesicht ablesen kann und der Frustration, die die Situation mit sich bringt.


    "Wann kann ich nach Hause?", erkundigt sie sich, bricht jedoch die Frage halb schon ab, als sie sein Gesicht sieht. "Wir haben wohl zuviel Aufmerksamkeit auf uns gezogen?", lautet die richtige Mußmaßung, die sie trifft. Sie verzieht kurz und bitter den Mund, dann schließt sie die Augen. Er weiß, dass sie nicht schläft, denn ihre Atmung verändert sich nicht. Sie scheint der Harfe zu lauschen.

  • In die sanften Töne der Harfe mischt sich nun eine weitere Geräuschkullisse. Unten öffnet jemand eine Türe, dann sprechen leise Stimmen miteinander. Schritte kommen die Treppe hinauf, leise bedächtig aber nicht mit Heimlichkeit behaftet.


    Die Harfe verklingt. Dann klopft jemand an die Türe.

  • Koussis-Bas erhebt sich, um die Tür zu öffnen. Seine Haltung ist wachsam, er wirft einen raschen Blick über die Schulter, doch seine Herrin sieht ihn nicht an. Ihre Augen sind auf die Zimmerdecke geheftet, sie tastet nach der Stelle, an der am Vorabend der Dolch eingedrungen war. Dann wendet er seine Aufmerksamkeit wieder der Person zu, die vor der Tür steht.

  • Kahri muss einmal mehr den Kopf heben, um in die Augen des Hühnen blicken zu können. In ihrer Hand trägt sie ein Bündel mit Stoff oder fertiger Kleidung und wie in einem Nest eingebettet, liegt darauf eine kleine Phiole mit sanft bläulich schimmerndem Inhalt.


    Anders als in der Nacht wirkt die dunkelhaarige Frau müde, auch wenn ihre Augen selbst wenig der Wachsamkeit eingebüßt haben. Ihre Bewegungen scheinen langsamer, wie jemand der sich nach Schlaf sehnt.


    "Die Kleidung für euren Ausflug. Eine Phiole, welche die Heilung ihrer," und damit deutet sie an Koussis-Bas vorbei zu Lager der Frau, "Wunden beschleunigen wird."

  • Die Augen Justines öffnen sich schlagartig, als sie die dunkle Stimme der anderen Frau vernimmt, unbekannt und doch seltsam vertraut - vielleicht hatte sie sie während ihrer Bewußtlosigkeit vernommen? Sie legt leicht den Kopf zur Seite, um zu sehen, was geschieht, doch die große Gestalt ihres Dieners behindert ihre Sicht.


    Koussis-Bas nimmt unterdes das Kleiderbündel und die Phiole entgegen.


    "Wir sind dankbar", sagt er mit der Sanftheit eines großen, schwarzen Panthers. "Wie soll sie die Medizin zu sich nehmen?"

  • "Nun es gibt verschiedene Möglichkeiten aber ich denke die geeigneste um keinerlei Privatsphäre zu verletzen oder peinliche Momente heraufzubeschwören, wäre die gängige Einnahme durch den Mund."


    Kaum zu glauben, dass der trockene Ton ihrer Worte und der augenscheinliche Humor dahinter, Teil dieses eher kalten Wesens voller Ernst ist. Während sie die Worte an den Hünen richtet, liegen ihre giftgrünen Augen auf Justine.


    "Ich möchte mir die Wunde noch einmal ansehen und sie reinigen, bevor sie den Trank zu sich nimmt. Was aus der Heilung erwächst, wird sie ein Leben lang mit sich tragen, es sei denn ihr Gott hat mehr Mitleid mit ihr, als die Klinge ihres Angreifers."

  • Als der vierte Mond des neuen Jahres sich dem Ende neigt, liessen gewisse Ereignisse, die häufig von einem rabenartigen Krächzen oder dem Klang einer fernen Harfe in ihren Gedanken begleitet wurden Kahri rastlos werden.


    Vielleicht hätte sie gewisse Gedankengänge in sich vereinbaren können und mehr noch, sie letztlich wie eines der vielen Leichentücher über so einige ihrer persönlichen Interessen geworfen...


    Vielleicht... vielleicht aber auch nicht.


    Sie war bequem geworden, hatte sich in einem Traum gewiegt und war jetzt erwacht.


    Erwacht durch den Besuch, der sie wie ein längst überfälliger Dolchstoß getroffen hatte, wachgerüttelt, aufgeschreckt.


    Der Schwur, den sie einst geleistet hatte und der ihr zu einer Zukunft verhalf, hallte heute deutlicher durch ihre Gedanken, als die letzten vier Jahre zuvor.


    Ihre Hand fährt über die beiden Langdolche, die an dem schwarzen Ledergürtel gebunden auf dem Holztisch liegen...


    Sie hatte dem Eid schon viel zu lange nicht mehr den nötigen Respekt gezollt, sich lange von ihrer Aufgabe entbunden, bis sie allein durch Anwesenheit der hohen Dame erfahren musste, was sie vernachlässigte.


    Schließlich trifft sie eine Entscheidung. Ihre linke Hand greift den Gürtel, die rechte ihren Mantel.


    Ihre beiden Mündel würden das Haus weiterführen... Irush war informiert, noch ehe die Nacht, die Dämmerung völlig geschluckt hatte. Seltsam war nur, dass sie das Gefühl hatte, das ihr die Zeit vor etwas weglief...


    ein seltsamer Gedanke, dem sie auf der Reise nach Daragas nachzugehen gedachte, obgleich sie nicht einmal den Ansatz eines Grundes erkennen konnte... na ja... noch nicht.