• Die Tür öffnend läuft sie beinahe in die Hausherrin, die zum ungezählten Male einen Blick auf ihren lädierten Gast werfen wollte.
    "Hoppla", sagt sie und fängt sich kurz vor einem gemeinsamen Sturz.
    "Ausgeschlafen?", faßt sie dann das Offensichtliche in Worte und beäugt die Freundin kritisch.
    "Magst du was essen?"

  • Alanis blinzelte Kassandra verblüfft aus noch schlafumwölkten, grünen Augen an.


    "Hm - jaaaa", sagte sie und es klang so leidend, wie man sich als lebendige Flickenpuppe fühlen konnte. "Un' ja. Hast Du meine Schuhe gesehen?"


    Die hatte sie am vergangenen Abend auf der Schwelle ausgezogen, um den Schlamm, der sich nach den Sommergewittern auf der Straße zwischen Waldbach und Amonlonde Stadt gebildet hatte, nicht durch das halbe Haus zu tragen. Nun bemerkte sie, wie ihr die Kälte des Bodens durch den Körper kroch. Aber ihre Socken hatte sie in ihrer Kiepe nicht gefunden. Wo waren die eigentlich hin?

  • "Stehen unten", beantwortet Kassandra die Frage nach den Schuhen. "Und Unten gibts auch Essen. Willst du für drinnen ein paar Filzlatschen haben?"
    Dicke Socken hatte das Gepäck der Priesterin enthalten, doch die weichten zusammen mit anderen schlammigen und blutbesudelten Textilien in einem Bottich.
    Was die Schankmaid zur Hauptfrage bringt.
    "Was zum Geier habt ihr das draußen gemacht? Ich dachte das sollte eine Feier werden??"

  • Alanis seufzte.


    "Das hätte eine Feier werden können. Aber da waren dann ein Mord, zwei weggelaufene Kinder und ein paar magische Obelisken."


    Sie schaute hinunter auf ihre Füße.


    "Filzlatschen wären toll, danke."

  • Es war Morgen, als Alanis ihr Zimmer betrat. Sie lächelte dankbar, als sie im ersten Licht des Tages sah, dass das Bett frisch bezogen und das Kissen frisch aufgeschüttelt war. Das Gefühl, willkommen zu sein, war so wärmend wie die Decke, die sie aus der Bibliothek mitgebracht hatte und die sie nun am Fußende des Bettes ablegte.


    Rasch waren Schuhe und Gürtel abgestreift, dann rutschte Alanis mit einem Seufzen zwischen die kühlen Decken. Sie schlief schnell ein, so erschöpft war sie und die erste Zeit blieben ihr Träume erspart. Doch dann veränderten sich die Bilder vor ihrem inneren Auge.... .


    Die Priesterin fuhr aus dem Schlaf empor und schnappte nach Luft. Sie war schweißgebadet und ihr Unterkleid klebte an ihrer erhitzten Haut. Ihre Hand fuhr zu ihrem Hals, rieb heftig mit dem Kleiderärmel darüber, um die Erinnerung abzustreifen. Doch es blieben nur aufgeschürfte Haut und ein unerfülltes, heftiges Sehnen zurück.


    So schnell es eben ging, eilte Alanis auf wackeligen Beinen ins Badezimmer und wusch sich in eiskaltem Wasser, bis ihr die Zähne klapperten. Erst dann schien sie in der Wirklichkeit wieder angekommen zu sein. Sie kehrte in ihr Zimmer zurück, zog sich rasch and und lief dann aus dem Haus. Nur fort.