An Bord der Nebelfalke II

  • "Bisher ist es nur ein Feuergefecht, werte Dame!" meinte ein Matrose, der kurz in der Messe erschienen war, um einen Verletzten hinein zu bringen.
    "Aber vielleicht gibt es bald einen Enterkampf!"

  • "Enterkampf!?" Marie wurde kurzatmig. Oh, bei der Heiligen! Sie schaute zu Flora. Sollte sie es ihr sagen?


    Sie bedankte sich bei dem Matrosen und ging zum Arzt und flüsterte ihm den Stand der Dinge ins Ohr. Eine tiefe Falte bildete sich auf seiner Stirn und er nickte nur.


    Und so ging sie der Arbeit weiter nach... immer wieder Richtung Decke schauend...

  • Der Kapitän des Piratenschiffs feuerte unermüdlich Salven ab. Sie kamen ihrem Beuteschiff immer näher. Nicht mehr lange und ein Enterkampf würde beginnen. Er rieb sich die schwieligen Fäuste. Er liebte den Kampf - genau wie seine Männer.


    Ein Mast seines Schiffes war gebrochen und umso mehr war ehrgeiziger, das andere unversehen in die Hände zu bekommen. Daher - nachdem sie nur noch zwei Schiffslängen entfernt waren - gab er den Befehl, mit dem Kanonenschießen aufzuhören. Seine Mannschaft bewaffnete sich mit Säbeln und Dolchen. Nun standen die meisten seiner Leute schon an der Reling, bereit, mit Seilen rüberzuspringen. Er gab den Befehl, rüberzusetzen.


    Der Lärm wurde immer lauter durch das Kampfgeschreie der Männer.


    Unermüdlich kämpften die Piraten mit der Mannschaft des Beuteschiffes. Der Kapitän suchte das Schiff ab und suchte nach dem Kapitän, den er sich persönlich vornehmen wollte.

  • Die Takelage der <Nebelfalke> war durch den Kanonenbeschuß mitgenommen, so dass es nichts brachte, dass ein Mast des gegnerisches Schiffes gebrochen war. Der Pirat holte auf, so dass es unweigerlich werden würde, dass sie geentert wurden.
    Kapitän Fernandez schaute zum Steuermann und meinte:
    "Kurz bevor sie uns entern, das Ruder herum reißen und ihnen noch eine Breitseite aus kürzester Distanz geben."
    Dann wandte sich an den Bootsmann.
    "Gebt dem Geschützmeister Bescheid, dass kurz vor Entern gefeuert werden soll, Kartätschen."
    "Aye!" meinte der Bootsmann und wieselte davon.
    "Bedevere!" rief dann die Kapitänin. "Wir werden gleich geentert!"
    Der Ritter nickte und stellte die kaozischen Soldaten auf, sein Gefolge zog er in das Achterkastell, um dann in den Kampf eingreifen zu können.
    Das gegnerische Schiff kam näher, als Fernandez das Ruder herumreißen ließ, nun lagen beide Schiff Breitseite an Breitseite und der Geschützmeister gab Befehl, Kartätschen Feuern zu lassen. Ein Hagel aus Blei, Metall und sonstigem hüllte den Pirat ein und lichtete dort die Reihen, doch nun enterten die Piraten die <Nebelfalke> und ein wüster Kampf begann.
    Bedvere wartete noch einen Moment und schaut nach dem gegnerischen Anführer. Als er diesen erblickte stürmte er mit seinen Mannen das Deck und den Gegner in den Rücken oder in die Flanke.

  • Unermütlich hat Clarisse Eimer um Eimer hin & her getragen, die vollen in die eine, die leeren in die andere Richtung, während sie bemüht ist, den Männer ansonsten nicht in die Quere zu kommen. Als ein besonders heftiger Schlag das Schiff erschüttert, strauchelt sie und fällt hin. Rasch rappelt sie sich wieder auf und erkennt dann, dass die Piraten ihre Beute erreicht haben und es nun zum direkten Kampf kommt. Niemand kümmert sich mehr um die Flammen, scheinbar hat der Kapitän sein Schiff aufgegeben. Clarisse beschliesst den Rückzug anzutreten und sich so gut es ihr eben gelingt im Hintergrund zu halten, immer darauf bedacht den Eindruck zu erwecken, ebenso beschäftigt zu sein, wie die Anderen an Deck.

  • Nach einem letzten großen Knall, der sehr nah schien, wurde es wirklich laut an Bord.


    Marie schaute zu Flora rüber. Der Arzt bemerkte, dass es wohl soweit sei. Marie und Flora keuchten kurz vor Schreck laut auf und klammerten sich aneinander.


    Der Arzt ordnete an, die Tür zu verriegeln und sich mit Operationsbesteck oder sonstigen Waffen zu bewaffnen. Wenn hier jemand von diesem Pack rein wollte, dann nicht kampflos. Die Verletzten, die noch ihre Arme bewegen konnten, machten sich ebenfalls bereit und starrten die Tür an.


    Marie griff nach einem Dolch, den einer der Patienten am Gürtel hatte und sowieso nicht benötigte, da er unmächtig war. Sie stellte sich zu dem Arzt und Flora, die in der Mitte des Raumes schützend hinter dem Tisch standen. Marie wollten die Tränen kommen, doch sie schluckte sie schwer runter. Nur jetzt nicht heulen, dachte sie.


    Sie musste immer an die kämpfenden Männer an Deck denken. Wie sich wohl die Kapitänin schlug? Und wie es Herrn Bedevere erging? Ob sie überleben würden - sie alle?

  • Einer der Piraten hatte sich unter Deck geschmuggelt und kundschaftete die Lage hier aus. Er öffnete jede Kabine vorsichtig und luckte hinein. Was er sah, erfreute ihn... ab und an steckte er schon einmal etwas in seine Taschen.


    Als er in der Kabine von Flora und Marie war, nahm er Schmuck aus einer Schatulle und stopfte es in seine Hose. Dabei fiel ihm ein weißer Mantel mit goldener Bordüre auf, der an einem Haken an der Tür hing. Diesen Mantel kannte er doch... ihm kam ein Bild vor Auge von einer jungen Dame. Marie Babette de Moriba! Nein, was für ein glücklicher Zufall. Nun könnte er sich revanchieren für alles, was diese Familie ihm angetan hatte.


    Zielstriebig ging er hinaus und suchte weiter die Kabinen ab, bis er vor der Messe stehenblieb, die - wie er bemerkte - verschlossen war. Er zog eine Augenbraue hoch und lauschte an der Tür. Da war doch jemand drin! Und er ahnte auch schon, wer!


    Mit voller Wucht stemmte er sich immer wieder gegen die Tür und schaffte es, sie aufzusprengen. In dem Moment kamen hinter ihm zwei Männer. Er drehte sich um, erkannte aber sofort seine Kompanen und grinste. Er betrat mit ihnen den Raum.


    Sofort begann ein Kampf zwischen den Verwundeten, die noch halbwegs kämpfen konnten.


    Da stand sie... mit Fräulein von Bloom, was ihn nicht sonderlich erstaunte, wusste doch jeder, dass die beiden Familien eng befreundet waren, und einem Mann - wohl der Arzt, dem der Schweiß auf der Stirn stand, während die Damen ihn ängstlich anschauten.


    Er musste laut lachen: "Guten Abend, Fräulein de Moriba, Fräulein von Bloom!"

  • Marie schaute angstvoll zu den hereinstürmenden Männern, die es geschafft hatten, die Tür aufzusprengen.


    Ein Kampf mit den Patienten begann sofort, doch die hatten in ihrem Zustand nur wenig Erfolg und lagen schwerst verwundet am Boden.


    Flora krallte Marie regelrecht die Finger in den Arm, während Marie mit großen Augen nun den Mann vor sich ansah, der sie soeben höhnisch begrüßte.


    "Herr Scheerer!" entkam es ihren Lippen.

  • Herr Scheerer lächelte noch immer:


    "Ja, Madame - so sieht man sich wieder!"


    Er kam ihr immer näher. Nur noch der Tisch war zwischen ihnen. Er schaute zum Arzt:


    "Sie wollen doch keine Dummheiten machen, verehrter Herr. Legen Sie das Messer weg. Sie übrigens auch, meine Damen!"


    Seine Genugtuung wuchs, als die Herrschaften vor ihm seinen Anweisungen folgten und die Waffen auf den Tisch legten.


    "Jungs, fesselt die Männer. Von den Frauen lasst die Pfoten. Für beschädigte Ware wird nichts gezahlt. Fesselt die Kleine ebenfalls. Diese hier nehme ich mit!"


    Er ging auf Marie zu und packte sie an den Armen, fesselte ihr diese am Rücken und schubste sie hinaus - Richtung Deck. Sie kletterten die kleine Treppe nach oben und öffneten die Tür.


    Hier tobte immer noch der Kampf. Noch war nicht zu erkennen, wer der Sieger sein würde. Er schrie nach seinem Kapitän, der sofort an seine Seite eilte und sich über den Fund sehr freute. Er nahm sich Maries an und hielt ihr einen Dolch an die Kehle und schaute aufs Kastell und schrie, man möge aufhören, oder der Dame passiere etwas.

  • Marie schrie kurz auf, als sie die kalte Klinge an ihrem Hals spürte und traute sich gar nicht, zu atmen. Sie wurde eng an den Körper des Piratenkapitän gepresst. Ihr wurde regelrecht übel von dem üblen Gestank, den er von sich gab.


    Sie entdeckte mit ihren angsterfüllten großen Augen zuerst Kapitänin Fernandez, die zu Herrn Bedevere schaute und fluchte.


    Marie kamen die Tränen und sie schluchzte vor Angst, so dass ihr Körper zitterte. Sie hatte das Gefühl, ihre Beine würden nachgeben, doch wenn sie es täten, dann würde sich die Klinge in sie schneiden.


    'Halt stand', dachte sie...

  • Der Kampf an Deck der >Nebelfalke< entwickelte sich rasch zum Vorteil für die Kaozier. Das Piratenschiff war schneller, aber auch kleiner gewesen und hatte weniger Mann an Bord. Der Flankenangriff von Herrn Bedevere und seinem Gefolge tat sein Übriges. Den Kapitän des gegnerischen Seglers konnte der Ritter indes nicht entdecken.
    Plötzlich hörte einen kurzen Ruf von Kapitän Fernandez und eilte zu ihr. Einigen Piraten war es wohl gelungen, in das Achterkastell einzudringen und sowohl Marie als auch Flora als Geiseln zu nehmen.
    Der Kampf wurde nahezu augenblicklich eingestellt, da der Piratenkapitän Marie ein Messer an die Kehle hielt, Fernandez fluchte leise und ziemlich unanständig, richtete dann aber ihre Pistole auf den Kopf des Piraten, der Marie hielt.
    "In Ordnung, Abschaum," meinte sie ruhig. "Ich treffe ein Goldstück auf 20 Schritt. Dein Schwellkopf wird ein deutlich einfacheres Ziel sein. Lass die Frau los und ergib Dich. Deine Männer sind eh geschlagen. Und selbst wenn Du sie tötest - Du wirst tot sein, bevor sie auf den Boden aufschlägt."

  • Von dem plötzlichen Abflauen des Kampfgeschehens überrascht, versucht Clarisse den Grund dafür herauszufinden und staunt nicht schlecht als ihr klar wird, welches Schiff die Piraten überfallen haben. Erneut flucht sie leise, trotz ihrer misslichen Lage enttäuscht, dass ihre Hoffnung auf ein unerkanntes Entkommen sich gerade in Luft auflöst. Einen Moment ist sie unschlüssig, doch dann beschließt sie noch abzuwarten, wie sich die Dinge weiter entwickeln würden. Lieber von den Kaotiern als Pirat gehalten zu werden als von den Piraten für eine leichte Beute. Also beobachtet sie gespannt das Geschehen auf der >Nebelfalke<, während ihr langsam bewußt wird, dass außer ihr nur noch knapp eine Handvoll der Seeräuber auf dem Piratenschiff geblieben ist, drei davon noch halbe Kinder, wahrscheinlich zu jung zum Kämpfen und der andere, der Steuermann.

  • Marie riss die Augen auf bei den Worten der Kapitänin - das meinte sie doch nicht ernst mit dem "falls sie sterben sollte"... Sie versuchte sich zu konzentrieren. Sie spürte im Rocksaum das Skalpellmesser, das sie sich vorhin unten eingesteckt hatte, als sie sich dann doch entschied, den Dolch zu nehmen. Sie hatte es ganz vergessen und daher auch nicht abgegeben, als sie ihre Waffen aufgaben.


    Marie versuchte ganz vorsichtig, an das Skalpell heranzukommen. Geschafft! Der Kapitän war so mit Frau Fernandez beschäftigt, dass er es gar nicht bemerkt hatte, als sie es herauszog und in ihrer Hosenrockfalte versteckte.


    Sie schaute nun zu Frau Fernandez und zwinkerte in der Hoffnung, sie würde aufmerksam werden. Sie konnte nicht fassen, dass sie gleich vor hatte, jemanden ernsthaft zu verletzen, war es doch gegen das Gebot ihrer Heiligen.


    Und da kam ihre Chance: Das Schiff schwankte stark, der Pirat, der ihr das Messer an die Kehle hielt, versuchte, sein Gleichgewicht zu halten. Dabei ließ er das Messer etwas von ihrem Hals ab - und Marie holte mit der rechten Hand nach hinten aus und stach mit dem Skalpell in seinen Oberschenkel. Dieser ließ fluchend von ihr ab und sie ließ sich sofort zur Seite fallen, damit Frau Fernandez freies Schussfeld hatte.

  • BAAMMMMMM!


    Ein Schuß bellte auf und fällte den Kapitän der Piraten. Sofort gingen die Soldaten der >Nebelfalke< auf die verunsichtern Piraten los. Herr Bedevere indes machte zwei große Schritte und war dann sofort bei Marie-Babette, um sich schützend vor sie zu stellen und ihr zu helfen.


    Kapitän Fernandez steckte die Pistole weg, griff sich ihren Parierdolch und trat an den gefallenen Piratenkapitän heran, der sich röchelnd eine Bauchwunde hielt.
    "Ihr seid mein Gefangener, Mistkerl. Rührt Euch und ich steche ich ab..." meinte sie kühl und der Pirat ließ dann den Dolch sinken und fiel auf die Planken zurück. Dies war wohl zuviel für seine Kumpanen - sie gaben auf oder versuchten, zurück auf ihr Schiff zu flüchten.

  • Da lag er nun, der Kapitän und fluchte. Aber er wusste, wann er verloren hatte. Er ließ seine Waffe fallen.


    Seine Männer versuchten auf ihr Schiff zu flüchten.


    Auch Herr Scheerer, der die ganze Zeit neben dem Piratenkapitän gestanden hatte, war gerade dabei, rücklings den Rückzug Richtung Reling vorzunehmen. Doch er stolperte über einen Verletzten, der hinter ihm am Boden gelegen hatte und fluchte. Gerade als er sich erheben wollte, sah er die de Moriba am Boden, die gerade dabei war, sich aufzuraffen und zu setzen. Ein großer Herr stellte sich schützend vor ihr.


    Mist! So kam sie ihm nicht davon. Er wollte seine Rache. Schnell griff er nach einem Dolch und warf ihn tief auf sie zu - der sie dann an ihrer Schulter traf. Leider hatte der Dolch nicht die gewünschte Einschlagskraft gewonnen und so traf sie nur die Spitze des Dolchs.


    Sie schrie auf und das erfreute ihn mit Genugtuung.

  • Herr Bedevere fluchte innerlich, als er sah, dass dieser Mann vom Hafen einen Dolch nach Marie warf, er konnte es nicht mehr verhindern. Doch zum Glück traf die Waffen Marie Babette nur leicht. Mit grimmigen Gesichtsausdruck war der Ritter neben dem Mann und schlug ihn nieder.
    Dann wandte er sich mit besorgeter Mine an Marie:
    "Lady Marie, ist alles in Ordnung mit Euch?"
    Dann erst wurde er richtiger ihrer Wunde gewahr und fluchte abermals. Schnell hob er sie auf seine Arme, um sie unter Deck zum Arzt zu bringen.

  • Als die Piraten versuchen auf ihr Schiff zurückzukehren, wird Clarisse doch ein bisschen bang zumute. Zwar ist der größte Teil von ihnen bereits gefallen, verwundet oder gefangengenommen, doch die wenigen leichtverletzten und unversehrten Seeräuber, die an Deck zurückkehren, bereiten ihr unverkennbar Sorgen. Würden sie versuchen die Flucht zu ergreifen? Sie schaut zu den Schäden an den Masten hinüber... wie weit würden sie wohl kommen? Würde die >Nebelfalke< sie nicht mit ihren Kanonen einfach versenken? Clarisse bemerkt, dass sie ihre Hände krampfhaft um die Reling geschlossen hat, während sie den Geschehnissen zugesehen hatte.

  • Marie biss sich auf die Lippen. Plötzlich wurde sie von Herrn Bedevere aufgehoben und davon getragen. Sie war so überrascht, dass er sie auf dem Armen davon trug, dass sie seinen Hals umklammerte und schluchzte vor Schmerzen. Ihr schmerzte die Schulter so sehr, dass sie das Gefühl hatte, eine Ohnmacht nahe zu sein. Außer ihrem Vater als Kind hatte noch niemand es gewagt, sie davonzutragen.


    Er führte sie hinunter unter Deck. Ihr war schlecht. Und so vergrub sie ihr Gesicht an seine Brust, damit niemand es sah. Als ihr gewahr wurde, dass sie vor der Messe standen, schaute sie ihn mit halb geöffneten Lider an:


    "Der Arzt, Flora, ... gefangen... weitere Piraten...", dann wurde ihr schwarz vor Augen und sie sank in sich zusammen.

  • Der Reichsritter fluchte leise und gab dann einem Besatzungsmitglied Anweisung, weitere Männer zu holen. Dieser nickte umd kam nach einigen Augenblicken zurück.
    Der Bootsmann trat die Tür zur Messe ein - doch die Piraten waren schon fort. Sie hatten wohl von ihrer Niederlage mitbekommen und waren geflohen. Die Geiseln hatten sie hier gelassen.
    Erleichtert seufzte Bedevere auf und legte Marie-Babette auf ein provisorisches Krankenlager.
    Dann wandte er sich an den Arzt und meinte:
    "Los, Doktor, schaut bitte nach Lady Marie!"