An Bord der Nebelfalke II

  • Nachdem alle im Raum Eingeschlossenen von ihren Fesseln befreit wurden, machte sich der Arzt daran, sich Marie anzusehen. Flora war erschrocken, was Marie passiert war und machte sich Vorwürfe.


    Der Arzt bat die anwesenden Herren, sich zu entfernen, denn er würde die Bluse der Patientin ausziehen müssen. Flora sorgte dafür, dass die Herren schnell den Raum verließen und half dem Arzt, die Wunde an der Schulter zu reinigen. Marie sollte Gin trinken, um ihre Sinne zu benebeln, damit sie gleich nicht solche Schmerzen hatte, doch sie lehnte ab. Es waren einige Stiche nötig, bis es aufhörte, zu bluten. Marie versuchte tapfer zu sein und biss sich auf die Lippen, auch wenn sie das Gefühl hatte, ohnmächtig zu werden.


    Flora legte Marie eine Decke um, nachdem alles verbunden war. Sie öffnete die Tür. Marie sollte sich nun so schnell wie möglich in ihre Kabine begeben und ausruhen.

  • Während dessen wurden die Piraten gefesselt und bewacht. Der Kapitän der Piraten und Herr Scheerer saßen nebeneinander. Scheerer grummelte. Ihm tat der Kopf von dem Schlag des Herrn immer noch weh:


    "So eine verdammte Sch..., Kapitän. Was machen wir nun? Unser Schiff ist ganz schön beschädigt. Und die werden unsicherlich ausliefern!"


    Der Kapitän schaute zu der Frau, die ihn angeschossen hatte und nur wenige Schritte entfernt Befehle an ihre Leute gab. Dieses Weibsbild! Er grummelte: "Keine Ahnung. Aber mich ausliefern lassen werde ich mich nicht - eher sterbe ich. Wir müssen uns befreien und auf unser Schiff zurück. Ja, es ist beschädigt, aber dieses hier können wir einfach nicht einnehmen."

  • Kapitän Fernandez erwiderte den Blick des Piraten kalt. Dann drehte sie sich zu ihrem ersten Offizier um und sagte, deutlich auch für die Piraten hörbar:
    "Herr Kieber, lassen sie diese Bastarde scharf bewachen. Sollte jemand auch nur den Anschein eines Fluchtversuches erwecken, erschießen sie ihn sofort und ohne Diskussion."
    Der Offizier salutierte und nickte.
    "Jawohl, Frau Kapitän!"


    Derweil kam der kaozische Ritter wieder zurück an Deck und die Aufräumarbeiten begannen, der Schiffszimmermann und der Seilermeister waren dabei, die Takelage wieder flott zu kriegen.

  • Da augenscheinlich niemand sie daran hindert, versucht der Steuermann des Piratenschiffes mit den zwei Handvoll Seeräubern, ihr Schiff wieder einigermassen flott zu bekommen. Und tatsächlich, trotz der Beschädigung scheint es zu funktionieren. Langsam aber bestätig löst sich das Schiff von der >Nebelfalke< und als sich der Wind in den rasch befestigten Segeln fängt, nimmt es Fahrt auf. Bemüht sich aus dem Schussfeld der feindlichen Kanonen zu halten, nimmt der Steuermann Kurs auf die ferne Küste, während sich Clarisse, noch nicht ganz sicher, ob sie nun froh oder besorgt sein soll, zügig an den Aufräumarbeiten beteiligt. Nur nicht auffallen!

  • Marie lag auf dem Bauch in ihrer Kabine. Flora schickte sie raus, denn sie wollte nicht bemuttert werden.


    Doch das Schiff schaukelte so, dass ihr immer noch schlecht war. Sie stand vorsichtig auf und schaute aus dem kleinen Fenster ihrer Kabine. Genau auf ihrer Bordseite war das feindliche Schiff zu sehen.


    Marie riss die Augen auf. Das konnte doch nicht sein - sie hatte sich bestimmt verkuckt. Nein - das war doch nicht Clarisse an der Reling - ihre verschwundene Cousine!?


    Schnell zog sie sich ein Cape über und ging sofort hinauf an Deck, um besser das andere Schiff besehen zu können. Marie stand nun an der Reling und schaute angestrengt hinüber. Doch sie konnte nichts mehr richtig erkennen. Wie es schien, kam es ihr vor, als würde sich dieses Schiff entfernen.


    Sie rief einen Matrosen zu sich, der gerade in ihrer Nähe stand:


    "Entschuldigt, aber entfernt sich dieses Schiff gerade? Oder spielen mir meine Sinne einen Streich?!"

  • Der Matrose nickte.
    "Ja, die Piraten, die entkommen sind, lassen wir laufen. So hat es Kapitän Fernandez entschieden. Sie will nicht noch mehr Männer riskieren..."
    Er schaute dann zu den Gefangen.
    "Mit denen sieht das allerdings anders aus..."

  • "Aber....," was sollte sie tun. Herrn Bedevere bitten, das Schiff aufzuhalten. Was, wenn sie sich irrte und es doch nicht Clarisse war. Wäre ja auch absurd, so wie diese Person, die ihr sehr ähnlich sah, ihre Cousine gewesen wäre...


    Andererseits... sie schaute sich um, sah die Kapitänin nicht unweit der Gefangenen stehen und ging auf sie zu.


    "Frau Kapitänin. Ich danke Euch!" Sie machte eine kurze Pause. "Frau Fernandez, ich hörte gerade, Ihr lasst das Schiff der Piraten ziehen... ich weiß nicht, wie ich es sagen soll, aber könnte man es nicht doch noch kurz aufhalten? Ich weiß, es hört sich verrückt an, aber ich dachte für einen Augenblick, ich hätte meine verschwundene Cousine auf diesem Schiff gesehen... ich könnte mich geirrt haben - aber wenn nicht..."


    War runzelte die Stirn...

  • Die Kapitänin starrte Marie Babette durchdringend an. Dann winkte sie nach dem erste Offizier, der sogleich kam.
    Ohne den Blick von Marie zu nehmen sagte sie zu ihm:
    "Herr Kieber, Segel setzen, dem Pirat nachstellen, eine Salve vor den Bug."
    "Jawohl, Kapitän", antwortete dieser.
    Schon wenig später hing die >Nebelfalke< am Heck des Piraten und schickte ihm eine Breitseite hinterher, die absichtlich zu kurz lag, nur um dann wieder die Verfolgung aufzunehmen. Der Flaggenmaat signalisierte ein Halt.
    Indes schaute die Kapitänin Marie Babette an.
    "Geht unter Deck. Sofort."

  • "Ich danke Euch, ich gehe sofort runter!"


    Marie ging so schnell wie möglich runter und wartete in ihrer Kabine. Flora kam aufgeregt angerannt und fragte, ob wir wieder angegriffen werden oder warum Kanonen zu hören waren. Marie erklärte ihr, was sie vermutete und saß nun abwartend zusammen mit ihr auf dem Bett.


    Bald würde sie Gewissheit haben. Sie war so aufgeregt, dass sie ihre Schmerzen für eine kurze Zeit vergaß. Auch die Übelkeit war vergangen. Wahrscheinlich hatte ihr die frische Luft gut getan.

  • Als Clarisse bemerkt, dass die >Nebelfalke< das Piratenschiff verfolgt, erschrickt sie. Die Hoffnung, dass die Seeräuber vielleicht schnell genug flüchten können, zerschlägt sich, noch bevor sie wirklich entstanden ist und so starrt sie zu dem kaozischen Schiff hinüber, als könnte sie dessen Näherkommen damit aufhalten. Um so mehr zuckt sie zusammen, als plötzlich jemand an ihrem Ärmel zupft und einer der anderen Schiffsjungen neben ihr steht. "Bist wohl abgehauen, was? Während des Gefechtes rübergeklettert? Und hast jetzt Angst, dass sie dich wieder zurückholen?" Er grinst über beide Ohren über Clarisses verdutztes, sichtlich schuldbewußt scheinendes Gesicht. Dann schüttelt er den Kopf, "Ging mir mal ähnlich! Bin auch weg! Der ewige Hunger & die Schläge und immer noch dabei fromm sein und so!" Er spuckt verächtlich auf den Boden, "War nix für mich! Hier ist es besser!" Er wirft einen kurzen Blick zu der >Nebelfalke< hinüber und fasst Clarisse dann beim Arm, "Komm! Ich zeig dir, wo du dich verstecken kannst! Da findet dich keiner!" Ein prüfender Blick und er setzt hinzu, "Vorausgesetzt, du hast keinen Schiss vor irgendwelchen Viechern... und Krabbelzeug!" Sie schüttelt rasch den Kopf und folgt dem Jungen, um sich vor den Kaotiern zu verbergen. Währendessen dreht der Steuermann das Schiff in den Wind und signalisiert, dass die Piraten verhandeln wollen. Von seinem blinden Passagier ahnt er nichts, aber er weiß, dass sie gegen die >Nebelfalke< keine Chance mehr haben.

  • "Sie drehen bei, Kapitän!" rief der erste Offizier.
    Kapitänin Fernandez nickte.
    "Sehr gut, Herr Kieber, längs auflaufen, Mannschaften an den Backbord Kanonen bereit halten, Enterkommando bereit halten."
    Bedevere trat zur Kapitänin heran.
    "Wieso verfolgen wir sie nun, Fernandez?"
    "Lady Marie meinte, ihre Cousine an Bord des Piraten gesehen zu haben. Da konnte ich natürlich nicht einfach nichts tun."
    "Lady Clarisse? Nun... Ihr tatet gut daran. Ich werde mich darum kümmern."
    Der Ritter ging an zu den Männern auf das Mitteldeck und wartete, bis sie am Piraten nahe genug dran waren.
    "Heda, Männer!" rief der Ritter sie an. "Wir werden zu Euch rüberkommen und das Schiff durchsuchen. Verhaltet Euch ruhig und niemand wird etwas passieren!"

  • Verwundert schauen sich die verbliebenen Seeräuber an. Das Schiff durchsuchen? Einer von ihnen wagt zu erwidern, "Sir, Ihr seid das erste Schiff, seit wir die Küste verlassen haben..." er schaut ratlos zu seinen Kameraden. Der Steuermann hat derweil Zeichen gegeben, dass jeder auf seinem Platz bleiben soll und da sich die gesamte Restbesatzung an Deck befindet, gehorcht sie einhellig seinen Befehlen. Neugierig sehen die Männer dabei zu, wie die Kaozier das Schiff durchsuchen und zu gerne wüssten sie wonach eigentlich.

  • Als der Junge ihr das Versteck gezeigt hatte, war Clarisse sich sicher, dass es so gut verborgen ist, dass sie dort niemand finden würde und so war sie in die kleine Aussparung gekrochen, die sicherlich wohl üblicherweise beim Schmuggeln als recht nützlich angesehen wurde. Es kommt ihr wie eine halbe Ewigkeit vor, bis sie schließlich von der anderen Seite der Bretterwand Geräusche hört. Ob das die Kaozier sind... oder einer der Piraten? Sie lauscht angestrengt, als ihr plötzlich ein Niesen in die Nase steigt, dass sie nicht zu unterdrücken vermag. Gerade schafft sie es noch, es durch ihren Ärmel etwas zu dämpfen, so dass sie hofft, wer auch immer da draussen ist, könnte es vielleicht für eine der Ratten halten... falls Ratten niesen konnten.

  • Ob dem Ritter dieses Geräusch gewahr wurde, ließ er sich nicht anmerken. Er schickte auf jeden Fall die beiden Soldaten, die ihn begleiteten nach oben, um dort weiter zu suchen.
    Dann zog er ein Faß vor die Stelle, wo er das nießen gehört hatte, setzte sich darauf und klopfte mit seinem Schwertknauf gegen die Planke.
    "Gut. Kommt raus."

  • Als Clarisse die Stimme des kaozischen Ritters hört, begreift sie, dass das Spiel vorbei ist... vorerst. So öffnet sie langsam den Spalt und krabbelt völlig zerzaust & verschmutz wie sie ist, aus ihrem Versteck. Anstatt sich jedoch demütig geschlagen zu geben und in ihr Schicksal zu fügen, baut sie sich mit blitzenden Augen und in die Hüfte gestemmten Händen vor ihm auf und funkelt ihn herausfordernd an. "Und? Seid Ihr nun zufrieden, Herr Ritter?" Sie ist wütend auf sich selbst und ein bißchen auch darauf, dass gerade er sie nun hier gefunden hat, der einzige, der sie erkennen konnte. "Warum seid Ihr nicht einfach weitergefahren?"

  • Der Ritter blieb sitzen und musterte die junge Frau kurz.
    "Ich werde sicherlich weiterfahren. Egal, ob mit Euch oder ohne Euch. Das liegt nun an Euch."
    Er sah sie weiter ernst an.
    "Bleibt Ihr jedoch hier an Bord, so wird es Euch sicherlich nicht gut bekommen. Also... beruhigt Euch und sagt mir bitte, was Euch betrübt."

  • Völlig überrascht von den ruhigen Worten des Kaoziers, verschlägt es Clarisse für einen Moment die Sprache und sie schaut ihn verdutzt an, bevor sie schließlich widerstrebend nickt, "Ja, wahrscheinlich habt Ihr Recht, Herr Noyau de Guet-Clermont, eine Horde Piraten ist wahrscheinlich nicht gerade der beste Aufenthaltsort für mich... aber..." Sie bricht ab, setzt erneut an, findet jedoch nicht die richtigen Worte und schweigt wieder, während sie den Mann vor sich eindringlich mustert. Dann schließlich scheint sie Vertrauen zu fassen und die Anspannung, die bis gerade noch in ihrer ganzen Haltung gelegen hat, nimmt deutlich ab. "Ich bin fortgelaufen... ich hatte einfach so Angst, dass mein Onkel mich einsperren würde... im Hafen habe ich mir ein Nachtlager gesucht und aufgewacht bin ich hier an Bord als die Piraten die >Nebelfalke< angriffen. Ich hoffe das Schiff wurde nicht allzusehr beschädigt!" In ihren Augen schimmert es verdächtig bei dem Gedanken daran, doch rasch reisst sie sich wieder zusammen, "Ist das wahr, Herr Ritter? Ihr würdet mich gehen lassen? Und ich muss nicht zurück?" Ihr Blick ist voller Hoffnung, dann senkt sie ihn und schüttelt traurig den Kopf, "Sicher müßt Ihr mich für undankbar halten, dass ich nicht zu würdigen weiß, was mein Onkel für mich tut & dass ich froh sein müßte, für das Leben, das ich in seinem Hause führen könnte..." sie schaut ihn ernst an, "Aber für mich ist das wie ein goldener Käfig, Herr Noyau de Guet-Clermont... ich fühle mich wie die Vögel in Maries Wintergarten... eingesperrt & gefangen..." Wieder kehrt das verräterische Glitzern in ihre Augen zurück als sie heftig anfügt, "Ich glaube, lieber bliebe ich bei den Piraten als nach Rendor zurückzukehren!" Trotz der Vehemenz in ihren Worten, liegt auch ein wenig versteckte Angst darin.

  • "Nun, ich denke, das würdet Ihr sicherlich nicht tun, Lady Clarisse, glaubt mir!" erwiderte der Ritter ernst.
    "Aber sicher, ich würde Euch gehen lassen. Warum auch nicht? Ihr seid verantwortlich für Euer Leben, nicht ich, auch wenn es mir widerstreben würde, Euch eifnach so laufen zu lassen."
    Er überlegte kurz.
    "Ich könnte Euch ohne Probleme in Kaozien ein zu Hause verschaffen, wo Ihr zumindest kurzfristig unterkommen könntet. Oder Euch eben am nächsten zivilisierten Hafen absetzen. Oder Euch nach Trawonien bringen... Entscheidet selber, aber kommt von diesem Kahn hier runter."

  • Aufmerksam hat Clarisse den Worten des Ritters zugehört und ihre Überraschung ist mit jedem davon gestiegen. Eine Weile schaut sie ihn ungläubig an, dann fragt sie leise, "Das würdet Ihr tun?" Ihre Augen beginnen zu leuchten und ihr wird bewußt, wie sehr sie in den letzten Stunden auf eine helfenden Hand gehofft hatte. Diese gerade in Gestalt des kaozischen Ritters zu finden, verwirrt sie zwar, aber die Freude über den möglichen Ausweg aus ihrem Dillemma, zaubert ein Lächeln auf ihre schmutzigen Züge. "Das würdet Ihr wirklich tun?" Fast scheint sie diesem Wunder nicht zu trauen, doch dann umarmt sie den Kaozier stürmisch und mit strahlendem Lächeln. "Danke!"