Amonlonder Marktplatz 3

  • Wenige Tage vor der Expedition - von hier kommend


    Zwischen den sich über den Himmel jagenden Wolken blitzte immer wieder der blaue Himmel auf und auch die Sonne hatte sich an diesem Tag bereits mehrmals gezeigt. Doch nun, da es auf den Abend zuging, wurde es langsam kühler in Amonlonde und die Farben des Tages verblassten unter dem Filter des grauen Herbsthimmels. Es würde Regen geben und das sehr bald. Er lag Stunden, vielleicht Minuten entfernt.


    Alanis stand auf dem Markt an einem der Stände und handelte mit einer Frau, die Stoffe verkaufte. Vor der Priesterin lagen zwei Ballen mit dünnen Stoffen, die sich für Verbände gut eignen würden. Die Gebote gingen hin und her und die Priesterin merkte ihrer Gesprächspartnerin an, dass diese es gerne den anderen Händlern gleichgetan hätte, die um sie herum langsam, aber sicher ihre Waren verpackten und ihre Stände schlossen.


    Schließlich also kaufte Alanis einige Meter von dem helleren Stoff und bat die Frau, diesen am nächsten Tag im 'Brennenden Tisch' abzugeben. Für diese Mühe legte sie auch noch eine Münze drauf.


    Als der Handel perfekt war, holte Alanis eine Liste mit Dingen hervor, die sie für die bevorstehende Reise ins Landesinnere noch brauchen würde und die sie hoffte, so spät noch auf dem Markt zu bekommen. Sie sah prüfend auf das beschriebene Papier, dann ließ sie den Blick über den Platz wandern.

  • Damorg war erst heute in Amonlonde angekommen. Um genau zu sein waren die Gardisten der Garde, der Tross und er erst vor wenigen Stunden mit dem Schiff im Hafen eingelaufen.
    Den Marsch zur Stadt hatten sie dann auch sogleich hinter sich gebracht. Bevor sie jedoch den Marktplatz erreicht hatten, teilte sich die Gruppe. Die Garde sowie der Tross hatten ihre Schlafplätze in der Unterkunft der Amonlonder Gardisten. Der Priester, welcher sehr froh war nicht noch eine Nacht auf dem Schiff verbringen zu müssen, hatte sich entschieden die letzten Tage vor der Expedition im brennenden Tisch zu verbringen.


    Folglich war Damorg schwer bepackt, als er auf den Marktplatz stapfte und kurz stehen blieb um sich zu orientieren. Seine ganze Rüstung trug er am Leib, sein Helm baumelte am Gürtel ebenso wie der Streitkolben. Ein großer Rucksack saß auf seinem Rücken, der Schild war zusätzlich darauf befestigt. Über der Schulter trug er außerdem noch seinen Streithammer.


    Er wirkte bleich und erschöpft, als er seinen Blick über den Platz schweifen lies. Zuerst hatte er die Priesterin der Elemente übersehen, hatte er sich doch noch nicht an die neuen Farben gewöhnt, die sie nun trug. Erst auf einen zweiten Blick hatte er sie erkannt.

  • Alanis erkannte ihn und erstarrte augenblicklich in der Bewegung. Die Welle der Befürchtungen, die sie seit ihrer Ankunft in Amonlonde hervorragend durch die Hausarbeit bei Kassandra und ihre Vorbereitungen auf die Expedition hatte nach hinten schieben können, schlug wieder über ihr zusammen und ihr Magen krampfte sich zusammen. Vor allem war es aber wieder da: das allumfassend schlechte Gewissen, das sie Damorg gegenüber hatte.


    Ob er alleine war? Sie nagte kurz an ihrer Unterlippe. Es gab wohl nur eine Möglichkeit, das herauszufinden. Also zusammenreißen und durch.


    Ein dünnes Lächeln, das ziemlich halbherzig wirkte, lag auf ihren Lippen, als sie über den Platz auf ihn zuging.


    "Hallo", sagte sie dann. "Was führt denn Dich her?"

  • Nachdem der Priester realisiert hatte , dass Alanis auf ihn zulief, ging er ihr entgegen.
    In den wenigen Herzschlägen die er hatte bis sie sich gegenüberstanden, versuchte er kurz in sich hineinzuhören. Doch dort war nur Durcheinander, zuviel war in den letzten Wochen passiert und das obwohl er in der Siedlung geblieben war. In dem Augenblick als er der Priesterin in ihr Gesicht sah, war jedoch nichts in ihm, weder Trauer noch Zorn oder etwas anderes.


    "Hallo", er stockte kurz und schien fast etwas überrumpelt. "Die Expedition und du hast dich nach der ganzen Angelegenheit im Hospital hierher zurück gezogen?"

  • Alanis war einen Moment lang sichtlich verblüfft.


    "Na, das war direkt", sagte sie trocken und ihr schiefes Lächeln wurde ein wenig ehrlicher. In ihrer steifen Haltung war dennoch ihre Anspannung für jemanden, der sie gut kannte, deutlich wahrzunehmen. "Genau deswegen bin ich hier."


    Sie zögerte einen Moment und ließ den Blick über ihn und seine Aufmachung gleiten.


    "Vielleicht hast Du nach dem Ablegen ein wenig Zeit?", erkundigte sie sich vorsichtig.

  • "Nicht direkter als deine Frage."


    Er schmunzelte kurz, doch schnell erschlaften seine Mundwinkel wieder.


    "Sicherlich, ich werde im Brennenden Tisch meine Unterkunft beziehen. Vielleicht kommst du später vorbei?"

  • "Ich wohne da auch", gab Alanis zurück und wünschte sich in diesem Moment heftig, doch bei Kassandra eingezogen zu sein. "Ich muss noch einiges erledigen und bin gleich verabredet, aber heute Abend bin ich wieder da. Vielleicht sehen wir uns ja im Schankraum."


    Sie nickte ihm zu, dann verabschiedete sie sich freundlich, aber distanziert von ihm und verließ den Marktplatz.

  • Am Ende des Marktplatzes standen zwei Gardisten in magonischen Wappenröcken. Sie schienen Alanis nicht zu bemerken, waren sie doch mit den feilgebotenen Waren des Standes (duftendes Backwerk) beschäftigt. Zumindest schien es so.

  • Als Alanis die Wappenröcke sah, versteifte sie sich kurz, doch dann schalt sie sich eine Närrin. Hier, in aller Öffentlichkeit würde man sie doch wohl kaum angreifen - wenn man es denn überhaupt tun würde.


    Ihr Nervenkostüm glich dennoch dem einer gegen Fellrichtung gebürsteten Katze, als sie an den Stand neben dem von den Gardisten trat - dort gab es alltägliche Kräuter - und sich bei der Händlerin nach Weidenrinde erkundigte.

  • In der Tat, die magonischen Gardisten schienen ihr keine Beachtung zu schenken, sie widmeten ihre Aufmerksamkeit weiterhin dem Backwerk. Schließlich wechselten einige Kupfer gegen Ware. Einer der Gardisten biss herzhaft in ein Brot, als er - wie beiläufig - kurz zu Alanis herüber sah und dann dem anderen etwas zuflüsterte. Der andere nickte. Dann gingen sie ihrer Wege.

    Thankmar Rhytanian
    Botschafter Magoniens zu Montralur

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  • Alanis bemerkte den Blick nicht, wohl aber, dass die beiden Männer miteinander sprachen. Für einen Moment dachte sie, dass es um sie ginge, doch dann schalt sie sich eine Irre, die schon unter Verfolgungswahn litt.


    Sie beendete das ins Stocken geratene Verkaufsgespräch und machte sich dann auf den Weg in Bauls Haus, um Jala und ihre Kinder zu besuchen. Erst später am Abend kehrte sie in die Siedlung zurück, um in den 'Brennenden Tisch' zurückzukehren.

  • Jason drückt einem Laufburschen einen kurzen Brief für Stefanus von Brunvillra in die Hand und bezahlt ihn aus ebenfalls von Renirja geliehenem Geld. Danach notiert er sich die Ausgaben in einem kleinen Büchlein, das er bei sich trägt.


    Dann geht er weiter gen Malglins Haus.

  • Kassandra bummelt über den Marktplatz. Sie hat einen Umweg von ihrem Haus aus eingeschlagen, früher oder später werden ihre Füße sie zum singenden Wald tragen, aber noch nicht jetzt.
    Eine eigenwillige Frisur trägt die ehrwürdige Richterin heute, unter ihrer Kappe lugt hinter ihrem rechten Ohr ein franselig geflochtener Zopf hervor. An der linken Seite finden sich zwei weiter Zöpfe, dünner und loser als der erste und nur im unteren Drittel erkennbar geflochten. Dafür sind die Haare mit Blüten und Spangen geschmückt.
    Sie trägt ein einfaches grünes Kleid und um ihre Schultern liegt die buntkarierte Gugel. Die halblangen Ärmel sind hochgekrempelt, in Amonlonde gibt sie sich keine Mühe die Ranke an ihrem linken Handgelenk zu verstecken. Niemand scheint das Gewächs zu beachten, dessen zarte kleine Lichtpunkte bei der momentanen Beleuchtung eh kaum auszumachen sind.
    Kassandra schlendert die Stände entlang, kauft ein wenig Süßkram und unterhält sich hier und da mit Händlern und Passandten.