Amonlonder Marktplatz 3

  • Auf dem weiten Platz im Zentrum der Siedlung haben einige Bauern ihre Stände aufgebaut. Auch ein paar Fremde bieten Ware feil. Fliegende Händler stehen mit Bauchläden herum und rufen ihre Waren aus. Amonlonder Bürger wandern umher.
    Der Markt ist nicht besonders groß aber gut besucht.

  • Wunibald lümmelte mit seiner Gefährtin auf einer niedrigen Mauer und hielt das sommersprossige Gesicht in die Sonne. Heute hatten sie mal frei, was auch gut war, denn bei diesem Wetter wollte er zum einen möglichst wenig an haben und zum anderen möglichst wenig tun.
    Ersteres konnte er aus Gründen der Schicklichkeit nicht in dem Maße ausleben, wie er das gern getan hätte. Zweiteres kostete er aber voll aus. Ein paar Schritte weiter saß auch Konrad im Schatten. Man munkelte, dass der junge Mann wohl bald zum Korporal befördert werden würde. Seine Unterarme hatte er auf die angewinkelten Knie gelegt und betrachtete mit ernstem Blick das Treiben auf dem Markt. Die Sache mit der Elfe war nicht zu dem geworden, was er sich erwartet hatte. Auch wenn er nicht mehr so angriffslustig wie noch vor einiger Zeit war, sollte man ihn nicht darauf ansprechen. Konrad war schweigsam und verrichtete seinen Dienst gewissenhaft.


    "Alter Vadder, is' das heiß hier." stellte Wunibald fest, lupfte ein wenig seine Tunika um Luft darunter zu lassen und folgte mit seinen Blicken wohlwollend dem Hinterteil einer jungen Frau, die gerade einen Korb Backwaren vorbei trug.


    Seine Gefährtin registrierte den Blick und zog tadelnd eine Augenbraue hoch.


    "Ja, heiß. Ist klar."


    Wunibald war klug genug, um Konrad nicht auf die Vorzüge der jungen Amonlonderin mit der tragenden Rolle hinzuweisen. Ein breites Grinsen konnte er sich aber nicht verkneifen. Die Frau in der Runde öffnete ihre Tasche und holte drei glänzende grüne Äpfel hervor. Einen gab sie Wunibald.

    "Hier, damit du was wirst, Wuni."
    dann "Konrad!"


    Auch dem im Schatten sitzenden warf sie einen zu. Konrad fing ihn geschickt auf, biß hinein und dankte schweigend.

  • Eine kleine dunkelhaarige Frau in einem einfachen aber sauberen Kleid löst sich aus der Menge, ein Korb mit Gemüse hängt an ihrem Arm. Ihr folgt ein etwa siebenjähriges Mädchen, das ebenfalls einen Korb trägt.
    Die beiden passieren die Gardisten und die Frau nickt ihnen im Vorrübergehen freundlich zu. Keine Chance selbst in zivil in dieser kleinen Siedlung nicht erkannt zu werden...

  • "Nich' schlecht. Aber schon vom Markt." meint Wunibald leise und verzieht den Mund ein wenig. Im Kopf fügt er ein 'Lass die Kleene noch mal zehn Jahre älter werden. Wenn sie da nach der Mutter kommt... '


    Seine Gefährtin hat das durchaus gehört und bedenkt den Rothaarigen mit einem giftigen Blick.


    "Sag mal, kannst du auch an was anderes denken als deinen Dödel da?"


    Ihr Zorn kommt nicht von ungefähr. Ist sie doch seit einigen Wochen mit Wunibald.. ein wenig verbandelt.
    Konrad legt den Kopf leicht schräg und wirft den beiden einen Blick zu. Ein wehmütiges Lächeln verzieht seine Lippen, dann wendet er sich wieder dem Treiben auf dem Markt zu.

  • [24.08.]


    Jean-Michel kam gegen Mittag auf den Marktplatz. Die letzte Nacht war er in einer kleinen Kneipe am Hafen versackt und am heutigen Morgen mit einem der Flußschiffer nach Amonlonde Stadt weitergereist.


    Auch wenn er auf der Flußfahrt etwas Schlaf bekommen hatte , sah er doch noch etwas verkartert und übernächtigt aus.


    Mit seiner geschulterten Ausrüstung stapfte er recht zielstrebig , nach dem er sich eine kurzen Überblick verschaft hatte, auf das Gasthaus zum brennenden Tisch zu. War es gestern der Wunsch nach Alkohol knurte ihm jetzt der Magen , da er heute Morgen aufgrund von bevorstehnder Flußfahrt und seines Alkoholpegels auf ein ausgiebiges Frühstück verzichtet hatte.

    Jean - Michel de Sarday
    Chevalier d´Arisent
    Magistrat des Hofes von Tir Thalessay


    Wir sind Schatten , Schemen der Nacht
    Wir sind Geister , die unerkannte Macht

  • Für einen Augenblick ließ Hadra die Hand auf der Türklinke liegen und wandte das Gesicht der Sonne zu um die wärmenden Strahlen zu genießen. Erst dann schloß sie die Tür des Brennenden Tisches komplett und ging über den Marktplatz in Richtung der Akademie, wo sie sich Antworten auf ihre Fragen erhoffte.

  • Nicht unbedingt gut gelaunt schlenderte Alanis über den Marktplatz. Sie hatte von Renascân und Damorg geträumt und dann wegen der Magenschmerzen, die ihr das ganze verursachte, auf ein Frühstück verzichtet. Um Kassandra und Ellemir ein wenig Arbeit abzunehmen, hatte sie sich bereit erklärt, auf dem Markt einige Lebensmittel zu kaufen und so rechnete sie bereits im Geiste durch, wieviel sie von welchen Waren brauchen würde.


    In Gedanken verloren, stieß sie fast mit einer hohen Gestalt zusammen, die ihren Weg kreuzte.


    "Hups", meinte sie erschrocken und fuhr aus ihrer Grübelei auf. "Entschuldigung."

  • "Was eine nette Überraschung."


    sagte Hadra und der vorerst giftige Blick und der böse Kommentar, der ihr auf der Zunge gelegen hatte, verflüchtigten sich. Nicht die Hand beißen, die dich füttert.


    "Euch hier zu treffen hatte ich nicht erwartet."

  • "Hadra." Alanis neigte leicht den Kopf und versuchte es mit einem Lächeln, das jedoch ein wenig gequält wirkte. "Ich bin mal wieder zu Besuch im Haus des ehemaligen Katschmareks." Ein kurzes Zögern."Und Ihr? Allein aus Renascân gekommen?"


    War es mal wieder Zeit für irgendwelche diplomatischen Treffen, von denen sie nichts mitbekommen hatte?

  • "Nein. Nur allein aktiv."


    Hadra lächelte zynisch.


    "Der Hohe Herr Veit von Saarweiler ist mit einer Abordnung hier um den Feierlichkeiten in Waldbach beizuwohnen. Wir haben einige Tage Aufenthalt in Amonlonde Stadt bis es weiter geht. Bis dahin wollte ich noch einige Fragen klären, die ein Artikel in der Gazette hier aufgeworfen hat."


    Sie deutete auf die amonlonder Zeitung, die sie in der Hand hielt.


    "Man sollte ja wissen, wo man sich bewegt, nicht wahr?"

  • "Waldbach?", fragte Alanis verdutzt. Irgendwo in ihrem Kopf klingelte es - da war doch wirklich so ein Artikel gewesen. Nur wo hatte sie den gelesen? Schließlich fiel es ihr ein. Das Gemüse von vor einigen Tagen war darin eingeschlagen gewesen. Strinrunzelnd versuchte sie sich an die Details zu erinnern. "Ah, die neue Siedlung. Zusammen mit den Outilisten - das ist schon jetzt?"

  • "Demnächst, ja. Die See ist etwas unruhig, also sind wir früher los um mögliche Verspätungen auszugleichen."


    Als Alanis die Outilisten erwähnte, zog sie überrascht die Augenbrauen hoch. Bei näherem Hinsehen war es aber nicht so arg verwunderlich, dass die Priesterin darüber Bescheid wusste. Schließlich bewegte sie sich scheinbar schon länger hier.


    "Die Outilisten sind die Kinder Outilias?"

  • Dass die See unruhig war, daran erinnerte sich Alanis noch lebhaft und so verzog sie bei Hadras Worten kurz das Gesicht.


    "Genau", bestätigte sie dann. "Finde ich schon sehr verwunderlich, dass aus Feinden plötzlich Freunde werden. Vor 2 Jahren - oder waren es drei? - gab es noch erbitterte Kämpfe zwischen Amonlondern und Outilisten. Aber die Welt ist ja bekanntlicherweise seltsam."


    Sie lächelte kurz matt.

  • "Vor allem, wenn man ihren König erschlägt. Was für ein Friede kann das dann sein? Stimmt es, dass derjenige, dem diese zweifelhafte Ehre zuteil wurde, jetzt hier im Rat sitzt?"


    Ah, da gab es also wirklich Ungereimtheiten. Erst zwei Jahre war das her. Man tötete ihren König, schloß darauf Frieden und gründete gemeinsame Siedlungen? Das hörte sich seltsam an. Wenn es nicht gerade ein Tyrann gewesen war, der sein eigenes Volk auf nicht göttergefällige Art knechtete, wäre wohl kaum jemand froh, wenn man ihn seines Königs beraubte. Auch von Abweichlern oder Rebellen gegen einen solchen Friedensschluß war nichts zu lesen gewesen. Aber wäre das nicht eigentlich natürlich? Auch ein schlechter König zählte noch immer genügend Anhänger, war er doch von den Göttern eingesetzt.

  • "Stimmt. Der Ratsherr Baul thar Shar hat ihn in der Schlacht getötet", nickte Alanis und für einen Moment verschleierte sich ihr Blick, als sie an die Ereignisse dachte, die damals Amonlonde in zwei unterschiedliche Sphären gespalten hatte. "Ich war dabei."

  • "Ein König ist nach wie vor noch ein von den Göttern eingesetzter Mann. Auch wenn er ein Tyrann sein mag, sollte man seinen Mörder nicht bejubeln sondern ihm den Lohn für seine möglicherweise notwendige, aber sicherlich schmutzige Arbeit geben und ihn sonst in Vergessenheit geraten lassen. Wenn die Leute von ihm lernen, legen sie dann möglicherweise irgendwann auch Hand an die anderen Führer des Volkes? Wenn sie schon einen Königsmörder bejubeln?"


    Dann zauberte sie aber ein Lächeln auf ihr Gesicht.


    "Ein schwieriges Thema für den jungen Tag. Was haltet Ihr von einem zweiten Frühstück? Ich würde gerne mehr über diese Sache erfahren. Bei einer Tasse Tee und ein wenig Honiggebäck lässt es sich aber gewiss besser reden, wenn Ihr möchtet."

    Dass es für sie das erste Frühstück sein würde, verschwieg sie aus Gewohnheit. Essen am frühen Morgen verursachte ihr Übelkeit. Also hielt sie sich tunlichst fern davon. Allein, wenn sie sich am Tag zuvor verausgabt hatte, verspürte sie Hunger.

  • Alanis schaute Hadra verdutzt an.


    "Tee und Gebäck ist jetzt nicht ganz das, was ich mir unter einem Frühstück vorstelle."


    Ein kurzes, fröhliches Grinsen irrlichterte über ihr rundes Gesicht.


    "Aber wir können uns gerne gleich noch einmal treffen. Ich muss noch ein paar Einkäufe erledigen, aber danach habe ich Zeit. Wollen wir uns zur Mittagsstunde im Brennenden Tisch treffen?"


    So verabredeten sich die Frauen und trafen sich etwas später im 'Brennenden Tisch' wieder.

  • Das Treiben des Marktes hielt nicht inne. Aber dann übertönte ein lautes Geräusch den alltäglichen Lärm. Ein kleiner Junge mit dunklen Haaren stand mitten auf dem Platz und plärrte sich die Seele aus dem Leib. Mit seinen kleinen Händen umklammerte er einen Apfel, als hinge sein Leben davon ab. Höchstens drei Jahre konnte er alt sein.
    Konrad kam sofort auf die Beine. Mit einigen raschen Blicken schaute er, ob irgendjemand - möglichst die Mutter oder der Vater - auf den Kleinen zuliefen, um ihn aus seinem selbst herauf beschworenen Weltuntergang zu retten. Aber niemand bewegte sich auf das Kind zu. Also ging Konrad.
    Vor dem Jungen ging er in die Knie, lächelte ihn freundlich an. Der vergaß für einen kurzen Moment das Heulen und starrte den immer noch viel größeren Mann aus großen, geröteten, tränennassen Augen an.


    "Hey."


    sagte Konrad und wusste nicht so recht, wie er mit dem Kind umgehen sollte. Zumindest hatte es schon einmal aufgehört zu weinen. Vor Schreck vermutlich. Aber immerhin etwas.