Zum brennenden Tisch 23

  • Ich?? Ich bin was ich immer war. Nur ein wenig müder, älter und einiger Dinge überdrüssig.
    Manchmal glaube ich es ist an der Zeit sich einen jungen Krieger zu suchen und ihm alles beizubringen was ich weis und kann.
    Dann könnte ich meinen Platz hier räumen und mich auf den Weg machen den Göttern zu dienen.

  • Ein schräger Blick von der Seite traf Kahri.


    "Und kalt. Feucht. Was könnte man in so einer Nacht denn draußen machen - außer sich den Tod zu holen?"


    Sie zog eine Augenbraue hoch, was erstaunlich sardonisch wirkte.

  • "Dann bringe ich euch besser zurück in die Taverne. Nicht... das euch der Tod noch holt."


    sie richtete ihren Blick an Alanis vorbei, die Straße entlang und kehrte wieder zu ihrem Gesicht zurück, auf eine Antwort wartend.

  • "Ihr habt meine Frage noch nicht beantwortet", erinnerte Alanis sie und erinnerte sich ihrerseits daran, dass sie die ganze Zeit den Becher in der Hand getragen hatte. So drehte sie ihn um, um die letzten blutroten Tropfen darauf auf den Boden tropfen zu lassen und verstaute den Becher dann in ihrer Umhängetasche. "Und Ihr könnt mir direkt noch eine Frage beantworten - warum ist es der Mond, den ich auf einmal nicht mehr leiden kann?"


    Offenbar hatte sie doch nicht vor, so schnell zurückzugehen.

  • Der erste Blick den die schwarzgewandete Frau der Priesterin schenkte war amüsiert, doch das erledigte sich in dem Augenblick, da die zweite Frage den Weg über Alanis Lippen fand. Kurz senkten sich ihre Lider, als spürte sie mehr als nur die Frage.


    "Die Nacht ist keine Zeit für euch... noch nicht," sagt sie leise und klangvoll, während ihr halb geöffneter Blick dem Straßenpflaster galt. "sie sucht sich brüchige Gefäse, wie Wasser das zu Eis erstarrt und alles Bersten lässt. Ich kännte euch darüber hinaus nur meine Nacht zeigen und dafür ist es sicherlich noch viel zu früh."


    Sie lächelt betrübt und sieht Alanis wieder an.


    "Der Mond ja... Das Licht des Mondes scheint gleichermaßen auf die Schuldigen, wie die Unschuldigen. Aber es ist nicht der Mond, den ihr nicht leiden könnt, sondern das Symbol, das er darstellt. Der Mond gehört Selûne, der Zwillingsschwester der EINEN. Und deswegen gefällt euch sein Schein nicht länger, seine Existenz als stetige Erscheinung am Nachthimmel, jener Zeit, die ihr noch geblieben ist, um Ruhe und Klarheit zu finden."

  • Alanis machte eine etwas unsichere, alles umfassende Geste.


    "Sehr Ihr, und genau das ist es, was mich beunruhigt. Warum ich Gefühle und Einstellungen von ihr übernommen habe, obwohl ich stetig versuche, dagegenzuarbeiten. Das Leben, dem ich diene, steht dem Nichts gegenüber. Und es wird in meinem Glauben immer das stärkere Prinzip sein."


    Sie sah hinauf zum Himmel, der an diesem Abend tief verhangen war.


    "Die Veränderungen zu akzeptieren - dagegen sträube ich mich. Sie zuzulassen, wäre der einfacheren Weg. Nein, sagen wir, ein anderer Weg, der vieles zu bieten scheint. "

  • Kahri schüttelte sanft den Kopf.


    "Warum ihr Gefühle und Einstellungen von ihr übernommen habt, vermag ich nicht zu sagen, jedes Individuum ist anders... aber ich kann euch durchaus sagen, wann das geschah. Vielleicht beantwortet sich dadurch die Frage nach dem Warum von selbst."


    Sie sieht Alanis einige Momente in einer Mischung aus Abschätzen und leichtem Tadel an - dessen warum sie aber verschwieg und spazierte dann weiter.

  • "Und wann geschah das?" Das Frösteln kam zurück - verbunden mit einer leichten Übelkeit, die sie imer befiel, wenn sie zuviel getrunken hatte und in trübe Gedanken verfiel. Wäre dies eine fröhliche Runde gewesen, sie hätte durchaus noch den ein oder anderen Becher getrunken. Aber ihr Körper schien ihr wieder einmal sagen zu wollen, dass es genug war.

  • "In dem Augenblick, da ihr Zra'ress benutzt habt."


    Das Wort schien in einer dunklen Sprache seinen Ursprung zu haben, denn es hörte sich tischend und gurrend zu gleich an... und beschwört schon allein in seinem Klang eine tückische Dunkelheit herauf, die den Geist zu befallen drohte. Als es verklang, verschwanden auch die Gefühle, die es mitgebracht hatte.


    Ehe Alanis nachfragen konnte, was es bedeutete, hob Kahri auch schon leicht ihre Hand und gebot ihr sanft Einhalt, um die Erklärung nachzuschieben. Ihr war nicht anzusehen, ob das Wort eine Wirkung hinterlassen hatte.


    "Der Dolch der Nacht... Eine rituelle Waffe, die man bei Opferungen einsetzt. Ihre Benutzung vernichtet die Existenz eines Lebewesen, nicht nur seinen Körper und seinen Geist... sondern seine Seele. Er ist wie ein Leerstein, wenn man so will."

  • Kahri blieb stehen, wendete und stand dann vor der Priesterin, die Hände leicht vom Körper weg erhoben, um sie notfalls auffangen zu können.


    Wieder hat sie ihren Kopf leicht zur Seite geneigt und ihre grünen Auge wirken wie mit einer Schicht Eis überzogen so kalt scheinen sie auf Alanis hinüber zu blicken.


    "Man soll nicht über vergossene Milch weinen, nichts von dem zählt. Eine andere Stadt, ein anderes Land, ein anderes Leben.... Das, was geschehen ist, lässt sich nicht in Kategorien pressen, um es im Nachhinein mit einer moralischen Wertung zu versehen."


    Die Imitation von Alanis Worte, war zwar nicht in der Tonlage der Priesterin gesprochen aber spiegelte perfekt die Gefühle wieder, welche diese damals im brennenden Tisch hineingelegt hatte. Das Echo vergangener Worte verschwindet und Kahris Augen werden wieder sanft und ihre Stimme wieder ihre eigene.


    "Alles hat eine moralische Wertung, alles zählt....Aber was geschehen ist, ist geschehen. Das tut es überall auf der Welt, euch gingen andere voran, andere werden wie ihr in eine Falle laufen, der sie nicht mit der nötigen Weisheit und der nötigen Selbstopferung begegnen können... die Jäger können nicht alle retten. Einige sterben," sie hält kurz inne, sieht an Alanis vorbei in die Gasse, welche sie entlang gekommen waren und dann wieder in ihre Züge. "Andere... sterben länger... einigen wenigen gelingt es, sich über den Makel zu erheben und ihr gehört zu den Glücklichen, die bei ihren Kämpfen nicht allein sein müssen."

  • Alanis sah zu Boden und ihre Hände ballten sich zu Fäusten, kleine, rote Halbmonde in ihren Handinnenfllächen hinterlassend.


    Es verging eine Weile, in der sie nachdachte und ihren Erinnerungen erlaubte, über sie zu spülen wie eine Welle, immer darauf bedacht, dass sie nicht auch so weit in ihrem Inneren wühlten, dass sie dort etwas abtragen konnten.


    Schließlich nickte sie.


    "Ich - würde gerne zurück", presste sie hervor, dann strafften sich ihre eingesunkenen Schultern. "Also, in den 'Tisch'."


    Sie atmete die feuchte Nachtluft tief ein.


    "Das Problem mit der Moral ist, dass die meisten Menschen in meinem Umkreis eine sehr genaue Vorstellung davon haben, welche Maßstäbe sie an mir anlegen müssen. Es wird schwierig -."

  • Kahri nickte auf ihre Bitte hin, zur Taverne zurückzukehren.


    "Umso schwieriger ist es, da ihr noch nicht einmal selbst wisst, welche Maßstäbe ihr an euch selbst stellt. Ein doppelter Makel, wenn man so will...," sinnierte sie dann beiläufig und ging erst dann wieder neben Alanis die Straße zurück, als diese ebenfalls den Weg einschlug.


    "Erst einmal obliegt euch die Feststellung des ISTs, eures körperlichen, eures seelischen und eures...," sie bleibt stehen und hält gleichermaßen auch inne mit ihren Worten, überlegt einen Moment, dann scheint sie über sich selbst zu lächeln...


    "Wie... vergesslich ich doch manchmal bin," schalt sie sich leise und wandte sich dann wieder mit einem fast spitzbübischen Funkeln in ihren Augen wieder an Alanis. "Ihr habt mich nicht nach Hilfe gefragt... und ich sollte euch deshalb auch keine gewähren, weder die meine, noch die der Jäger... bis ihr euch anders entschieden habt."


    Dann ging sie schweigend weiter, als hätte sie nie etwas gesagt.

  • Alanis ging neben Kahri her. Das implizite Angebot hallte in ihrem Schädel wieder und nahm dort allen Raum ein, den es konnte.


    "Ich schätze das ist nichts, was ich entscheiden sollte, wenn ich betrunken bin", gab sie nach einer ganzen Weile zurück. "Es reicht, dass mir jetzt schon das Herz auf der Zunge liegt."


    Ein Seitenblick streifte Kahri.

  • Alanis grinste schief in die Dunkelheit.


    "So ziemlich - beides. Sowohl Frage als auch Aussage."


    Sie hob die Schultern.


    "Zuviele Dinge, die heute Abend geschehen sind. Ich brauche einen klaren Kopf. Ein wenig Schlaf."

  • Etwas die Straße hinunter tratt Jean-Michel aus den Schatten einer kleinen Gasse auf den Hauptweg und schlug auch den Weg Richtung Brennenden Tisch ein, da er wohl heute Abend nicht mehr zu den Schiffen zurückkehren würde und daher eine Unterkunft benötigte. Auch etwas zu Essen wäre nicht schlecht.


    Er passte seinen Schritt so an, dass er Kahri und Alanis, die vor ihm waren, nicht einholen bzw. überholen würde.

    Jean - Michel de Sarday
    Chevalier d´Arisent
    Magistrat des Hofes von Tir Thalessay


    Wir sind Schatten , Schemen der Nacht
    Wir sind Geister , die unerkannte Macht