Die Taverne "Zum Zaunkönig" (9)

  • "Oh, das Übliche." Alanis winkte ab, doch in ihren Augen lag ein seltsamer, zufriedener Glanz. "Die Drachen rufen die Menschen und dann haut man sich fünf Tage lang in ihrem Namen auf die Nase. Ich war dieses Jahr zum ersten Mal im silbernen Lager, weil ich den Ruf gehört hatte. Zum Glück traf ich direkt am Anleger zwei Ritter, die ich im letzten Jahr kennengelernt habe, die mich in ihr Gefolge aufgenommen habe."


    Sie drehte sinnierend den Becher in den Händen hin und her und lächelte leicht.


    "Schon faszinierend, wie sehr die Menschen in diesem Lager an das Gute und die Vergebung glauben können. Teilweise naiv, leider."

  • Alanis nickte, leicht zaudernd.


    "Oh, ja. Das war so ganz anders als im Grauen Lager. Im Silbernen habe ich mich direkt zuhause gefühlt und es gab wenige Menschen oder Wesen, an denen ich mich gestört habe. Im Grauen lief ja vor 3 Jahren noch ein Khorne-Krieger herum. Und Drow, die auf die Bibliothek aufgepasst haben."


    Sie tippte mit dem Zeigefinger auf das Buch, das sie gelesen hatte.


    "Wissen ist gut, aber wenn es ohne Moral geteilt wird, dann passieren Fehler."

  • Alanis lachte und ihr Gesicht erhellte sich merklich.


    "Also zumindest die beiden Herren, bei denen ich gelagert habe, waren ein Musterbeispiel an ritterlichen Tugenden. Tapfer, ehrlich und zuvorkommend." Ihre Mundwinkel zuckten. "Einer von ihnen hat einen gewissen - Eindruck bei mir hinterlassen. Wer sturzbetrunken in einer Wandertaverne versucht, meinen guten Ruf zu retten, hat etwas bei mir gut."

  • Alanis grinste wonnig.


    "Ich hatte bis spät Nachts Dienst im Lazarett und als ich gerade ins Bett gehen wollte, wurde mir gesagt, dass dringend ein Priester für eine geheime Besprechung im Grauen Lager gesucht wurde. Herr Golodan, der Ritter, hielt sich gerade zu der Zeit bei mir auf und ließ sich nicht davon abbringen, mich ins Graue zu begleiten. Da er nicht der größe Freund von Besprechungen ist, sondern lieber kämpft als redet, versuchte ich ihn davon überzeugen, dass er keinesfalls die Besprechung abwarten müsse, sondern ins Bett gehen könne. Er weigerte sich und sagte, er würde sich so lange in die Taverne zum hinckenden Ainhorn setzen, bis ich zurück bin. Dann allerdings solle ich ihn retten."


    Sie schlug ein Bein über das andere und ließ ihre Fußspitze gegen den Kaminsims tippen.


    "Eine Stunde später war ich wieder da und fand ihn auch in der Taverne. Meine Versuche, ihn loszueisen, schlugen erstmal fehl und er musste erstmal einen Knecht und dessen Stuhl kaputtsitzen, bevor wir davonkamen. Gerade als wir davongehen wollte, rief jemand 'Oh, die Perle des Ritters!'. Woraufhin sich Herr Golodan in die Brust warf und anhob, allen zu erklären, dass ich keinesfalls seine Perle, sondern eine Dame mit gutem Ruf und den üblichen damenhaften Eigenschaften sei."
    Sie kicherte leise.


    "Danach habe ich ihn weggezerrt, damit nicht noch Schlimmeres passiert. Er war ganz schön betrunken - aber ich fand es unheimlich süss."

  • Alanis Lächeln war sehr weich.


    "Ja, er war ziemlich niedlich. Ist er, genau genommen. Und ich bin sicher, das er ausrasten würde, wenn er mitbekommen würde, dass ich das über ihn denke."


    Das Tippen der Fußspitze am Kaminsims endete abrupt.


    "Dummerweise habe ich zugestimmt, mich nach einer passenden Ehefrau für ihn umzusehen."

  • Vermutlich mit dem letzten Gast war der struppige Hund in den Schankraum gewitscht. Hängende Ohren und eingeklemmter Schwanz zeigten sehr deutlich, dass er etwas ausgefressen hatte und sich im Bewusstsein dessen derzeit lieber rar machte. Anstatt sich jedoch bei Alanis' Anblick schier zu überschlagen vor Begeisterung, verkroch er sich schnurstracks unter dem Karmin bei dem Feuerholz.


    Lediglich seine Nase reckte sich ab und an vorsichtig schnüffelnd in Richtung von Alanis' Röcken. Ansonsten war von ihm weder etwas zu hören noch zu sehen.

  • Alanis wedelte mit der Hand. Die uralte Mal so-Mal so-Geste.


    "Einerseits tut es mir schon Leid, ja. Er ist wirklich ein netter Mann und hat mir durchaus zu verstehen gegeben, dass er jemanden wie mich heiraten würde. Andererseits - sind Beziehungen so verdammt kompliziert."


    Sie hob die Schultern und blickte dann hinunter auf Moclin, der sich herangeschlichen hatte.


    "Naja, mal sehen, wie die Sache weitergeht. Und ob sie weitergeht."


    Eine Hand bewegte sich herunter in Moclins Richtung und ließ die Finger wackeln.

  • "Oh, ich -." Alanis wurde rot. Eine tiefe Röte, die sich von ihrem Ausschnitt über ihren Hals bis in ihre Wangen fortsetzt. "Ach, ich weiß es nicht", sagte sie dann und klang dabei mehr als nur ein wenig frustriert. "Ich bin echt zu alt für diese Spielchen. Man schaut sich tief in die Augen, tags drauf kommt dann die Priesterin aus seinem Gefolge und will sofort Tacheles reden, weil sie glaubt, dass er mich toll findet, nur, weil er jeden Abend so lange wach bleibt, bis ich sicher im Lager zurück bin. Dabei weiß ich doch selbst nicht mal, was ich will. Ich komme mir vor, als wäre ich Fünfzehn!"

  • Kassandra nickt mitfühlend.
    "Vielleicht solltest du dir wirklich erst mal darüber klar werden was du wirklich willst... Hattest du nicht dieses Frühjahr noch allen Männern abgeschworen?"
    Sie schmunzelt.
    "Auf der anderen Seite... noch mal sechzehn..." Das Schmunzeln wird verschmitzter. Zu wissend für eine Sechzehnjährige.

  • Alanis schnaubte leise, aber es klang versöhnlich.


    "Ich hätte nach der Sache in Daynon nicht gedacht, dass ich mich noch einmal bei einem Mann so wohl fühlen kann. So nicht bedroht. Schätze ich habe mich geirrt. "


    Sie leerte ihren Port und füllte sich und Kassandra noch einmal auf. Damit war die Flasche dann auch leer.


    "Sechszehn möchte ich wirklich nicht mehr sein. All die Pickel und die Körperteile, die nicht zusammenpassen."

  • "Ach, sechzehn war auch lustig", meint Kassandra schulterzuckend. In letzter Zeit erinnert ihre Halbschwester sie des öfteren grinsend an die Dinge, die sie mit sechzehn getan hat.
    Sie genießt ihren Port.
    "Ja, man lernt halt nie aus...", sinniert sie dann.

  • "Eigentlich war mein Leben mit sechszehn nicht sehr toll", grübelte Alanis. "Eigentlich wurde es erst mit 20 toll, als ich El Gar und Khai Thee kennengelernt habe. Den meisten Unsinn in meinem Leben habe ich mit den beiden gemacht."


    Sie legte den Kopf zur Seite und beugte sich dann vor, um ein Stück Holz in den Kamin zu legen.


    "Schade, dass die beiden nicht mehr soviel reisen. So als einzelne Elementegeweihte zu reisen ist mitunter anstrengend."