Die Taverne "Zum Zaunkönig" (9)

  • Kassandra schüttelt den Kopf als Alanis die FLasche hebt.
    "Klingt seltsam, aber ich hab genug. Das Zeug hat's in sich..."
    "Naja... wir sind ja auch nicht mehr wirklich Lehrlinge, nicht?", gibt sie dann zu bedenken. "Also nicht die Art, die man noch am Händchen führen muß."

  • "Schon richtig." Alanis legte die Füße endgültig auf den Kaminsims und überkreuzte die Knöchel. Zur Hölle mit denen, die ihr seitlich unter den Rock schauen mochten. "Aber hin und wieder tut es doch ganz schön gut, auf einmal wieder der Schüler zu sein und nicht der Meister. In diesem Jahr habe ich einige Reisen gemacht, bei denen ich die volle Verantwortung hatte. Für ein Lazarett, eine Gruppe, einzelne Menschen. Man hat Entscheidungen von mir erwartet und diese Entscheidungen hatten Konsequenzen. Manche waren gut, manche waren schlecht. Es sind Menschen dabei gestorben. Und das sind die Momente, in denen ich mir manchmal wünsche, nicht selbst die Meisterin zu sein, die Geweihte, die Ärztin. Sondern wieder die Schülerin, die auch mal was verbocken kann. Und deren Entscheidungen immer erst noch von einem Meister abgenickt werden."

  • "Wirklich? Würdest du das wollen?", fragt Kassandra, die niemals wirklich jemandes Lehrling war und vor Silia auch niemanden 'Meister' genannt hat, interessiert.
    "Keine eigenen Entscheidungen treffen? Bei allem, was wichtig ist, erst nachfragen? Und die Entscheidung deines Meisters akzeptieren, ob du sie verstehst oder nicht? Ob sie dir gefällt oder nicht?"

  • "Tatsächlich ja." Alanis nickte und ihre Mundwinkel hoben sich wieder ein wenig. "Nur ein kleines bisschen Führung, das wäre hin und wieder sehr schön. Jemand, der mich an der Hand nimmt und sagt 'Alanis, das ist richtig, was Du machst.' Oder eben 'Ich weiß es besser.'. Das wäre sowas wie Urlaub von mir selbst."

  • Alanis schmunzelte.


    "Wir Elementepriester haben kein heiliges Buch, in dem steht, was wir dürfen, wann wir es dürfen und wann wir kein schlechte Gewissen haben müssen. Und wir haben keine Stimme von oben, die uns in eine Richtung leitet und uns moralische Kodizes eingibt. Was wir tun müssen, ist das Leben schützen - aber das ist ein sehr weites Feld."

  • "Hm", macht Kassandra. "Vielleicht solltest du dann die Gottheit wechseln?"
    Sie grinst.
    "Gothi ist glaub ich ganz gut dabei mit Geboten. Praios kann das auch hervorragend. Dings, hier,.... Medea. Auch großartig, was Gebote angeht, frag mal Wolfbain."

  • Alanis hob eine Augenbraue.


    "Ich möchte den Amonlonder Stammklerikern sehr ungern Konkurrenz machen. Da ist es doch angenehmer, ungeführt zu bleiben und regelmäßig flüchten zu müssen, weil man mich für eine Hexe hält."

  • "Kommt drauf an, wer hinter mir her ist", schmunzelte Alanis. "Die meisten Leute, die mich für eine Hexe halten, besinnen sich irgendwann eines Besseren."


    Das Lächeln verblasste leicht.


    "Ich habe inzwischen fast aufgehört, die Elemente um Gefallen zu bitten. Das, was mir damit in die Hände gegeben wird, ist so mächtig, dass ich nach einigen Fehlern eingesehen habe, dass ich dafür noch nicht wirklich bereit bin."

  • Kassandra lacht, oder vielleicht ist es auch nur ein schnauben.
    "Kommt mir irgendwie bekannt vor", stellt sie fest und die Fröhlichkeit ist mit einem Mal verschwunden.
    "Überlassen wir das jonglieren mit dem Weltuntergang also Leuten, die sich damit auskennen?"

  • An einem Tisch in der Nähe sinkt ein Mann mit fettig-zerzaustem Haar, der ohnehin schon die ganze Zeit glasig vor sich hingestarrt hatte, mit dem Kopf auf den Tisch nieder und beginnt sonor, gleichmäßig und lautstark zu schnarchen. Sein Bierhumpen wird dabei noch fest von seiner Rechten umschlossen - bezahlt ist offenbar bezahlt.

  • "Sie werden es sein", sagte Alanis und lächelte leicht. "Wenn sich eine Tür schließt, wird sich eine andere auftun. Deswegen habe ich zum Beispiel auch noch nicht den Glauben verloren, dass ich eines Tages einen Schüler haben werde. Wenn dieser dann fertig ist, in die Welt zu gehen, kann ich es Khai und El nachtun und mich zurückziehen."

  • Die Geweihte nickte leicht, wenngleich es auch ein wenig widerstrebend wirkte.


    "Ich habe mehr erlebt, als viele andere Menschen in ihrem ganzen Leben erfahren. Ehrlich gesagt bin ich ziemlich müde und bemerke an mir, dass ich zwar noch viel reise, aber eher Situationen suche, die eine friedliche Lösung brauchen. Oder gar keine Lösung, weil es kein Problem gibt."

  • Etwas unter dem Kamin rumpelte leise, als der struppige, kleine Hund einige Scheite Holz hinaus schob um selbst mehr Platz zu haben. Eine graubraune Pfote war von der Position der beiden Frauen gerade noch so zu sehen. Einige Male zuckte sie noch, wohl um eine bequemere Position zu finden.


    Bald darauf ertönte ein sonores Schnarchen, das man in dieser Lautstärke dem kleinen Hund wohl nicht zugetraut hätte.

  • An einem sehr nebeligen, kalten Winterabend öffnete sich die Tür und Alanis und ihr Begleiter betraten den Schankraum (http://www.larp-ahr.de/index.php?page=Thread&postID=435519#post435519). Sofort schlugen ihnen Wärme und ein Stimmengewirr entgegen, denn der Innenraum der beliebten Schänke war gut gefüllt mit hungrigen und Bier trinkenden Menschen. Es waren hauptsächlich Händler und Bauern, die man sah, aber Alanis bemerkte auch einige Gardisten, die ihren Feierabend im "Zaunkönig" verbrachten.


    Mit einer Hand löste sie den Verschluss ihres Umhangs, behielt ihn aber noch auf den Schultern. Als sie den Blick schweifen ließ, erspähte sie einen freien Tisch in der Nähe des Tresens, hinter dem zwei junge Frauen Dienst taten und steuerte unumwunden darauf zu. Was die Geweihte ebenfalls nicht übersehen konnte, war, dass sie und Thraxas bemerkt worden waren. Neugierig wurden sie von den Bürgern beäugt, von denen einige sofort die Köpfe zusammensteckten. Alanis verteilte gelassene und leicht eisige Blicke und tatsächlich schenkte der ein oder andere Neugierige direkt danach wieder der Schaumkrone seines Biers die ungeteilte Aufmerksamkeit.