[Ordensburg des Lukranis] Die Gewölbe der Büßer

  • Über die langen Treppen, die tief hinab in die Gewölbe der Ordensburg führen und sogar für die meisten Ordensmitglieder Zeit ihres Lebens verschlossen bleiben, gehen Gänge in der Tiefe zu einem Areal ab, das in tiefe düstere Stille getaucht ist.


    Ein breiter Gang links und rechts gesäumt von stabilen Türen aus dunklem Eichenholz und Scharnieren aus gut geöltem Eisen. Hinter jeder davon eingehüllt in mehr als einen Schritt festen Stein eine Zelle, nicht mehr als drei Schritt in der Breite und drei in der Länge.


    Die einzigen Einrichtungsgegenstände sind eine Pritsche, ein paar Decken aber kein Kissen, ein verbraucht wirkender kleiner Holztisch und ein ebenso unverzierter Stuhl.


    Eine kleine Nische bietet Raum für den Abort und die Körperpflege, abgetrennt durch eine hüfthoch gemauerten Stein. Der Abtritt ist mit einem hölzernen Deckel versehen und weit in der Tiefe hört man das Rauschen eines unterirdischen Flusses.


    Wächter stehen am Ende des Hauptganges und überwachen Kommende und Gehende... sie sind stumme Diener in glänzende Rüstungen gehüllt, die nur von wenigen Gesehen werden.

  • Von hier kommend:


    Tacherlos und die beiden anderen Ordensbrüder führten Lesco hinab in die Gewölbe und auch wenn die tiefer liegenden Steinmauern ein unschönes Versprechen nach Feuchtigkeit vorstellen liessen war Lesco sichtlich überrascht von der Tockenheit und der frsichen , weniger jedoch von der Stille und der immer dichter werdenden Dunkelheit, die nur ab und an von an der Wand hängenden Fackeln durchbrochen wurde.


    An einer Kreuzung am Ende der Treppe wählten die Kleriker den rechten Weg. Gerade aus endete der Gang einem gewaltigen Portal, das wie Lesco mit Erstaunen feststellen musste aus Metall gefertigt war und kostbare Verzierungen in Form von so manch kunstvoll geschliffenem Edelstein und zahllosen Ornamenten trug. Was genau sie darstellten, entzog sich Lesco aufgrund der Lichtverhältnisse.


    Der Gang, den sie entlang wanderten schien sich endlos lang zu ziehen und endete erneut vor einer Kreuzung. Zwei der Wege waren zugemauert und so gingen sie den einzigen Weg weiter, der nicht zurückführte.


    Der lange Gang wies zahlreiche stabile Türen auf und auch wenn die Wachen, die links und rechts am Ganganfang der Kreuzung positioniert waren und starke Wehrhaftigkeit verrieten nicht zurückgrüßten, schenkte Tacherlos ihnen respektvoll seinen Segen.


    Es war die vierte Türe der linken Seite vor der der Bewahrer stehenblieb. Er hob seinen Arm und die Kutte rutschte hinab, als er nach einem über der Tür hängenden Schlüssel aus Eisen griff und ihn herabnahm. Im Fackelschein konnte Lesco zahlose feine und grobe Narben erkennen. Einige stammten von Brandverletzungen anderer von Waffen, auch Pockennarben waren zu sehen. Vermutlich war das auf seinem ganzen Körper und auch der Grund wieso er ein Tuch vor dem Gesicht trug.


    "Dies ist euer Raum der Buße, Läuterung, der Einsicht und so Lukranis euch wohl gesinnt ist und ihr wahrhaftige Reue zeugt auch der Raum eurer Auferstehung von euren Sünden, Lesco."


    Noch war die Türe nicht geöffnet aber Lesco konnte erkennen, dass ein schmaler Schlitz mit einer Klappe angebracht war, nicht hoch, so das man sich bücken musste, um hindurch zugreifen und einen Krug Wasser und einen Teller mit Essen entgegenzunehmen.


    Tacherlos öffente die Türe, in dem er das Schloß zwei mal drehte und sah Lesco dann auffordernd an.

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  • Lesco lief ein Schauern über den Rücken, je tiefer sie in die Katakomben gingen. Furcht stieg in ihm auf; Angst davor hier zu verotten. Was wäre, wenn die Lukranisten ihn hier ewig fest halten würden? Das Ganze bekam immer mehr den Geschmack eines Gefängnisses. Aber wäre der Knast wirklich die Strafe, wenn die Garde ihn in die Finger kriegen würde?


    Dann nach endlosen Minuten waren sie an 'seiner' Kammer. Kurz überlegte Lesco den Bewahrer nach der Zeit zu fragen, die er hier verbringen würde. Doch machte das Wissen es nicht noch schlimmer? Ohne ein Wort zu sagen ging er hinein und nickte dem Bewahrer zu.

    Kannst du siegen durch deinen Tod, dann stirb.
    Kannst du siegen durch Leben, dann lebe.
    Lasst dir nur Eines sagen: Ist deine Zeit zu Ende zählen nur deine Siege.
    ~Ausschnitt aus dem Dogma Kalzagarn's

  • Tacherlos lies ihn wortlos passieren. Der Raum, der sich Lesco öffnete war von schlichter Kargheit. Ein schmales Bett, eine Decke und eine Matratze, die und das konnte man deutlich riechen mit frischem Stroh gefüllt war. Daneben stand ein Tisch und ein Stuhl. Am anderen Ende des Raumes war eine mit einer Mauer getrennte Nische eingerichtet, wo die Notdurft verrichtet werden konnte und eine Waschgelegenheit zur Verfügung stand.


    Durch ein Fenster weit über Lescos Kopf würde bei einem klaren Tag sicher Licht hier hereinfallen, doch im Augenblick bestand die Quelle aus ein paar Kerzen, die in den Wandnischen aufgestellt waren.


    Auf dem Tisch neben der Pritsche lag ein größeres Paket, Pergament bedeckte den Inhalt, eine aus Flacks gewickelte Schnur hielt das ganze zusammen.


    "Ihr erhaltet von Thormas, einem schweigenden Ordensbruder am Morgen sowie am Abend, Essen und Wasser. Sofern ihr es wünscht wird man euch Kleidung und frische Tücher zum waschen und abtrocknen bringen sowie Kerzen und andere Notwendigkeiten, die euch die Zeit der Buße erleichtern."


    Tacherlos hatte die Betonung auf Notwendigkeiten gelegt, was Lesco sagte, dass er hier keinerlei Luxusgüter zu erwarten hatte.


    "Ihr werdet in der Zeit, die ihr hier verbringt wissen, wann sie zu Ende ist und ihr zurückkehren könnt, geläutert und mit der Vergebung Lukranis. Gibt es noch Fragen Lesco?"

  • Sein Blick schweifte durch die Zelle und auch hinauf zu dem Oberlicht. Dann steuerte Lesco das Bündel auf dem Tisch an und öffnete es, um den Inhalt zu betrachten. Dabei lauschte er Tacherlos Worten. Mit Luxus hatte er ganz sicher nicht gerechnet.


    Als die Frage gestellt wurde, blickte er zu dem Priester.


    "Eine." Eine Pause folgte und Lesco legte den Kopf etwas schiefer, um ihn dabei zu mustern.


    "Warum macht ihr euch die Mühe, statt mich der Garde zu übergeben, wie es rechtens wäre?"

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    ~Ausschnitt aus dem Dogma Kalzagarn's

  • Das recht große Bündel offenbarte ein grobmaschiges Netz aus strapazierfähigen dicken Fäden sowie diverses geschnittenes Wollgarn. Dazu ein Werkzeug, das einen Widerhaken besaß und sich scheinbar zu Knüpfen eignete.


    Lesco hatte bereits von diesen Dingen gehört. Dieses Werkzeug und das Material diente der Herstellung eines Sündentuchs... er hatte einige davon bereits gesehen. Bilder begangener Sünden, offen und dem Gebot der Wahrheit folgend für alle sichtbar.


    "Ihr wisst, was dies ist Lesco," überging der Priester die Frage seines Gegenübers, kaum das Lesco der Materialien angesichtig wurde. "Es steht euch frei, das Werk selbst zu vollbringen oder jemanden zu beauftragen, der das Tuch für euch herstellt. Doch wisset, solltet ihr Letzteres wählen, wird euer Vertreter eure Wahrheit zu der seinen machen."


    Erst jetzt begann er auf die eigentliche Frage zu antworten.


    "Für uns besteht keine Mühe, jene liegt ganz bei euch Sünder. Und so oder so Lesco, ihr seid in einem Gefängnis. Und die Mauern, in denen ihr euch jetzt befindet sind weitaus schlimmer, als die der Garde, denn sie gehören allein eurer Seele und eurem Herzen und nicht einer Zeit als Strafe.
    So man Gefängnis für euch gewählt hätte... Auf Mord Lesco...gibt es durch die Gnade unseres Königs nur eine Antwort und ihr wisst wie diese ausfallen würde - wäre die Beweislast klar...was sie nicht ist. Somit denke ich ist diese Frage hinreichend beantwortet."

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  • Ungläubig blickte Lesco das Knüpfmaterial an. Eine Braue hob sich und zuckte leicht. Das verlangten die Lukranisten jetzt nicht wirklich, oder? Er sollte einen Teppich knüpfen? Darauf können die lange warten.


    Sein Gesicht verhärtete sich und Lesco drehte seinen Körper in Richtung des Bewahrers. Seine Hand griff an den Gürtel und er holte den Dolch hervor, griff diesen an der Klinge und hielt Tacherlos den Knauf hin.


    "Den brauch ich hier nicht.", gab er trocken von sich. "Keine weiteren Fragen, Bewahrer."

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  • Der Bewahrer jedoch nahm den Dolch nicht an sich, sondern trat von ihm fort. Jenes seltsame Verhalten jedoch erschloß sich Lesco nur Sekunden später. Hier stand ein Bruder des Ordens der Träne vor ihm und das einzige einer Waffe, dass er je in seine Hand nehmen würde... wäre die von ihr erlittene Wunde.


    "Behaltet ihn hier und seht ihn euch gut an, sollte euch die eine oder andere Schwäche oder Erinnerung überkommen."


    Tacherlos hatte sich der Türe zu gewandt und verharrte dort noch einmal.


    "Man wird euch Essen bringen und Wasser und auf euren Wunsch hin und sofern es von Nöten ist, neue Seife, Tücher und Kleidung. Doch erwartet keine Antworten auf Fragen, noch eine Unterhaltung... außer... mit euch selbst."


    Mit diesen Worten ging er zur Gänze nach draußen und hielt an die schwere Türe beherzt zu schließen.

  • Mit den Schultern zuckend steckte Lesco den Dolch wieder ein und wedete sich dem Lager zu. Während Tacherlos die Türe schloss, ließ sich Lesco nieder. Das geräusch des Schlosses hatte etwas endgültiges an sich und Medinas Bruder kam nicht umher die Türe fast eine Stunde lang anzustarren.

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  • Mit dem Schließen der Türe und dem Geräusch des sich herumdrehenden Schloßes ergoß sich erst wohltuende, dann immer mehr bleiernde Stille in den Raum. Nur Lescos eigener Atem war zu hören.

  • Seufzend atmete Lesco aus. Da war er also. Alleine. Alleine mit den eigenen Gedanken. Doch keiner davon schien wirklich Sinn zu machen oder sich fassen zu lassen. Minute um Minute; Stunde um Stunde lag Lesco auf seinem Bett und starrte die Flamme an, nachdem sich sein Blick von der Türe gelöst hatte.


    Irgendwann schläft Medinas Bruder dann ein. Ohne sich umzuziehen oder die Kerze zu löschen. Die Müdigkeit kam und gewann schlicht ohne Gegenwehr. Erst am nächsten Morgen wurde er durch den Ordensbruder geweckt, der ihm das Essen brachte. Leicht verzog er das Gesicht, als ihm bewusst wurde, dass es schlicht Wasser und Brot gab. Einzig ein Apfel versah das Ganze etwas mit Geschmack.


    Nachdem er gegessen hatte, öffnete Lesco das Papier des Paketes endgültig und legte die Fäden und die Knüpfnadel auf den Tisch. Abfällig schnaubend wendete er sich schließlich von dem material ab und begann mit der Morgenwäsche.


    "Unklare Beweislast... ich habe gestanden Tacherlos... Klarer geht es nicht. Warum also bin ich hier und nicht da?", begann Lesco schließlich ein kleines Selbstgespräch. Jenes führte er während er in der Zelle auf und ab ging. Der Mann war unzufrieden; mit der Situation, seinem Leben und sich selbst. Und diese Unzufriedenheit fokusierte er aktuell auf diejeneigen, mit dennen er in letzter Zeit Kontakt hatte: Tacherlos, den Schatten, Eshab und sogar auf Medina und seine Eltern. Er wusste nicht warum, aber er fand bei jedem Gründe, die er ihnen in die Schuhe schieben konnte. Für Lesco stand am ersten Abend des Umhergehens und des Sitzens fest: Schuld an der Situation waren die Anderen. Wütend über eben jene, fegte seine Hand über den Tisch und warf alle Fäden quer durch die Zelle.


    Selbst die Tatsache, dass es eine Suppe zum Abendessen gab, konnte seine Laune nicht aufbessern. Die Nacht kam. Dieses Mal machte sich Lesco bettfertig und löschte das Licht, um sich ganz der Dunkelheit in der Zelle und in seinem Herzen zu ergeben.


    So verging die ganze erste Woche und Lesco versank immer mehr im Sumpf aus Selbstmitleid und Schuldsuche bei Anderen. Am Ende der Woche lagen die Fäden noch immer dort.


    Er hatte versucht mit dem Ordensbruder und den Wachen zu sprechen und niemand antwortete ihm, was die Wut in seinem Herzen nur noch mehr steigerte. Wären die Mahlzeiten nicht, hätte Lesco sicher jegliches Zeitgefühl verloren. Mit jeder Stunde fühlte sich Lesco noch einsamer.

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  • Die nächste Nacht verlief weniger ruhig. Die Gesichter der Toten quälten ihn. Lesco fand nicht eine Minute Ruhe. Immer, wenn er die Augen schloss, sah er die Vier. Immer, wenn er die Augen öffnete, hörte er ihre Stimmen. Die Kerzen waren erloschen und die Wächter würden erst am nächsten Abend wieder die Fackel hineinreichen, um sie erneut zu entzünden. Das Licht vom Mond, dass durch den Schacht fiel, war kaum genug, um mit den Schatten einen Streich für Lesco zu spielen. Kalt lag der Schweiß auf seiner Stirn. Er hielt das hier einfach nicht aus. Plötzlich zuckte Lesco herum, weil er glaubte etwas gesehen zu haben. Doch er war alleine. Zitternd ging er das Zimmer auf und ab. Hin und wieder versuchte Lesco es erneut mit dem Schlaf. Doch vergebens war jede Bemühung. Wenn es nicht die Vier waren, die ihn wach hielten, dann die Vorstellung, wie sein Bruder auf dem auf der Seite der Chaosschlampe auf dem Schlachtfeld steht und... ...


    Seite Hand krachte gegen den Stein. Tränen liefen seine Wangen hinab. Sein Hass auf Eshab wuchs, denn wenn dieser ihn nicht festgehalten hätte, wäre Lesco sicher bei Jaromar gewesen und hätte an seiner Seite gekämpft.


    Wieder krachte die Faust gegen den Stein. Blut trat hervor, doch der Schmerz half Lesco den Zorn zu vergessen. Nochmal. Wieder und wieder und letztlich sank Lesco auf die Knie. In diesem Moment verließ ihn die Wut auf diejenigen, auf die er sie in den letzten Tagen projiziert hatte. Es waren seine Taten, die ihn nach Kephram geführt hatten. Es waren seine Taten, die vier Menschen das Leben nahmen. Es waren seine Taten, die ihn hergebracht hatten. Die Gründe waren egal, hätte Lesco alleine doch andere Wege suchen müssen. Und doch fand er in all dieser Erkenntnis keinen Frieden.


    "Ich schaffe das nicht. Wie soll ich Buße ablegen für etwas, was ich immer wieder tuen würde? Wie soll irgend jemand verzeihen, was ich aus vollster Überzeugung getan habe? Wie... kann ich mir selbst verzeihen, was ich im Wissen aller Konsequenzen tat? Dieser Ort macht mir bloß klar, dass ich der Schuld nicht ins Gesicht blicken kann."


    Mit der verletzten Rechten griff Lesco den Dolch, nachdem er sich zu seinem Bett gezogen hatte. Zitternd umschloss die Hand den Griff. Alles hätte schon viel früher enden können. Wäre er einfach in Kephram verreckt, hätte Medina ihn nie gefunden.


    Die Klinge wurde zum Hals geführt. Das Zittern nahm zu. Und doch hätte sie weiter gesucht. Was Juvre wohl mit ihr gemacht hätte, wenn Lesco nicht mehr da gewesen wäre?


    'Wir, die wir im Dienste des Ordens der Träne Lukranis Werk in den Landen Daynons tun wurden ausgebildet zu heilen. Wir nehmen, das was geschehen ist auf uns und spenden Heilung. Dieses Geschenk und seine Bürde vermag keine weitere neben sich zu dulden. Schild und Schwert sind anderer Gläubiger Tagwerk. Wir vom Orden der Träne verteidigen nicht, sondern wir sind den Verteidigern Daynons Heiler und Heilerinnen.' Die Worte des Bewahrer traten zurück in seine Erinnerung. Und doch, war er kein Bruder des Steins von Gislafoth. Wie könnte er die nun je werden?


    Der Schmerz über seine Taten verzerrte sein Gesicht. Die Klinge ritzte die Haut am Hals auf. Bald würde es vorbei sein. Seine Schande würde mit ihm sterben. Der Tot war gerecht. Die einzige Strafe, die es für ihn gab. Wie konnte Medina mehr in ihm sehen, als einen Verbrecher und Mörder? Wie konnte Tacherlos so blind sein und den Weg nicht erkennen? Waren die Gesetze des Königs nicht gültig? Wieso sah der Schatten den Weg des Lichtes vor Lesco liegen, wo sein Leben doch in Dunkelheit getaucht war.


    'Wenn du mich wirklich schützen willst, dann lerne, wie du uns beide vor dem schützt, was die Chaosmaid aus Jaromar, gemacht hat oder machen wird!'


    Dann sackte sein Körper nach vorne. Metal fiel zu Boden. Doch statt sich selbst zu richten, hatten Medinas Worte ihn vor dem Ende bewahrt. Tränen flossen und Lesco weinte sich in den Schlaf. Hier würde die Geschichte nicht enden. Das konnte er seiner Schwester noch weniger antun. Nicht jetzt, wo sie ihn endlich gefunden hatte.

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  • Vier Wochen. Oder waren es fünf? Sechs? Lesco hatte den Überblick verloren. Es gab nur noch Tag und Nacht. Zeit war irrelevant. Die Zahlen, die ihm sagte, wie lange er schon hier war, waren verblasst. In all der Zeit, hatte er auf Wände, Tür und Tisch eingeschlagen. Er hatte vergeblich versucht mit den Wächtern zu reden. Das Essen kam ihm Tag für Tag geschmackloser vor. Es war immer das Selbe. Keine Abwechslung. Monotonie. Gedanken waren die einzigen Begleiter in dieser Zeit. In den letzten Tagen kam das Ende durch den Dolch immer verlockender vor. Und doch gab es einen weiteren Weg hinaus. Ein Gedanke, der sich in den Tagen fest gebrannt hat war, dass Medina ohne ihn, wie Jaromar enden wird, wenn Lesco sie nicht beschützen konnte. Und hier drinnen konnte er Nichts für sie tun.


    Und so hatte er begonnen, noch vor dem Frühstück die Fäden wieder auf zu sammeln. Es war eine Heidenarbeit, sie alle auf den Tisch zu bringen und noch schlimmer war es sie zu sortieren.


    'Raus... raus... ich muss hier raus...' Seine Hände überschlugen sich förmlich dabei, die Fäden in den Stoff zu knüpfen. Er formte all das, an das er dachte, ohne sich wirklich Gedanken zu machen. Es ging ihm nicht, um Buße, sondern um Erlösung. Erlösung von dem Hiersein. Erlösung von den Gedanken, die ihn quälten. Es ging ihm darum, schnell etwas vorzuweisen, um schnell raus zu sein. Der Schlaf wurde unterdrückt. Stunde um Stunde mit dem Teppich verbracht. Das Bild nahm gestallt an, zeigte die Gassen Kephrams und seine Bande. Es zeigte eine harte, raue Welt, in die ein junge rutschte, ohne sich befreien zu können. 'Raus... raus, um Medina zu schützen... raus, um nicht mehr alleine zu sein.


    Der Zweifel kam, als Lesco fast fertig war. Er konnte nicht sagen, woher der Keim kam, aber er wucherte schneller in ihm, als es ihm Recht war. Die Nadel wurde langsamer und schließlich versiegte ihr Werk. War es richtig es so zu beenden? Warum interessierte es ihn plötzlich, ob es richtig war oder nicht? "Was willst du von mir?" Die Schritte hatten ihn zum Fenster weit über ihn. Die Sonne schien gerade fast genau hinein. Er wusste nicht, wieso er aufgestanden war, noch warum er das erste Mal seit Jahren wirklich mit ihm sprach; dem Erschaffer, das Licht... Lukranis.

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  • Der erste Mond war gegangen und noch immer war Lesco nicht aus den Gewölben der Büßer zurück. Ihre Selbstdisziplin nicht hinab zu steigen um wenigstens in seiner Nähe zu sein begann zu bröckeln.


    Ihr war bewusst, dass die Wächter sie nicht zu ihm lassen würden, noch nicht einmal während er schlief, dass sie nach ihm sehen könnte.


    Sie zögerte es Tag um Tag hinaus die Treppen hinab zu steigen. Sie begann wieder im Lazarett in Kephram zu arbeiten, einfach weil es sie besser ablenkte und ihr bewusster machte, warum Lesco so lange brauchte um sich selbst zu finden.


    Gegen Mitte des zweiten Mondes hielt sie es nicht mehr aus. Nach der Abendandacht schritt sie die Stufen hinab ... auf der letzten Stufe stehend zögerte Sie.


    Es war nicht richtig hier zu sein. Diese Zeit gehörte ganz ihrem Bruder und dem Herren des Lichtes. Ihre Anwesenheit würde Lesco ablenken. Sie blieb auf der untersten Stufe stehen, sah zu den stummen Wächtern der Gewölbe und setzte sich auf eine der Stufen ihre Füße blieben auf der letzten Stufe vor den Gewölben.


    Sie brauchte für sich diese Nähe zu ihrem Bruder ohne in seine Abgeschiedenheit eindringen zu dürfen.


    Medina schloss die Augen und rückt dichter an die Wand, an welche sie ihren Kopf lehnte. Sie blieb etwa das Viertel einer Sundenkerze so sitzen und einfach nur die Ruhe hier unten in sich aufnahm, ihre eigene Ruhe wieder fand, ehe sie sich wieder erhob den Wächtern zunickte und wieder ging...


    etwa eine Woche später kam sie wieder - wieder betrat sie den Gang nicht setzte sich nur stumm auf die Stufen und richtete Ihr stummes Gebet an Lukranis, dass er ihrem Bruder die Weitsicht schenken möge die richtigen Entscheidungen zu treffen.


    Sie wusste einfach dass er die Stärke dazu in sich trug. Wie sollte sie es nicht wissen, er war ihr Bruder und schon immer der Stärkere von ihnen Beiden gewesen. Früher hatte er das auch gewusst. Deswegen doch nur war er wegen Aletta nach Kephram gegangen.


    Und vermutlich hatte er aus genau diesem Grund auch in Kephram überleben können, etwas was sie vermutlich nicht schaffen würde. Aber Kephram hatte ihm das Wissen um seine Stärke zusammen mit seiner Hoffnung und seinem Glauben geraubt.


    Es war noch immer in ihm, das hatte er in jenem Keller bewiesen als er getan hatte, was notwendig gewesen war um sie zu retten und zu beschützen. Aber er hatte sich geweigert es zu erkennen. Kephram saß zu tief in ihm. Es ihm zu sagen - das wusste sie von früher - half ihm nicht. Er musste es selbst erkennen um es glauben und wissen zu können, nicht anders als sie selbt!


    Er hatte sich in Kephram nicht so verändert, wie er glaubte - jedenfalls hoffte sie das!


    Ganz in Gedanken versunken war die Zeit gegangen und sie musste ebenfalls wieder gehen. Ein letzter Gedanke noch an Lesco - wie gern hätte sie ihm zur aufmunterung die Hand auf die Schulter gelegt. Diese Zeit war hart aber notwendig aber er würde es schaffen, das wusste sie!


    Wieder nickte sie den Wachen zu und stieg dann wieder die Teppen hoch zu ihrer Kammer...

    „Zweifel, die Du hegst sind nicht allein deine Angelegenheiten, denn an deinen Zweifeln können Heere zerbrechen, Helden sterben und Träume vergehen.“

  • Staubkörner tanzten im Strahl des Lichtes, welcher durch das viel zu hoch gelegene Fenster auf den kalten Steinboden fiel. Sie waren die einzige Reaktion auf Lescos Aufschrei. Kein Gott antwortete ihm und erklärte sich. Warum auch... ein gefallener Sterblicher, ohne wirkliche Reue war nicht im Ansatz einen Deut Aufmerksamkeit des einen großen Gottes der Gerechtigkeit, der Heilung, des Gesetzes, des Lichtes, der Reinheit und dem Schutz würdig... oder?


    Es war als würden die Steinmauern Lescos Worte, als Echo zurückwerfen und er hörte seine eigene Stimme in einem immer leiser werdenden Tonus.


    Am Ende... hafteten nur noch drei der fünf erbrachten Worte wie zähflüssiger Honig an den Steinen, die Lesco umgaben.


    "Was willst du?"

  • Antwort. Wer hatte schon mit einer Antwort gerechnet? Lesco jedenfalls nicht. Er hatte nie das Gespräch zu Lukranis gesucht, um gesprochene Antworten zu erhalten. Weder heute, noch in seiner Kindheit. Damals brauchte er keinen Dialog, um seinem Gott nahe zu sein. Es reichte ihm, dass er zu Lukranis sprach.


    "Was willst du?" Die Worte seines Echos schnürrten ihm die Kehle zu, ohne, dass Lesco wusste warum. 'Was willst du?' Lesco taumelte ach hinten, weg von dem Oberlicht. Er ließ sich auf seinem Bett nieder. Er musste sich das seltsame Verhalten des Echos eingebildet haben. Genau. Er war sicher übermüdet. Oder wurde er langsam verrückt? 'Was willst du?' Auch, wenn Lesco sich nun hinlegte, war es nicht so, dass er ein Auge zumachen konnte. Immer und immer wieder, hörte er seine eigene Stimme. 'Was willst du? Was willst du? Was...'


    "Ruhe... ich will Ruhe... ich will... vergessen können... die Zeit zurück drehen und da anfangen, wo ich aufgehört habe... Ich... will vergessen, was ich getan habe... Ich... ... habe sie umgebracht... "


    Lesco fixierte die Decke. Er starrte schlicht nach oben. Der Bewahrer hatte Recht behalten: Er war nicht bereit für das, was hier passierte; nicht im Ansatz. Und ihm wurde langsam klar, dass er es auch nicht alleine überstehen konnte. Mit einem Ruck setzte sich Lesco auf und ging zu dem Tisch hinüber. Bar jedweder sichtbaren Emotion betrachtete er das Knüpfwerk. Es stellte ihn als Opfer dar, zeigte die Sichtweise, die er sich selbst auferlegt hatte. Doch... es war falsch. Sein Magen verkrampfte sich. Er hatte sich all die Jahre selbst angelogen, um vor sich zu rechtfertigen, was er getan hatte. Sein Leben war eine Lüge.


    Langsam erhob sich Lesco und trat zurück zum Oberlicht. Er sah hinauf zu dem tanzenden Staub und den Sonnenstrahlen. Wie ein Sack, fiel Lesco auf die Knie, ohne den Kopf sinken zu lassen.


    "Bitte Lukranis. Ich... ... weiß, dass du lange Nichts mehr von mir gehört hast. In den Jahren sind Dinge passiert, die nicht hätten passieren dürfen. Ich habe zugelassen, dass ich... blind werde und... gefühlslos. Das... soll enden. Ich möchte neu anfangen... ... ich... möchte alles wieder gut machen. Und ich weiß, dass die Zeit.... schwer wird. Bitte... hilf mir dabei. Gib mir Kraft... ... ... und... beschütze meine Schwester, während ich hier bin. Ich... habe ihr Kummer bereitet. Wenn du mir deine Hilfe verwehrst... schenke wenigstens ihr Zuversicht... und die Kraft, die sie braucht. Sie... hat ein gutes Herz."


    Dann schloss er die Augen und blieb knien. Er nahm sich vor die Lüge zu verdrängen und die Wahrheit hinein zu lassen. Lesco nahm sich vor, den Weg, den er ging zu ändern.

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  • Das karge Essen und die aufreibenden Gedankengänge hatten den Knieenden in seinen Gebeten schnell ermüden lassen. Blad war es, als wäre die Umgebung nur noch eine weit entfernte und wie in Watte gepackte Kulisse, über die sein Innerstes befreit vom Körperlichen zu schweben begann.


    Er hörte das helle Lachen seiner Schwester, jünger als sie jetzt war... ein Kinderlachen und Windrauschen...


    Die weitläufige Wiese roch nach sattem Grün und quälte fast das Auge mit frühlingshaften Farben. Maiglöckchen überall, Knospen in zartgrüner Spitze kostümierten alte Baumriesen, die noch immer quälend langsam aus dem Winterschlaf entrissen einem baldigen Sommer entgegenträumten.


    Medina helles Haar wehte wild und ungezähmt...


    "Lesco... Lesco... sieh doch mal.... die Igel wachen auf..."


    Sie hüpfte auf ihren kleinen Beinen auf und ab und winkte wild in den Wind, um von ihrem Bruder wahrgenommen zu werden...


    "Lesco....?"


    Lesco war abgelenkt... natürlich... wieder mal... wenn die Hände knöcheltief in einer blutwarmen Kehle stecken wird es schwierig, seiner Schwester ohne in Erklärungsnöte zu kommen zurückzuwinken.

  • Lesco glaubte Blinzeln zu müssen, um sich an die Helligkeit zu gewöhnen. Er war so lange im Dunkeln gewesen, dass sein Gehirn glaubte, es auch hier im Schlaf gewesen zu sein. ein Lächeln umspielte die Lippen des Mannes und als er Medina sah, wollte er die Hand heben, doch dann spürte er etwas Klebriges an ihr.


    Wieder war es da, das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen. Ohne es verhindern zu können, senkte Lesco den Blick und sah... was er nicht sehen wollte.


    Abwischen ging nicht. Jedes Mal, wenn er das tat, sah die Hand aus, als wäre sie gerade frisch getränkt. Und so lächelt er Medina bloß an. Nickte ihr zu. "Hey. Was denn für Igel, Schwesterlein?"

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    ~Ausschnitt aus dem Dogma Kalzagarn's

  • "Rosafarbene Igel... alle noch Jungfrauen... man scheisse, ihr kleinen Bastarde seid doch alle gleich dumm!"


    Die schneidende Stimme war hinter Lesco zu hören und wohlbekannt. Eshab hatte nie eine Gelegenheit versäumt, ihn zu demütigen...


    Ein Tritt beförderte ihn, ohne jede Reaktionsmöglichkeit in die gründe Wiese... und Medina ist aus seinem Sichtfeld verschwunden...


    "Man sagt Lukranis... sei eine weißhaarige, lichterloh brennende Jungfrau..."


    Die grüne Wiese verschwand, der Himmel verdunkelt sich, nichts dramatisches und schon gar kein einsetztender Sturm, der das Blickfeld in eine Alptraumhölle versetzte... es wurde schlicht dunkel.


    "Seinen Schatten wird man nie los... er folgt einem immer. Auf Schritt und Tritt wie eine lautlose schwarze Katze... In den Augenwinkeln wartet er bedrohlich hockend... immer zum Zuschlagen bereit... nur ein Augenblick der Schwäche reicht und er kastriert dich mit Haut und Haaren. Und schon... kann man die Metze namens Leben nicht mehr schwängern."


    Die Stimme verwandelte sich, gewann an Nuancen und dann an einem wohlbekannten dunklen Dialekt...


    Die schwarze Frau schälte sich aus der aufkommenden Dunkelheit und brachte ihren Gefährten mit. In ihrer erhobenen Hand flackerte über ihre Fingerspitzene in dunkles Licht, das violette Blitze ausstieß, die sofort wieder im Nichts verschwanden.


    "Willst du auch brennen Lesco?"

  • Gerade als Lesco zusammenzuckte und herumfahren wollte, folgte der Tritt in den Rücken und er blieb mit dem Gesicht im Gras liegen. Schwer atmend blickte er auf. Medina war verschwunden und Lesco fuhr herum, um sich auf zu raffen. Eshab war tot. Wie konnte er sprechen? Lescos Hände hoben sich, bereit zum Kampf.


    "Das ist völliger Unsinn!", schrie er, noch ehe die Stimme mit ihren Monoog fertig war. "Lukranis ist gerecht! Er ist das Licht. Er lauert nicht, er schützt." Die Gedanken des jungen Lesco riefen diese Antwort hervor. Erinnerungen an alte Tage, die sich im Traum lösten.


    Sein Blick rasste zu der Schwarzen und fixierte sie.


    "Er verbrennt nicht, was sich nicht gegen das Leben stellt."


    Doch dann fiel der Blick auf seine Hände. Das Blut... das Leben, dass er genommen hat. Seine Augen schlossen sich.


    "Wenn er will, dass ich brenne... werde ich es tun."

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