Das Haus von Alanis am Oberen Stichweg (5)

  • Alanis tat etwas, das man hätte als widerwillig williges Gezappel interpretieren können.


    "Hmpf", sagte sie an Kassis Schulter und drückte die Freundin dann einmal feste, bevor sie sie wieder losließ. "Ich bin ja nicht alleine. Wenn ich alleine wäre, käme niemand vorbei, um mir die Ohren langzuziehen oder zu schauen, ob mein Mitbewohner mich zur Lichtpriesterin konvertiert hat."

  • "Nein. Ich diene den Elementen und wenn jemand glaubt, dass mein Handeln licht ist, dann soll er das denken und ich werde nicht widersprechen", gab Alanis fest zurück. "Aber ich habe immer noch meine Probleme mit dem Licht, was mich nicht gleichzeitig finster macht. Nur...vorsichtig."

  • "Das werde ich", versprach Alanis, ohne auch nur zu zögern. Sie wirkte nicht wie jemand, der beim Gedanken daran Bauchschmerzen bekam. Es sah ganz so aus, als hätte sie einen Weg gefunden, damit umzugehen. "Wo verbringst Du den Jahreswechsel?", wechselte sie dann das Thema.

  • "Sternbach?" In Alanis Gesicht konnte man sehen, wie das Silnerstück kupferweise fiel. "Hatte ich da nicht...?" Sie eilte zu ihrem Arbeitstisch und wühlte darauf herum. "Ups", sagte sie dann verdattert, als sie aus einem Stapel Unterlagen einen noch versiegelten Brief zog.

  • Während er von oben die leisen Stimmen der Frauen hörte, aber kein Wort verstehen konnte setzte der Landsknecht inzwischen einen Kessel über den Herd und machte sich daran aus Speck, Gemüse, Kartoffeln und Würsten einen leckeren Eintopf zuzubereiten, so daß bald lieblicher Essensduft durch das Haus wehte.

  • "Oh..ich...hm", machte Alanis nur und sah sich hilfesuchend um, so als könne ihr Arbeitszimmer ihr verraten, was sie tun sollte. "Eigentlich hatte ich gesagt, dass ich über den Winter hierbleiben wollte. Also, Thraxas hatte ich das gesagt. Ich muss ihn fragen. Ist irgendwie - seltsam." Ihre Gedanken schienen irgendwo hinzugaloppieren. "Also, es ist seltsam auf jemanden Rücksicht zu nehmen. Bin ich nicht so gewohnt."

  • "Was? Du mußt den fragen?", wundert sich Kassandra.
    "Komm, gib dir einen Ruck. Das wird lustig", sagt sie dann. "Und wenn er knatschig ist nimm ihn einfach mit. Das wird noch lustiger", fügt sie mit einem hinterhältigen Grinsen hinzu.

  • "Du bist ja nicht den ganzen Winter weg", wiegelt Kassandra ab. "Nur ein paar Wochen. Meinst du nicht der kommt auch mal kurz ohne dich klar?"
    Das von der Frau, die ihr neu gewonnenes Richteramt und einen mehr als nur etwas dubiosen leuchtenden Baum in ihrem Wald, nebst einiger seltsamer und zwei nerviger Kreaturen, mal eben für mehrere Monate sich selbst überlassen hatte...

  • "Gute Güte, ja." Die Lachfalten in Alanis Augen vertieften sich. "Der hat schon ganz andere Dinge überstanden als mich. Oder Renascân." Ein Lächeln blitzte auf. "Aber ich weiß nicht, ob er eine gemeinsame Reise nach Aventurien überstehen würde. Oder Du. Oder ob ihr Euch beide zusammen irgendwann über Bord des Schiffes stürzt."

  • "Was?" Kassandra tut erstaunt.
    "Du zweifelst im Ernst daran, daß ich ihn eher in den Wahnsinn treibe als er mich?" Demonstrativ hebt sie die linke Hand, um deren Gelenk noch immer der Wulst aus Tuch gewickelt ist unter dem sich die Ranke verbirgt. Und je mehr das Licht draußen und im Zimmer schwindet desto mehr läßt sich erahnen, daß die Ranke ihr eigenes mattes Glimmen erzeugt.