Irgendwo in den Mittellanden

  • Ein Ritual irgendwo in den Mittellanden


    Eine kleine Lichtung im Wald. Der Morgen dämmert und die Sonne erkämpft sich langsam ihren Platz am Himmel. Kleine Nebelschwaden lösen
    sich langsam auf.


    Fünf Gestalten stehen in einem auf dem Boden gezeichneten Kreis. Ihre Gewänder werden von einer sanften Brise leicht bewegt. Sie fassen die Hand des jeweils neben ihnen Stehenden und strecken sie empor zum Himmel. In ihrer Mitte liegt ein Bild. Das Gras verhindert, dass man außerhalb des Kreises die Person darauf erkennen kann. Hochkonzentriert vollziehen die Gestalten ein Ritual, eine Art Anrufung. Es wirkt als wenn ihre Worte direkt in den Himmel aufsteigen und sie auf eine Antwort warten. Irgendwann löst sich eine der Gestalten aus dem Kreis und kniet sich in der Mitte neben dem Bild nieder. Die verbliebenen Gestalten schließen die Lücke und verharren weiter ihre fremdartig klingenden Worte leise vor sich hin murmelnd in ihrer Position. Die am Boden kniende Person legt ihre rechte Hand auf das Bild und verdeckt das Gesicht darauf nun gänzlich. Irgendetwas passiert. Der schmächtige Körper windet sich in immer heftiger werdenden Zuckungen, bis sie irgendwann auf dem Boden zu liegen kommt. Langsam lösen sich die vier Gestalten voneinander und kümmern sich um die am Boden liegende Frau. Es vergehen einige Minuten und dann erhebt sie sich langsam. Suchend schaut sie sich um.


    Er weiß, dass sie ihn sucht. Langsam löst er sich aus dem Schatten des Baumes, an dem er in einiger Entfernung gewartet hat. Geht mit sicheren Schritten auf die Gestalt zu, die nun auch ihn entdeckt hat und ihm ihrerseits entgegen kommt. Es werden einige Sätze gewechselt. Der Name Dragon Swan fällt und dann wechselt ein Geldbeutel seinen Besitzer. Der Mann dreht sich um und geht schnellen Schrittes zu seinem Pferd, steigt auf und reitet ohne sich noch mal umzudrehen davon.


    Nachdenklich schaut die Gestalt dem sich schnell entfernenden Pferd hinterher bis es sich ihrem Blick entzieht. Langsam öffnet sie den Beutel in ihrer Hand und lässt das darin befindliche Drachensilber durch ihre Finger gleiten.


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    Fortsetzung folgt....

  • Ein Hafen irgendwo in den Mittellanden


    Die See ist ruhig und der Stand des Wassers zeigt die beginnende Ebbe an. Die Luft riecht nach Wasser, Seetang und vielerlei anderen Gerüchen, die sich dazwischen mischen. Hektisches Treiben zeigt an, dass mit der Flut vielerlei Schiffe angelandet sind, um ihre kostbare Fracht in bare Münzen zu verwandeln. Fremdländische Stimmen bellen immer wieder Befehle, vermischt von lautstarken Verhandlungen mit ansässigen Händlern. Träger stehen bereit, die erworbenen Kostbarkeiten zu ihren Herren zu bringen – und die, die bereits ihre Last erhalten haben, eilen schnellen Schrittes von dannen.


    Der Abend nähert sich. Während die Strassen sich langsam leeren, bevölkern sich die Tavernen immer mehr. Lautstarkes Gegröhle kündet vom steigenden Alkoholpegel der Besucher. Zwischendrin der liebliche Klang einer Frau, die von unerfüllter Liebe und Einsamkeit singt.


    Ein ganz normaler Tag am Hafen. Oder auch nicht.


    Seit Tagen schon tauchen immer wieder Fremde auf. Unauffällig mischen sie sich unter die Tavernenbesucher oder reden mit den Seeleuten. Früher oder später taucht immer die Frage nach der Dragon Swan auf. Für Informationen über den Dreimaster werden Belohnungen in Form von
    Drachensilber in Aussicht gestellt. Niemand weiss etwas Genaueres. Klar scheint nur zu sein, dass die Dragon Swan gesucht wird, warum und wieso… unklar. Einzig das Drachensilber liefert einen kleinen Hinweis auf den Auftraggeber. So unauffällig wie die Fremden gekommen sind, verschwinden sie auch wieder.


    Ein paar Tage später… ein anderer Hafen, wieder Fremde, die gleiche Frage und erneut Drachensilber…


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    Forsetzung folgt..

  • Ein Leuchtfeuer irgendwo an der Küste der Mittellande



    Bruder Reginhart wischt sich den Schweiß von der Stirn. Vier Pferdekarren voller Brennholz hatten sie schon entladen und noch standen drei
    weitere aus. Viele Jahre war es schon her, dass der König seinem Kloster die Aufgabe über das Leuchtfeuer zu wachen übertragen hat. Und er war von Anfang an dabei. Der weite Blick von der Hochebene runter auf das Meer, gab und gibt ihm bis heute das Gefühl seinem Gott näher zu sein. Über die Jahre hat er viel gesehen und erlebt. Schiffe, die gegen die Kräfte des Meeres gegen den Sturm kämpften – nicht alle erfolgreich – und so einen gewissen Wissensschatz entwickelt. Bruder Reginhart freute sich immer, wenn ein lange nichtgesichtetes Schiff, wieder einmal sein Leuchtfeuer passierte.


    Ein letztes Mal lässt er seinen Blick über die Hochebene gleiten, um sich dann mit neuer Kraft der Entladung des Brennholzes zu widmen.
    Er hält inne, als sein Auge einen einzelnen Reiter entdeckt, der sich ihm in zügigem Galopp nähert. Ein Fremder in dieser Gegend war ungewöhnlich. Der Reiter verlangsamt sein Tempo und kommt schließlich neben dem Bruder zum Stehen. Er ist nicht hier aus der Gegend, das kann Bruder Antonius auf den ersten Blick erkennen und auch der Dialekt des Fremden verrät es ihm. Dreimaster interessieren den Fremden, insbesondere die Dragon Swan. Bruder Reginhart wundert sich über die Fragen, gibt dem Fremden aber so gut wie er es vermag Auskunft. Während der Fremde schon sein Pferd wendet, wirft er dem Mönch noch einen Beutel zu. Bruder Reginhart öffnet den Beutel und stellt überrascht fest, dass es Drachensilber ist, was sich darin befindet. Mit einem letzten Blick auf den nun wieder zügig galoppierenden Reiter, wendet er sich endgültig den noch zu entladenden Holzkarren zu.


    Ein paar Tage später… ein anderes Leuchtfeuer, wieder ein Fremder, die gleiche Frage und erneut Drachensilber…




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    Forsetzung folgt..

  • Ein Nasskalter Wintertag irgendwo in den Mittellanden


    Hastigen Schrittes eilt der Bote durch die Strassen der Stadt. Nur wenige Menschen waren an diesem feuchtkalten Tag unterwegs. Wer
    nicht dringend vor die Tür musste, hielt sich lieber an den wärmenden Feuern im Haus auf. Am Ende eines Jahres gab es nur wenig zu tun.


    Caspar war schon sehr lange im Geschäft, doch solch einen Auftrag hatte er noch nie gehabt. Viele Meilen hat er in den letzten Wochen
    hinter sich gebracht, viele Gespräche mit Fremden geführt und viel Drachensilber bezahlt. Und nicht nur er war beauftragt worden, sondern mit ihm noch andere. Es war nicht einfach gewesen und zwischenzeitlich hatte er die Hoffnung fast aufgegeben. Umso glücklicher war er, dass er letztlich doch Erfolg hatte wo die anderen versagten.


    Zielsicher eilt Caspar, darauf achtend, dass ihm niemand folgt, auf den vereinbarten Treffpunkt zu. Im Schatten stehend entdeckt er zwei
    Gestalten, die er trotz ihrer Vermummung sofort erkennt. Er nähert sich den beiden und spricht sie an. Er zieht den Brief aus seiner Tasche und überreicht ihn der größeren der beiden Gestalten. Dieser öffnet den Brief und nickt zufrieden und reicht den Brief an seine Begleitung weiter. Auch wenn nur die Augen der kleinen Gestalt sichtbar sind, verengen sich diese doch deutlich und ihr Blick wird noch finsterer als sie die Worte Dragon Swan und den Namen einer Hafenstadt liest.


    Wortlos schwingt sie sich auf ihr Pferd, wendet es hart und gibt ihm die Sporen. Nach wenigen Schritten prescht sie im Galopp durch die
    dunkle Gasse. Ihr Begleiter hat Mühe ihr zu folgen. Caspar blickt den beiden kurz hinterher und sucht dann nach einer Taverne, wo er sich aufwärmen und für den Rückweg stärken kann.



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    Forsetzung folgt..

  • Irgendwo in den Mittellanden


    Zwei Gestalten stehen oben auf der Mauer und haben so den ganzen Hafen im Blick. Doch letztlich ist es ein Schiff, dem ihre Aufmerksamkeit gilt. Vor wenigen Augenblicken ist die Dragon Swan in den Hafen eingelaufen und wird von der Mannschaft gerade zur Anlandung fertig gemacht. Hektisches Treiben auf dem Dreimaster, aber auch eine erwartungsvolle Stimmung. Die Seeleute waren lange Wochen fernab der Mittellande und sind sichtlich begierig darauf den Abend in einer der unzähligen Tavernen verbringen zu können.


    Nach und nach wird das Schiff sicher vertäut und der Schiffssteg ausgelegt. Danach beginnt die Besatzung mit dem Entladen, der fernab der Heimat erworbenen Waren, um sie den hiesigen Händlern feil zu bieten. Nur langsam leert sich der Steg und wartende Händler wenden sich nach erfolgreichen Geschäften wieder anderen Schiffen zu.


    Und unbemerkt von all dem beobachten die zwei Gestalten oben auf der Mauer weiter die Dragon Swan. Nichts und niemand kann das Schiff verlassen, ohne dass sie es mitbekommen.


    Der Abend dämmert bereits als endlich Bewegung in sie kommt. Die Zeit ist reif. Sie hatten noch eine Aufgabe zu erledigen. Wortlos wenden sie sich ab und machen sich auf den Weg hinab zum Landesteg. Schwarzvermummt umgibt sie eine Aura der Zielstrebigkeit und der Entschlossenheit. Ohne dass sie irgendetwas tun müssen, macht man ihnen Platz. Schnell stehen sie vor der Dragon Swan. Nach einem kurzen Gespräch mit den wachhabenden Seeleuten - Drachensilber wechselt den Besitzer - betreten sie das Schiff und werden direkt zum Kapitän in dessen Kajüte gebracht. Geld und Auftreten öffnen doch jede Tür, denkt die eine Gestalt, während sie die Tür hinter ihnen schließt. Zeit vergeht und nichts ist aus der Kajüte zu vernehmen.


    Die Nacht ist angebrochen als vier Gestalten die Dragon Swan verlassen. Während einer der neuen Begleiter, verhüllt in einen schwarzen Umhang, die Kapuze fest übers
    Gesicht gezogen, von einer der Gestalten gestützt wird, erscheint der zweite Begleiter eher etwas zögerlich. Mit Nachdruck wird er von der kleineren vermummten Gestalt immer wieder zum Weitergehen motiviert. Es dauert nicht lange und alle Vier werden von der Nacht und den engen Gassen verschluckt.


    Die Sonne geht auf. Ruhig dümpelt die Dragon Swan im Hafen. Vor dem Landesteg des Schiffes liegt etwas. Etwas Grosses. Nein – jemand. Immer mehr Menschen umringen den leblosen Körper des Kapitäns der Dragon Swan und starren ihn vor Entsetzen schweigend an. Der Leichnam ist an Händen und Füßen gefesselt. Sein Rücken ist eine blutige Masse, übersät von Striemen einer harten Lederpeitsche, die ihn so oft getroffen hat, dass die Rippenknochen sichtbar sind. Doch da muss er noch gelebt haben. Man wollte ihn nicht nur einfach umbringen, nein, er sollte vorher Schmerzen erleiden. Wie lange mag es wohl gedauert haben, bis er am Ende erdrosselt wurde…


    Das war kein Mord – das war eine Hinrichtung!


    Eine Gestalt steht oben auf der Mauer und beobachtet den Landesteg der Dragon Swan. Achtlos zieht sie das Tuch von ihrem Gesicht. Die hinterlassene Botschaft würde verstanden werden. Niemand sollte es je wieder wagen, so eine ruchlose Tat zu begehen. Langsam wendet sie sich ab und geht…





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    Ende der Gerüchte - es senkt sich der Mantel des Schweigens
    über das Geschehene*






    *wer die ganze Wahrheit wissen möchte sollte die Augen offen
    halten und auf sein Glück vertrauen.

  • Stumm und gedrückt steht die Mannschaft um ihren Kapitän. Endlich regt sich der alte Smutje.
    "Nu lasstn nich so hie liegen, Jungens", sagt er und übernimmt das Kommando über die Aufräumarbeiten.
    Dem Toten werden die Fesseln abgenommen und die zerfetzten Kleider ausgezogen. Klageweiber, Totenwäscher und die Putzmannschaft des Schiffs tun ihr Werk, und als die Ehefrau des Toten, von der Mannschaft so zartfühlend wie es ihnen möglich ist über das Unheil informiert, an Bord des Dreimasters rauscht, gefolgt von einer extrem dunkelhäutigen Dienerin, ist der Hingerichtete nicht nur das, sondern auch so hergerichtet, daß sein Anblick nur noch Trauer und kein Entsetzen mehr auslöst.
    Einen langen Blick wirft die glutäugige Schönheit mittleren Alters auf das Gesicht ihres dahingeschiedenen Gatten, dann schickt sie die Mannschaft aus der Kajüte.
    "Laßt uns allein..."
    Die Dienerin verschließt die Tür.
    Später am Abend zieht ein Gewitter herauf.