Ein Gasthaus im Schnee...

  • Alanis beschlich das Gefühl, dass irgendjemand ihr etwas mitteilen wollte. Wer auch immer es sein mochte - er hatte einen kruden Sinn für Humor. Erst der Wintereinbruch, nun das hier... .


    Mit einem leicht resignierten Gesichtsausdruck stand sie frierend neben dem Kutscher im fallenden Schnee und blickte hinunter auf das gebrochene Rad der Reisekalesche, die bei der Abfahrt eigentlich einen recht robusten Eindruck gemacht hatte. Alanis war ordentlich in dem plötzlich schräg stehenden Fahrtgastraum herumgepurzelt und hatte sich einige paar blaue Flecke an ihrer eh schon schmerzenden Hüfte geholt und ihre Hände waren vom Festhalten aufgeschrammt, aber zum Glück war niemand ernsthaft verletzt worden und Kutscher und Pferde waren wohlauf.


    "Und nun?" Sie warf dem bärtigen Mann mit der Mütze einen fragenden Blick zu. Der zuckte gottergeben mit den Schultern.


    "In ein paar Meilen ist ein Wirtshaus. Wir hätten da kurz Halt gemacht, aber ich schätze jetzt wird der Halt eben ein wenig länger", erklärte er, dann wandte er sich ab, um die beiden erschrockenen Pferde abzuschirren und seine persönliche Habe aufzunehmen. Alanis kletterte hinten auf die Kutsche und holte die große Kiepe mit ihrem Gepäck herunter, die sie nicht weitere dem Wetter aussetzen wollte.


    Dann machten sie sich auf den Weg über die Straße, die zu dieser Jahreszeit ein abwechslungsreiches Miteinander aus Schnee, Matsch und Eis bot, was dazu führte, dass Alanis, als sie drei Stunden später die Lichter des Gasthauses sah, vor Erleichterung schwor, dass sie definitiv überall schlafen würde - im Stall, vor dem Küchenfeuer, völlig egal.


    Mit vor Kälte tauben Füßen und Händen und einem unter der Last der Kiepe ächzenden Rücken bestraft, öffnete sie die Tür zur Gaststube. Das Schild über der Tür war vollkommen zugeschneit gewesen, also wußte sie nicht einmal, wie der Laden hieß, aber das war ihr recht gleich. Kaum stand sie im Warmen, hielt sie leicht humpelnd, aber sehr energisch direkt auf die Theke und die Frau dahinter zu und schlug ihre Kapuze zurück. Sofort begann der Schnee, der auf ihren Schultern, der Kapuze und in ihren Haaren hing, zu schmelzen und sie war sicher, dass sich bald eine ansehnliche Pfütze zu ihren Füßen bilden würde, wenn sie stehenblieb.


    Ein Bett. Ein Eintopf. Ein Tee. Nicht in dieser Reihenfolge...aber sie wollte definitiv alles ohne Ausnahme. Warum genau hatte es sie in die Heimat der Wolkowen verschlagen? Ah ja...das schlechte Gewissen. Wieder mal.

  • Als die Tür unsanft aufgestoßen wurde glitt Thraxas' Blick zur Tür und seine Hand zum Dolch auf seinem Rücken. Schnell entspannte er sich jedoch wieder und beobachtete den Neuankömmling, der eindeutig eine Frau war und an der Art, wie sie ging und ihrer ganzen Haltung und Erscheinung erkannte er sie sofort. Frau Alanis, Geweihte und seine Meisterin, dachte er leicht amüsiert.
    Schon wollte er aufspringen und ihr zur Hilfe eilen. Sie mußte einen guten Teil Weges zu Fuß gegangen sein, die hängenden Schultern kündeten von Erschöpfung und er Haufen Schnee an ihr und jetzt um sie herum waren ebenfalls ein Indiz. Wieso sie wohl nicht die Kutsche genommen hatte und was machte sie überhaupt hier, sie wollte ihn nicht begleiten, war aber jetzt doch hier. Und hier war eindeutig auf dem Weg zum Gurkenpass, denn nirgendwo sonst führte dieser Weg hin.


    Thraxas gab sein Vorhaben auf und lehnte sich wieder zurück. Erstmal abwarten und schauen, was das hier bedeutet, sagte er sich. Sein Hut hin mit den Federn nach unten am Stuhl und die Ecke neben dem Kamin, in der er sass war schwach beleuchtet. Alanis würde ihn erkennen können, wenn sie das wollte, genauso gut aber könnte sie ihn übersehen, wenn sie das wollte.


    Schnell ging sein Blick nochmal durch die Gaststube, aber er konnte nichts Verdächtiges entdecken.

  • Alanis schniefte sehr undamenhaft, weil ihre Nase kalt war und trat vom einen Fuß auf den anderen, während sie langsam ihre Handschuhe auszuziehen versuchte, was mit ihren aufgeschürften und kalten Fingern recht schwierig war. Mit der Wirtin, einer hübschen, dunkelhaarigen Frau in den Vierzigern mit abgeklärtem Blick, war sie recht schnell handelseinig. Bett, Eintopf und eine Kanne Tee. Das alles würde schnell zu bewerkstelligen sein, denn die Schankstube schien ziemlich leer.


    Kein Wunder, dachte Alanis bei sich, wer reiste dann auch freiwillig bei so einem vermaledeitenWetter? Also, außer ihr? Leider gab es keine Einzelzimmer mehr im Haus, teilte die Wirtin ihr derweil freundlich und geschäftstüchtig mit, aber der kleine Schlafsaal sei noch gänzlich frei. So schob Alanis also einige Münzen über den Tresen und dann noch einige Münzen mehr, damit man sich um ihr Gepäck kümmerte. Die Wirtin rief etwas in die Küche hinein und kaum einen Lidschlag später stand ein junger Knecht vor Alanis, dem sie ohne große Gewissenbisse die Kiepe herüberschob und auch den vollkommen durchnässten Mantel, den feuchten Schleier und Hut darauf packte. Dann atmete sie tief durch und drehte sich um, um sich einen Platz am Kamin zu suchen - und erstarrte mitten in der Bewegung.


    Ihr Blick glitt leicht ungläubig zu Thraxas hinüber und ein spitzbübisches Lächeln zeigte sich für einen kurzen Moment auf ihrem Gesicht, bevor sie wieder zu ihrer üblichen vornehmen Ruhe zurück fand. Offenbar war es doch ganz eindeutig, dass die Elemente ihr etwas mitteilen wollten - sie musste es schlichtweg überhört haben. Ihre Finger betasteten kurz das Amulett, das an einer stabilen Schnur um ihren Hals hing, dann ging sie zum Thraxas hinüber.


    "Hallo", sagte sie schlicht und nickte ihm zu. "Ich frage mich ja immer, warum dringende Anliegen nie auf die Jahreszeit achten."

  • Thraxas lächelte als Alanis ihn ohne Umschweife ansteuerte, fragte sich aber immernoch, warum sie hier war. Sollten die Götter ihre Wege gekreuzt haben, weil er am Gurkenpass ihre Hilfe benötigte oder lag es gar nicht am Gurkenpass, sondern wollten die Götter das sie ihn wegen seiner unbewältigten Gabe nicht zu lange aus den Augen ließ?
    Beide Vorstellungen beunruhigten den Landsknecht, die Zweite weit mehr als die Erste. Trotzdem vertiefte sich sein Lächeln noch als Alanis näher kam und er stand auf. "Guten Tag, Frau Alanis! Möge Ifirn euch in diesen Zeiten und an diesem Ort wohlgesonnen sein, das Geschenk ihres Vaters habt ihr ja bereits reichlich empfangen!
    Nehmt bitte Platz und seid mein Gast!"
    Viele Fragen brannten Thraxas auf den Nägeln, doch er wollte behutsam vorgehen. Es hatte ihn sehr überrascht Alanis hier zu sehen und wirklich viel wußte er nicht von ihr. Zwar war sein Gefühl in ihrer Nähe immer gut gewesen, nie wirkte sie bedrohlich, durchtrieben oder hinterlistig, aber wer konnte schon hinter die Stirn eines Menschen blicken?

  • Alanis seufzte zufrieden, als sie ihre Finger rasch dem Kaminfeuer entgegen streckte und langsam aber sicher Wärme in ihren Körper sickerte. Ihre Röcke waren bis zu den Knien nass und begannen, langsam auf den Boden zu tropfen. Allerdings boten sie den perfekten Sichtschutz, um kurz aus den Schuhen zu schlüpfen und auch die bestrumpften Zehen näher Richtung Feuer zu schieben. Besser. Definitiv besser.


    Ein prüfender Seitenblick aus graugrünen Augen traf Thraxas, dann richtet Alanis ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Flammen.


    "Danke sehr", antwortete sie würdevoll und setzte dann hinzu: "Also vor allem Anderen und bevor Du fragst." Sie hob einen Zeigefinger. "Ich laufe Dir nicht hinterher. Aber offenbar möchte eine lange Kette an Ereignissen, die einen Dämonen, ein magisches Portal, einen Skandal im Hafen, den Winter und eine kaputte Kutsche enthält, dass ich zufälligerweise den selben Weg habe wie Du."


    In diesem Moment öffnete sich die Außentür und der Kutscher stapfte herein, eine schneeige Böe kalten Windes mit sich bringend. Die Wirtin und er schienen sich zu kennen, denn die beiden begannen sofort, gemeinsam zu beratschlagen, wie sich die Kutsche wieder flott machen ließ.

  • Thraxas hatte eine freche Antwort zu dem Hinterherlaufen auf den Lippen, wurde aber durch den Kutscher abgelenkt und vergaß sie schlicht.
    Schnell umrundete er den Tisch und schob Alanis einen Stuhl hin. "Nehmt doch Platz, Euer Gnaden!" sagte er, um dann besorgt gleich die ersten Fragen anzuschließen: "Mußtet ihr weit durch die Irfinsflocken laufen? Hat etwa ein Dämon die Kutsche zerstört?"

  • "Drei Stunden. Es können auch vier gewesen sein", gab Alanis mit höchstmöglicher Verachtung für diesen Umstand zurück und klopfte Schneereste von ihren Ärmeln. Sie stellte fest, dass es erstaunlich schmerzhaft war, wenn verschiedenen Körperpartien aufzutauen begannen und sie an ihre blauen Flecken erinnerten. "Und nein, der Dämon ist schon ein paar Tage her, er hat mich allerdings davon abgehalten, wieder nach Hause zu fahren. Ich glaube übrigens kaum, dass sich in so einem braven, ceridischen Land eine solche Kreatur herumtreiben würde." Die Wirtin brachte eine Kanne schwarzen Tees, Honig und eine Tasse für Alanis, die sich sofort bediente. Danach erklärte sie aufgeräumt: "Ein Rad der Kutsche ist gebrochen und die Achse ist wohl auch dahin. Ich bin ziemlich durch die Gegend geflogen. Zum Glück ist das direkt nach dieser tiefen Klamm passiert, sonst wäre das wohl anders ausgegangen. - Bei Dir ist alles in Ordnung?", fügte sie fast übergangslos hinzu.

  • "Ja," Thraxas nickte. "meine Reise war ereignislos." Forschend betrachtete er die Geweihte. "Seid Ihr verletzt, Euer Gnaden? Soll ich mir etwas ansehen?" fragte er mit professioneller Gelassenheit.
    "Und rückt doch bitte mal vollständig heraus, was es mit diesem Dämon auf sich hat und warum ihr diesen Weg nehmt? Nach Renascan geht es hier ja nun wirklich nicht."

  • „Ich bin ni-“, rutschte es Alanis fast sofort heraus. Zu schnell für ihren Geschmack, weswegen sie sich zur Ordnung rief. Zur Jahreswende hatte sie sich geschworen, im neuen Jahr nicht mehr so viel zu lügen, da konnte sie doch wohl kaum jetzt, nach wenigen Tagen, diesen Vorsatz wegen weiblicher Empfindlichkeiten brechen. Oder? Sie entschied sich, der Wahrheit Spielraum zu geben. „Ich bin ein wenig verbeult von dem Unfall mit der Kutsche, aber das heilt schon wieder von alleine. Danke für das Angebot.“


    Sie schenkte Thraxas ein, wie sie hoffte, beruhigendes Lächeln und machte sich dann daran zu erklären, warum sie in diesem Moment war, wo sie war.


    „Ich hatte die Möglichkeit, meine Meister zu treffen, wenige Reisetage von Renascân entfernt, in einer Magierakademie. Dort hat mir dann ein befreundeter Magier netterweise ein Reiseportal geöffnet. Da das nach Renascân hinein keine gute Idee wäre, führte das Portal nach Bahr, wo ich einige Freunde habe und von wo ich hätte mit dem Schiff in kurzer Zeit zurückreisen können. Dummerweise hatten die Leute dort aber mit einem Eisdämonen und seinen Anhängern zu kämpfen. Das war ein, hm – recht einschneidendes Erlebnis.“ Für diese Formulierung klopfte sie sich innerlich selbst auf die Schulter. „Dadurch habe ich leider mein Schiff verpasst und musste ein Anderes nehmen. Ich bin dann wegen schlechten Wetters hier in der Hafenstadt im Süden gestrandet. Da ich dort das Opfer einer Verwechslung wurde, habe ich beschlossen, dass es sich eh anbietet, Land und Leute kennenzulernen. Dass Du hier unterwegs sein würdest, war noch einmal ein zusätzlicher Anreiz.“ Sie forschte in seinem Gesicht nach, ob er alles, was sie sagte, so hinnahm. Teile der Erklärung waren leider etwas – dünn, auch wenn nichts davon gelogen war.

  • Thraxas' machte ein freundlich interessiertes Gesicht.
    Stellt Sie sich so ein vertrauensvolles Lehrer-Schüler-Verhältnis vor? Was soll das? Warum speist Sie mich so ab? dachte er.
    Seine Worte waren andere: "Es tut mir leid zu hören, daß Ihr in Gefahr wart. Ich hoffe, die Wunden sind inzwischen gut verheilt! Ihr scheint aber noch eingeschränkt, die Hüfte?
    Ich hoffe, das Reisen durch diese magischen Portale hat Euch nicht geschadet! Ich finde es höchst bedenklich zu hören, daß magische Portale benutzt werden und dort dann Dämonen auftauchen."

  • Alanis schaute ertappt drein und ärgerte sich mal wieder über sich selbst. Leider konnte man ihr meistens an der Nasenspitze ansehen, was sie dachte oder ob sie log und hier schien sie wohl wieder nicht erfolgreich gewesen zu sein.


    „Die Hüfte – tja.“ Sie verzog leicht den Mund und nahm einen Schluck Tee, an dem sie sich prompt die Lippe verbrannte. Kleine Sünden bestrafte das Leben meist sofort. „Als ich dabei war, den Dämon mit Hilfe der Elemente in seine Bestandteile zu zerlegen, hat einer seiner Schergen versucht, das Gleiche mit mir zu machen. Und es ist…eher die Leiste als die Hüfte. Und es war eigentlich recht gut verheilt, bis ich heute draufgefallen bin. Und -.“ Sie stutzte kurz. „Ich plappere, entschuldige bitte. Nichts gegen Deine medizinischen Kenntnisse, aber ich sehe mir das später lieber selbst an.“


    Ihr Blick bat ernsthaft und reuig um Verzeihung, dann wandte sie sich um, um von der Wirtin einen dampfenden Teller Eintopf entgegen zu nehmen. Irgendetwas mit Graupen und fettem Rindfleisch. Ausgezeichnet. Sie stellte den Teller ab und wandte sich wieder ihrem Gesprächspartner zu.


    „Wenn ich ein Portal nutze, dann sicherlich nicht von einem Stümper, der damit direkt einen Dämonen herbeiruft.“ Das klang nun doch ein wenig empört. „Für wie naiv hältst Du mich?“ Sie schnaubte leise. „Der Dämon ging in Bahr schon etwas länger um. Um es genau zu sagen – jeden Winter seit deren Menschengedenken. Früher hatte man ihm sogar junge Mädchen geopfert, um ihn milde zu stimmen. Einer der Reisenden dort hat ihn durch einen Zufall in ein dortiges Gasthaus gelockt und wir, die anderen Gäste, hatten dann den Schlamassel.“

  • Der Landsknecht hob abwehrend eine Hand und sagte ruihg: "Ihr missversteht mich, Euer Gnaden! Ich werfe Euch keine Leichtfertigkeit vor und der Zusammenhang zwischen der Nutzung eines solchen Portals und dem Auftreten eines Dämons erschließt sich mir sowieso nicht. Mir fällt nur eine Häufung von dämonischen Präsenzen in der Nähe von Orten mit Portalen auf."


    Gelassen sprach er weiter: "Und wenn Ihr meine Dienste nicht in Anspruch nehmen möchte, so ist das Eure Sache. Ihr seid selbst Heilerin genug das einschätzen zu können und ich nehme gerne Rücksicht auf Eure Befindlichkeiten solange Ihr sie noch formulieren könnt."


    Nach einem kurzen Seitenblick aus dem Fenster fuhr er fort: "Aber Ihr seid doch nicht aufs Geradewohl ins Landsinnere gereist, um der Möglcihkeit willen mich zu treffen. Wo wolltet Ihr mit der Kutsche hin?"

  • Alanis angespannt wirkende Schultern sackten ein Stückchen herab und sie knetete für einen Moment ihre Nasenwurzel.


    "Entschuldige, ich bin müde. Dann habe ich Dich missverstanden. Grundsätzlich - Dämonen, Portale, ja. Da gibt es Zusammenhänge. Aber die sphärenkundliche Diskussion sparen wir uns besser, bis mein Gehirn aufgetaut ist."


    Innerlich machte sie sich eine Notiz, niemals in Thraxas Nähe nicht mehr formulierungsfähig zu sein. Der Gedanke, dass männliche Heiler an ihr arbeiteten, war für sie zwar aus Erfahrung und Notwendigkeit einigermaßen erträglich, aber - nun ja, es gab bessere Wege, Aufmerksamkeit zu erregen, als blutig und in Unterwäsche vor Männern herumzuliegen, die ihr gefielen.


    Und was die Frage ihres Hiersein anging...


    "Ich hatte eine Ahnung, dass es möglicherweise die falsche Entscheidung war, nicht mit Dir zum Gurkenpass zu reisen. Ehrlich gesagt habe ich die Erkenntnis aber zur Seite geschoben, weil ich partout nach Hause wollte", erklärte sie schlicht und hob entschuldigend die Schultern. Manche Dinge waren schwer zu erklären "Irgendwie sind alle meine Versuche, nach Renascân zurückzukehren, derart gründlich daneben gegangen, dass ich wohl akzeptieren muss, dass es für mich andere Pläne gibt. - Also warum ich hier bin? Keine Ahnung. Ich kann auch wieder gehen, wenn Du das willst." Sie legte den Kopf zur Seite und blickte ihn prüfend an. Warum wollte er es so genau wissen? Hatte er vielleicht etwas dagegen, dass sie da war? "Zielt Deine Fragerei darauf?"

  • Thraxas antwortete nicht sofort, sondern blickte die Geweihte schweigend an. Er suchte Ihre Augen und schien mal wieder tief in Sie hinein zu sehen.
    "Nein." sagte er denn ruhig. "Ich hätte kaum mein Bedauern über Eure Entscheidung mich nicht zu begleiten ausgedrückt, wenn es so wäre."
    Dann wandte er seinen Blick zum Feuer, fuhr aber fort: "Mich interessieren nur die Beweggründe, wenn jemand, für mich plötzlich, seine Meinung ändert. Auch, wenn ich keinerlei Zweifel an Eurer Lauterkeit habe, Euer Gnaden, so wäre ich niemals so alt geworden, wenn ich nicht wachsam wäre."
    Mit diesen Worten wandte er sein Gesicht wieder ihrem zu.
    "Und ich bedaure, daß für Euch die Zeit der Ruhe, die Ihr Euch wünscht anscheinend noch nicht angebrochen ist."

  • Alanis hielt dem Blick mühelos stand. Darin hatte sie jahrelange Übung, weil auch ihr Meister El Gar die Angewohnheit hatte, sein Gegenüber über die Augen ergründen zu wollen. Sie schätzte daher Menschen, die einen direkt anschauen konnten, ohne sich abzuwenden, denn das waren diejenigen, die ganz bei sich selbst waren und keine Furcht hatten, bei etwas ertappt zu werden.


    "Ich hoffe versprechen zu können, dass nichts, was ich tue, jemals zu Deinem Schaden sein wird." Ein kurzes, aber ernstes Lächeln spielte um ihre Lippen. "Auch wenn das in Anbetracht Deiner und meiner Lebenserfahrung wohl wahrscheinlich eher unrealistisch ist. Ich schätze da musst Du mir vertrauen, falls Du das möchtest und es Dir möglich ist. - So wie ich wohl drauf vertrauen muss, dass die Elemente mir zutrauen, noch ein wenig mehr Aufregung zu erleben, bevor ich zur Ruhe komme."


    Sie machte ein schicksalsergebenes Gesicht, aber sie wirkte nicht wirklich unglücklich dabei, eher im Gegenteil. Mit schmerzenden Knochen und todmüde im Nichts zu sitzen war erstaunlich belebend.

  • Alanis bemerkte wohl, dass er zum Thema 'Vertrauen' nichts mehr sagte, beließ es aber dabei. Sie zog den Teller Eintopf zu sich heran, sprach ein knappes Dankgebet und wäre beinahe heißhungrig über das Essen hergefallen, beherrschte sich aber im letzten Moment.


    "Ich bin sattelfest", erklärte sie gelassen. In Gedanken ging sie die Medikamentensammlung in ihrer Kiepe durch. Sie hatte definitiv genug Schmerzmittel dabei, um das auch noch zu überstehen. "Nicht gerade die beste Reiterin der Welt, aber es sollte gehen."


    Dann machte sie sich daran, den Eintopf auf schnellstmögliche Weise in ihren Bauch zu bringen, was auch gut und ohne großen Verlust ihrer Manieren gelang. Nach dem Essen hatte sie den Gedanken mit dem Reiten zu Ende gebracht.


    "Soll ich fragen, ob ich hier ein Tier bekomme - oder hast Du mir das Maultier zugedacht?" Letztere Worte waren mit einer skeptischen Miene vorgebracht.

  • Der Landsknecht bemerkte Alanis' Skepsis und lächelte. "Ich bin sicher Bergfuss würde Euch sanft und sicher tragen, hätte aber auch nichts dagegen nur weiterhin die Ausrüstung zu transportieren. Es liegt ganz bei Euch, ob wir uns hier nach einem Pferd für Euch umsehen sollen oder, ob Ihr Euch Bergfuss anvertraut."
    Dann wurde seine Miene besorgt und er sagte: "Oder läßt Euer Zustand das Reiten nicht ratsam erscheinen und wir warten auf die Kutsche oder einen Karren?"

  • Alanis Blick wanderte aus dem Fenster hinaus. Es schneite noch immer. Ein Schauer ging über ihren Rücken und sie schüttelte sich kurz. Ganz war die Kälte noch immer nicht aus ihren Knochen verschwunden, aber es nützte nichts, noch kalt zu Bett zu gehen. Dann würde sie nur den Rest der Nacht weiter frieren.


    "Hm", meinte sie dann trocken. "Ich schätze wenn wir hier warten, bis eine andere Kutsche oder ein Karren durchgekommen sind, ist es Frühling." Sie hob die Schultern. "Die Kutschpferde wären vielleicht eine Möglichkeit - sind mir aber ehrlich gesagt zu groß." Alles Tierische mit einer Risthöhe von mehr als einem Meter achzig flößte ihr Unbehagen ein. Sie blickte zur Theke hinüber und winkte der Wirtin, die dienstbeflissen zu ihnen herüber kam. Nach einem kurzen Gespräch zeigte sich, dass die Pferde im Stall nicht ihr gehörten, sondern anderen Gästen und sie daher nicht helfen konnte. Betreten schaute Alanis zu Thraxas hinüber, nachdem die Wirtin sich zurückgezogen und das leere Geschirr mitgenommen hatte. "Ich fürchte ich muss auf Bergfuß zurückkommen. Tut mir Leid." Leiser fügte sie hinzu: "Hattest Du eigentlich noch einmal eine Vorahnung, was den Gurkenpass angeht?"

  • Thraxas lächelte erneut. "Ihr müßt Euch vor Bergfuss nicht fürchten und er muß Euch auch nicht leidtun. Versüßt Euer erstes Treffen einfach mit einem Apfel oder eine Möhre und nehmt ein bisschen was davon auf den Weg mit und Ihr habt einen sehr treuen Gefährten."


    Dann sah er wieder ins Feuer. "Nein, ich habe nichts weiter gesehen und nichts gespürt. Wir werden dort sehen müssen, was uns erwartet. Aus den Erzählungen der letzten Jahre sind mir allerdings keine Schwierigkeiten bekannt. Vielleicht hat das, was ich gesehen habe, keine Bedeutung."