• Alanis und Thraxas waren endlich einige Wochen nach ihrem Aufbruch von Renascan im Kosch angelangt. Fast wäre der Greifenpaß noch unpassierbar gewesen, aber die Schneeschmelze hatte gerade eingesetzt und so war es zwar mühselig aber gangbar gewesen.


    Jetzt standen sie vor einem Wirtshaus in den Straßen Angbars. Der Stadt merkte man deutlich die Prägung durch das Handwerk und den großen zwergischen Bevölkerungsanteil an. Fachwerkbauten beherrschten das Stadtbild, ebenso wie einige imposante Tempel.


    Kaum hatten sie vor dem Wirtshaus angehalten, da öffnete sich bereits die Tür des direkt daneben liegenden Stalles und ein Zwerg trat heraus, der aufgrund seines kurzen Bartes noch recht jung wirkte. Als er die Geweihte und den Landsknecht sah stockte er kurz, dann aber rannte er mit ausgebreiteten Armen auf Thraxas zu, umfaßte und drückte ihn. Dem folgte eine überschwengliche Begrüßung mit einem zwergischen Wortschwall, der von dem Landsknecht gutmütig in der gleichen Sprache beantwortet wurde.


    Kaum hatte Thraxas sich aus dem Griff des Zwergen befreit stürzte dieser auch schon ins Haus und draußen hörten sie seine Lauten rufe nach einem oder einer Birnoscha.
    Es machte den Anschein, als habe er die Geweihte gar nicht wirklich wahrgenommen.


    Thraxas sah Alanis an, lachte und sagte dann entschuldigend: "Verzeiht ihm, Euer Gnaden. Mein Bruder, Glam, ist noch jung und er freut sich immer sehr mich zu sehen. Er wird Euch später noch gebührend begrüßen.
    Wir sollten jetzt die Tiere selbst in den Stall bringen, Bergfuß macht sich immer einen Spaß daraus Glam zu schikanieren."


    Dann drehte er sich wieder um und führte sein Pferd in den Stall. Währenddessen waren von drinnen immernoch die Rufe Glams zu hören.

  • Alanis hatte die neuen Eindrücke der Stadt interessiert wahrgenommen. Sie kannte Garethien recht gut, weil sie schon ein paar Male hingereist war, aber diesen Teil des Kontinents kannte sie nicht. Die vielen Zwerge - Hügelzwerge, wie sie gelernt hatte, während die anderen Zwergenrassen eher unter sich blieben - und ihr Einfluss auf Architektur und Lebensführung waren wirklich nicht zu übersehen und sie hatte bereits einige Plätze gesehen, die sicherlich einen weiteren Besuch wert waren.


    Das Bild von Thraxas und seinem Bruder bewirkte, dass sich Alanis halb abwandte, um ihr Lächeln zu verbergen. Der Anblick der beiden unterschiedlichen Männer, die sich so herzlich übereinander freuten, war einfach zu herzerwärmend und darüber hinaus ziemlich komisch.


    "Kein Grund, dass Du Dich entschuldigst", gab sie schließlich in Thraxas Richtung zurück, nachdem sie ihre übliche Gelassenheit wiedergefunden hatte, und nahm Bergfuß am Halfter. "Ist mir eine Ehre, Deinen Bruder vor diesem Kumpan hier zu beschützen." Dass sie Bergfuß dabei den Hals tätschelte, passte nicht so ganz zu ihren Worten. Das treue Tier hatte während der gesamten Reise treue Dienste geleistet und wurde von ihr dafür regelmäßig gelobt und belohnt. So auch im Stall, in den Alanis Thraxas folgte. Sie leinte Bergfuß an, lud und sattelte ab und versorgte ihn gewissenhaft, wie sie es immer tat. Währenddessen grübelte sie darüber nach, wie es kam, dass Thraxas nicht mehr bei seinen Leuten lebte. Aber wahrscheinlich war es so, wie sie es kannte: wenn einen das Leben einmal in eine bestimmte Richtung getrieben hatte, konnte man alte Freuden zwar immer noch wertschätzen, aber nie mehr vollends in ihnen aufgehen.

  • Als sie die Tiere versorgt hatten, gingen sie in die Schankstube. Thraxas hatte Alanis gebeten ihr Gepäck einfach stehen zu lassen und es mit seinem genauso gemacht. Glam sei sonst in seiner Ehre gekränkt, hatte der Landsknecht behauptet.


    In der Schankstube warteten bereits Glam und eine alte, selbst für Zwerge relativ kleine, Zwergin auf die beiden. Glam flitzte fröhlich hinaus, um sich um das Gepäck zu kümmern, sobald sie eingetreten waren. Thraxas ging auf die Zwergin zu, kniete sich vor sie und schloss sie in die Arme.

    "Garoschem, Garoschem!" sagte er schlicht, aber mit einer solchen Wärme und Ehrerbietung in der Stimme, wie es die Geweihte beim ihm bisher noch nie gehört hatte.
    "Garoschem, Groscho!" erwiderte die Zwergin sanft und Alanis konnte ein verräterisches Schimmern in einem ihrer Augenwinkel sehen.

  • Alanis blieb stumm im Hintergrund stehen und kam sich deplaziert vor. Das Gefühl versteckte sie hinter einem leichten Lächeln, das man jedoch durchschauen konnte, wenn man sie gut kannte. Mit emotionalen Szenen umzugehen war nicht wirklich ihre größte Stärke und sie bemühte sich, möglich unbemerkt zu bleiben, um Mutter und Sohn nicht zu stören. Geduldig wartete sie also ab, was noch geschehen würde, um den beiden Wiedervereinten soviel Zeit zu geben, wie nötig war.

  • Die Zwergin schob Thraxas sanft aber bestimmt von sich und schalt ihn: "Du bist immernoch ein ungehobelter Klotz! Warum stellst Du mir die Dame in Deiner Begleitung nicht vor?" Von dem sanften Schimmern in den Augenwinkeln der Zwergin war nichts mehr zu sehen, stattdessen hatte sie eine strenge Miene aufgesetzt.
    Der Landsknecht stand auf und senkte schuldbewußt, wie es schien, den Kopf. "Das ist ihro Gnaden Alanis. Geweihte der Elemente." murmelte er.


    In diesem Moment ging die Tür auf und ein Zwerg betrat den Raum, kurz stockte dieser an der Tür, bevor er zwei weitere Schritte in den Raum tat. Thraxas ging zu ihm und die Männer umarmten sich ohne Worte.
    Schließlich kamen beide zu den Frauen zurück. Thraxas lächelte Alanis an und sagte: "Euer Gnaden, dies sind meine Mutter Birnoscha und mein Vater Gloin. Natürlich sind ihre Namen viel länger, aber gegenüber Nichtzwergen habe ich die Erlaubnis nur ihren Rufnamen nennen zu müssen."


    An den Zwerg gewandt sagte er: "Garascho, dies ist Alanis, Geweihte der Elemente."


    Der Zwerg ging immernoch wortlos zum Tresen der Schankstube und kehrte mit vier bereits gefüllten Bierhumpen zurück. Jedem gab er einen davon und sagte dann: "Baroschem!" bevor er einen großen Schluck nahm. Thraxas und Birnoscha taten es ihm gleich.

  • Alanis unterdrückte eine Lachen, als Thraxas so gescholten wurde und den braven Sohn gab. Sie trat heran und fragte sich dann, wie man Zwerge ordentlich begrüßte. Ein Handschlag? Eine Verbeugung? Vielleicht hätte sie das Thraxas früher fragen sollen, aber nun war es offenbar zu spät. Sie entschied sich für ein offenes Lächeln und eine leichte Verneigung in Richtung der Zwerge.


    "Es ist mir eine Freude, Euch kennenzulernen", sagte sie förmlich, aber ließ deutlich erkennen, dass es keine Floskel war. Immerhin war sie seit Wochen neugierig auf Thraxas Familie.


    Als ihr der Bierkrug gereicht wurde, ließ sie sich nicht lange bitten. Sie machte sich nicht viel aus Bier, aber wenn die Gastgeber es taten, wäre es unhöflich gewesen, es nicht zu trinken. Also nahm sie einen Schluck und stellte mit einem anerkennenden Gesichtsausdruck fest, dass es gar nicht so übel war. Aber das war wohl der Tatsache geschuldet, dass es zwergisches Bier war.

  • Birnoscha musterte Alanis von oben bis unten und erwiderte freundlich: "Seid uns willkommen, Alanis! Wir freuen uns ebenfalls euch kennenzulernen!"
    Dann kam das Bier und nach dem ersten Schluck fragte die Zwergin Thraxas direkt: "Ihro Gnaden wird sicher nicht Dein Mündel sein, wie die Letzte. Ist sie Deine Verlobte oder ist sie nur Deine Reisebegleiterin damit es abends nicht so kalt ist?"


    Thraxas hätte sich fast an seinem zweiten Schluck Bier verschluckt, hustete kurz und sagte dann empört: "Garaschna!"


    Birnoscha erwiderte ungerührt: "Was? Du weißt das wir direkt sind und nicht immer alles verschleiern, wie die Gigrim."


    Woraufhin Thraxas Alanis entschuldigend anlächelte und dann zu Birnoscha sagte: "Sie ist nichts von alledem. Ich bin ihr Schüler."


    Verwundert blickte die Zwergin Alanis an und meinte dann: "Ihr müßt wahrhaft eine Domedna sein, wenn Ihr Euch vorgenommen habt dem Drax rardoscho noch etwas beibringen zu wollen." Und ließ gleich eine Frage nach seinem Lernstand folgen: "Und, wie macht er sich so?"


    Thraxas sah ein wenig unglücklich aus.

  • Die direkte Art von Thraxas Mutter und dessen Reaktion sorgte dafür, dass Alanis Wangen mit einem Mal dunkelrot glühten - und das lag nicht an der Wärme in der Schankstube. Ihr Schulter begannen, vor unterdrücktem Lachen leicht zu beben und sie entschied sich dafür, noch ein, zwei Schluck Bier zu nehmen, um nicht herauszuplatzen. Als sich die Zwergin direkt an sie wandte, hatte sie sich schon wieder einigermaßen unter Kontrolle. Sie mußte für einen Moment darüber nachdenken, was sie antworten sollte und was angemessen war, ohne Thraxas in die Pfanne zu hauen oder seiner Mutter nach dem Mund zu reden. Natürlich war es verführerisch, ihren Schüler ein wenig zu ärgern, aber da sie nicht wußte, wie er darauf reagieren würde, nun von zwei Frauen gleichzeitig gemaßregelt zu werden, entschied sie sich für eine knappe Version der Wahrheit, die, so ihre Hoffnung, beiden Seiten gerecht wurde.


    "Er macht sich gut, sonst wäre ich sicherlich nicht hier", gab sie also der Zwergin zurück und setzte hinzu, nachdem sie Thraxas ein beruhigendes Lächeln geschenkt hatte, hinzu: "Es wäre aber gelogen, wenn ich sagen würde, dass es keine Herausforderung ist."

  • Thraxas trat schnell direkt neben die Zwergin und wechselte einige energische geflüsterte Worte auf zwergisch. Birnoschas Miene sah man nicht an, ob es irgendeinen Eindruck auf sie machte.
    Die Zwergin lächelte Alanis an und sagte, noch während Thraxas auf sie einredete: "Gebt ihn nicht zu schnell auf, er hat ein Herz aus Gold und eigentlich ist er ein kluger Junge, nur manchmal etwas ungestüm."


    Jetzt mischte sich Thraxas direkt ein. "Garaschna, Ihro Gnaden wird sich schon selber ein Bild machen können. Sie ist nämlich klug und erfahren."


    Birnoscha meinte: "Das glaube ich gern, sonst hättest Du sie nicht ausgewählt. Aber jetzt kommt erstmal. Ein Zimmer oder zwei?" fragte sie und lachte laut auf, als sie Thraxas' Gesichtsausdruck sah. "Nein, nein, ist schon gut. Sie bekommt das neben Deinem. Zeig es ihr!"


    Thraxas wandte sich eilig an Alanis. "Euer Gnaden, bitte hier entlang!" und strebte der Treppe entgegen.

  • Alanis wartete die Gespräche zwischen Mutter und Sohn ruhig ab. Das Schmunzeln konnte sie sich aber nicht mehr verkneifen. Thraxas konnte einem fast ja ein wenig Leid tun. Sie fragte sich ernstlich, wie die erste Begegnung zwischen ihrem Schüler und ihrer Familie - also ihren Meistern - laufen würde. Ob sie dann das Bedürfnis verspüren würde, vor Peinlichkeit in den Boden zu versinken?


    "Sorgt Euch nicht, ich bin sehr geduldig", erklärte sie der Zwergin und fragte sich, was 'Eigentlich ist er ein kluger Junge' bedeuten mochte. Dann nickte sie den Zwergen dankbar zu und folgte Thraxas, der offenbar ganz froh über die Möglichkeit zur Flucht war. Sie wartete, bis sie auf der Stiege ein Stück weiter voran waren und ihre Worte vermutlich nicht mehr im Erdgeschoss zu hören sein würden. Dann bemerkte sie trocken:


    "Danke für das Kompliment. Eine Frage hätte ich allerdings noch: werde ich damit rechnen müssen, dass sie ernsthafte Versuche unternehmen wird, uns zu verkuppeln?"

  • Thraxas wandte kurz den Kopf und warf Alanis einen erstaunten und leicht erschrockenen Blick zu, sagte aber nichts und ging einfach weiter.


    Als sie dann die Zimmer des ersten Obergeschosses erreicht hatten, öffnete er eine der Türen und machte eine einladenden Geste, noch immer ohne Worte.
    Nachdem Alanis dann das Zimmer betreten hatte, in dem schon ihr Gepäck stand, schlüpfte Thraxas hinter ihr ins Zimmer und schloss die Tür.
    "Macht Euch bitte keine Sorgen, Meisterin! Birnoscha wird sich in sowas nicht einmischen, sie wollte nur wissen, wer ihr seid und wie wir zueinander stehen. Leider oder zum Glück - das kann man jetzt sehen, wie man will - ist sie da sehr direkt. Ich hoffe, sie ist Euch nicht zu nahe getreten oder ihr habt das als zu respektlos empfunden. So war das sicher nicht beabsichtigt, Birnoscha glaubt, daß es für alle am Besten ist, wenn die Fronten gleich am Anfang geklärt sind."
    So richtig glücklich sah der Landsknecht bei dieser Erklärung nicht aus, denn er wußte, daß die offenen , direkte Art der Zwergin bei vielen Menschen für gehörige Irritationen sorgte.


    Dann versuchte er die Stimmung noch mit einem Kompliment aufzuhellen: "Und sicher könntet Ihr Euch einem solchen Versuch auch leicht erwehren, immerhin seid Ihr eine gestandene Frau mit ausreichend Erfahrung und Selbstbewußtsein."

  • Alanis ließ erst einmal den Blick durch das Zimmer schweifen, dann richtete sich ihre Aufmerksamkeit auf ihr Gegenüber. Sie wirkte noch immer amüsiert, aber ihr Lächeln wurde erst sichtbar, als Thraxas so offensichtlich versuchte, ihr mögliches Unbehagen mit netten, wenn auch leicht übertriebenen Worten abzumildern. Sie machte eine abwehrende Geste, um das auftretende Übermaß an Schmeicheleien einzudämmen.


    "Mach Dir keine Gedanken. Es reicht ja, wenn Du Dich gewunden hast wie auf einer heißen Herdplatte. Ich selbst fand es nicht respektlos. Eher -." Sie suchte nach den richtigen Worten. "Es war etwas Natürliches. Ich hatte so etwas ehrlich gesagt schon erwartet." Das Lächeln wurde kurz ein wenig frecher. "Ich hätte mit Dir darum wetten sollen, dann wäre es vielleicht auch für Dich nicht so unangenehm geworden." Dann setzte sie hinzu, zum Thema zurückkommend: "Die meisten Mütter sind so, weil sie ihre Kinder lieben und versuchen, Schaden von ihnen abzuwenden. Der erste Schritt ist da immer das Abstecken von Territorien."

  • Thraxas erwiderte: "Ja, vielleicht ist das so. Birnoscha hat mich eben ins Herz geschlossen, auch wenn sie nicht mit allem einverstanden ist, so kann ich doch immer darauf zählen hier einen sicheren Hafen zu haben und das zu Wissen ist viel wert."
    Sarkastisch setzte er hinzu: "Es freut mich natürlich außerordentlich, daß ich mit meiner Verlegenheit zu Eurer Erheiterung beitragen konnte."

  • Alanis hob die Augenbrauen.


    "Da fehlt noch ein vorwurfsvolles 'Euer Gnaden' hinter Deiner Aussage", gab sie unbeeindruckt zurück, dann wurde ihr Gesicht wieder fröhlicher. Sie hoffte, dass er merkte, dass ihre Aussage kein Wunsch war, sondern vielmehr ein dezenter Hinweis darauf, dass er diese Verhaltensweise recht oft an den Tag und sie wenig Wert darauf legte. Wäre er jemand anders, hätte sie ihm wohl zudem in diesem Moment in die Seite gestubst und ihn gebeten, nicht zu schmollen. Aber da er manchmal wirklich seltsame Anwandlungen hatte, sparte sie sich das besser. Stattdessen ergänzte sie ernsthaft: "Du kannst Dir sicher sein, dass ein Teil von mir mit Dir gelitten hat." Sie lächelte ihn an und diese Regung ließ keinen Zweifel darüber übrig, dass sie das wirklich ernst meinte."Und mal was Anderes: Redet Deine Mutter eigentlich immer für Deinen Vater? Wie lange hast Du eigentlich bei den beiden gelebt, bevor Du zur Armee gegangen bist?" Ein paar Fragen würden ihn sicherlich auf andere Gedanken bringen.

  • Thraxas lächelte zurück. "Gloin spricht nicht viel, besonders nicht mit Fremden, aber wenn er spricht, dann mit großer Einsicht und das Augenmerk auf einfache Wahrheiten lenkend.
    Und ich habe gar nicht bei Ihnen gelebt, bevor ich zur Armee ging. Ich habe die Familie erst Jahre später kennengelernt. Gloin war einer der Bierlieferanten für das Angbarer Sappeurregiment in dem ich damals als Feldscher diente. Bei einer Lieferung hatte er Glam als Helfer dabei. Glam wurde bei einem Unfall beim Abladen von einigen Fässern überrollt und schwer verletzt. Ich war diensthabender Feldscher, zusammen mit dem ersten Feldarzt des Regiments. Dieser besah sich Glam und schrieb ihn ab, ich wollte den Jungen aber unbedingt retten und tat mein Möglichstes. Das Ergebnis habt ihr gesehen." berichtete Thraxas die Kurzversion der Ereignisse, dabei schlich sich ein verräterisches Schimmern in seine Augen und sein Stimme schwankte ein-, zweimal.
    "Die Familie beschloß daraufhin mich als Sohn anzunehmen. Mir war das zuerst unangenehm, denn ich war ja schon 23 und seit fast acht Jahren Soldat. Aber Birnoschas Güte, ihre Küche und Gloins Bier haben mich überzeugt." lachte er.
    "Wäre ich in meiner Einheit nicht schon so viel mit Zwergen zusammen gewesen, dann wäre es mir sicher noch schwerer gefallen, aber wenn man schon einen zwergischen Namen trägt, dann kann man auch eine zwergische Familie haben."

  • Alanis lauschte interessiert und setzte sich irgendwann dabei auf die Bettkante. Mal lächelte sie, mal blickte sie Thraxas voller Mitgefühl an, wenn er emotional wurde. Am Ende war ihr Gesichtsausdruck versonnen.


    "Ich denke ich verstehe jetzt, warum sie Dir so wichtig sind. Manchmal trifft einen des Schicksal aus reichlich unerwarteten Richtungen. Danke, dass Du das mit mir geteilt hast." Man merkte ihr an, dass sie verstand, was ihn bewegte. Warum sie das tat, erklärte sie gleich darauf: "Ich habe ja meine Herzensfamilie - also meine Meister - auch erst kennengelernt, als ich zweiundzwanzig und schon einige Jahre von Zuhause fort war."


    Sie verzog leicht den Mund und dann war der Moment, der sie in der Erinnerung berührt haben mochte, schon wieder vorbei. Stattdessen sah sie Thraxas forschend an:


    ""Als Du die ersten Tage bei mir warst, hast Du gesagt, dass Du keine Heimat hast. Und dann bringst Du mich hierher. Was hast Du damals gemeint?"

  • Thraxas hob verwundert eine Augenbraue. "Das habe ich gesagt?" fragte er nach, aber Alanis bemerkte, daß die Frage nicht ihr, sondern vielmehr ihm selbst galt.
    Kurz darauf versuchte er eine Erklärung: "Vielleicht habe ich damit gemeint, daß ich nirgendwo fest bleiben kann. Ich habe es zweimal versucht und beide Male ist es wirklich schief gegangen und auch dies hier," der Landsknecht machte eine Geste, die das gesamte Haus, vielleicht sogar die Stadt umfasste, "ist nicht mehr meine Heimat und war noch nie mein Zuhause. Ich kann hier unterkriechen, wenn ich muß oder wenn ich will, aber hier bleiben könnte ich nicht. Birnoschas Fürsorge würde mich erdrücken und in den Straßen der Stadt gibt es zuviel, was mich an mein früheres Leben erinnert, was mir immer wieder vor Augen führt, wie weit ich einmal vom Weg weg war und ich habe... Sorge, ich könnte wieder in die falsche Richtung laufen."

  • Alanis legte den Kopf zur Seite, so als verwundere sie etwas an dem, was er erzählte, aber sie ging nicht darauf ein, sondern sagte etwas Anderes.


    "Dann sag bitte rechtzeitig Bescheid, wann es Dir hier zu unwohl wird und wir reisen dann sofort weiter", entschied sie mit ruhiger Authorität in der Stimme. "Dennoch würde ich mir gerne die Stadt ansehen und etwas über die Leute hier erfahren. - Und vielleicht erzählst Du mir später davon, was Du damit meinst, wenn Du sagst, dass Dinge schiefgegangen sind. Als Ashaba bei mir zu Gast war, hast Du etwas Ähnliches erzählt, aber ich war an dem Abend zu - unaufmerksam, um mich zu erkundigen." Sie erhob sich wieder von der Bettkante. Sie hatte im Moment nicht den Kopf frei für tiefere Gespräche, da sie müde und verspannt war. Momentan wollte sie eigentlich nur schlafen und beten. "Wann wollen wir uns zum Abendessen wiedertreffen?"

  • "Und und ja, Meisterin." erwiderte Thraxas. "Essen wird es heute abend geben, wenn Ihr zwischendurch etwas möchtet, dann sagt es einem von uns. Möchtet Ihr jetzt lieber erst etwas ruhen oder soll ich Euch einen Zuber vorbereiten lassen oder möchtet Ihr ins Badehaus?" fragte er dann nach, weil Alanis die Erschöpfung deutlich anzusehen war.

  • Alanis widerstrebte es, Thraxas Leuten mehr Mühe zu machen als nötig. Und reiseverstaubt zu schlafen war zwar möglich, aber definitiv nicht so angenehm, wie es sauber zu tun. Nach kalten Nächten unterwegs und mittelmäßig angenehmen Übernachtungen in Unterkünften von wechselnder Güte war der Gedanke an warmes Wasser äußerst verführerisch. Allerdings waren Badehäuser nicht ihre liebsten Orte. In Renascân hatte sie dem unterschwellig aufdringlichen Personal sehr schnell klar gemacht, dass ihr Interesse bei Wasser und Seife lag und nicht bei Vertraulichkeiten.


    "Wenn Du mir beschreiben könntest, wo hier in der Nähe ein Badehaus ist, dann gehe ich dorthin", gab sie also zurück. In ihren Worten schwang der Wunsch mit, eine Weile alleine zu sein, allerdings gab es ein Problem und dessen war sie sich bewußt. "Wenn es zu weit weg ist, wäre es allerdings nett, wenn Du mich hinbringen könntest. Ich bin so müde, dass ich nicht weiß, ob ich nicht irgendwo falsch abbiege."


    Sie schmunzelte.