• Alanis sah, wie seine Schultern nach unten sanken und kam sich auf irgendeine seltsame Weise, die sie nicht verstand, schäbig vor. Immerhin hatte er nun schon einige Male bewiesen, dass es vertrauenswürdig war und doch führte sie sich auf, als wäre er Feuer und sie Wasser. Sie seufzte leise.


    "Mich interessiert es, weil Du es nun schon hie und da hast anklingen lassen und ich neugierig bin, warum es unwichtig genug ist, es in Renascân zum Tischgespräch zu machen und gerade wieder so wichtig, dass es Dich wütend macht", gab sie zurück und blickte ihn fragend an.

  • "Wahrscheinlich solltet Ihr es tatsächlich wissen, Meisterin!" entgegnete er wenig erfreut. "Denn natürlich ist es wichtig viel über den anderen zu wissen, mit dem man so eng zusammenarbeitet, um seine Handlungen und Denkweisen besser zu verstehen." Glücklich klang das immernoch nicht.


    In der Zwischenzeit erschien Gloin am Tisch und brachte Thraxas einen großen Humpen Bier. Bevor der Landsknecht zu erzählen begann nahm er eine tiefen Schluck, stellte den Humpen ab und drehte ihn einige Male hin und her, während er in ihn hinein starrte. Schließlich begann er zu sprechen, starrte dabei aber immernoch auf das Bier, so als ob er dort die Geschichte ablesen könne.
    "Es war im Jahr als der Stählerne seine Streiter in die Drachenlande rief. Ich war Feldwaibel der Darpatbullen und wir waren dem Ruf zusammen mit den Schattenstürmern aus Valariot, den Kargathianern, dem Orden der Schwarzen Sonne und noch einigen anderen Gruppen und sogar dem Clan der MacMahoons freudig und voller Zorn gefolgt. In den Reihen der Valaren befand sich auch eine Elbe, Lady Zoe Greifenwind, die mit diesen gegen die Schatten in Valariot und nun auch gegen die Orks und das Chaos in den Drachenlanden stritt. Ich hielt nichts von Elben, denn, wie Ihr seht, ist der Kosch von Zwergen geprägt, meine Einheit war von Zwergen geprägt, ich trage einen zwergischen Kampfnamen und wir Zwerge halten eben nichts von Elben. Diese Elbe war wie alle anderen Elben, die ich zuvor so gut wie nie gesehen hatte." Thraxas lächelte leicht, war er sich doch der Einfalt, die dazu gehörte jemanden abzulehnen, nur weil dieser einer bestimmte Rasse angehörte bewußt.
    "Dann aber, es war in einer Schlacht gegen die Horden der Orks, wurden unsere Heiler von uns getrennt. Das Schlachtengetümmel verlagerte sich und die Heiler konnten den Verbandsplatz nicht verlegen. Ein fester Heilerschutz war damals noch kein Begriff. Ich aber ahnte, daß sich jemand die Situation zu nutze machen würde und bat meinen Hauptmann um eine Handvoll Männer, um zusammen mit diesen die Heiler zu schützen."
    Der Landsknecht schaute auf und Alanis an. "Mein Hauptmann lehnte ab und verbot mir sogar mich alleine zu den Heiler zu begeben und sie zu schützen." sagte er betroffen. "Aber so einem Befehl konnte ich nicht folgen, als Waibel ist mir der Schutz aller Darpatbullen anvertraut und so traf ich meine Entscheidung. Ich warf meinem Hauptmann die Schärpe vor die Füße und stapfte allein in Richtung meiner Heiler, in der Gewissheit mir ein Gerichtsverfahren einzuhandeln. Aber ich hatte mich keinen Augenblick zu früh entschieden. Ich war noch nicht ganz angekommen, da lief von der anderen Seite ein Trupp Chaoten auf den Verbandsplatz zu und noch ehe ich sie erreicht hatte, metzelten sie den ersten Heiler und seinen Patienten nieder. Ich kam dazu und erschlug zwei Chaoten, aber es waren noch vier übrig. Ich wehrte mich nach Leibeskräften, aber es war nicht genug. Zwei hielt ich in Schach, aber ebenso sie mich und die anderen beiden fielen wieder über die Heiler her. Der Zorn der Stählernen trieb mich voran und ich konnte beide Chaoten erschlagen, leider um den Preis zahlreicher Wunden und so erreichte ich die anderen Chaoten nicht mehr, sondern brach in die Knie und musste mit ansehen, wie sich die Heilerinnen, denn es waren fast ausschließlich Frauen, verzweifelt aber erfolglos zur Wehr setzten, ohne das ich ihnen noch hätte helfen können.“


    Thraxas senkte den traurigen Blick und nahm einen weiteren großen Schluck Bier.

  • Dann fuhr er fort: „Da aber kam sie, diese Elbe. Es war, als schwebe sie über das Schlachtfeld, geschwind, wie der Wind, gehüllt in eine Aureole aus Licht, für mich war das und das was folgte ein Zeichen der Götter. Mit ihr kam noch eine Handvoll weitere Streiter. Sie mähten die inzwischen zahlreicher gewordenen Chaoten nieder. Erfüllt von neuer Zuversicht konnte auch ich wieder aufstehen und wollte ihnen helfen und dann geschah das unfassbare. Der Lady stellte sich ein Mann in den Weg, unscheinbar, aber soviel Selbstvertrauen ausstrahlend, dass es uns alle auch die Lady einen Augenblick zögern ließ. Sein Schwert fuhr auf sie herab und mit diesem einen einzigen Schlag, schickte er sie zu Boden. Ich war von Entsetzen wie versteinert, einige andere zum Glück nicht. Sie erschlugen voller Ingrimm den Chaoten, es war deren Champion und das Geheimnis lag darin, dass er das Championsschwert geführt hatte.
    Ich dachte, die Lady sei tot, kniete neben ihr nieder und vergoss bittere Tränen, weil ich weder meine Heiler hatte schützen können, noch sie, die die Götter in höchster Not zu mir gesagt hatten.
    Zum Glück war sie aber nur bewusstlos, was ich in meinem geschwächten Zustand aber nicht erkannte und konnte gerettet werden. Daraufhin schwor ich den Götter einen heiligen Eid, dass ich, so oft sie unsere Wege zusammenführen würden, ich diese Elbe mit allen meinen Fähigkeiten und nötigenfalls mit meinem Leben beschützen würde. Und von dann tat ich das 6 Jahre lang auf vielen Feldzügen in Valariot und in Mythodea. Wir wurden weit mehr als eine Lady und ihr Leibwächter, wir wurden gute Freunde und trotz der Gefahren und Anstrengungen war es eine herrliche Zeit und eine ehrenvolle Aufgabe. Einmal hatte ich sogar das Privileg mit meinem Körper einen Pfeil abzufangen, der der Lady gegolten hatte.“


    Seine Miene war beim Erzählen entrückt gewesen, so als wäre er wieder auf dem Schlachtfeld von damals.
    Wieder nahm der Landsknecht einen großen Schluck Bier und winkte danach mit dem Humpen in Richtung Theke, da dieser leer zu sein schien. Sein Blick aber hing jetzt an den Flammen des Kamins und er schwieg.

  • Alanis hörte geduldig zu, ruhig und unbewegt, die Hände noch immer im Schoß gefaltet. Als er zum Ende der Erzählung kam, stützt sie das Kinn in eine Hand, leerte ihren Weinbecher und sagte leise "Hm". Dann runzelte sie die Stirn, als sie über einiges, was er gesagt hatte, noch einmal nachdachte.


    "Als Du das erste Mal von ihr gesprochen hast, hast Du sie eine Priesterin genannt. Jetzt nennst Du sie eine Elbenhexe. Ist das der Grund, warum die Geschichte zu einem Ende gefunden hat?", fragte sie schließlich mit sanfter Stimme nach.

  • Thraxas schaute Alanis an und in seinen Augen sah sie Schmerz, aber auch Wut. "Ja, deswegen und wegen Ihrer Blindheit gegenüber der Finsternis." erwiderte er. "Schnell wurde klar, daß sie Kräfte nutzen konnte, die normalen Sterblichen nicht zur Verfügung stehen und so dachte ich, sie müsse von Hesinde beschenkt sein, eine Priesterin, eine Geweihte sein. Denn natürlich konnte sie keine mit dem Frevel der Mada gezeichnete Magierin sein, denn niemals hätten mir die Götter die Aufgabe gegeben eine Maga zu beschützen. So dachte ich zumindest damals." räumte er ein.
    "Bei Eurem Urteil darüber bedenkt bitte, das ich damals nicht einen Bruchteil von dem wußte, was ich heute weiß, auch wenn der Bruch erst 4 Jahre zurück liegt." bat er Alanis.


    "Inzwischen weiß ich natürlich, daß sie eine Elbenmagierin ist und ihre Kräfte hauptsächlich für das eingesetzt hat, was wir für gut halten. Am Anfang, nach dem Bruch, habe ich das Wort Elbenhexe voller Verachtung wegen ihrer magischen Fähigkeiten und ihrer Blindheit gegenüber der Finsternis benutzt, jetzt beginne ich die Magie zu akzeptieren und benutze das Wort nur noch, weil sie so blind war und wahrscheinlich immernoch ist."


    Das neue Bier war da und Thraxas nahm erneut einen großen Schluck.

  • Alanis nickte leicht, auch wenn sie beim Wort 'Elbenhexe' leicht den Mund verzog.


    "Sie für etwas zu verurteilen, was sie in Deinen Augen hätte sein sollen, es aber nicht war, wäre ungerecht und ich denke das hast Du inzwischen erkannt. Vermutlich hast Du Dich betrogen gefühlt und so ein Gefühl reicht tief und schaltet oftmals jedes klare Denken aus. Aber wenn Du von der Finsternis sprichst, für die sie blind ist - was meinst Du damit?"

  • Thraxas seufzte und nahm erstmal noch einen Schluck Bier bevor er antwortete. Er hatte sich entschieden Alanis die Geschichte zu erzählen und dazu gehörte auch dieser Teil, der mit dafür verantwortlich war, warum er nun hier mit Alanis saß und nicht zu Schwester Lora hatte gehen können.


    "Wir hatte einen gemeinsamen Freund und Kampfgefährten, einen Priester, Claudius mit Namen, aus einem Land, das niemand von uns je besucht hatte. Dieser Claudius war ein großer, düsterer Typ. Im Kampf focht er mit einer Verve gegen das Chaos, die beeindruckend war. Allerdings hatte man auch immer ein komsiches Gefühl in seiner Nähe, die Sprache in der er seine priesterlichen Beschwörungen rief hörte sich düster an und die Flammen, die er auf die Feinde schleuderte waren schwarz. Nichts desto trotz beurteilten wir ihn nach seinen Taten und diese Taten waren gut."


    Wieder blickte Thraxas in die Flammen, sprach aber weiter. "Aber eines Tages rief er zu seinem Schutz einen Wächter aus der Sphäre der Dämonen, er behauptete dies sein ein guter Wächter, der die Dämonen in ihrem eigenen Reich seit Jahrhunderten bekämpfen würde und deshalb würde er nur noch die Zunge der Dämonen verstehen."
    Thraxas blickte Alanis wieder an, forschend. "Wir glaubten ihm nicht. Der Legat verbot ihm jemals in den Grenzen Derduwaths wieder von seiner Macht gebrauch zu machen und Claudius schwor einen heiligen Eid, den er aber nur wenige Monde später brach.
    Hatte ich mich vorher nur von dem Dämonenanbeter abgewandt, eingedenk unserer langen Freundschaft, so war mir nun klar, daß er sich an kein Gesetz und keinen Eid gebunden fühlte und da der Legat nicht handeln wollte oder konnte, handelte ich einige Wochen später. Zufällig stiegen wir im gleichen Gasthaus ab. Er war schon da und sein Geruch nach altem Weihrauch verpestete die Räume. Der Legat hatte ihm zwar zwei brave Soldaten entgegen geschickt, die ihn von der Grenze bis zur Burg begleiten sollten, aber was hätten sie schon ausrichten können?
    Ich drang in sein Zimmer ein und hörte ihn in seiner dunklen Sprache vor seinem Altar kniend murmeln, da handelte ich, warf mich auf ihn und wollte ihm das Leben nehmen, um das Tal, welches meine neue Heimat werden sollte zu schützen.
    Es kam zum Kampf. Die Gardisten wollten sich einmischen, wurden von uns aber unglücklich in der Kampfbewegung getroffen oder gestoßen und gingen beide zu Boden. Wir stürzten die Treppe hinab und kamen unten zu liegen. Der Eidbrecher regte sich nicht mehr, aber die Gardisten hatten sich aufgerappelt und wollten mich ergreifen. Ich floh, warum weiß ich nicht mehr, ich hätte mein Werk beenden und mich stellen sollen.
    Der Eidbrecher überlebte und auf mich wurde ein Steckbrief ausgestellt und ein Kopfgeld ausgelobt.“

  • Als Thraxas von dem Weihrauch sprach, weiteten sich Alanis Augen und sie verstand nun endlich, warum er das priesterliche Hilfsmittel so verabscheute. Der Rest der Geschichte bewirkte, dass sie mal eher unglücklich dreinschaute - vor allem bei dem Teil mit dem Dämon -, mal leicht nickte, als er erzählte, dass er all das, was er getan hatte, aus dem Wunsch heraus getan hatte, andere und das Land zu beschützen. Als er geendet hatte, lag ein sehr ambivalenter Ausdruck auf ihrem Gesicht, anders konnte man wohl diese Nachdenklichkeit nicht beschreiben.


    "Warum haben sie das Kopfgeld auf Dich ausgesetzt? Weil Du Gardisten angegriffen hast oder weil Du einen Gast der Obrigkeit umbringen wolltest, die Du für unfähig gehalten hast?", erkundigte sie sich, nachdem sie eine ganze Weile überlegt hatte, was sie von der Geschichte halten sollte.

  • Thraxas schaute Alanis wieder direkt ins Gesicht, um ihre Reaktion auf seine nächsten Worte zu sehen und sagte: "Der Steckbrief lautete auf: Mordversuch, Angriff auf Gardisten, Landfriedensbruch und Hochverrat."
    Thraxas' Miene war grimmig geworden. "Auf die Frage, was ich den Verraten hätte, sagte der Legat, die Idee des Tals, dabei hatte ich es schützen wollen, was sie aber nicht sahen. Der Eidbrecher übrigens blieb ungeschoren.
    Die Steckbriefe wurden übrigens nicht nur in Derduwath aufgehängt, sondern auch in Valariot, Kargath und sogar in Aldradach. Hier bekam ich dann auch zuerst Kenntnis davon. In Valariot, wurde mir dann später berichtet, hätte die Kanzlei - sowas wie die Geheimpolizei des Reiches - die Steckbriefe alle wieder entfernen lassen, ich hatte mir wohl Freunde in hohen Positionen gemacht, die meinten, daß der Legat seine Befugnisse überschritten hatte." Thraxas lächelte freudlos.
    "Derduwath ist nämlich eine Provinz sowohl Valariot, als auch Kargaths und untersteht somit ebenso dem valarischen Regenten, wie dem kargathianischen König."


    Der Landsknecht seufzte, schaute wieder in die Flammen und erzählte weiter: "Bei diesen Anklagepunkten mußte ich mit der Todesstrafe rechnen und anders, als ihr vielleicht glaubt hänge ich am Leben - oder hing, dachte er - deshalb stellte ich mich nicht dem Legaten, sondern unterwarf mich in dieser Sache dem Richtspruch des König, der, zu meinem Glück, just in dem Jahr auch auf dem Fest der Drachen weilte, in dem der Steckbrief aufgetaucht war.
    Der König hielt gericht, ich wurde verurteilt und damit, dachte ich, sei das Ding aus der Welt. Aber nicht für den Legaten, ich werde nie wieder einen Fuß nach Derduwath setzen können, daß wurde mir in Mythodea gänzlich klar. Ich überbrachte das Urteil höchstselbst an den Legaten und er erkannte es nur in soweit an, daß er nicht selber nochmal ein Gericht abhalten konnte. Erklärte aber, ich sei in Derduwath fortan vogelfrei. Und als sei das nicht genug, bedrohte mich die Elbenhexe, der ich sechs Jahre lang treu als Leibwächter gedient hatte in Ihrer Verblendung sogar mit dem Tod, sollte wir uns irgendwo nochmal wiedersehen."


    Thraxas sah auf und Alanis konnte erkennen, daß ihn diese Geschichte immernoch sehr belastete. Vollends konnte sie es verstehen, als er weitersprach. "Und selbst die Frau, von der ich glaubte, wir hätten in Derduwath eine gemeinsame Zukunft gehabt, wandte sich von mir ab. Ich hatte sie um ein Treffen gebeten, um ihr meine Sicht der Dinge zu erläutern, um ihr meine Version des Geschehens zu erzählen und sie, sie traute sich nicht alleine zu mir, sondern brachte sich eine Leibwache mit."

  • Alanis wirkte nicht wirklich überrascht, als sie die Anklagepunkte hörte - wer versuchte, jemanden zu ermorden, wurde wegen genau dieser Tat gesucht, ganz gleich wie die Motive für diese Tat ausgesehen haben mochten. Auf ihren Kopf gab es auch zwei Steckbriefe, diese allerdings aus Ländern, die sich bösen Göttern verschrieben hatten und die sie nicht weiter ernst nahm, weil sie wußte, dass sie das Richtige getan hatte.


    Aber hatte er auch das Richtige getan? Auf ihrem Gesicht spiegelte sich der Widerstreit, der sich durch seine Worte in ihr entspann. Thraxas Ichbezogenheit und seine Unfähigkeit, sich unterzuordnen, würden ihn auch weiterhin in große Probleme stürzen und nicht zuletzt dafür sorgen, dass er zwar das Gute wollte, aber dass Böses entstand, wo er nicht genau genug hinsah. So, wie er sprach, sah er nicht im Geringsten ein, wo er gefehlt haben mochte und fühlte sich nun als Opfer von so vielen, denen er Versagen vorwarf. Ob er sich jemals gefragt hatte, ob ein Teil der Schuld nicht auch bei ihm lag? Vermutlich nicht.


    "Es geschieht im Leben, dass man nur das Beste will, aber es doch anders kommt", sagte sie schließlich. "Weil man vielleicht nicht alle Teile der Geschichte verstanden oder sie gekannt hat", setzte sie vorsichtig hinzu, doch mehr wagte sie nicht zu sagen, weil sie nicht riskieren wollte, ihn mit ihrer wirklichen Meinung zu all dem vor den Kopf zu stoßen. Für eine Auseinandersetzung diesen Ausmaßes war sie noch nicht bereit und sie fragte sich ernsthaft, wie lange es dauern würde, bis er in seinem Sendungsbewußtsein verspüren mußte, dass es nötig sein würde, auch sie umzubringen. Bei dem Gedanken wurde ihr Hals eng und sie räusperte sich: "Ich - muss mir das alles erst einmal durch den Kopf gehen lassen", brachte sie hervor.

  • "Ihr habt vollkommen recht, Euer Gnaden!" gab Thraxas unumwunden zu. Es war dabei nicht zu erkennen, ob er etwas von Ihren Befürchtungen mitbekommen hatte. "Und natürlich erwarte ich dazu von Euch jetzt...nichts. Ihr dürft gerne über meine Geschichte nachdenken und wenn Ihr mehr dazu sagen wollt, dann seid Ihr willkommen, aber ich erwarte das nicht." Inzwischen sah er wieder in die Flammen. "Es tut mir immernoch leid, daß ich den Eidbrecher anscheinend nicht zur Strecke bringen konnte, aber natürlich weiß ich jetzt auch, daß mein Vorgehen zumindest ungeschickt, wenn nicht falsch war. Ich hätte Claudius festsetzen und in Valariot anklagen müssen."
    Nach diesem Eingeständnis hob Thraxas seinen Humpen an die Lippen und leerte ihn in einem Zug.

  • "Vermutlich hättest Du das, ja. Aber Du hast damals kein Vertrauen in die Obrigkeit gehabt." Entgegen ihres Beschlusses, an diesem Abend keinen Alkohol mehr zu trinken, bestellte sie sich bei der nächsten Gelegenheit ein weiteres Glas Wein. Manche Dinge konnte man nicht besprechen, wenn man auf dem Trockenen saß. "Was natürlich nicht bedeuten muss, dass dieses mangelnde Vertrauen gerechtfertigt war, denn die Obrigkeit teilt selten ihre Beschlüsse und Pläne mit einfachen Leuten." Nun war es doch heraus, doch obwohl Alanis fürchtete, dass sie eine heftige Antwort erhalten würde, bemühte sie sich, unberührt und gelassen zu erscheinen. Die Spannung in ihrem kerzengeraden Rücken war für jemanden, der sie kannte, allerdings verräterisch.

  • Thraxas lächelte Alanis milde an und sagte: "Ich gehörte in Derduwath nicht zu den einfachen Leuten, Euer Gnaden. Ich war enger Freund des Legaten, er suchte durchaus hier und da meinen Rat. Die Elbenhexe war seine Gefährtin und auch wir tauschten uns regelmäßig über vieles aus und die Frau, mit der ich mir eine gemeinsame Zukunft erhoffte, war die Burgvögtin des Legatensitzes und immer bestens informiert. Ich bin mir sicher, daß meine Einschätzung zur Einstellung der Obrigkeit richtig war. Denn, ich hatte den Eidbrecher bereits des Eidbruchs bezichtigt und der Legat hatte nichts unternommen, gar nichts. Er sah, die Gefahr nicht oder wollte sie nicht sehen."

  • "Vielleicht waren ihnen die Fähigkeiten des Priesters wichtiger als Deine Empörung?", erkundigte sich Alanis interessiert und schaffte es, ihren aufwallenden Zorn im Zaun zu halten, indem sie sich abwandte, um das bestellte Glas Wein anzunehmen. Sie hasste es, gönnerhaft behandelt zu werden, aber das würde sie wohl ablegen müssen, wenn sie länger mit Thraxas unterwegs sein würde. Falls sie länger mit ihm unterwegs sein würde.

  • "Wenn es das tatsächlich gewesen sein sollte, dann bin icn froh nicht mehr dort willkommen zu sein. Denn seine Fähigkeit war es dämonisches Feuer zu schleudern und Dämonen aus anderen Sphären herbei zu rufen." erwiderte der Landsknecht viel ruhiger, als man erwarten konnte.
    "Und ich glaube, es ist müßig über die Gründe zu spekulieren, wir werden sie nicht ergründen und die Sache ist ja nun auch vorbei. Auch wenn Gedankenspiele immer interessant sind, wenn man sie mit so intelligenten Menschen betreibt wie Euch, Meisterin." versuchte sich der Landsknecht an einem Kompliment.

  • Alanis legte den Kopf schief und runzelte die Stirn, als er ihre Intelligenz betonte, so als würde sie ihm nicht glauben - oder es unangenehm finden, was er sagte. Dann verkniff sie sich jedoch, etwas dazu zu sagen, und trank ein, zwei große Schlucke Wein. Genügend Gelegenheit, ihre Gedanken zu ordnen, aber wohl dennoch nicht ausreichend.


    "Über das Für und Wider der Mittel, die wir wählen, um unsere Ziele zu erreichen, unterhalten wir uns besser ein anderes Mal. Ich glaube auch da würden unsere Meinungen eindeutig auseinander gehen", erklärte sie schließlich trocken, schenkte dem Landsknecht aber dennoch ein halbes, wenngleich müde wirkendes Lächeln. "Ich denke ich ziehe mich jetzt zurück", fügte sie dann hinzu. "Es war für uns beide ein anstrengender Tag und -." Sie stockte kurz und sah ihn wieder voll an, einen unangenehm berührten Ausdruck in den Augen. "Habe ich mich schon bedankt? Für das heute Nacht?"

  • Thraxas lachte kurz auf und sagte dann: "Naja, was man so bedanken nennt, wenn einem vermeintlich peinliche Dinge passieren."
    Ernster sagte er: "Ihr müßt Euch für nichts bedanken, Meisterin. Was ich heute nacht getan habe, war und ist für mich selbstverständlich. Solltet Ihr einen solchen Dienstes erneut benötigen und wollen, dann stehe ich Euch zur Verfügung."

  • Alanis trank noch einen Schluck Wein, dann schob sie das Glas, in dem nur noch ein wenig von dem roten Wein übrig war, zurück und schüttelte den Kopf.


    "Also habe ich mich nicht bedankt", stellte sie fest und neigte dann den Kopf in seine Richtung. "Und ich halte nichts von Selbstverständlichkeiten, weil sie viel zu schnell dahin führen können, dass man etwas, das einem etwas wert ist, nicht mehr in dem Maße anerkennt, den es verdient. Also: danke." Sie hob eine Hand, um eventuelle Widerworte direkt zu unterbinden. "Und dazu bitte keine weiteren Einsprüche von Deiner Seite."


    Sie erhob sich und strich den Rockteil ihres Kleides aus, eine Geste, die ihr half, sich wieder zu besinnen und ihre übliche Fassung wiederzufinden. Selbstbeherrschung war etwas, was sie in den letzten Jahren mühsam gelernt hatte und wenn sie sie verlor - was leider in Thraxas Gegenwart öfters geschah, als ihr lieb war -, brauchte es zum Glück nur kurze Momente, um sie wiederzufinden.


    "Ich denke heute Nacht werde ich allein zurechtkommen", schob sie noch hinterher, um ihn zu beruhigen, doch es flackerte ganz kurz Unsicherheit durch ihre Augen.

  • Thraxas hatte gar keine Widerworte erheben wollen, denn natürlich schätzte er Alanis' Dank. Allerdings wollte er wirklich erreichen, daß sie Dinge, die man in einer Gemeinschaft wie der Ihren selbstverständlich und ohne Zögern füreinander tun mußte, auch als solche anerkannte. Die Geweihte war ihm, was das anging viel zu reserviert und trug ihre Würde wie einen Panzer um sich. Der Landsknecht konnte das aber verstehen, denn dieser Priester mußte ihr wirklich Schreckliches angetan und ihr Selbstvertrauen und Selbstverständnis in den Grundfesten erschüttert haben.


    Thraxas hatte den kleine Riß in der Maske bemerkt, mit dem sie ihm weißmachen wollte, alles sei in Ordnung und fragte daher ruhig nach: "Seid Ihr sicher, Euer Gnaden? Wie gesagt, ich stehe Euch gern zur Verfügung und wenn Ihr mich nicht mehr in Eurem Zimmer haben wollt, dann setze ich mich auch davor und komme nur herein, wenn ich etwas Verdächtiges wahrnehme." bekräftigte er nochmals seine Zusage für sie da zu sein.

  • "Und dann denkt sich Deine Mutter ihren Teil und fragt mich morgen früh, ob Du etwas ausgefressen hast." Sie war schon im Begriff gewesen zu gehen, doch nun blieb sie neben Thraxas stehen und lächelte, dieses Mal wirklich amüsiert über diese Vorstellung, die ihr sofort in den Kopf geschossen war, als sie seinen Vorschlag vernommen hatte. "Ich denke das würde ich vermeiden wollen, um unser beider Willen." Sie zögerte noch einen Moment und sah zu Boden. In ihren Gesichtszügen arbeitete es sichtlich. "Das selbe Prozedere wie letzte Nacht?", fragte sie dann leise und gab damit zähneknirschend zu, dass es möglicherweise doch sein konnte, dass sie Hilfe benötigte.