„Es ist die Löwenschule - kein Orden. Und das Wissen darüber ist kein Geheimnis.“ Verbesserte er sie fast schon automatisch.
Dann nickte Vladim langsam, bevor sich räusperte und zu erzählen begann:
„Aufgewachsen bin ich auf den Straßen von Brüggenau. Bis ich ungefähr 12 Jahre alt war, habe ich dort gelebt. Dann bin ich meinem Meister begegnet. Naja… ich habe versucht ihn auszurauben, aber das hat nicht geklappt. Er fragte mich damals, ob ich gerne in einem Haus wohnen wollte.“
Reumütig sah er nicht Melyanna an, sondern einen Punkt an der Wand hinter ihr. Sie konnte sich fast vorstellen, wie er all diese Dinge noch einmal durchlebte.
„Ich habe sofort ja gesagt, habe gutes Essen bekommen und hatte ein Bett!“ Das Grinsen auf dem Gesicht des Löwenhexers schien darauf zu zielen, dass seine Freunde damals in den Gassen von Brüggenau so etwas nie hatten.
„Und ein eigenes Zimmer.“ Immer noch schwang Stolz in seiner Erzählung mit. Dann wurde sein Gesicht finster.
„Aber den Preis musste ich zahlen - und dieser Preis war immer und immer wieder auf die Probe gestellt zu werden. Gifte und andere Dinge zu schlucken - krank zu werden. Teilweise wochenlang im Bett hinzuvegetieren. Letztlich war es die Vorbereitung auf die Kräuterprobe, wo man allerhand alchemische und mutagene - d.h. erbgutverändernde - Stoffe verabreicht bekommt. Diese Kräuterprobe verändert den Körper, damit man nicht so schnell verblutet und eine bessere Regenerationsfähigkeit hat. Aber auch bessere Reflexe oder zum Beispiel verbesserte Sicht im Dunkeln oder ähnliches.“
Der Jäger nahm einen Schluck aus seinem Becher, bevor er weitersprach. Seine Stimme war monoton geworden, irgendwie statisch.
„Nur einer aus zehn überlebt die Kräuterprobe. Da Alberad keine anderen Schüler hatte, würde ich sagen, dass er auf das richtige Pferd gesetzt hat. Nach zehn Wochen war ich wieder auf dem Damm und hatte keine Fieberfantasien mehr. Jedenfalls hat danach das eigentlich Training so richtig begonnen. Die Fähigkeiten des neuen Körpers kennenlernen und Wissen über die Monsterjagd aneignen.“
Sein Gesicht verfinsterte sich noch weiter.
„Also haben wir geübt - jeden verdammten Tag lang. Schwertkampf, Theorie in Monsterkunde, Grundzüge der Alchemie, Trankkunde und der Magie. Das Nutzen von Hexerzeichen, einfachen Zaubern. Aber das wurde mir nur unzureichend beigebracht.“
„Irgendwann kämpften wir gegen einen mächtigen Vampir an den Grenzen zu Turmina. Ich wurde bei dem Kampf schwer verwundet, Alberad starb dabei, weil er mir das Leben retten wollte. Ich…“ Vladim stockte kurz, „…tötete das Biest und nahm seine Fänge als Trophäe.“ Damit hielt eine Kette um seinen Hals hoch, wo vier Fangzähne aufgereiht waren.
„Aber meine Ausbildung war noch nicht abgeschlossen. Alchemie und die Hexerzeichen habe ich nur in den Grundzügen beigebracht bekommen. Und das reicht nicht, um mir Tränke zu brauen, die ich für die Monsterjagd brauche. Ich habe deshalb eine Zeitlang mit verschiedenen Alchemisten gearbeitet - aber die sind meist nur auf das Trankwissen eines Hexers scharf.“
Ein müdes Lächeln erschien auf Vladims Gesicht.
„Jetzt habe ich ein Abkommen mit einer befreundeten Hexerschule - den Greifen. Ich helfe ihnen und sie versorgen mich mit den nötigsten Tränken. Aber Vorsicht: Die Tränke der Hexer sind nicht für normale Lebewesen geeignet - wir haben gewisse Immunitäten oder Resistenzen, die hat ein normales Lebewesen nicht. Unsere Tränke sind tödlich für jene, die sie nutzen ohne Ahnung davon zu haben.“