Beiträge von Niro

    Durch den plötzlichen Ausrutscher Moclins wurde Niro beinahe zu Boden gerissen. Moclins Halsband entglitt seinen Fingern und er ruderte mit den Armen um sein Gleichgewicht zu halten. Da nagelte Moclin mit seiner Pfote Niros Schuh auf dem Boden fest. Einen Moment lang schaute Niro Moclin in die Augen, dann verlor er das Gleichgewicht und fiel rückwärts auf seinen Hosenboden.


    Niro fluchte.

    "Ja, ich habe da eine Idee. Wir haben eine Waschküche im Erdgeschoß. Wir müssen nur den Gang nach links und dann wieder die Treppe nach unten. Dort gibt es auch Handtücher", sagte Niro.


    "Hilf mir mal, falls er Ärger macht!"


    Niro krault Moclin und greift nach seinem Halsband. Dann führt er ihn den linken Gang entlang Richtung Zimmer von Niro. Als Niro dort vorbeigehen will, stutzt Moclin. Er riecht, dass dahinter ein Zimmer ist, in dem sich Niro häufig aufhält. So stark und charakteristisch ist der Geruch hier. Auch die Spur der jungen Frau, die ihn so liebvoll gekrault hat, führt dorthin.


    Will er mich jetzt zum Fressen führen, fragt sich Moclin.


    Das Gebäude ist spannend, da es so viele verschiedene Gerüche hier gibt. Viele der Zimmer riechen leer und nach kalter Feuchtigkeit. Bei anderen kriechen warme Gerüche unter dem Türschlitz hindurch. Der Hauptgeruch besteht aus verbranntem Holz. Alle Räume in diesem Trakt riechen "männlich", bis auf Niros Zimmer, dass ein wenig nach der netten jungen Frau riecht. Ein weiteres Zimmer riecht nicht ausschließlich männlich. Dessen Geruch ähnelt einer Mischung aus frischem Schweiß, dem einer läufigen Hündin und etwas fischigem. Moclin stößt ein kurzes Jaulen aus. Moclin hätte zu gerne die Tür aufgestoßen, aber Niro - und inzwischen auch Fianna bugsieren ihn eine weitere Treppe nach unten. Hier wird der Geruch eindeutig weiblicher. Im Erdgeschoss mussten die Frauen wohnen. Mehrere leckere Gerüche nach gekochtem Essen krochen den Gang entlang. Das war überhaupt der Grund, warum Moclin bisher gefolgt war. Frauen schienen mehr vom Essen zu verstehen, als Männer. Moclin lief das Wasser im Maul zusammen.


    Anstatt dem Gang zum Fressen zu folgen, stieß Niro eine schwere Holztür auf. Der Raum dahinter war sehr warm und feucht. Die Fenster sind beschlagen. Ein großer Kachelofen steht in einer Ecke. Es roch nach Seife. Ein sehr unangenehmer Geruch - wie Moclin fand. Der Raum hat einen weiteren Ausgang, der nach draußen auf die Straße führt und eine Tür auf der rechten Seite. Im Raum stehen mehrere große Zinkwannen, Waschbretter, Eimer und Holzbänke. In einer Wanne mit Seifenwasser sind Kleidungsstücke eingelegt. Die übrigen Wannen sind leer. Der Kachelofen erwärmt Wasser, welches sich seitlich entnehmen lässt. Im Boden gibt es Abflüsse. Die Tür fällt hinter Fianna, Moclin und Niro wieder ins Schloß.


    "Fülle ein wenig warmes Wasser in einen Eimer und schnappe Dir den Schwamm und die Seife. Rechts, hinter der Tür ist ein Nebenraum mit frischer, zusammengelegter Wäsche: Handtücher, Betttücher und so etwas", sagt Niro zu Fianna. "Ich versuche derweil Moclin festzuhalten."

    Niro roch für Moclin irgendwie staubig... nach altem, staubigen Papier. Seine Hände rochen stark nach Tinte. Es hafteten auch einige schwarze Tintenflecken daran. Dem Geruch nach zu urteilen hatte sich Niro heute nur von Brot, Butter, Käse und Tee ernährt. Die letzte carnivore Mahlzeit schien schon etwas her zu sein. Wie enttäuschend! Außerdem haftete ein seltsamer Geruch an Niro, der auch von manchen dieser seltsamen Gestalten mit spitzen Hüten ausging, die manchmal den Zaunkönig besuchten. Diese Leute führten immer viele kleine Beutelchen mit sich herum, die diese Gerüche trugen. Niro trug nur einen roten Beutel mit Franzen, aber der roch metallisch. Sein weißes Hemd hatte keine Taschen. Das einzige, was halbwegs aufregend roch, war Niros Lederhose. Das WAR zumindest mal ein Tier. Sie roch nach Schweiß vermischt mit Feuchtigkeit und Straßendreck. So sehr sich Moclin auch bemühte, die Taschen der Lederhose waren seiner Schnauze nicht zugänglich, da sie zu eng waren. Die rechte Hosentasche roch nach Tierfett. Er sah ein flache, dosenförmige Ausbeulung dort. An Niros Schuhen klebten winzige Überbleibsel der Duftmarken einiger anderer Hunde, etwas Pferdeäpfel und Hühnerkot.


    "Ja, braves Hundchen!", sagte Niro.


    Er versuchte Moclin zu beruhigen, tätschelte ihn und hielt seinen Kopf mit beiden Händen fest, während er ihm die Ohren kraulte.


    "Ich glaube, es war ein Fehler, dir damals etwas zu Fressen zu geben...", seufzte Niro.


    Es wäre ja nicht so schlimm gewesen, wenn Moclin nicht nach "nassem Hund" gestunken hätte.


    "Was sollen wir ihm nur anbieten? Ich glaube, ich habe gar nichts - bis auf trocken Brot und Rotwein. Aber vielleicht sollten wir ihn erst einmal mit nach oben nehmen. Er ist ja ganz nass und es ist so kalt draußen..."


    Damit drehte sich Niro um, mit dem Vorsatz, die Treppe wieder hochzusteigen.

    "Äh... ich glaube, ich kenne diesen Hund!", sagte Niro, während er hilflos versuchte die Advancen abzuwehren und Moclins Zunge auszuweichen.


    "Der hing neulich im Zaunkönig herum und ist das Maskottchen der Garde. Heißt, glaube ich, Moglin oder so."


    Plötzlich lacht Niro.


    "Der gute Moclin hat sich neulich an Talinors Schuhen gütlich getan... Also pass auf, was er in Beschlag nimmt. Was will er nur hier? Kennst Du Ihn?"

    "Ich weiß nicht... Ich erinnere mich eigentlich auch an keine Hunde im Speziellen. Bis auf den einen Unsichtbaren, den mal jemand spazieren geführt hat - allerdings war da letztlich gar nicht sicher, ob das überhaupt ein Hund war. Klar, ab und zu streichelt man mal einen... Ich kann mir kaum vorstellen, dass hier etwas passiert ist, aber vielleicht ist es doch besser, mal nachzusehen. Wir können unter diesen Umständen uns ohnehin nicht auf den Unterricht konzentrieren."


    Damit gingen Fianna und Niro über den Flur und die Treppen nach unten zur Eingangstür. Als sie sich der Tür näherten, wurde das Bellen immer lauter und aufgeregter.


    "Hmmm... Er reagiert auf uns. Oder er will herein, weil hier sein Herrchen oder Frauchen wohnt. Seltsam. Ich weiß nicht, ob Hunde hier zugelassen sind. Aber vielleicht gehört er auch dem Verwalter... Nein, dass kann nicht sein. Der hätte ihn schon hereingelassen. Nun, wir werden es nicht herausfinden, wenn wir hier weiter untätig herumstehen"


    Damit öffnet Niro die Tür.

    "Was ist das nur für ein Bellen draußen?", fragte Niro.


    Er ging zum Fenster und lugte hinaus.


    "Das ist ja seltsam... Es ist schon etwas dämmerig, aber ich glaube vor dem Eingang steht ein Hund auf den Hinterläufen und bellt. Hast Du einen?", fragte Niro Fianna.

    <<< Die Akademie zu Renascân (2)


    Gerade als er in die Unterstadt hinunterstieg, sah er Fianna vor sich. Er beeilte sich und holte sie kurz vor dem Wohnheim ein. Fianna steckte voller Begeisterung und wirkte glücklich. Niro ließ sich davon anstecken. So kamen sie gemeinsam am Wohnheim an. Erst als Niro Kylmir Doyle im Hausflur sah, kam ihm kurz der Gedanke, dass allzuviel Vertrautheit mit seiner Schülerin (die gemeinsame Ankunft) und das begeisterte Lachen möglicherweise nicht ganz so harmlos auf den Verwalter wirken mochten. Kurzzeitig erstarb Niros Lächeln, dann grüßte er wieder höflich lächelnd und murmelte etwas von "zweiter Lehrstunde". So drückten sich die beiden an dem Verwalter vorbei und betraten schließlich Niros Kammer.


    Flugs holte Niro eine Gänsefeder und ein Tintenfaß hervor und stellte es an den Rand des Tisches. Dann ließ er sich von Fianna ihre Hausaufgabe zeigen. Leider zeigte sich, dass Fianna einige seiner originalen Buchstaben verwischt hatte, so das nun etwas fehlte... Statt
    "IN AN NA ANNA INA NINA" stand nun
    "IN AN VA VNA INA NINA" da.


    "Hmmm... Es ist etwas verwischt", sagte Niro.


    Mit einer Kreide ergänzte er die fehlenden Striche.


    "Du hast es gut gemacht! A, I und Nnnnn schreibst Du schon ganz ordentlich. Da das Nnnnn halb weggewischt war, hast Du hier eine Art Pfau geschrieben. Mal mit längerem Querstrich, mal mit kürzerem, so dass es wie ein spiegelverkehrtes Häkchen aussieht. Nun, das macht nichts...


    "Was, glaubst Du, steht hier", fragte Niro und zeigte auf das erste Wort.

    Schließlich füllte sich der Hörsaal in der letzten Minute. Morgaine kam zusammen mit Meanor. Keine Zeit - mal alleine miteinander zu reden.


    Der Unterricht war... interessant. Es handelte sich um eine Theoriestunde zur Astralen Sicht. Niro legte sein bisher gelerntes Wissen zu diesem Thema dar: Leben und Magie besitzen eine farbige, nebelartige Aura. Je stärker die Magie, desto leuchtstärker erscheint die Aura. Magie wirkt von den Formen her "künstlicher" als lebende Auren. Schwarze Magie wirkt dunkel - saugt vorhandene Energien ab.


    Aber es zeigte sich, dass die Astralebene teilweise von Magier zu Magier - je nach Magierichtung - unterschiedlich wahrgenommen wird und es sogar Bardenmagier gibt, die quasi ihre Umgebung astral hören können und die schwingende Magie für sie wie Musik oder Töne klingt.


    Nach einigen, weiteren Unterrichtsstunden verbrachte Niro seine Nachmittagsstunden in der Bibliothek um das Gelernte zu vertiefen und Hausaufgaben zu lösen. Dann machte er sich auf den Weg nach Hause.


    >>> Das Wohnheim der Akademie

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    Tage später...
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    <<< Dorfplatz


    Niro kommt vom Dorfplatz und betritt die Akademie. Er betritt den Unterrichtsraum. Es sind schon ein paar Studenten anwesend, die er nickend grüßt. Er meidet den Augenkontakt mit Gerald Bourkelaans, dem Studenten, mit dem Morgaine einen Streit hatte.


    Morgaine ist noch nicht zu sehen. Ebenso wenig Eléna.

    Niro winkte zurück und drehte sich wieder um, um ins Wohnheim zurück zu gehen. War da nicht eine Bewegung hinter dem Fenster des Verwalters gewesen?


    In seinem Zimmer angelangt, wendete er sich seinen Büchern zu und vertiefte sich darin. Schließlich musste er herzhaft gähnen. Es war spät geworden. Er freute sich schon auf den nächsten Tag in der Akademie.


    >>> Dorfplatz

    Niro lächelte.


    "Und Du warst eine gelehrige Schülerin", sagte er. "Ich freue mich auf Deinen nächsten Besuch um dieselbe Zeit. Als Hausaufgabe gebe ich Dir diese Tafel mit.


    Niro kritzelt schnell den oberen Rand der Tafel voll.


    IN AN NA ANNA INA NINA


    "Schreibe die 6 Wörter ab, bis sie gut aussehen und versuche zu erraten, was sie heissen. Du kennst alle verwendeten Buchstaben bereits. Pass auf, dass Du meine Buchstaben nicht verwischt. Nächstes Mal werde ich Dir auch beibringen, wie man mit Feder und Tinte schreibt."


    Niro geleitet Fianna nach draußen.


    "Falls Ihr Begleitung durch die Unterstadt wünscht, stehe ich Euch zur Verfügung - ansonsten wünsche ich eine gute Nacht - bis zur nächsten Stunde."

    "Ich antworte man besten mit einer Gegenfrage: Kannst Du Dir merken, wie Worte ausgesprochen werden? Klar! Und da Du weiß wie man sie spricht, kannst Du sie nach einiger Übung bei mir auch in Buchstaben zurückverwandeln - weil Du mit Buchstaben die Laute des jedes Wortes, was Du sprechen kannst, auch hinschreiben kannst...


    Fangen wir also mit Deinem Namen an. Ich schreibe ihn Dir hier in Großbuchstaben auf die Tafel.


    Ffff Iiiii Aaaaa Nnnnn Aaaaa


    F I A N N A


    Weil's so schön ist, schreiben wir das N bei Dir gleich zweimal. Scherz beiseite: Wenn man Deinen Namen langsam ausspricht "Fian - na" merkt man mit etwas Übung, dass zwei N drin versteckt sind. Sonst wäre die Betonung auf dem ersten A, und Dein Name ist ja nicht "FIA-NA" sondern "FIAN-NA. Genug der Worte. Versuche mal meine Buchstaben, direkt darunter abzumalen. Nimm ruhig die Tafel. Pergament ist teuer. Da schreibe ich Dir die Hausaufgaben auf und die wichtigen Sachen. Wenn Du nur übst, machen wir das auf der Tafel."


    Niro zeigte Fianna, in welcher Zeichenrichtung und Reihenfolge man die einzelnen Striche der Buchstaben am besten malt.


    "Erst die Kreide links unten ansetzen, dann nach oben. Stop, jetzt ein wenig nach rechts. Nein, das andere rechts... Ja, so... Und jetzt noch ein Strich in der Mitte vom senkrechten Strich nach rechts, aber nicht so weit, wie der obere... Ja und fertig ist das Fffff!"


    So ging die erste Stunde dahin. Erst waren die Buchstaben sehr krakelig, aber mit zunehmender Übung wurde es immer besser.


    "So, jetzt habe ich zwei Fragen:


    1. Wieviele verschiedene Buchstaben - also verschiedene Zeichen - kommen in Deinem Namen vor? Das ist nämlich die Anzahl der Buchstaben des Alphabets, die Du jetzt schon kennst.


    2. Gibt es irgendeinen kurzen Namen oder ein Wort, welches Du das nächste Mal lernen möchtest? Falls es passt kann ich Dir den Wunsch erfüllen.

    "Anstrengend? Ja und nein. Es ist total interessant und von da her merkt man gar nicht, dass es auch anstrengend ist. Du kannst Dich hier auf den Stuhl setzen und am Tisch schreiben. Warte, ich mache die Lampen an...", sagt Niro.


    Er geht zum Tisch, hält eine Hand über die Kerze, fährt mit der anderen darüber und murmelt etwas. Mit der nun brennenden Kerze zündet er die Öllampe und Laterne an. Mit der Kerze geht er zum kleinen Ofen und zündet auch diesen an, so dass sich langsam eine behagliche Wärme verbreitet.


    "Der Vorteil des kleinen Zimmers ist, dass es auch schnell warm wird."


    Dann holt er aus der Truhe - in der ein ziemliches Durcheinander herrscht - eine Tafel und ein Stück Kreide und ein paar Pergamente hervor auf denen in großen Lettern das Alphabet mit Pfeilen an den Buchstaben zu sehen ist.


    "Ich habe etwas für den Unterricht vorbereitet. Damit Du schon einmal weißt, was wir Dir in den nächsten paar Monaten beibringen werden: Dies ist das sogenannte Alphabet: Es gibt 30 Buchstaben - wenn man die Umlaute mitzählt. Einmal als Kleinbuchstaben und einmal als Großbuchstaben geschrieben, wie man das nennt", er hält zwei Zettel hoch.


    "Du musst also nur so um die 60 verschiedene Schriftzeichen auswendig lernen. Dazu kommen noch 10 Zahlenzeichen. Wie kann man in einer Sprache mit so vielen Wörtern mit so wenig Zeichen auskommen - fragst Du Dich vielleicht. Nun, das ist ein Trick... Jeder dieser Buchstaben steht für einen Laut, z.B. Aaaa, Eeee, Iiii, Oooo, Uuuuu, die sogenannten Selbstlaute. Oder auch z.B. Fffff, sssss, ttttt, nnnnn, mmmmm, die sogenannten Mitlaute. Manchmal bilden auch mehrere Buchstaben einen neuen Laut, z.B. "sch", was aus drei Buchstaben besteht..."


    "Ein Wort wird also einfach dadurch geschrieben, in dem man die Buchstaben aneinander reiht, die für die Laute stehen, aus denen das Wort zusammen gesetzt ist. Man dies meist einfach herausfinden, in dem man das Wort gaaaaaanz laaaangsaaaam ausspricht."


    "Zum Beispiel besteht das Wort Mama aus den Lauten Mmmm aaaaa Mmmmm aaaa, schneller ausgesprochen also Mmmmaaammmaaa. Oder
    Nnnnnn iiiii rrrrr ooo für Niro."


    "Ich werde Dir zuerst beibringen, wie man Deinen Namen schreibt. Das kannst Du am Anfang am meisten gebrauchen und es wird Dich vielleicht begeistern, wenn Du dies jemanden zeigen kannst."


    ...

    Niro war sichtlich erleichtert. Er hatte schon damit gerechnet, Bestechungsgeld zahlen zu müssen - obwohl, eigentlich traute er das Kylmir nicht zu. Der Mann schien sehr integer zu sein.


    "Keine Sorge, es handelt sich um Unterricht, wie gesagt... Vielen Dank", sagte Niro und führte Fianna die Treppen hinauf zu seinem Zimmer.


    Auf dem Weg ging Niro durch den Kopf, dass man "Unterricht" natürlich auch anders definieren konnte... Immerhin war Fianna ein ausgesprochen süßer Käfer. Kein Wunder, dass Kylmir gehüstelt hatte. Aber das vertrug sich nicht gut mit seiner Berufsehre - und überhaupt eine Schülerin - undenkbar!


    ...weil die Wände hier so dünn sind, dass jeder mithören könnte, fügte eine zweite, innere Stimme in Niro hinzu, die er manchmal in solchen Situationen hörte, wenn sie versuchte, ihn zu irgendetwas Dummen oder besonders Riskanten zu überreden.


    Niro schob den Gedanken beiseite und öffnete die Tür zu seinem Zimmerlein. Die Grundeinrichtung bestand aus einem Bett mit mehreren, dicken Decken und mit Stroh ausgestopftem Kopfkissen, einem Tisch mit Stuhl, einer Truhe an der Wand, einem Regal und einem sehr kleinen Ofen.


    Auf dem Tisch standen eine kleine Öllampe, eine Öllaterne und ein Kerzenständer, eine Haltung mit Glasfeder, sowie drei Tintenfäßchen in schwarz, blau und rot. Außerdem lagen dort ein paar beschriebene und leere Pergamente sowie ein dicker Foliant, der aufgeschlagen war und dem Titel nach eine geschichtliche Beschreibung eines Landesteiles von Magonien enthielt.


    Das kleine Regal war mit Büchern und Manuskripten gefüllt. Auch eine ca. 10 cm dicke, durchsichtige, grüne Kugel mit abgeflachtem Fuß lag im Regal. Ob sie eher als Briefbeschwerer oder als Bücherständer eingesetzt wurde war nicht zu erraten.


    An Haken an der Wand hingen ein Gambeson, ein braunes Hemd und ein Lederwams. Ein Holzstab mit violettem Leuchten am oberen Ende lehnte an der Wand. Neben dem Bett stand eine Kanne und eine Schüssel (um sich zu reinigen).


    Es wirkte alles sehr eng, klein und einfach.


    "Dies ist mein Reich!", sagte Niro stolz.

    <<<--- Haus der Merquatores Schwestern


    Da trat Niro, schwer beladen mit Büchern durch die Tür des Wohnheim.
    Mittlerweile war das Kartoffelfest vorbei und sein Abenteuer bei den Merquatores Schwestern lag einige Tage zurück.


    Ein Lächeln erhellte sein Gesicht, als er Fianna sah.


    "Oh, hallo! Darf ich sie miteinander bekannt machen? Das ist Fianna, eine Schülerin von mir, die die Schrift erlernen will.
    Und das ist Kylmir Doyle, der Verwalter dieses Wohnheimes."


    Er wendet sich an den Verwalter:
    "Fianna zahlt für den Unterricht und ist sozusagen meine bescheidene Einkommensquelle, damit ich mein Studium finanzieren kann.
    Ich hoffe es macht keine Umstände, wenn ich Ihr hier im Wohnheim Unterricht gebe? Die Bibliothek ist um die Zeit geschlossen und im Zaunkönig... nun ja, das ist auch nicht der richtige Ort zum Lernen..."

    Aufatmend verließ Niro das Haus der Schwestern in Richtung Wohnheim. Es war spät geworden. Zu spät um Morgaine noch zu besuchen und zu schauen, ob es Ihr schon wieder besser ging.


    Er würde dieses "Kartoffelfest" besuchen, von dem er im Zaunkönig gelesen hatte und seine Studien an der Akademie aufnehmen...


    >>>>> Wohnheim der Akademie

    Mit hochrotem Kopf löste sich Niro von Felizitas und half Ihr dann auf.


    "Ähem..."


    Er sammelte seine verbleibenden Gegenstände ein und verpackte sie wieder vorsichtig in der Tasche. Auch der runenverzierte Ball wanderte wieder hinein.


    "Äh, vielen Dank, zu freundlich. Nein kein Zucker, danke", sagte er zu Cecilie und nahm die Tasse entgegen, ehe ihm einfiel, dass ihn das nur noch länger in diesem Haus festhalten würde. Zu spät!


    "Sie betreiben hier eine Zeitung?", fragte er und nippte an dem Tee.

    Niro mühte sich nach Kräften, Cecilie wieder auf die Beine zu bringen - sie hatte beide Arme um seinen Hals geschlungen, hing schwer wie ein Klotz an ihm, erwürgte ihn fast und ihr Kopf war seinem Gesicht sehr nahe. Da plumpste Felizitas neben ihm zu Boden.


    Er musste lächeln: Diese Tolpatschigkeit kam ihm irgendwoher bekannt vor. Es machte die Schwestern fast sympatisch. Cecilie hing so schwer an ihm, schien sich an seinem Hals hochziehen zu wollen - machte sie das mit Absicht? - dass er seitlich ausweichen musste, um sie besser zu stützen und selbst nicht umzufallen. Dabei übersah er die starke Welle im Teppich, die Felizitas Sturz hochgerissen hatte. Aber er war ja kein Topatsch und wich wieder seitswärts aus, um nicht zu stürzen. Das wäre auch fast gelungen, wäre er nicht am die Welle verursachenden Schuh Felizitas hängengeblieben. Zusammen mit der Hebelwirkung des Gewichtes von Cecilie, riss ihn das von den Füssen. Rückwärts fiel er auf Felizitas, und auf ihn fiel Cecilie.


    Niro verschwand zwischen den schimmelfarbenen und parfümierten Röcken der Schwestern - eingeklemmt zwischen ihnen.


    Ein Glück, dass es keine Zeugen gibt, dachte Niro.

    Niro war hin- und hergerissen. Einerseits wollte er eben noch weglaufen, andererseits gebot der Anstand eines Gentlemans, der Dame aufzuhelfen.


    So trat er einen Schritt auf sie zu, überlegte es sich dann doch anders (erinnerte Ihn das nicht irgendwie an das Verhalten einer der Schwestern?) und hob stattdessen die Brille auf. Die dicken Gläser waren wie Lupen. Sie waren fettig, und Schweiß, Schuppen, Staub und ein Haar hing daran. Konnte man da überhaupt durchschauen? Er fasste sie mit spitzen Fingern an. Andererseits waren nicht alle Brillen so? Alle Leute, die er kannte und eine trugen, setzten sie ständig ab, um sie zu putzen.


    Dann schaute er Cecilie an. Ihr vorheriges, gruseliges Aussehen kam eigentlich nur davon, dass die Brille Ihre Augen so stark vergrößert hatte. Ohne die Brille wirkten Ihre Augen ganz normal...


    Reiß Dich zusammen, Niro, dachte Niro. Eben war sie noch das Ungeheuer in Person. Schau Dir doch nur diese Farbkombination der Kleidung an!


    Seit wann interessieren Männer sich für Farbkombinationen von Kleidungen?, fragte eine andere Stimme in Niro.


    Er trat zu Cecilie und half ihr auf. Irgendetwas schien etwas mit seinem Verstand nicht zu stimmen. Eben hatte er noch eine Heidenangst - und jetzt? Lag das an dem Parfüm? Welches Parfüm überhaupt? Hatte sich seine Nase daran gewöhnt oder war eine dem Baldrian ähnliche Wirkung darin, die ihn nur einlullte? Er kicherte nervös.