Beiträge von Anderer Magonier

    Recht gleichzeitig mit Teela tauchten zwei Männer an der Tür der Schwestern auf. Sie waren schon von weitem zu erkennen als Gardisten. Sie waren gekleidet in die blauschwarzen Wappenröcke und hatten den unvermeidlichen Prügel an der Seite.
    Beide trugen ein schwarzes Barett auf dem Kopf und sahen recht förmlich aus. Sie musterten Teela aufmerksam, der Ältere nickte ihr zu


    "Den Fünfen zum Gruße, die Dame." und klopfte dann ebenfalls.

    Monate später fand man den Boten unter mysteriösen Umständen verstorben auf. Er wurde schon längere Zeit vermisst.


    Die Leiche wurde stark verwest auf einem nicht benutzten Speicher gefunden. Daher konnte man die Todesart nicht mehr genau feststellen, aber es gab ein paar Indizen.


    • Die Leiche war sehr dünn und lag zusammengesunken an einer Wand.
    • Ihr linker Unterschenkel und die rechte Schulter waren gebrochen.
    • Es gab mehrere glatte Wunden an ihren Unterarmen.
    • Ihr Kopf hatte eine verkrustete, entfernt kreisförmige Abschürfung.
    • In der Nähe der Leiche wurde mehrere, große, etwa kopfgroße Flecken mit Schimmelpilzen am Boden gefunden.
    • Alle Schaben oder Leichenkäfer die bei ihr gefunden wurden, waren tot.
    • Außerdem fand man ein kleines Messer mit abgebrochener Klinge - ob es seins war konnte nicht geklärt werden. Die Klinge klemmte tief zwischen zwei Bodenbrettern, mit der stumpfen Seite nach oben.
    • Ein Stuhl mit zerbrochenem Bein und ein Eimer lagen daneben.
    • Von der Decke hing ein abgerissener, dünner Faden.
    • Die Fensterläden des Speichers und die Tür wiesen Beschädigungen auf.
    • Die Tür zum Speicher war (von außen) mit einem Holzkeil verkeilt, in dessen Spitze ein Nagel eingeschlagen war.


    Man befragte mehrere wichtige Personen in Renascân, die häufiger Briefe erhalten. Sehr viele kannten den Boten, aber es konnte nicht mehr genau geklärt werden, welche Botengänge er an seinem letzten Tag wo er noch lebend gesehen wurde, gemacht hatte.


    Die Merquatores Schwestern brachten einen winzigen Artikel im Landboten über den "Tod eines Boten", in dem aber keine Details genannt wurden.


    Aber Waschweib Lene, die "noch an dem Tage, als er ermordet wurde" mit dem Boten gesprochen hatte, war bestens informiert. Und so verbreitete sich die Geschichte verbreitete wie ein Lauffeuer in der Stadt...


    Lene rief dazu auf, das Rätsel um den Mord am Boten zu lösen. Bald kursierten die wildesten Erklärungen, wie es abgelaufen sein musste.

    "Gnihihihi..." kicherte der eine mit hochrotem Gesicht und stipfte seinen Kumpan neben sich an. "Da hat er... gnihihihi... und ich hab die Laterne...hihihihi..."


    Mit offenem Mund starrte ein anderer die beiden an.


    "Ihr habt was?" fragte er ungläubig.


    Mit Lachtränen in den Augen und ein wenig japsend nickte der andere.


    "Jahaaaa, wir haben. Also er hat. Ich hab nur die Laterne... gnihihihi.."


    Dann fing ihr Gegenüber dröhnend an zu lachen und schlug sich auf die Schenkel.


    "Der wird euch kielholen, wenn er das rauskriegt. Ihr seid doch total bescheuert. Hahahahaaaa!!"

    Die Geburt war schwer gewesen, doch jetzt hielt die Bäuerin einen kleinen, gesunden Jungen in ihrem Arm. Sie war zwar völlig geschafft, die Haare klebten an ihrer Stirn und sie hatte das Gefühl nie wieder laufen zu können, doch der kleine Krümel in ihrem Arm entschädigte sie für alles und ließ die Schmerzen der vergangenen Stunden in den Hintergrund rücken. Vorsichtig streichelte sie dem kleinen Bündel über das gerötete Gesicht und drückte sanft ihre Lippen auf die winzigen Finger. Liebevoll betrachtete sie ihren Nachwuchs.


    Ihr Mann und Vater des kleinen Wonneproppens stand neben ihr und wusste scheinbar noch nicht so genau, was er sagen sollte. Seine schwielige Hand lag auf der Schulter seiner Frau. Ohne den Blick von dem Bündel zu wenden, fragte er


    "Wie willst du ihn nennen?"


    Sie lächelte glücklich.


    "Brian. Sein Name soll Brian sein."

    Am Strand entlang geht eine zierliche Gestalt, mit langen, dunklen, leicht gewellten Haaren. Ab und an hält sie inne und schaut aufs Meer hinaus, als würde sie auf jemanden warten. Ihre Haare und ihr Rock flattern im Wind. In ihrer Hand hält sie einen Beutel, den sie eng an sich drückt.


    Auf einem Stapel Treibholz lässt sie sich nieder. Mit von der Gischt klammen Fingern löst sie den Knoten um den Beutel. Erst holt sie eine Pfeife heraus, dann ein Barett. Ihre kleinen Hände umklammern beide Gegenstände und ihre Schultern beben, als sie bitterliche Tränen vergießt.


    "Wo bist du?" denkt sie zornig. "Wieso hast du mich so früh allein gelassen? Die ganzen Jahre... ich hätte dich gebraucht."


    Das Barett gleitet aus ihren Händen, als sie die Knie an den Oberkörper zieht und ihr nasses Gesicht darin birgt.


    "Heute habe ich Geburtstag." denkt sie. "Du solltest bei mir sein. Bei mir und Mutter. Du solltest mich in den Arm nehmen und sagen, dass du mich lieb hast. Dass ich so groß geworden bin."


    Mit einer zornigen Bewegung schleudert sie die Pfeife in die Gischt, in der sie sofort verschwindet. Und schon im nächsten Augenblick springt sie auf und rennt dorthin, wo das Stück versunken ist. Bis zu den Knien steht sie im heranrollenden Meerwasser und bald ist sie komplett durchnässt. Doch am Ende findet sie doch das geliebte, so gehasste Stück. Hastig steckt sie es wieder in den Beutel zurück und sammelt auch das Barett auf.


    Tia hat heute Geburtstag. Doch seit ihr Vater tot ist, hat sich ihre Mutter verschlossen. Heute feiert niemand mit Tia.

    Messer zuckte mit den Schultern


    "Wer weiß das schon, woher das kommt? Wäre es so einfach aus der Welt zu schaffen, dann wär sicherlich schon jemand drauf gekommen. Irgendjemand, der mehr davon versteht als du oder ich. Das ist kein Lagerfeuerchen, das man so einfach mit einem Eimer Wasser löschen kann. Naja...hoffen wir, dass es was anderes war, das mit dem Viech. Mehr können wir eh nicht machen..."

    "Ja...wenn's hier losgehen würde, dann sind die Tore dicht. Aber machen wir uns nix vor, welches Schiff würd' uns dann noch ansteuern? Fisch gäb's dann nur solange, bis es die Fischer erwischt. Wenn es erstmal angefangen hat, ist es wohl nicht mehr aufzuhalten. Wenn wir hier drin eingepfercht sind, ist es nur eine Frage der Zeit. Am Ende sollen sie wie von Sinnen gewesen sein, teilweise gelähmt hätten sie um sich geschlagen, die Gesichter zu Fratzen verzerrt, Wahnvorstellungen, nicht mehr fähig ein Auge zuzumachen. Die sind alle verrückt geworden, manche hätten sich gegenseitig totgeschlagen, ihre Dörfer verbrannt...und man munkelt sogar, dass sich manche über die Menschen hergemacht haben, um sie zu fressen. Auch über solche, die noch gelebt haben. Raserei...Gerion...Raserei."

    Dass der Hirsch ihn entdeckt hat, könnte ihm zum Nachteil gereichen. Noch immer drückt er sich in das Unterholz und wittert in den Wind. Der Hirsch wäre wahrlich zu große Beute für ihn gewesen. Doch eines der Ferkel käme ihm grade recht. Er müsste nur die Bache von ihnen trennen.


    Das Verhalten des Hirsches hat die Bache aufgeschreckt. Aufmerksam sichert sie in alle Richtungen. Doch der Wind steht günstig für ihn und sie wittert ihn nicht. Ihre Augen scheinen zu schlecht zu sein, als dass sie ihn erkennen könnte. Die Lage scheint ihr nicht geheuer. Mit einem leisen Grunzen gibt sie ihren Ferkel zu verstehen, dass sie die Lichtung verlassen will. Die Kleinen huschen ohne einen Ton von sich zu geben ihrer Mutter hinterher.


    Der Wolf sieht seine Chance schwinden. Sein Puls erhöht sich und unwillkürlich spannt er die Muskeln an seinem mageren Leib an. Die Bache könnte ihn töten, weiß er. Doch wenn sie es nicht tut, dann würde es der Hunger bald darauf tun.

    Messer setzte sich auf die Liege gegenüber


    "Gesehen hab' ich's noch nie mit eigenen Augen, aber gehört davon. Zuhause, da hat man sich erzählt, dass es drei Täler weiter losgeschlagen hat, zur Zeit von meinem Großvater. Es hat ganz langsam angefangen, erst nur einzelne, dann mehrere...dann dann wie ein Lauffeuer. Manche haben probiert, in die Nachbardörfer zu flüchten, und kurz danach ging's dann auch dort los. Am Ende, hat mir mein Großvater erzählt, hat man am Ende vom Tal und oben auf den Pässen schon mit Bögen und Armbrüsten gewartet, und sobald jemand sich genähert hat, der nicht umkehren wollte,...naja, du weißt schon. Überall hätte man große Kessel aufgestellt, um dort Öl anzuzünden, hat er erzählt, wo man noch Sachen reingemacht hat, damit der Qualm die Krankheit nicht heranlässt. Muss schlimm gewesen sein. Scheinbar fängt's mit ganz harmlosen Schmerzen an, wie Muskelkater...dann fängt's an, dass manche Stellen taub werden, während andere weh tun, als wenn man hunderte von Nadeln reinstechen würde. Naja, und dann kommt's scheinbar schlimmer."

    Einer der Späher, mit denen Gerion noch nicht so viel zu tun gehabt hatte, kam herein. Von den anderen wurde er immer nur "Messer" genannt, Gerion hatte keinen Ahnung, wie er wirklich hieß


    "Na, du Wildschweintöter? Beim nächsten Mal suchst du besser ein Viech aus, dass man auch fresse kann!"


    Der Pfeil in Gerions Händen betrachtete er etwas misstrauisch.

    "Die kosten nix? Im Ernst? Ja, das nenn ich doch auch mal, nenn ich das doch!"


    Jeder der Männer nahm sich zwei Brötchen, und beide bissen zeitgleich herzhaft hinein


    "Ja, dann mal besten Dank den edlen Spendern!"


    "Ja, danke! So arbeitet sich's gleich besser!"


    Nach und nach kamen auch die anderen Arbeiter - es waren nicht wirklich viele - heran und versorgten sich.

    Zwei kräftige Männer mit verschwitzten und staubigen Gesichtern, legten ihr Werkzeug beiseite und kamen heran


    "Frische Brötchen? Na, das nenn ich doch mal, nenn ich das doch!"


    "Ich zwei und der Falk auch zwei, tät ich sagen. Was kosten die?"

    In der Bibliothek ist es so leise, dass man nur das gelegentliche Rascheln beim Umblättern der Bücher hört, das die drei Studenten machen bei ihren Nachforschungen.


    Eine junge Frau mit langen braunen Haaren blickte kurz von ihrem Buch auf, kräuselte die Nase und widmete sich dann wieder dem Buch.

    Aus einer anderen Richtung tritt ein Hirsch auf die Lichtung. Majestätisch hebt er den Kopf mit dem prächtigen Geweih ins Licht der noch schwachen Wintersonne. An der Rotte stört er sich nicht, als ob er sich als König des Waldes sähe und dem niederen Volk der Wildschweine keine Beachtung schenken müsse.
    Doch plötzlich wirft er sich herum und verschwindet mit großen Sprüngen im Wald.

    Zuerst richten sich nur die Ohren auf, dann hebt die Bache den Kopf. Irgendetwas ist anders. Mit einem warnenden Grunzen ruft sie ihre Ferkel zu sich. In nur wenigen Augenblicken haben die Ferkel sich um sie versammelt und drücken sich mucksmäuschenstill in die noch vom Tau feuchte Erde um möglichst wenig aufzufallen.

    Der Rüde folgt der Witterung bis seine Sinne ihm sagen, dass er nahe gekommen ist. Der Wind weht ihm entgegen - Gut für ihn, schlecht für die kleine Rotte.


    Jetzt setzt er die Pfoten vorsichtiger auf den weichen Waldboden und nähert sich langsam der Lichtung. Bevor er ins Licht tritt, schiebt er sich geräuschlos unter einen Busch und nimmt das Bild in sich auf, das sich ihm bietet.

    Grunzend wühlt sich die Bache durch die nasse Erde und findet tatsächlich noch ein paar Eicheln vom letzten Jahr. Ihre Frischlinge geben sich mit solchen Dingen noch nicht ab. Übermütig wuseln sie durch das hohe Gras und knabbern mal hier, mal dort am jungen Grün der Bäume und Sträucher.
    Niesend muss eines feststellen, dass Ameisen in der Nase kitzeln.

    Des Nachts liegt die Anlegestelle in Dunkel getaucht. Leise plätschern die Wellen an die Kaimauer. An sich ist jedoch alles ganz ruhig.
    Wenn man genau hinschaut, sieht man in einer dunklen Gasse zwischen zwei Gebäuden eine abgeblendete Sturmlaterne. Einige Augenblicke scheint sie dort zu verharren, dann lösen sich zwei Gestalten aus dem Dunkel und huschen hinüber zu den Schiffen. Eine kleine Kogge aus Hrayland lassen sie links liegen und nähern sich scheinbar gezielt einem bestimmten Schiff. Der Kundige würde die Asalto Ehilos erkennen, auch wenn sie im Schatten liegt.


    Leise flüsternd unterhalten sich die beiden Gestalten und schauen sich sichernd um. Einer kichert und wird vom anderen rüde angeschubst, so dass die Laterne bedrohlich wackelt. Der erste kramt in seiner Tasche und scheint fündig zu werden. Er hält nun etwas kleines helles in der Hand. Ein Stein?
    Mit einer Geste bedeutet er seinem Kumpan, das Licht etwas höher zu halten. Mit schnellen Gesten kritzelt er etwas in Augenhöhe auf die Holzfläche vor ihm. Zwischendurch zögert er kurz und fährt dann fort.


    Kaum ist das geschehen, machen sich die beiden Gestalten kichernd aus dem Staub.


    Am anderen Morgen ist folgendes zu sehen: Auf dem Bug prangt groß der mit Kreide geschriebene Schriftzug


    "Frauen sind zum pudsen da."


    Daneben ist die unflätige Zeichnung einer barbusigen Frau, die aber eine züchtige Haube trägt und einen Wischmop in der einen und einen Eimer in der anderen Hand hält.

    Die Rippen zeichnen sich deutlich ab unter dem graubraunen Fell, denn der Winter war hart. Er hat kaum Beute gefunden. Und schließlich muss man auch daran denken, dass er in den kalten Monaten Strecken zurück gelegt hat, die nicht erlaubten, zu jagen. Sein Magen knurrt und hungrig leckt er sich über die Schnauze. Seit sein Rudel ihn verjagt hat, ist Futter Mangelware gewesen. Die Jagd allein ist eben doch schwieriger als er das dachte.


    Vorgestern hat er ein unvorsichtiges Kaninchen erlegt. Doch nach diesem Winter ist das nichts weiter als ein schmackhafter Anfang. Der Frühling hält Einzug und er kann nun hoffen, wieder mehr Jagdglück zu haben. Wer weiß? Vielleicht findet er auch eine Gefährtin.


    Der Wind dreht und weht ihm einen Geruch in die Nase, der ihn aufmerken lässt. Der Geruch bedeutet Beute. Keine leichte Beute zugegebenermaßen. Aber wenn er nicht bald ordentlich was in den Magen bekommt, so spürt er, wird er nicht mehr lange stark genug sein um überhaupt zu jagen. Im leichten Trab geht er der Witterung nach.

    Eine feuchte Schnauze schnüffelt sichernd aus einem Busch hervor und scheint dann zu beschließen, dass auf der Lichtung keine Gefahr droht. Nach und nach schlüpfen fünf kleine, braune Frischlinge zwischen den Klauen der Bache hindurch auf die Wiese.
    Die Wildschweindame fragt sich derweil sorgenvoll, wo ihr Mann abgeblieben sein mag. Ob er sich aus dem Staub gemacht hat und sie nun die fünf Kleinen allein aufziehen muss? Aufmerksam beobachtet sie ihren Nachwuchs, der spielend über das nasse Gras tollt.