Beiträge von Michael de Moriba

    Sie gingen wieder hinauf an Deck zu den Damen und Michael verabschiedete sich von seiner Tochter - und auch von Flora. Doch während er Flora herzlich umarmte, fiel die Verabschiedung knapper bei seiner Tochter aus. Er war noch immer böse mit ihr.

    Michael lächelte.


    "Nein, Ihr missversteht mich. Ich meinte während der Reise. Am Hofe gehe ich sehr wohl davon aus, dass die Fürstin und andere auf sie aufpassen werden. Es beruhigt mich, dass Ihr mich versteht. Ich wünsche Euch auf jeden Fall eine gute Reise!"

    Michael lächelt ihm zu und nickt:


    "Ja, das kenne ich zu genüge. Deswegen habe ich mein letzten Schiff - die Marielle - auch etwas 'komfortabler' bauen lassen. Man wird ja nicht jünger."


    Er sieht sich in der Kabine kurz um.


    "Warum ich mit Euch sprechen wollte... ich möchte eine sehr persönliche Bitte an Euch richten. Ich wäre sehr viel erleichterter, wenn ich jemanden an Maries Seite wüsste, der... wie soll ich sagen... ein Auge auf sie hat, denn sie wird mir momentan zu sehr flügge. Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass sie soviele andere Ländereien besucht hat und dort solche Unarten aufgeschnappt hat, die sie leichtsinnig in Schwierigkeiten bringen könnten. Sie ist noch jung und unerfahren... Ich könnte einfach beruhigter schlafen. Und ich schätze Euch - habt Ihr meiner Tochter doch schon öfter beigestanden, wofür ich Euch äußerst dankbar bin."

    Nachdem Flora ebenfalls bekundet hatte, dass es ihr ein Vergnügen sei, endlich den kaotischen Ritter kennenzulernen und sich freue, mich einem solch schönen Schiff zu reisen, wurde Michael ebenfalls von Herrn Bedevere begrüßt.


    Er lächelte seinem Gegenüber an und erwiderte:


    "Ich danke Euch, verehrter Herr. Doch bevor ich Euch meine Tochter in Obhut geben möchte, möchte ich noch mit Euch unter vier Augen sprechen."

    Gleich beim Hereinkommen in sein Haus sah er seine Tochter oben an der Treppe stehen und sah sie an.


    "Nichts - wir haben sie nicht finden können! Hallo Flora, schön Dich zu sehen. Seid Ihr bereit? Wir sollten gleich aufbrechen."


    Auch wenn er müde war, wollte er seine Tochter zur 'Nebelfalke' jetzt bringen. Umso schneller war er wieder zurück und konnte sich ausruhen. Er merkte ganz deutlich sein Alter in den Gliedern.


    Flora und seine Tochter kamen die Treppe herunter. Er merkte, dass seine Tochter ihn nicht ansehen konnte. Er wusste, dass sie ein schlechtes Gewissen hatte.


    Sie bestiegen die Kutsche, die vor der Tür stand und fuhren in den Hafen. Marie schaute schnurstraks aus dem Fenster. 'Oh, Rendor - nun werde ich Dich verlassen,' dachte Marie wehmütig. Direkt vor der 'Nebelfalke' blieb die Kutsche stehen und alle stiegen aus. Man beschritt die Planke hinauf zum Schiff, wo ein Wachtposten die Damen erkannte und sie sogleich durch ließ.

    Drei Stunden später gab Michael de Moriba auf. Niemand hatte seine Nichte gesehen und zu finden war sie auch nicht.


    Er bat die Stadtwache, die Suche weiterzuführen und Augen und Ohren offen zu halten.


    Niedergeschlagen und erschöpft ging er zurück nach Hause.

    Ein Mann kam in die Taverne, den Michael schon viele Male beschäftigt hatte für gewisse Geschäfte. Leise saßen beide in einer Ecke und besprachen sich...


    Dann stand dieser Mann wieder auf und ging hinaus.


    Michael sah ihm nach. Vielleicht würde er mehr herausfinden, als er es vermochte...

    Michael war zu beschäftigt, sich anzukleiden, dass er den veränderten Gesichtsausdruck seiner Frau gar nicht bemerkte.


    Einige Augenblicke später ging er wieder hinunter, wo schon das männliche Personal versammelt war und hinaus, um Clarisse zu suchen.


    Stundenlang gingen sie jede Gasse, die hinaus aus der Stadt führte. Die meiste Zeit aber verbrachten sie im Hafen, da Marie dort aufgegriffen wurde und er den Verdacht hatte, dass Marie irgendetwas geahnt haben musste, warum sie hier nach ihr gesucht hatte. Doch je mehr Zeit verging, desto mutloser wurde er.


    Immer und immer wieder fragte er sich, warum seine Nicht weggelaufen war. Es war ihm ein richtiger Stich im Herz. Er hatte im Streit seine Schwester verloren. Sie war gestorben, bevor er sich mit ihr wieder versöhnen konnte. Als dann ihre Tochter vor ihm stand, dachte er, dass es ein Geschenk war, das ihm seine Schwester geschenkt hatte, als Zeichen ihrer Versöhnung. Dass Clarisse nun weg war gab ihm das Gefühl, er hätte wieder mal versagt und machte sich Vorwürfe. Er wollte sie doch nur behüten vor dieser kalten Welt. Rendor war klein, aber auch gefährlich für junge Damen. Er war reich und schon oft hatte man versucht, ihn zu erpressen. Der Höhepunkt dann vor über drei Jahren, als man ihm weismachen wollte, dass man seine Tochter entführt hatte.


    In der Ferne läutete Glocken zum zwölften Schlag. Es war bereits Mittag. Sie suchten seit fast sechs Stunden... Er ordnete im nächsten Rasthof eine Pause an. Seine Männer waren bestimmt ebenso erschöpft wie er und jeder musste sich kurz erholen und etwas zu sich nehmen.

    Er schüttelte mehrmals den Kopf.


    "Ich verstehe das ganze nicht. Was meint sie damit?"


    Er sah Marie an, doch diese zog nur die Schultern hoch. Sie konnte sich schon vorstellen, warum Clarisse das getan hatte und warum sie es so meinte, doch wenn sie ihrem Vater die Sache erklären würde, würde es ihn nur sehr verletzen und das wollte sie nicht. Er hatte gerade genug Kummer.


    Michael stand auf.


    "Ich werde mich nun anziehen, um mit den anderen nach ihr zu suchen. Ich hoffe ja, dass sie nicht weit sein kann."


    Dann ging er an seiner Tochter vorbei, drehte sich aber nochmal zu ihr um:


    "Und Du, junge Dame! Du wirst jetzt nach oben gehen und dort warten, bis ich zurück bin. Du hast für den Rest des Tages Hausarrest. Wenn Flora nachher kommt, werdet Ihr beide von mir persönlich zum Hafen geleitet. Ich werde mit Herrn Bedevere reden müssen, gut auf Dich Acht zu geben, wenn Du nur noch solchen Unfug im Kopf hast. Ich bin wirklich enttäuscht von Dir!"


    Und damit ging er die Treppen hoch in sein Gemach, wo ihn seine Frau bereits erwartete und darauf, eine Erklärung von ihm zu bekommen, was denn passiert sei. Kurz und knapp erklärte er ihr alles.


    Isabell lachte innerlich. Es konnte ihr nur recht sein, wenn ihr Gatte auf seine Tochter böse war. Vielleicht könnte sie ihn noch etwas weiter bringen und ihr noch mehr misstrauen - ja! Vielleicht würde er sie ja enterben, wenn sie es nur richtig anstellen würde. Ein teuflischer kleiner Plan nahm Formen in ihrem Kopf an.

    "Clarisse ist weggelaufen?! Wieso, ich meine warum? Ich verstehe das nicht! Und dann sagst Du nicht Bescheid!? Wir hätten sofort einen Suchtrupp in alle Richtungen losschicken können. Die Stadtwache hätte ebenfalls aktiviert werden müssen. Bei den Göttern! Wenn ihr was passiert!"


    Michael ging auf und ab:


    "Marie, das war alles sehr unvernünftig. Ich habe Dich für klüger gehalten. Deine Rücksicht auf mich in allen Ehren, aber das ging zu weit! Hast Du eine Ahnung, wo sie hingehen könnte? Kennt sie jemanden hier?"


    Doch seine Tochter schüttelte den Kopf.


    Michael forderte seine Tochter auf, ihm sofort den Brief zu bringen. Er hingegen weckte das Personal und dirigierte verschiedene Aufgaben an diese. Jemand wurde zur Stadtwache geschickt. Zudem ließ er seine Arbeiter holen, die den Suchtrupp bilden sollten.


    Er konnte den Männern nur eine Beschreibung seiner Nichte geben, denn er hatte noch nicht die Zeit gehabt, ein Porträt von ihr für die Familiengallerie fertigen zu lassen.


    Marie kam schnell wieder herunter und übergab ihm den Brief. Er ließ sich in den Sessel fallen und las diesen.

    Die Tür schloss sich hinter der Frau.


    Fanny stellte sich neben Marie und streichelte ihren Rücken. Sie hatte noch nie gesehen, dass ihr Herr sich dermaßen vergass - gar, dass er seine Tochter geschlagen hätte.


    Der Hausherr sah Fanny an: "Fanny, ich wünsch alleine mit meiner Tochter zu sprechen. Du kannst gehen!"


    Dann sagte er zu seiner Tochter: "Und DU folgst mir in mein Arbeitszimmer!"


    Er drehte sich um und ging voran.


    Marie zog schnell den Mantel aus und übergab ihn ihrer alten Kinderfrau, die sie mitleidig ansah. Mit gesenktem Kopf ging sie ihrem Vater hinterher.


    Michael wartete schon ungeduldig in seinem Zimmer. Endlich trat seine Tochter ein. Er hatte erwartet, sie folge ihm gleich.


    "Nun! Ich will eine Erklärung - SOFORT! Warum treibst Du Dich um diese Zeit alleine im Hafen herum? Und das noch in der Nähe des Schiffes des Herrn Ritter. Willst Du mir das bitte erklären?!"

    Michael de Moriba zog eine Braue hoch und ignorierte den zweiten Satz:


    "Ich danke Euch, Frau Fernandez, dass Ihr meine Tochter hergeleitet habt. Kann ich Euch im Gegenzug dafür etwas anbieten?"


    Fernandez, Fernandez - schoß es durch seinen Kopf. Wo hatte er diesen Namen schon einmal gehört? Ahhh!


    "Ihr seid die Kapitänin von dem Ritter Bedevere de Noyau-Guermont!" sagte er mehr feststellend als fragend, und musterte sie von unten bis oben genauer.


    Interessant - das war sie also. Und warum war ausgerechnet sie seiner Tochter im Hafen begegnet? Oder vielleicht war seine Tochter ja bei ihm gewesen? Wenn das wahr wäre, dann... Er musste seine Tochter gleich verhören. Wenn sie ein Techtelmechtel mit dem kaotischen Ritter hatte, dann würde er sie ganz gewiss nicht mit ihm fahren lassen - außer, er würde sich vorher erklären.

    Michael de Moriba wurde wütend.


    "Wie bitte? Im Hafen? Alleine? Marie!"


    Und schon klatschte eine Ohrfeige an Maries linke Wange... diese sah ihren Vater erschrocken an und hielt sich die Wange.


    "Verzeihen Sie, verehrte Dame. Ich danke für Ihre Fürsorge. Wenn ich noch Euren Namen erfahren dürfte..."


    Marie wollte an ihrem Vater vorbei nach oben, doch dieser sagte streng zu ihr:


    "Du wirst hier bleiben!"

    Fanny war durch den Lärm wach geworden kam die Treppe hinunter. Sie sah Marie im Flur stehen. Hinter ihr eine Frau, die sie noch nie zuvor gesehen hatte. Sie runzelte die Stirn:


    "Marie, was ist denn passiert? Was machst Du so früh hier? Warst Du draußen, oder warum hast Du Deinen Mantel an?"


    Doch Marie kam gar nicht mehr zum antworten, denn ihr Vater kam gerade die Treppe herunter. Er hatte über sein Nachtgewand einen Morgenmantel gezogen. Er hatte noch immer seine Schlafmütze auf.


    Kurz vor ihr kam er zum stehen:


    "Marie, was ist hier los? Ich werde zu so früher Stunde geweckt - es ist ja fast noch Nacht! Und wieso hast Du Deinen Mantel an?"


    Er schaute an ihr vorbei und sah eine fremde Frau.


    "Und wer sind Sie, wenn ich fragen darf?!"


    Man sah ihm an, dass er sehr ungehalten war.

    Der Hausherr brummte... schaute seine Tochter direkt in ihre großen Augen... und da sah er sie - ihre Mutter, seine geliebte verstorbene Frau. Die hatte ihn auch immer mit diesem Blick angesehen, wenn sie sich gestritten hatten und dabei waren, sich zu vertragen.


    "Nun gut... es ist ja noch einmal gut gegangen - auch und vor allem Dank des Herrn Bedevere. Ich möchte mich bei ihm wirklich noch revanchieren. Er hat Dir schließlich schon zum zweiten Mal beigestanden. Nenne mir morgen bitte einige Vorschläge, wie ich ihm danken könnte, denn immerhin scheinst Du ihn schon etwas besser zu kennen."


    Er schaute sie eingehend an. Doch seine Tochter wandte den Blick ab. Aha...


    "Und Clarisse," er wandte sich an seine Nichte. "Du konntest es ja nicht wissen, aber ich möchte Dich inständig bitten, zukünftig immer in Begleitung das Haus zu verlassen. Diese Stadt ist nicht sicher und manchmal passieren Dinge... wie soll ich sagen... , die man nicht beeinflussen kann."


    Er schaute seine Tochter an. Vielleicht hätte er ihr vor fast vier Jahren den wahren Grund nennen sollen, warum er sie aus dem Kloster genommen hatte. Dann wäre sie vielleicht vorsichtiger bzw. würde ihn besser verstehen.


    Nein! Er wollte ihr keine Angst machen oder sie beunruhigen. Es wäre besser, wenn sie bald heiraten würde und dann einen Gatten, der sie beschützt. Außerdem wollte er endlich Enkelkinder, denen er sein Kontor vermachen könnte.

    Fanny ging wieder herein, nachdem sich der Ritter verabschiedet hatte. Sie zog ihre Sachen aus und hörte, dass der Hausherr lauter wurde im Salon. Er wurde immer lauter, wenn er aufgebracht war, auch wenn er es dann gar nicht so meinte.


    Marie, Clarisse, Isabell saßen im Salon, während Michael auf und ab ging vor den Damen.


    "Ich war äußerst besorgt. Marie, Du weißt doch, dass Du mir sagen sollst, wenn Du Dich in der Stadt bewegst. Und dann solange fern zu bleiben ohne Benachrichtigung deinerseits..." er schüttelte den Kopf.

    Fanny knickst vor dem Ritter.


    "Mein Name ist Fanny - ich bin die Kinderfrau von Marie - also, einst war ich es... ich... Sir, ich möchte Euch kurz erklären, warum Herr de Moriba so - wie soll ich es sagen - übervorsichtig und besorgt war. Ich kann mir vorstellen, dass es auf manche Außenstehende etwas befremdlich wirkt..."


    Fanny schaute den Kaozier an und führte fort:


    "Vor nunmehr fast vier Jahren wurde Herr de Moriba erpresst. Es hieß, Marie sei entführt worden und man wollte viel Geld von ihm. Zu diesem Zeitpunkt war Marie noch im Kloster. Er unterbrach seine Geschäftsreise und fuhr zum Kloster. Das hatte ihne verständlich zu Tode erschreckt. Tatsächlich war Marie nicht entführt worden, was sich dann für ihn erst herausstellte, als er im Kloster war.


    Aber Marie war auch zu dem Zeitpunkt seiner Ankunft im Kloster gegenwärtig, sondern auswärts im Nachbardorf, wo sie drei Tage lang der Mutter Oberin half, bei einer schwierige Geburt zu helfen. Herr de Moriba hat Marie dann aus dem Kloster genommen, um sie besser zu beschützen. Er hatte sich zu diesem Zeitpunkt dann auch in den Kopf gesetzt, Marie gut zu verheiraten, damit ihr zukünftiger Ehemann sie beschützen könnte, wenn er mal nicht mehr war.


    Marie weiß von diesen Erpressungsversuchen nichts, da ihr Vater sie nicht erschrecken wollte. Seit jeher passt er eben besonders auf sie auf und Marie hat es nicht leicht, ein wenig Freiheit für sich zu haben.


    Ihr müsst verstehen, dass es für ihn nicht leicht ist, sie gehen zu lassen. Er hat immer Angst, jemand könnte sie wirklich mal entführen und ihn erpressen. So ist es wohl, wenn man reich ist... man ist anfällig für solche Sachen."


    Fanny zuckte mit den Schultern und wartete auf die Reaktion des Ritters.

    Nachdem der Ritter das Haus verlassen hatte, drehte sich Michael zu den jungen Damen um:


    "Ihr beide - in den Salon!"


    Alle Anwesenden gingen in den Salon. Michael schloss die Tür. Er würde den beiden Damen nun noch einmal einschärfen, nicht alleine durch die Stadt zu gehen.



    Fanny wartete immer noch an der Ladentür. Als sie den Ritter an ihr vorbeigehen sah, ging sie schnell heraus und rief ihn:


    "Verehrter Herr! Bitte wartet!"

    Fanny hatte sich inzwischen von Prya getrennt und sie ins Bett geschickt, während sie sich leise an den beiden jungen Damen vorbei schlich zum Nebenflur, der zum Kontor und Ladengeschäft nebenan führte. Sie schloss die Ladentür auf und wartete...


    Während dessen hörte Michael de Moriba den Worten des Ritters zu.


    "Zwischenfall?" Er runzelte die Stirn. "Bei den Göttern! Umso mehr bin ich froh, dass Ihr mit meiner Tochter und Nichte unterwegs ward. Ihr habt meiner Tochter abermals zur Seite gestanden - dafür bin ich Euch sehr dankbar - Ihr habt ja keine Ahnung, wie sehr, verehrter Herr Noyau de Guet-Clermont! Ihr seid hier immer willkommen. Natürlich kann ich es verstehen, wenn Ihr unserer Einladung leider nicht folgen könnt, da Ihr andere Verpflichtungen habt. Es ist ja auch schon spät... Darf ich Euch wenigstens für den Rückweg zum Dank meine Kutsche zur Verfügung stellen? Es würde nur einige Augenblicke benötigen, bis mein Kutscher die Pferde vorgespannt hat..."


    Erwartungsvoll sah er den kaotischen Ritter an.