Beiträge von Adrian Thule

    Lesco schüttelte den Kopf, als Medina die Illussion aus den Kindheitstagen zerreißen wollte. Doch er lächelte sanft.


    "Ich habe mich sehr wohl umgesehen, Schwester. Ein Jeder von ihnen ist ungebrochen. Ihr Leben war schon immer täglich eine Prüfung und so wird es immer sein. Der Illusion von Helden gibt sich keiner hin, weil es für sie selbstverständlich ist, diesen Weg in Demut zu gehen und nicht damit zu prahlen. Sie tun, was immer sie tun müssen... ohne Zweifel... "


    Das Lächeln des künftigen Ordenskriegers brach nicht ab.


    "Sie verkörpern auch heute noch, was ich vor Jahren in ihnen sah. Jede einzelne Tugend lebt in den Erben des Avatars weiter, selbst nach dem Fall von Gislafoth."

    Als Medina ihn so ansah, lächelte Lesco sanft und beruhigend.


    "Manchmal habe ich das Gefühl, dass du mich in glänzender Rüstung durch die Schergen der Chaosmaid mähen siehst. Oder, wie ich im hellsten Licht wandernd niemals wieder fehlgehen werde."


    Er zuckte mit den Schultern. Dies waren die Bilder ihrer Kindheit. Ein Spiel. Nichts weiter. Lesco hatte die Dunkelheit gesehen, wenn auch nur einen Teil davon.


    "Ich will nur sagen: Ich bin nicht der Held aus unseren Kindheitsträumen."

    Lesco schwieg. Andere sollten zu ihm aufsehen? So, wie er einst zu Eshab blickte, als er jede Hoffnung verloren hatte? Nein. Das hier war Anders. Er trug nun die Robe des Ordens. Er würde ein Nachfahre des Avatars werden. Wie Rud Hudibras würde er zu Lukranis beten. Und doch hatte dieses Wesen aus Schatten recht: Er würde nie in reinstem Licht strahlen, denn die Schatten der Vergangenheit lagen schwer auf seinen Schultern.


    "Medina..." begann ihr Bruder dann. "Bitte setze deine Erwartungen in mich nicht zu hoch. Ich möchte dich nicht enttäuschen, nur weil ich am Ende dem Druck nicht standhalte."

    Lesco schüttelte den Kopf und schloss die Augen. Er führte sich vor Augen, was er getan hatte, als er in Kephram lebte und verzog das Gesicht. "Nein, Medina. Ich bin nicht, wie sie. Vielleicht werde ich irgendwann so ähnlich sein, aber... nur, weil ich jetzt wieder in Lukranis Licht lebe, werde ich meine Taten nicht ändern oder vergessen können. Der Erschaffer wird es nicht vergessen und ich auch nicht."


    Dann löste er sich doch von hier und deutete an, dass er sich etwas bewegen wollte. "Lass uns spazieren gehen."

    Dieser streichelte nochmals die Tränen aus ihrem Gesicht und lächelte sanft. Er schloss Medina in den Arm und presste sie erneut eng an sich, als müsste er die letzten Jahre einfach nachholen.


    "... ich kann den tag kaum erwarten, an dem ich endlich draußen meinen Dienst tun kann... vielleicht werde ich ja bei dir am Lazarett eingeteilt."


    Er schauderte leicht.


    "Wusstest du, dass Gislafoth gefallen ist?" Was für eine Frage, wahrscheinlich wusste jeder in der Kirche, um den Fall der Heimat der Ordenskrieger. "... und doch... ist der Mut und die Kraft im Orden größer, als ich in Erinnerung habe. Jeder meiner Brüder und Schwestern ist... Inspiration für mich. Sie sind so, wie ich immer sein wollte."

    Lesco blickte medina stumm an. Vertrauen. Ja. Irgendwie schon. Aber er wurde die Worte des Schattens nicht los, dass er lernen müsse, was Beide lieben und hassen. Dieses Wesen wollte, dass er Wege geht, die andere Lukranisten nicht gehen. Konnte er das mit sich vereinbaren? Konnte er in die Dunkelheit gehen, um mit einer Waffe gegen die Chaosmaid zurück kehren? Oder würde er dort fallen? War es wirklich so klug mit dem Feuer zu spielen.


    Für einige Augenblicke wirkte ihr Bruder abwesend, ehe er den Blick wieder hob und die sich anbahnenden Tränen wegstrich.


    "Kein Grund um zu weinen... sonst glaube ich dir nicht, dass du die ganze Zeit über wusstest, dass ich zurück finde."


    Er zwinkerte ihr zu.

    "Ich habe auch etwas in den Wochen gelernt..."


    Lesco lächelte wieder und löste die Umarmung, um ihr ins Gesicht zu schauen.


    "Er hat mich genauso wenig aufgegeben, wie du. Da... wo ich Lukranis Licht verlassen, hat er gewartet, dass ich wieder zurück finde..."


    Sein Blick wanderte hinauf.


    "... er hat mich nie verlassen... nur ich hab ihn nicht mehr gesehen."

    Nachdem Lesco das Ordenssymbol eingesteckt hatte, hob er wortlos die Arme, um sie um Medina zu legen. Lesco umarmte Medina eine ganze Weile, ehe er sich von ihr löste.


    "Bei Allem, was ich getan habe... ... habe ich weder dich noch diese Chance verdient."


    Er lächelte und zuckte mit den Schultern.


    "Ich habe Kephram hinter mir gelassen. Mal schauen, was die Zukunft für uns bringt."

    Lesco betrachtete den Anhänger nochmals, schweigend sah er auf das Metal, dass Medinas Weg zur Freiheit war. Blut klebte an dem Anhänger. Er würde eine Mahnung sein. Eine Erinnerung an alte Wege und der Hoffnung nicht wieder zurück zu fallen. Das Lächeln auf seinem Gesicht verschwand nicht.


    "Danke, Medina... dafür, dass du mich nicht aufgegeben hast... so, wie ich es tat."

    "Ich werde mal im Lazarett vorbeisehen, um mir die Salbe zu holen."


    Lesco nickte und lächelte wieder, als sie ihm das Buch abnahm. Interessiert beobachtete Lesco, wie sie den Beutel öffnete und nahm den Anhänger entgegen. Seine Stirn wurde kraus gezogen.


    "Dolch?... Achso... ja..."


    Er nickte verstehend und erinnerte sich. Dann wurde sein Blick noch fragender.


    "Woher... wusstest du? Ich meine... es ist das Ordenssymbol... vom Stein..."

    "Immerhin halte ich dich grade von deinen Pflichten ab."


    Lesco löste sich und lächelte sie nochmal an, ehe er sich nach dem Buch bückte und es ihr hinhielt. Er trug tatsächlich das Graum vom Stein von Gislafoth. War er dem orden beigetreten oder hatte er sich nur getarnt hier reingeschlichen?


    "Mir geht es mehr als gut. Ich glaube ich bin endlich zur Ruhe gekommen."


    Er schmunzelte leicht.


    "Naja.. wenn man vom Muskelkater vom Schwertkampftraining einmal absieht."

    Ihr Bruder hatte die Kapuze etwas zurück geschlagen, als sie sich nach dem Buch bückte. Fast mit strengem Blick stand er vor ihr, als sie es nicht wagte aufzusehen. Doch sobald sich ihre Augen trafen, lächelte der Zwilling breit.


    "Schön dich zu sehen...", presste er hervor, ob der stürmischen Umarmung. Doch er erwiderte sie und legte seine Arme ebenfalls um Medina.


    "Nicht so laut. Die Bewahrer werden sonst aufmerksam."

    Sechs Monate waren vergangen, nachdem Lesco den ersten Brief an Medina geschrieben hatte. Seit diesem Tag hatte er versucht mindestens zweimal im Monat zu schreiben und immer wieder beteuert, dass es ihm gut ginge und er sich sicher ist, dass der neue Weg gut für ihn sei.


    Heute hatte er sie wieder gesehen. Wie schon so oft. Doch bisher hatte Lesco nie den Mut gefunden sie anzusprechen. Er wollte verhindern, dass er sie enttäuschte, wenn er nicht die Kraft hatte seinen Weg zuende zu gehen. Doch heute war es Anders. Die vergangenen Monate hatten ihm gezeigt, dass es alles Andere als leicht werden würde, aber, dass er durchaus die Kraft hatte Lukranis zu folgen. Er lächelte leicht und zog die Kapuze der grauen Robe etwas tiefer ins Gesicht und senkte den Blick, als er begann medina ins Atrium zu folgen.


    Es war einer der letzten Frühlingstage und die Planzen im Garten blühten in allen möglichen Farben. Ihr Duft verströhmte sich im ganzen Atrium. Es war ein Fest für die Sinne.


    Lesco verschränkte die Hände in den weiten Ärmeln seiner Robe und wurde etwas schneller, um seine Schwester einzuholen. Als er endlich hinter ihr war, beugte er sich nach vorne.


    "Wo dein Licht in der Dunkelheit brennt, werde ich dir folgen."

    Etwas mehr als zwei Monaten sind vergangen, als Medina einen Brief bei ihrem Frühstück findet. Die Schrift zeugt von Ruhe und Zeit, die jemand hatte, um die Zeilen zu verfassen. Schon beim Lesen der Anrede musste klar werden, wer der Autor war.


    Es gab einen großen Unterschied, zwischen den Entscheidungen und taten, die er in Kephram begang und dennen, die sich hier abspielte. Das hier und jetzt fühlte sich richtig an. Es war, als wäre dieser Weg schon lange überfällig.


    "Ich werde Schutz für diejenigen sein, die ihn brauchen. Ich werde hart sein, wo ich muss. Und ich werde Gnade walten lassen, wann immer ich kann, denn Lukranis schenkte selbst mir die Gnade eines neuen Anfangs."


    Lesco lächelte. Er erhob sich wieder und schauderte, als der Wind den Duft von Rosen preis gab. Seine Hand wanderte zu der kette an seinem hals und er legte die die Finger auf den Stoff, der die Federn verbarg. Das Lächeln wurde etwas breiter und der folgende Satz galt nicht den beiden Lukranisten, aber das wussten nur die beiden Anderen, die anwesend ware.


    "Ich werde offen sein, für das, was die Zukunft bringen wird und meinen Blick nicht abwenden."


    Nein. Da war kein Zweifel mehr in seinem Gang. Keine Furcht. Lesco wusste nicht, was passieren würde, aber er trat in den Gang, der ihn erwartete, nachdem er seinen neuen Ordens-Geschwistern zugenickt hatte.

    Als Lesco den Nischen und ihrem inhalt gewahr wurde, schluckte er. Jedes Härchen seines Körpers stellte sich auf, als ihn der Schauer durchfuhr. Nervös blickte er sich um und ahm die Worte des Ordensmitgliedes schweigend auf. Vier Wege lagen vor ihm und egal, wofür er sich entscheiden möge, es gäbe keinen Weg zurück an diese Gabelung. Diese Entscheidung würde fortwähren und doch war sie schon längst getroffen.


    "Als ich meine letzten tage in der Kammer des Schweigens verbrachte, hatte ich Angst. Angst davor, dass ich einen Weg gehen wollte und dieser schon in den ersten Schritten mit Steinen versperrt war. Ich hatte Angst, dass ich darum streite müsste, trotz all meiner Sünden, in den Dienst von Lukranis zu treten. Nun sehe ich, dass es dumm von mir war, soetwas zu denken und nehme das Geschenk unseres Gottes dankend an. Doch... für mich gibt es nun nur drei Optionen."


    Er machte einen Schritt nach vorne, zu den Nischen hin und weg von der Türe. Zuerst sah Lesco nach links. Die Lichtbringer. Offensiv, brachten sie das Licht dorthin, wo die Dunkelheit herrschte. Sie waren die vernichtende Flamme des Ordens, doch ihr Kampf war Nichts Lescos.


    Sein Kopf drehte sich nach Rechts. Der Orden der Tränen. Medinas Weg. Sie war diejneige, die sich auf Heilung verstand und die Stark genug war das Leid der anderen zu ertragen. Hier würde er Nicht viel ausrichten können.


    "Und ich habe die Wahl getroffen, schon bevor ich fehl ging."


    Und mit diesen Worten, machte Lesco die Distanz zwischen sich und dem Banner vom Orden des Steins zunichte. Er sank vor dem Banner auf die Knie nieder und faltete die Hände zum Dreieck.

    Je länger Lesco in dem Saal unterwegs gewesen war, desto leichter fiel es ihm den Blick zu heben und die Menschen, die hier waren zu betrachten. Und im Angesicht der Unterschiede, der Gemeinsamkeiten und dem Wissen, dass Lukranis über Allen wacht wurde ihm eine Tatsache schmerzlich bewusst. Nicht Lukranis hatte ihn in Kephram verlassen, sondern er Lukranis. In all den Jahren, hatte er kein Gebet gesprochen und am Ende nicht einmal einen Gedanken mehr an den Gott verschwendet. Diese Zeit war nun vorbei und Lesco trat zwischen die Ordensbrüder. Der Gang durch den Saal hatte ihn verändert. So, wie er am Anfang in sich gekehrt und mit gesenktem Blick eintrat, verließ er den Saal mit aufrechtem Gang und gehobenen Haupt. Sein Blick war nicht von Erleichterung geprägt, sondern von Einsicht.


    Das Tor. Der Ausgang. 'Lukranis Licht mit dir', hallte es in seinem Kopf nach. Ein Schaudern durchfuhr seinen Rücken, als er sich nocheinmal umdrehte, die Menge ansah und leicht lächelte. Dann verschwand lesco durch das Tor.