Beiträge von Thraxas

    "Ich gehe ihr nicht aus dem Weg!" stritt Thraxas Alanis' Anschuldigung ab. "Ich will euch nur nicht stören. Sicherlich geht mich nicht an, was ihr so zu besprechen habt." War Zurückhaltung für Alanis gleich immer ein "aus dem Weg gehen"? fragte er sich.
    "Wenn ich sie fragen will, dann werde ich das tun." brummte er und wandte sich wieder zum Holzstapel um.

    Beim letzten Satz weiteten sich die Augen des Landsknechts. "Warum sollte sie uns etwas antun wollen?" fragte er verdutzt. "Wieso betonst Du, daß sie es wohl nicht tun wird?" Aber er hatte auch noch weitere Fragen. "Wenn sie ein Mensch ist, ist sie dann so ähnlich wie Fiennan, also eine Druidin?"

    Als Kassandra den Raum verlassen hatte drehte sich Thraxas zu Alanis um. "Ist das Deine Freundin aus Amonlonde, diese Hüterin des Waldes?" Er glaubte sich zu erinnern, daß Alanis den Namen Kassandra in diesem Zusammenhang erwähnt hatte.
    "Was ist sie?" fragte er neugierig.

    Kurz nachdem Alanis' Worte verklungen waren kam der Landsknecht mit einem Stapel Holz auf dem Arm wieder in die Küche und schichtete es ordentlich neben dem Ofen auf.
    Sein Blick war beim Eintreten über die Frauen geschweift und als er in Alanis' Gesicht beblickt hatte runzelte er kurz die Stirn, fragte aber nichts.

    Thraxas durchquerte die Küche und stellte dabei den Honig in Alanis' Nähe ab. In der Speisekammer hatte er etwas von Faunen, Kobolden und Fellwesen gehört und beschlossen, daß er davon definitiv nicht mehr wissen wollte.
    "Ich bin dann draußen." brummte er im Vorbeigehen.

    Der Landsknecht begegnete Alanis' Blick und nickte. "Ich räume die Sachen mal in die Speisekammer und mache dann noch etwas Holz. Ich will nicht weiter stören." sagte er und war auch schon durch die Tür der Speisekammer verschwunden. Die beiden Frauen hörten ihn dort räumen.
    Keinesfalls wollte er Teil dieses Gesprächs werden. Das wenige, was er mitbekommen hatte, ließ ihn vermuten,daß es um Amonlonde und die Zeitreisen ging. Er war froh, daß Alanis weitgehend heil wieder zurück war, der Rest ging ihn nichts an.

    In der Küche ist zu hören, wie die Haustür geöffnet wird und dann wieder geschlossen. Wenige Schritte sind aus dem Flur zu hören, dann erscheint ein großer Mann in der Tür. Die Federn seines Baretts streifen den Türsturz und unter seinem rötlichen-braunen Mantel lugen rote Beinkleider und ein geschlitztes schwarz-gelbes Wams hervor. Gerade wuchtet er eine große Kiepe vom Rücken. "Ich war sehr erfolgreich auf dem Markt, Alanis!" sagte er und hält dann mitten in der Bewegung inne als er Kassandra erblickt.

    Da Thraxas seinen Humpen bereits geleert hatte und er aufgrund der Aufgabe, die ihn möglicherweise erwartet nicht noch mehr trinken durfte, blieb ihm nichts anderes als ihren Tisch aufzuräumen und die Sachen in die Küche zu tragen, dann ging er nach oben, laß noch etwas in seinem Zwölfgöttlichen Brevier und wartete auf Alanis' Zeichen.

    Der Landsknecht stand auf und stelle sich vor Alanis. Den Impuls sie in irgendeiner Art und Weise zu berühren unterdrückte er. "Das selbe Prozedere wie letzte Nacht, wenn Ihr wünscht." sagte er ernst.

    Thraxas hatte gar keine Widerworte erheben wollen, denn natürlich schätzte er Alanis' Dank. Allerdings wollte er wirklich erreichen, daß sie Dinge, die man in einer Gemeinschaft wie der Ihren selbstverständlich und ohne Zögern füreinander tun mußte, auch als solche anerkannte. Die Geweihte war ihm, was das anging viel zu reserviert und trug ihre Würde wie einen Panzer um sich. Der Landsknecht konnte das aber verstehen, denn dieser Priester mußte ihr wirklich Schreckliches angetan und ihr Selbstvertrauen und Selbstverständnis in den Grundfesten erschüttert haben.


    Thraxas hatte den kleine Riß in der Maske bemerkt, mit dem sie ihm weißmachen wollte, alles sei in Ordnung und fragte daher ruhig nach: "Seid Ihr sicher, Euer Gnaden? Wie gesagt, ich stehe Euch gern zur Verfügung und wenn Ihr mich nicht mehr in Eurem Zimmer haben wollt, dann setze ich mich auch davor und komme nur herein, wenn ich etwas Verdächtiges wahrnehme." bekräftigte er nochmals seine Zusage für sie da zu sein.

    Thraxas lachte kurz auf und sagte dann: "Naja, was man so bedanken nennt, wenn einem vermeintlich peinliche Dinge passieren."
    Ernster sagte er: "Ihr müßt Euch für nichts bedanken, Meisterin. Was ich heute nacht getan habe, war und ist für mich selbstverständlich. Solltet Ihr einen solchen Dienstes erneut benötigen und wollen, dann stehe ich Euch zur Verfügung."

    "Wenn es das tatsächlich gewesen sein sollte, dann bin icn froh nicht mehr dort willkommen zu sein. Denn seine Fähigkeit war es dämonisches Feuer zu schleudern und Dämonen aus anderen Sphären herbei zu rufen." erwiderte der Landsknecht viel ruhiger, als man erwarten konnte.
    "Und ich glaube, es ist müßig über die Gründe zu spekulieren, wir werden sie nicht ergründen und die Sache ist ja nun auch vorbei. Auch wenn Gedankenspiele immer interessant sind, wenn man sie mit so intelligenten Menschen betreibt wie Euch, Meisterin." versuchte sich der Landsknecht an einem Kompliment.

    Thraxas lächelte Alanis milde an und sagte: "Ich gehörte in Derduwath nicht zu den einfachen Leuten, Euer Gnaden. Ich war enger Freund des Legaten, er suchte durchaus hier und da meinen Rat. Die Elbenhexe war seine Gefährtin und auch wir tauschten uns regelmäßig über vieles aus und die Frau, mit der ich mir eine gemeinsame Zukunft erhoffte, war die Burgvögtin des Legatensitzes und immer bestens informiert. Ich bin mir sicher, daß meine Einschätzung zur Einstellung der Obrigkeit richtig war. Denn, ich hatte den Eidbrecher bereits des Eidbruchs bezichtigt und der Legat hatte nichts unternommen, gar nichts. Er sah, die Gefahr nicht oder wollte sie nicht sehen."

    "Ihr habt vollkommen recht, Euer Gnaden!" gab Thraxas unumwunden zu. Es war dabei nicht zu erkennen, ob er etwas von Ihren Befürchtungen mitbekommen hatte. "Und natürlich erwarte ich dazu von Euch jetzt...nichts. Ihr dürft gerne über meine Geschichte nachdenken und wenn Ihr mehr dazu sagen wollt, dann seid Ihr willkommen, aber ich erwarte das nicht." Inzwischen sah er wieder in die Flammen. "Es tut mir immernoch leid, daß ich den Eidbrecher anscheinend nicht zur Strecke bringen konnte, aber natürlich weiß ich jetzt auch, daß mein Vorgehen zumindest ungeschickt, wenn nicht falsch war. Ich hätte Claudius festsetzen und in Valariot anklagen müssen."
    Nach diesem Eingeständnis hob Thraxas seinen Humpen an die Lippen und leerte ihn in einem Zug.

    Thraxas schaute Alanis wieder direkt ins Gesicht, um ihre Reaktion auf seine nächsten Worte zu sehen und sagte: "Der Steckbrief lautete auf: Mordversuch, Angriff auf Gardisten, Landfriedensbruch und Hochverrat."
    Thraxas' Miene war grimmig geworden. "Auf die Frage, was ich den Verraten hätte, sagte der Legat, die Idee des Tals, dabei hatte ich es schützen wollen, was sie aber nicht sahen. Der Eidbrecher übrigens blieb ungeschoren.
    Die Steckbriefe wurden übrigens nicht nur in Derduwath aufgehängt, sondern auch in Valariot, Kargath und sogar in Aldradach. Hier bekam ich dann auch zuerst Kenntnis davon. In Valariot, wurde mir dann später berichtet, hätte die Kanzlei - sowas wie die Geheimpolizei des Reiches - die Steckbriefe alle wieder entfernen lassen, ich hatte mir wohl Freunde in hohen Positionen gemacht, die meinten, daß der Legat seine Befugnisse überschritten hatte." Thraxas lächelte freudlos.
    "Derduwath ist nämlich eine Provinz sowohl Valariot, als auch Kargaths und untersteht somit ebenso dem valarischen Regenten, wie dem kargathianischen König."


    Der Landsknecht seufzte, schaute wieder in die Flammen und erzählte weiter: "Bei diesen Anklagepunkten mußte ich mit der Todesstrafe rechnen und anders, als ihr vielleicht glaubt hänge ich am Leben - oder hing, dachte er - deshalb stellte ich mich nicht dem Legaten, sondern unterwarf mich in dieser Sache dem Richtspruch des König, der, zu meinem Glück, just in dem Jahr auch auf dem Fest der Drachen weilte, in dem der Steckbrief aufgetaucht war.
    Der König hielt gericht, ich wurde verurteilt und damit, dachte ich, sei das Ding aus der Welt. Aber nicht für den Legaten, ich werde nie wieder einen Fuß nach Derduwath setzen können, daß wurde mir in Mythodea gänzlich klar. Ich überbrachte das Urteil höchstselbst an den Legaten und er erkannte es nur in soweit an, daß er nicht selber nochmal ein Gericht abhalten konnte. Erklärte aber, ich sei in Derduwath fortan vogelfrei. Und als sei das nicht genug, bedrohte mich die Elbenhexe, der ich sechs Jahre lang treu als Leibwächter gedient hatte in Ihrer Verblendung sogar mit dem Tod, sollte wir uns irgendwo nochmal wiedersehen."


    Thraxas sah auf und Alanis konnte erkennen, daß ihn diese Geschichte immernoch sehr belastete. Vollends konnte sie es verstehen, als er weitersprach. "Und selbst die Frau, von der ich glaubte, wir hätten in Derduwath eine gemeinsame Zukunft gehabt, wandte sich von mir ab. Ich hatte sie um ein Treffen gebeten, um ihr meine Sicht der Dinge zu erläutern, um ihr meine Version des Geschehens zu erzählen und sie, sie traute sich nicht alleine zu mir, sondern brachte sich eine Leibwache mit."

    Thraxas seufzte und nahm erstmal noch einen Schluck Bier bevor er antwortete. Er hatte sich entschieden Alanis die Geschichte zu erzählen und dazu gehörte auch dieser Teil, der mit dafür verantwortlich war, warum er nun hier mit Alanis saß und nicht zu Schwester Lora hatte gehen können.


    "Wir hatte einen gemeinsamen Freund und Kampfgefährten, einen Priester, Claudius mit Namen, aus einem Land, das niemand von uns je besucht hatte. Dieser Claudius war ein großer, düsterer Typ. Im Kampf focht er mit einer Verve gegen das Chaos, die beeindruckend war. Allerdings hatte man auch immer ein komsiches Gefühl in seiner Nähe, die Sprache in der er seine priesterlichen Beschwörungen rief hörte sich düster an und die Flammen, die er auf die Feinde schleuderte waren schwarz. Nichts desto trotz beurteilten wir ihn nach seinen Taten und diese Taten waren gut."


    Wieder blickte Thraxas in die Flammen, sprach aber weiter. "Aber eines Tages rief er zu seinem Schutz einen Wächter aus der Sphäre der Dämonen, er behauptete dies sein ein guter Wächter, der die Dämonen in ihrem eigenen Reich seit Jahrhunderten bekämpfen würde und deshalb würde er nur noch die Zunge der Dämonen verstehen."
    Thraxas blickte Alanis wieder an, forschend. "Wir glaubten ihm nicht. Der Legat verbot ihm jemals in den Grenzen Derduwaths wieder von seiner Macht gebrauch zu machen und Claudius schwor einen heiligen Eid, den er aber nur wenige Monde später brach.
    Hatte ich mich vorher nur von dem Dämonenanbeter abgewandt, eingedenk unserer langen Freundschaft, so war mir nun klar, daß er sich an kein Gesetz und keinen Eid gebunden fühlte und da der Legat nicht handeln wollte oder konnte, handelte ich einige Wochen später. Zufällig stiegen wir im gleichen Gasthaus ab. Er war schon da und sein Geruch nach altem Weihrauch verpestete die Räume. Der Legat hatte ihm zwar zwei brave Soldaten entgegen geschickt, die ihn von der Grenze bis zur Burg begleiten sollten, aber was hätten sie schon ausrichten können?
    Ich drang in sein Zimmer ein und hörte ihn in seiner dunklen Sprache vor seinem Altar kniend murmeln, da handelte ich, warf mich auf ihn und wollte ihm das Leben nehmen, um das Tal, welches meine neue Heimat werden sollte zu schützen.
    Es kam zum Kampf. Die Gardisten wollten sich einmischen, wurden von uns aber unglücklich in der Kampfbewegung getroffen oder gestoßen und gingen beide zu Boden. Wir stürzten die Treppe hinab und kamen unten zu liegen. Der Eidbrecher regte sich nicht mehr, aber die Gardisten hatten sich aufgerappelt und wollten mich ergreifen. Ich floh, warum weiß ich nicht mehr, ich hätte mein Werk beenden und mich stellen sollen.
    Der Eidbrecher überlebte und auf mich wurde ein Steckbrief ausgestellt und ein Kopfgeld ausgelobt.“

    Thraxas schaute Alanis an und in seinen Augen sah sie Schmerz, aber auch Wut. "Ja, deswegen und wegen Ihrer Blindheit gegenüber der Finsternis." erwiderte er. "Schnell wurde klar, daß sie Kräfte nutzen konnte, die normalen Sterblichen nicht zur Verfügung stehen und so dachte ich, sie müsse von Hesinde beschenkt sein, eine Priesterin, eine Geweihte sein. Denn natürlich konnte sie keine mit dem Frevel der Mada gezeichnete Magierin sein, denn niemals hätten mir die Götter die Aufgabe gegeben eine Maga zu beschützen. So dachte ich zumindest damals." räumte er ein.
    "Bei Eurem Urteil darüber bedenkt bitte, das ich damals nicht einen Bruchteil von dem wußte, was ich heute weiß, auch wenn der Bruch erst 4 Jahre zurück liegt." bat er Alanis.


    "Inzwischen weiß ich natürlich, daß sie eine Elbenmagierin ist und ihre Kräfte hauptsächlich für das eingesetzt hat, was wir für gut halten. Am Anfang, nach dem Bruch, habe ich das Wort Elbenhexe voller Verachtung wegen ihrer magischen Fähigkeiten und ihrer Blindheit gegenüber der Finsternis benutzt, jetzt beginne ich die Magie zu akzeptieren und benutze das Wort nur noch, weil sie so blind war und wahrscheinlich immernoch ist."


    Das neue Bier war da und Thraxas nahm erneut einen großen Schluck.

    Dann fuhr er fort: „Da aber kam sie, diese Elbe. Es war, als schwebe sie über das Schlachtfeld, geschwind, wie der Wind, gehüllt in eine Aureole aus Licht, für mich war das und das was folgte ein Zeichen der Götter. Mit ihr kam noch eine Handvoll weitere Streiter. Sie mähten die inzwischen zahlreicher gewordenen Chaoten nieder. Erfüllt von neuer Zuversicht konnte auch ich wieder aufstehen und wollte ihnen helfen und dann geschah das unfassbare. Der Lady stellte sich ein Mann in den Weg, unscheinbar, aber soviel Selbstvertrauen ausstrahlend, dass es uns alle auch die Lady einen Augenblick zögern ließ. Sein Schwert fuhr auf sie herab und mit diesem einen einzigen Schlag, schickte er sie zu Boden. Ich war von Entsetzen wie versteinert, einige andere zum Glück nicht. Sie erschlugen voller Ingrimm den Chaoten, es war deren Champion und das Geheimnis lag darin, dass er das Championsschwert geführt hatte.
    Ich dachte, die Lady sei tot, kniete neben ihr nieder und vergoss bittere Tränen, weil ich weder meine Heiler hatte schützen können, noch sie, die die Götter in höchster Not zu mir gesagt hatten.
    Zum Glück war sie aber nur bewusstlos, was ich in meinem geschwächten Zustand aber nicht erkannte und konnte gerettet werden. Daraufhin schwor ich den Götter einen heiligen Eid, dass ich, so oft sie unsere Wege zusammenführen würden, ich diese Elbe mit allen meinen Fähigkeiten und nötigenfalls mit meinem Leben beschützen würde. Und von dann tat ich das 6 Jahre lang auf vielen Feldzügen in Valariot und in Mythodea. Wir wurden weit mehr als eine Lady und ihr Leibwächter, wir wurden gute Freunde und trotz der Gefahren und Anstrengungen war es eine herrliche Zeit und eine ehrenvolle Aufgabe. Einmal hatte ich sogar das Privileg mit meinem Körper einen Pfeil abzufangen, der der Lady gegolten hatte.“


    Seine Miene war beim Erzählen entrückt gewesen, so als wäre er wieder auf dem Schlachtfeld von damals.
    Wieder nahm der Landsknecht einen großen Schluck Bier und winkte danach mit dem Humpen in Richtung Theke, da dieser leer zu sein schien. Sein Blick aber hing jetzt an den Flammen des Kamins und er schwieg.