Beiträge von Xanthia

    Xanthia brummte leise. Sie versuchte sich zu erinnern, ab wann dieses unbestimmte Gefühl von Unwohlsein eingesetzt hatte, als sie auf den Weg hier her waren, ab wann sie diese verderbten Kraftquellen hatte erahnen können.


    Schließlich verzog unwillig sie das Gesicht. Es würde dauern, bis sie halbwegs sicher sein konnten, keine mehr als unangenehmen Überraschungen mehr zu erleben. Sich wieder Feena zuwendend fragte sie:


    „Und was kommt danach?“


    Xanthia umfasste ihren Becher mit beiden Händen, um so wenigstens ihren Fingern etwas Wärme zu kommen zu lassen.

    Xanthia legte Kopf etwas zur Seite und musterte die Freundin einige Zeit mitfühlend. Dann fand ihre Stimme leise aber doch mit Nachdruck ihren Weg zu Feena.


    „Ancalima ist stark. Welche Schwierigkeiten sie auch jetzt erwarten werden, ich glaube fest daran, dass sie die Herausforderungen meistern wird. Seelisch und körperlich.“

    „Das kann ich gut verstehen“


    Antwortete Xanthia, schüttelte dabei aber gleichzeitig den Kopf.

    „Aber es tut mir leid, ich sah sie zuletzt am gestrigen Abend, als sie bei uns saß. Ich weis nicht, wohin sie sich danach gewandt hat.“


    Sie griff zu ihrem Becher.

    „Doch meinst Du nicht, dass Ciryon sich ihrer angenommen hat?“

    Xanthias Blick wanderte zurück zu den Flammen, wie so oft. Ihre Augen folgten dem Spiel der Flammen und lange Zeit saß sie vollkommen unbewegt. Das Brodeln des Wassers rief sie aus ihren Gedanken und brachte erneut Bewegung in die dunkel gewandete Frau. Sie lehnte sich vor und zog den Kessel vom Feuer. Der Ärmel ihres Mantels war ihr dabei eine große Hilfe. Danach bereitete sie den Tee und als dieser fertig war, füllte sie zu guter Letzt ihrer beider Becher.


    Dies alles waren Handlungen, die Xanthia schon so oft durchgeführt hatte, die so selbstverständlich geworden waren auf ihrer gemeinsamen Reise mit Feena und doch fühlten sie sich an diesem Morgen anders an, fremder, unwirklicher.


    Xanthia biss die Zähne aufeinander und rief sich grimmig zur Ordnung. Sie musste einen klaren Kopf behalten. Sie hob den Kopf, um der Freundin einen der dampfenden Becher zu reichen.

    Xanthia kehrte ebenfalls zum Feuer zurück und setzte sich hin. Sie zog ihren Mantel zurrecht, unterbrach bei Feenas Frage jedoch für einen winzigen Moment ihre Bemühungen, ehe sie die letzten Falten des Stoffes glatt strich. Einen Augenblick später schaute sie zu der Freundin und wenn auch wieder ein Lächeln über ihre Züge huschte, so war doch das unstete Flackern in ihren Blick zurückgekehrt.


    „Kalt.“


    Antworte sie schließlich einfach.

    Mehrmals hatte Xanthia genickt, während sie Feena zuhörte und tat es jetzt erneut.


    „Ja, lass uns sehen, dass wir etwas in den Magen bekommen und uns dann auf den Weg machen.“


    Sie zuckte leicht mit den Schultern und versuchte dann ein neuerliches Lächeln.


    „Tee für uns beide und ein Frühstück für Dich.“


    Sie richtete sich etwas schwerfällig auf und ging zu ihrer Trage. Nachdem sie einen Blick hinein geworfen hatte, schaute sie zu Feena und sagte:


    „Wir haben das übliche. Brot, ein wenig Käse und …“


    Sie öffnete ein weiteres Bündel

    „….Äpfel.“


    Dann griff sie erneut in die Kiepe und warf Feena danach einen Beutel zu.


    „Und Tee natürlich.“

    Xanthia sollte es im Grunde gewohnt sein, wie leise sich Feena zu bewegen wusste und doch zuckte sie leise zusammen, als die Freundin nun so unerwartet neben ihr auftauchte. Jedoch hatte sie sich schnell wieder gefasst und sah Feena prüfend ins Gesicht.


    „Und?“

    Unterdessen bemühte Xanthias sich am Feuer um Ruhe. Sie hatte ihre beiden Hände um den Totenkopfstab gelegt, der jetzt auf ihren Knien lag und schloss kurz darauf für einige Momente die Augen. Als sie sie wieder öffnete, schien sie etwas entspannter zu sein, war sie sich doch jetzt sicher, dass der Fremde, den Fena entdeckt hatte, zumindest zu den Lebenden zu zählen war.


    Langsam lies sie den Stab erneut zu Boden gleiten und lauschte in den Wald.

    Die Berührung der Halbelbe, lies die grauhaarige Frau einen Moment tiefer in Feenas Augen blicken, ehe diese sich abwandte. Dann setzte auch sie sich in Bewegung und folgte Feenas Beispiel, indem sie zum Feuer ging und dort ihren Stab nach kurzem Zögern vom Boden aufhob.


    „Wir bekommen es mit nur einem Besucher zu tun?“


    Auch Xanthia sprach leise.

    Als Feena sich aufgerichtet hatte, hob Xanthia den Kopf und schaute zu der Gefährtin. Ein leises Lächeln erhellte ihre bis dato starren Züge und als die Halbelbe sich anschickte zu ihr zu kommen, löste sich die Frau von ihrem Platzt, um Feena zuvor zu kommen. Die wenigen Schritte zum Feuer hatte sie schnell überwunden und blieb dann vor der anderen stehen.


    Wieder trat ein Lächeln auf ihre Lippen, freundlich und warm, dass jedoch die Schatten der Nacht nicht völlig aus den Zügen der grauhaarigen Frau zu tilgen vermochte.


    „Guten Morgen.“


    Sagte Xanthia und nickte der Freundin zu.

    Der Tag brach an und schickte sein erstes zaghaftes Licht durch das Geäst der Bäume. Xanthia sah es und begann unbewusst freier zu atmen, jetzt, da dieses erste Licht ihrem Blick wieder an Weite gab. Die quälenden Wände aus Dunkelheit und Schatten waren endlich verschwunden und ihr Auge konnte wieder zwischen den Bäumen hindurch schauen. Fast zwanghaft spähte sie zwischen den Stämmen hindurch, versuchte im Zwielicht so viele Bäume wie möglich aus zu machen, bis schließlich ihr Herz begann ruhiger zu schlagen und ihr Blick unstet und flackernd zum Feuer fand. Sie umschlang ihren Körper mit den Armen, als würde sie frieren und veränderte etwas ihre Position, ehe sie sich wieder an den Baum zurück lehnte, an dem sie eben gestanden hatte.

    Ein Knacken, ein Rascheln und Schritte in der Nähe, kündeten von Wanagis Rückkehr zum Lager. Sie war lange fort geblieben, doch nun trat sie aus den Schatten der Nacht. Nach einem kurzen Moment, da sie sich umschauend am Rande stehen geblieben war, kam sie schlussendlich ins Licht des Feuers. Wortlos hockte sie sich neben die Flammen und streckte ihre Hände nach ihnen aus. Eine Zeitlang verharrte sie so, dann ging ihr Blick zu dem schlafenden Schamanen. Erneut begannen ihre Augen zu funkeln und schnell wand sie sich wieder den Flammen zu. Schließlich aber hob sie den Kopf und sah zu Wiyakawe. Eine Weile sah sie die Kriegerin schweigend an, dann brummte sie fast unwirsch:


    „Wanagi kann nun wachen, wenn Wiyakawe müde ist.“

    Diese hatte es nicht auf ihrem Platzt gehalten. Schon bei den ersten Worten des Schamanen war sie aufgestanden, nachdem sie zunächst den Blick Nape Sutas unbeeindruckt erwidert hatte. Doch die stoische Ruhe der Kriegerin hatte sich mit der Erzählung des Mannes schnell verloren. Die Glieder angespannt, in den Augen eine unruhige Mischung aus Zorn und abergläubischer Scheu lauschte Wanagi der Stimme des Schamanen. Am Ende seiner Worte verzog Wanagi allerdings verächtlich das Gesicht und grunzte unwillig, nur um kurz darauf bei dem Ruf der Krähe merklich zusammen zu zucken. Sie ballte die Hände zur Faust und das Licht ihrer Augen veränderte sich erneut. Heiß loderte ihre Wut auf, während Erinnerungen in ihr hoch kamen.
    Wiyakawe sah zu ihr herüber und die Kriegerin versuchte ihr aufgewühltes Inneres unter Kontrolle zu bringen. Es gelang nicht wirklich. Die Stimme der Krähe hallte noch immer laut in ihren Ohren. Selbst die Worte der Gefährtin, die kurz darauf Nape Suta so deutlich zurechtwiesen und auch ihr aus der Seele sprachen, konnten daran nichts ändern.


    Schwer atmend und noch immer steif, stand sie da, mühsam den Blick Wiyakawes erwidernd. Die Kriegerin kämpfte mit sich. Ihr eigener Blick, beredsam, wie selten, war noch immer zornig und flammend und zeugte zugleich von der Scheu, die die Kriegerin gegenüber den Geistern empfand und dem, was diese den Schamanen anvertrauen konnten. Er sprach auch von dem Stolz, der in ihrem Herzen war und der Hochachtung für die Kriegerin vor ihr. Aber es lag noch etwas anderes in ihm, etwas, was die Skruta wenig später dazu brachte sich abrupt ab zu wenden und im Dunkel der Nacht zu verschwinden.